Benutzer:Mautpreller/Anderssen

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Kohtz/Kockelkorn, Das Indische Problem, S. 26–33: Adolf Anderssen. Dort: Zitat Portius aus Ill. Ztg. 15. August 1846 ("Wort und Bild"). "Alle diese Auszeichnungen – noch nie war das Bild eines deutschen Schachspielers veröffentlicht worden – galten dem Problemkomponisten." "Immerhin ist die Tatsache, daß ein Problembuch die zweite Auflage erlebt hat, um so bemerkenswerter, als dies seit Stamma nicht wieder vorgekommen war." (26) "Bei den neuen und auch bei einem Teil der umgearbeiteten Probleme ist eine ganz andere Hand erkennbar; man merkt deutlich, daß hier ein neuer Einfluß gewirkt haben muß." (27) "... stehen auch im Alexandre ..." "ein erfinderischer und auch durchaus selbständiger Kopf". "größere Kühnheit in der Kombination, die er auch noch dichter zu verhüllen weiß". Spiel mit der Schachgefahr. "... verlegt er den stillen Zug in den Anfang der Handlung"

Gottschall: Anderssen als Problemkomponist.

Titelblatt der Erstauflage

Aufgaben für Schachspieler nebst ihren Lösungen ist eine Sammlung von Schachkompositionen des deutschen Schachspielers Adolf Anderssen, die dieser in zwei Auflagen 1842 und 1852 herausbrachte. Es ist eine der ersten Sammlungen moderner Schachkompositionen, die nicht mehr dem klassischen Stil von Philipp Stamma folgen.

Bereits 1832 war ein Buch mit dem Titel Aufgaben für Schachspieler nebst Auflösungen erschienen. Autor war Julius Mendheim, einer der bekanntesten deutschen Schachspieler dieser Zeit. Hier waren die Schachaufgaben bunt gemischt: Es gab orthodoxe Schachprobleme im heute üblichen Sinn, also mit der Forderung „Weiß setzt in 2, 3, n Zügen matt“ nach den geltenden Schachregeln, aber auch sogenannte Bedingungsaufgaben mit zuätzlichen Restriktionen, etwa dass Weiß mit einer bestimmten Figur mattsetzen müsse, ohne eine schwarze Figur zu schlagen, Aufgaben, die heute als Studien bezeichnet würden (Weiß gewinnt oder hält remis), und partienahe Endspielübungen (etwa: „Der Weiße soll in wenigen Zügen die Partie für sich entscheiden“). (Kohtz/Kockelkorn, Mazel)

Als Adolf Anderssen 1842 seine Sammlung gleichen Haupttitels veröffentlichte, war er noch ein relativ unbekannter Schachspieler aus der deutschen Provinz, nämlich in Breslau. Sein Ruhm als Partiespieler etablierte sich erst neun Jahre später. Mit der stark patriotisch gefärbten Begeisterung für Anderssen ab 1851 geriet weitgehend in Vergessenheit, dass er zuerst, und dies recht erfolgreich, als Schachkomponist an eine größere Öffentlichkeit getreten war.

Die erste Auflage

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Anderssens Sammlung erschien zuerst 1842 in dem Breslauer Verlag J. Urban Kern. Sie enthält 60 Schachprobleme, die ein Matt in drei bis neun Zügen fordern. Es handelt sich fast durchweg um orthodoxe Schachprobleme, mit einer einzigen Ausnahme (in dieser wird ein Matt mit dem Bauern gefordert). Die Ausgangsstellungen sind nicht durch Diagramme repräsentiert, sondern in algebraischer Notation aufgeführt. Auf den rechten Seiten des Buchs finden sich die Kompositionen, auf den folgenden linken jeweils die Lösungen.

Eine Besonderheit dieser Auflage ist Anderssens Vorrede. Sie zeigt, dass die Schachregeln damals noch nicht bis ins Detail festgeschrieben waren: Anderssen verweigerte sich der in England und Frankreich geltenden und später international anerkannten Regel, dass Bauern auch in Figuren umgewandelt werden durften, die noch nicht geschlagen worden waren, sodass eine Partei nach der Bauernumwandlung etwa zwei Damen oder drei Türme haben kann.[1] Er meinte, dies sei in Deutschland nicht üblich und „überhaupt mit den positiven Grundbestimmungen des Schachspiels unvereinbar“, diese „Anomalie“ sei daher bei seinen Schachaufgaben nicht zu berücksichtigen. Für einige der in der Sammlung enthaltenen Probleme hatte das zur Konsequenz, dass sie als inkorrekt angesehen wurden. 1852 war diese Frage auch in Deutschland geklärt, und zwar nicht in Anderssens Sinn. Er nahm die Aufgaben auch nicht mehr in die zweite Auflage auf.

Ein Beispiel:

Adolf Anderssen
Aufgaben für Schachspieler, 1842, Nr. 32
  a b c d e f g h  
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
  a b c d e f g h  
Matt in fünf Zügen




Lösung:

Hier wäre ein triviales vierzügiges Matt möglich, wenn man die geltenden Schachregeln zugrunde legt:

1. h8D+ Ke7 2. De8+ Kd6 3. Dd7+ Kc5 4. Dc6 matt. Doch zufolge Anderssens Interpretation, die in Deutschland damals noch ziemlich geläufig war, kann sich Weiß keine neue Dame holen, solange die alte noch auf dem Brett ist. Also muss man die zuerst loswerden.

1. Df1–f6! droht doppelt 2. Dd6 matt und 2. h8T matt. Auf 1. … Lxh7 folgt 2. Dd6+ Kg8 3. Db8+ Dd8 4. Dxd8 matt. Also 1. … g7xf6, aber nun ist die Dame vom Brett und eine neue kann erstehen: 2. h7-h8D+ Kf8–e7 3. Dh8–e8+ Ke7–d6 4. De8–d7+ Kd6–c5 5. Dd7–c6 matt.

Nach dem Damenopfer erfüllt der schwarze Bauer f6 als Blockstein denselben Zweck wie zuvor die weiße Dame: Er verhindert die Flucht des Königs über f6.

Nach den damals bereits in England und Frankreich unumstrittenen und bald auch in Deutschland anerkannten Regeln war das Problem damit inkorrekt, weil es unter diesen Bedingungen bereits in vier Zügen lösbar ist. Für die englische Übersetzung fügte R. Kuiper daher einen schwarzen Springer f6 ein, der auf 1. h8D+ Sg8! ermöglicht. Damit lässt sich der Schlüsselzug 1. Dxf6 motivieren, alles Weitere kann bleiben.

Die Sammlung war international erfolgreich. Eine Reihe von Problemen wurde in den führenden englischen und französischen Schachzeitschriften nachgedruckt, so in Howard Stauntons The Chess Player’s Chronicle und in Pierre Saint-Amants Le Palamède. In Deutschland erschienen ebenfalls Nachdrucke, unter anderem in der Berliner Schachzeitung und in der Leipziger Illustrirten Zeitung. 1845 brachte R. Kuiper eine englische Fassung heraus, die in der im englischen Sprachraum üblichen beschreibenden Notation abgefasst war; er vermehrte die „60 gefeierten Positionen Anderssens“ (sixty celebrated positions of Anderssen) um 60 weitere, von ihm selbst stammende Probleme.

Die zweite Auflage

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Zehn Jahre nach der ersten Auflage, 1852, brachte Anderssen eine Neuauflage heraus, die, wie der Titel verriet, „gänzlich umgearbeitet“ war. Sie erschien wiederum bei J. Urban Kern in Breslau. Zwar enthielt sie ebenfalls 60 Probleme, doch Anderssen wechselte etwa ein Drittel der Kompositionen aus, änderte die Reihenfolge und korrigierte eine Reihe weiterer Probleme gegenüber der ersten Auflage. Drucktechnisch änderte sich ebenfalls Einiges, insbesondere wurden die Probleme nun als Diagramme gedruckt, was der Lese- und Lösefreundlichkeit sehr entgegenkam. Dies war die letzte Problemsammlung Anderssens. Er hatte 1851 mit seinem Sieg im Schachturnier zu London 1851 anlässlich der Great Exhibition einen großen Erfolg errungen und dabei unter anderem Staunton mit 4:1 geschlagen. Seitdem widmete er sich nur noch dem Partieschach.

Auch in der zweiten Auflage findet sich ein Problem, das auf Unklarheiten der Schachregeln hinwies. Es war die Nr. 10, ein Nachdruck aus der Illustrirten Zeitung, wo die Aufgabe bereits 1846 publiziert worden war. Hier geht es um die Frage, ob ein En-passant-Schlag erzwungen werden kann, wenn dies der einzige Zug ist, den der Schwarze zur Verfügung hat.

Adolf Anderssen
Illustrirte Zeitung, 31. Januar 1846
Aufgaben für Schachspieler 1852, Nr. 10
  a b c d e f g h  
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
  a b c d e f g h  
Matt in drei Zügen




Lösung:

1. Ta1–e1! Zieht nun der schwarze Springer, folgt 2. Td3 matt bzw. nach 1. … Sxf3 2. exf3 matt.

Bleibt 1. … Ke3xd4 2. e2–e4! Der Springer ist gefesselt, der König steht patt. Der einzige legale Zug ist das Schlagen en passant:

2. … f4xe3 e.p. 3. Te1–d1 matt.

Gemäß dem Problemkomponisten Valery Liskovets ist dies „sehr wahrscheinlich das älteste korrekte Problem mit einem e. p.-Schlag überhaupt“, jedenfalls aber das erste Problem mit erzwungenem e. p-Schlag.[2] Alain Campbell White hat die Geschichte des Themas und der Komposition in Running the Gauntlet erzählt.

Die Anderssen-Verstellung

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Eines der am meisten nachgedruckten und diskutierten Probleme zeigte die nach ihm benannte Anderssen-Verstellung. Diese Komposition, die in beiden Auflagen unverändert gebracht wurde, hat eine Verstellung der Linie eines weißen Langschrittlers zum Zweck der Pattvermeidung zum Inhalt, die im nächsten Zug mit einem Matt durch Abzugschach wieder aufgehoben wird. Über 60 Jahre nach dem ersten Erscheinen widmeten Johannes Kohtz und Carl Kockelkorn diesem Problem eine detaillierte Analyse und arbeiteten besonders die Unterschiede zum Indischen Problem heraus. Kohtz und Kockelkorn würdigten in ihrer „Schachstudie“ Das Indische Problem zudem auf mehreren Seiten die Bedeutung Anderssens in der Geschichte des Problemschachs.

Adolf Anderssen
Aufgaben für Schachspieler, 1842, Nr. 7;
1852, Nr. 11
  a b c d e f g h  
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
  a b c d e f g h  
Matt in vier Zügen




Lösung:

1. Le8–h5! hebt mit einem Läuferopfer das schwarze Patt auf. Es bleibt nur noch ein Läufer zum Mattsetzen.

1. … Kh6xh5 2. Kh8-g7 h7–h6 3. Kg7-f6! Die Anderssen-Verstellung. Der weiße König stellt sich in die Wirkungslinie seines eigenen Läufers und hebt das Patt auf, indem er dem schwarzen König das Mattfeld h4 zugänglich macht,

3. … Kh5-h4 4. Kf6-g6 matt. Der weiße König macht die Verstellung rückgängig und setzt mit einem Abzugschach matt.

Herbert Grasemann (auch schon Kohtz/Kockelkorn?) hob besonders ein Problem hervor, die nicht in einer der beiden Auflagen der Aufgaben für Schachspieler veröffentlicht wurde, sondern in der Illustrated London News 1846. Das Besondere daran sei der stille, weder schachbietende noch schlagende Zug zu Beginn der Lösung, verbunden mit dem Opfer der stärksten Figur, der Dame, gegen umwandlungsbereite Bauern. Doch Anderssen hat eine neue, ökonomischere Version desselben Gedankens in der Nr. 3 der zweiten Auflage realisiert: nur noch drei statt fünf Züge, Ersetzung von Schwer- und Leichtfiguren durch Bauern; dennoch blieb der Grundgedanke erhalten.

1906 gab der Redakteur der Wiener Schachzeitung Eduard Mazel sämtliche Aufgaben aus beiden Auflagen in einer Folge seiner Galerie der Problemmeister wieder.

Bewertungen

Grasemann (Problemschach 1955), Breuer, Schwalbe, A. A. White, Weenink.

  • Aufgaben für Schachspieler, nebst ihren Lösungen. 1. Auflage. J. Urban Kern, Breslau 1842. Digitalisat
    • 2., gänzlich umgearbeitete Auflage. J. Urban Kern, Breslau 1852. Digitalisat
    • R. Kuiper: One Hundred and Twenty Problems, containing the sixty celebrated positions of Anderssen and sixty new problems. J. H. Starie, London 1845. Digitalisat
  • Johannes Kohtz, Carl Kockelkorn: Adolf Anderssen. In: Das Indische Problem. Eine Schachstudie. A. Stein, Potsdam 1903, S. 26–33
  • Eduard Mazel: Galerie der Problemmeister: Adolf Anderssen. In: Wiener Schachzeitung, Nr. 5–6, Mai/Juni 1906, S. 191–200; Nr. 9, S. 286 (Errata) sowie 287–292

Einzelnachweise

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  1. Siehe etwa Conrad von Orelli: Leichtfassliche Anleitung zum Schachspiele in stufenweise fortschreitenden Abteilungen. Höhr, Zürich 1852, S. 8–9. Orelli stellt den Stand der Diskussion sowie die Gegenstimmen dar, unter anderem die Anderssens. Ähnlich J. H. Murray, History of Chess, 1913, S. 1314f.: „In 1842, Adolf Anderssen was still arguing against the plurality of queens in his Aufgaben für Schachspieler. It was owing to Karl Schorn that Bledow and the Berliner Schachgesellschaft, and as a result all Germany, finally abandoned the restrictions for free pawn promotion.“
  2. Valery Liskovets: Eine historische Bemerkung zum erzwungenen En-Passant-Schlag. In: Die Schwalbe, Heft 233, Oktober 2008, S. 595. https://www.dieschwalbe.de/hefte/schwalbe_233_Oktober_2008.pdf dieschwalbe.de.

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