Benutzer:Muehlstein/Dikome Missionsstation

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

1913 ist "Frau Missionar Rohde" die erste weiße Frau, die nach Dikume gekommen ist. Von Mitte April bis Mitte Mai reist sie über Bombe, Kumba, Lokando nach Dikome und über Itoki, Kombone, Kumba wieder zurück. In Lokando, also kurz vor Dikome, notiert sie: Man glaubt kaum, in Afrika zu sein, so kühl war die Luft. Es regnet. Ihr Mann war Missionar Reinhold Rohde. Er war zuvor in Dikume gewesen und hatte dort den Auftrag gegeben, ein Haus für seine Familie zu bauen, da er das nächste Mal seine Frau mitbringen werde. Das Haus ist noch nicht fertig, als sie ankommen. Es ist in traditioneller Bauweise aus Blättergeflecht gemacht, hat 3 Zimmer und keinen Kamin. "Die Eingeborenen lieben die sanft ansteigenden Kurven nicht, sondern gehen stracks hinaus nach dem Bergrücken und auf der anderen Seite wieder hinunter." Was dem Europäer im Jahr 1926 aufgefallen war, erlebt der Reisende noch heute in den Rumpi-Hills als Realität. Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurde die strategische Bedeutung von Dikume erkannt. An diesem stark bevölkerten Ort kreuzen sich die Straßen von Bekondo nach Marumba. Ferner bietet Dikome die Pforte für das Hinterland. Missionar E.Straub schreibt in seinem Reisebericht: Weil Dikome so zentral gelegen ist, und der Ort uns wichtig erscheint für die weitere Entwicklung der Missionsarbeit, hoffen wir, dass bald ein Missionar dort werde stationiert werden können. Fünf Jahre später sind es Regierungssoldaten, die sich überlegen, in Dikome eine Station zu errichetn, da der Ort viel zentraler liege und klimatisch angennehmer ist als Kumba. (Bächtold-Heiser, Jahresbericht 1931)

Der erste einheimische Christ in Dikome ist ein Plantagenarbeiter, Johannes Itoe, der bei seiner Arbeit an der Küste mit dem Christentum in Berührung gekommen und getauft worden ist. Zurückgekehrt in seine Heimat, stellt er fest, dass er durch seinen Übertritt zum Fremdling geworden ist. Von ihm wird erzählt, daß er nach seiner Taufe sechs Tag stumm gewesen sei. Dies sei für ihn die Probe gewesen, ob er fähig sein werde, den Streit für Jesus aufzunehmen. (Bächtold 1931, 2f, 1933) Später wandert Johannes wegen der großen Anfeindungen nach Bolo aus. Seine Nichte ist Sara Bie, die mit Eugen Sakwe verheiratet ist. Deren Kinder werden durch Zauberei krank und sterben. Der Evangelist Yeremia Kinge berichtet aus dem Jahr 1923, dass er zu Beginn seiner Arbeit in Dikume 213 Gottesdienstbesucher vorfindet: 36 Menschen sind Christen, die in den Plantagen um Victoria (Limbe) getauft worden sind, 70 von ihnen sind Schuljungen, 96 Taufbewerber. Es ist ihm wert, zu berichten, "dass die Frauen ganz ohne Kleider gingen". Noch stehen am Eingang und am Ausgang des Dorfes jene primitiven Zaubertore, welche allen bösen Geistern den Eintritt verwehren sollen. Zu beiden Seiten des Weges befinden sich zwei Bäumchen, manchmal sind es auch nur zwei Stangen, verbunden mit einer Palmrippe an der viele Fransen herunterhängen. Es könnte aber auch ein Blatt sein, das solche Fransen bildet. In der Mitte ist ein Zaubermittel befestigt in Blätter eingewickel von der Form einer kleinen Wurst. Jedem Eintretenden streichen nun diese Fransen um Kopf und Schultern, es sei denn man gehe um das Tor herum. In Dikume ist herrscht der Losango-Kult (Mehrzahl; Einzahl: Isango). Die ganze Nacht wird die Trommel gerührt und beim Morgengrauen zieht die ganze Gesellschaft durchs Dorf singend und tanzend... Wie merkwürdig alle diese Muskelbewegungen! Am anderen Morgen war es der weibliche Isango, der seinen Umzug hielt. Während dieser Zeit müssen alle Türen geschlossen bleiben; niemand, der nicht zum Geheimbund gehört, darf sich blicken lassen bei Lebensgefahr. Dies Gebot schreibt der Missionar haben wir übertreten und manche Christen ebenfalls, sich geborgen wissend durch die Gegenwart der Missionare. ... Manch wütender Blick traf uns bei ihrem Durchzug. Der Hauptgrund, weshalb die Losango-Leute die Missionsarbeit behindern, ist "weil die Schulbuben dann anfangen, Hühner zu essen." Hier besteht ein Tabu. Das essen von Hühnerflesch ist bestimmten Mitgliedern der Kultgemeinschaft vorbehalten.

Am 17.Dezember 1923 bricht der legendäre Glockenkonflikt aus. Der Dorfälteste verkündet, dass zehn Tage lang zu Ehren des Dibunu kein Gesang, keine Predigt, kein Glockengeläut zu hören sein dürfe. Die Christen halten sich nicht an diese Regel. "Weißt du denn nicht, dass es ohne den Dibunu kein Essen mehr gäbe?" wird ihnen vorgehalten. Dann wird der Häutptling krank. Der christliche Lehrer geht zu ihm, doch eine schnelle (Glaubens-)Heilung bewirkt nur, dass der Häuptling sich "wie Farao" erneut gegen die Christen wendet. Als Resumé aus diesem Konflikt schreibt der Evangelist Yeremia Kinge die klugen Worte: Ein Gottesmensch darf einen Losangomenschen nicht herausfordern, und ebenso wenig der Losangomensch einen Christen. Im Dorf ist ein Schaf gestohlen worden. Die Mutter des christlichen Chorleiters Franz behauptet, die Isangoleute hätten es genommen und aufgegessen. Diese streiten das ab und werfen der Frau vor, dass sie durch ihre Worte verleumdet worden seien. Als Strafe setzen sie der Frau einen Isango aufs Haus. Es ist ein Palmzweig daran ein Bündel kleine Zweige gebunden sind von einem dem Isango geweihten Baum genommen. Dies Zeichen gilt als Zahlungsbefehl. Die Frau darf das Haus nicht mehr verlassen, bis sie 2 sh Strafgeld bezahlt hat. Geht sie trotzdem aus dem Haus, so wird sie verprügelt.

Im Mai 1924 ist Pfarrer Modi Din in Dikume. Im August kommt es im Dorf zu einer Epidemie.160 Tote: Von den Christen starb nicht einer, auch kein Taufbewerber. Im Dezember 1925 verzeichnet die Gemeinde 166 Christen und 60 Taufbewerber. Missionar Staub reflektiert in seinem Reisebericht von 1926 über die Mission und ihre aufgeklärten Gegner. "Wem viel vergeben wird, der liebet viel." Die Missionsfreunde, welche das verstehen, reden nicht mehr mit einer gewissen Überhebung von den armen Heiden, sondern weil ihnen viel vergeben wurde müssen sie ihre Liebe betätigen durch die Mitarbeit in der Mission.

In Bakumba tun wir interessante Blicke in heimisches Wesen. Es ist ein großes Dorf. Sie schicken sich an ihre Tänze aufzuführen, daran sich aber nur Isangoleute beteiligen dürfen. D. h. sie haben die Verpflichtung übernommen dafür zu sorgen, dass ihm gebührende Verehrung zuteil werde. Auch leisteten sie eine Zahlung bestehend in einem Schaf oder In Hühnern und Ziegen. Das können sich ja nur Vornehmere leisten. Wir sahen denn auch Kinder daran teilnehmen für die der Vater besonders zu zahlen hatte. Da war eine Schar die hatte um die Lenden einen Gürtel gebunden, daran grüne Blätter hingen, die beim Tanz herumflatterten. In der Hand hielt jeder einen grünen Baumzweig, womit sie in der Luft herumfuchtelten. Dazu wildes Gebrüll und Getrommel. Vor der Isangohütte bildeten sie einen Kreis und veränderten eigentlich den Standort nicht während des Tanzens. Das Tanzen selbst ist schwer zu beschreiben; es ist weder ein Hüpfen noch ein Stampfen mit den Füßen. Der ganze Körper von Kopf bis zu Fuß ist in Bewegung; ich möchte sagen bis in die Zehen- und Fingerspitzen hinaus; jede Muskel ist in Bewegung. Nach einigem Zuschauen gesellte sich eine neue Schar dazu die sich aber von den Andern in verschiedener Hinsicht unterscheidet. Zwar auch sie waren mit grünen Blättern geschmückt. Aber auf den Rücken hatten sie ein sonderbares Ding gebunden, das aussah wie ein künstliches Äffchen. Durch geschickte Bewegung ihres Körpers verstanden sie es dieses merkwürdige Ding beständig im Gang zu halten so dass es fort und fort an ihren Rücken schlug. In beiden Händen hielten sie je ein kleines Horn, die sie gegeneinander schlugen, sozusagen den Takt schlagend beim Gehen. Es war dasselbe Tanzen nur blieben sie nicht am gleichen Ort stehen. Die Isangohütte liegt mitten in der Strasse und ungefähr 40m entfernt, ihr gegenüber, da befindet sich eine kleine Erhöhung mit Gras bewachsen. Zuerst statteten diese dem kleinen Hügel einen Besuch ab. zwei von ihnen stiegen die Böschung hinauf und brachten ihre Huldigung dar‚ dann kehrten alle zur Isangohütte zurück. Ein weiteres Merkmal hatten sie an ihren Gesichtern, welche genau zur Hälfte mit weiser und schwarzer Farbe bestrichen waren. Auch ihre Arme‚ Beine und Brust waren mit weiser Farbe beschmiert. Es gelang mir aus der Ferne zwei Aufnahmen zu machen. Wir fragten nach den Holzmasken wie wir sie in Basel im Museum besitzen. Man erklärte uns die würden erst nachts aufgesetzt: dann muss auch die große Zuschauermenge verschwinden. Auch in Dikume steht der Isango noch in voller Blüte. Die ganze Nacht wird die Trommel gerührt und beim Morgengrauen zieht die ganze Gesellschaft durchs Dorf singend und tanzend. Der Tanz gleicht demjenigen, den wir in Bakumba gesehen haben. Wie merkwürdig die Muskelbewegungen! Am anderen Morgen war es der weibliche Isango, der seinen Umzug hielt. Während dieser Zeit müssen alle Türen geschlossen bleiben; niemand, der nicht zum Geheimbund gehört, darf sich blicken lassen bei Lebensgefahr. Dies Gebot haben wir übertreten und manche Christen ebenfalls, sich geborgen wissend durch die Gegenwart der Missionare. Die Straße, in der Regenzeit wohl den Dorfbach bildend, liegt etwas tiefer als die Dörfer zu beiden Seiten.

Anfang 1926 wird die Kirche in Bangere angezündet. Die Bitten um Erlaubnis zu einem Wiederaufbau sind begleitet von der Drohung: Wenn nicht, werden wir uns an den District Officer wenden. Der Missionar merkt zwar selbstkritisch an: "Entsteht dadurch nicht der Eindruck, als ob sich unsere Macht auf eine politische Macht stütze?" Die Berufung auf die europäische Kolonialregierung scheint den Missionaren jedoch hilfreich; zwei Jahre später schreibt Missionar Dorsch an den Dorfhäuptling, nachdem mehrfach Christen bedroht worden sind: dass ein Gesetz der Religionsfreiheit bestehe, über dem die englische Regierung, nicht etwa die Missionare, wachen, sodass, wenn sie diese Taufbewerber bedrohen oder gar Geld bei ihnen erpressen, sie der Strafe der englischen Regierung verfallen.

Missionar Dorsch ist am 7. April 1928 in Dikome eingezogen. Er hat mehr vorgefunden an christlicher Kirche, als er erwartet hätte. In seinem Jahresbericht spricht er davon, daß das Christentum durch Plantagenarbeiter nach Dikume gebracht worden sei. Er schildert auch die Konkurrenz der Katholischen Kirche: "sie sind so rücksichtslos und taktlos, daß sie sich hier in unserer nächsten Nachbarschaft, ca. 40 m entfernt, angesiedelt haben und wir nicht nur ihr Geklingel, sondern auch Gesang und Deklamieren hören."

Ein Jahr später ist Dorsch scher erkrankt. Im Januar 1929 trifft Missionar Wöhr in Dikome ein. Der ehemalige Landwirt pflanzt Rosen auf der Missionsstation. In seinem Quartalsbericht vom 1.Juli 1929 spricht er von einer Polyklinik in Dikume: 2 Räume, in denen täglich etwa 50 (teilw.) Wundkranke behandelt werden. Die Regierung hat einen "Dresser" (einheim. Krankenpfleger ?) angestellt. Um medizin zu erhalten oder operative eingriffe vorzunehmen, muß man zu dem 2 Tagesreisen entfernten Regierungsarzt gehen. Über die topographischen Gegebenheiten in Dikume stellt er fest: Diese Gebirgswelt ist so unwegsam, bergig und unfruchtbar, daß sie wohl kaum einmal stark vom Autoverkehr bedroht sein wird. 1930 kommt Missionar Bächtold nach Dikume. Am 25.März wird die Versettzung entschieden. Woehr geht nach Buea, dann nach Besongabang.

Bächtolds Jahresbericht von 1930 enthält eine interessante Schilderung des MFAM Zauberrituals. Im ersten Quartalsbericht vom August 1930 schildert er die Lage des Ortes: Dikome liegt an einer Wasserscheide. Hier trennen sie die Flüsse, die zum Mungo River gehen, von denen, die in Richtung Calabar und Rio del Ray fließen. Der Ort liegt 1000 Meter hoch. Der nahe Berg RAPA bietet einen guten Blick auf die Rumpi Hills und – bei entsprechendem Wetter – bis zum Mount Kupe. Im Oktober widmet er seinen Bericht einer Reflexion über allgemeine Fragen der Missionsarbeit. Dabei schildert er die zwiespältigen Auswirkungen der interkulturellen Konfrontation und greift aber auch die Missionsgegner bewußt an: "Ja, die Heiden, die jungen wenigstens, verlieren den Boden ihrer Kultur. Sie verlassen ihn gerne. Mit wahrem Heißhunger strecken sie sich nach dem Neuen, Fremden, Überlegenen, sofern sie in ihm Nutzen wittern und – leiden Schaden. ... Hat der Kameruner aber das Neue, ihm z.Z.Überlegene, sich zu eigen gemacht, ist er daran klug geworden, dann kommt, das hoffe ich zuversichtlich, die gesundung, der Aufbau von Innen heraus. ... Ob unsere Ankläger es vorzögen, nur mit einem Büffelfell bekleidet in den Urwädern Alemanniens herum zu springen und dem Vater die Kalebasse unter die Wodanseiche zu tragen zum Bieropfer,.. nur damit ihren Ur-urgroßvätern die schreckliche Übergangszeit erspart geblieben wäre?" Bächtold schildert die psychischen Spannungen, in die Afrikaner durch die Begegnung mit der christliche geprägten westlichen Kultur geraten. Er beschreibt, wie nach wie vor christliche Frauen Zauberschnüre auf ihrer Brust tragen, um ihre Stillfähigkeit zu erhalten. Er schildert, wie die Männer, denen die Polygamie jetzt verboten ist, die Ehescheidung nutzen, um etwas Abwechslung in ihr Sexualleben zubringen. Er erzählt von einer kinderlosen 16-jährigen, die ihren Taufschein zurückgeben will, weil der Zauberer ihr Christ Sein als Ursache für Unfruchtbarkeit ausgemacht hat. Die Menschen "fallen um wie die Fliegen". In der Zeit des Ersten Weltkriegs habe es noch in 40 Dörfern Katechisten gegeben; jetzt seien nur noch 16 Dörfer besetzt. Mit dem "Reislaufen der Zürcher Reformationszeit vergleicht er die Tatsache, daß die jungen Männern aus Dikome abwandern, um in den Farmen der Europäer Arbeit zu finden. Kirchenzucht geschieht in der jungen Kirche gelegentlich durch Gemeindeausschluß. Anders als bei den Geheimbünden, die der Disziplin oft nachhelfen und ein "Gottesurteil" provozieren, ist die kirchliche Disziplin folgenlos, erntet deshalb Spott und wird nicht ernst genommen. Sehr kritisch äußert sich Missionar Bächtold über die Bekehrungsmotive. Er vergleicht die jungen Christen mit den freiheitsstrebenden Bauern der Reformationszeit: Das junge Volk war vom Freiheitstaumel erfaßt. Er nennt vier Kennzeichen dieser Neubekehrten: • sie erkennen im Christentum eine Art neuen, aber kostengünstigeren Isango • sie sind groß im Auswendiglernen unverstandener Sätze • allgemein wurde die Jugend erreicht (unter 25, monogam) • Gebote wie der Dekalog waren bekannt, neue, christliche, wurden in Kauf genommen Kurzum, das war durchaus keine Christusgemeinde die schließlich dastand, sondern ein umstürzlerischer Isango, dessen Mitglieder, vom memorierten Katechismus abgesehen, einfach nichts von der Christenlehre wußten. (Bächtold 1931 II Q S.4)

Das fröhliche Singen und Händeklatschen, von dem auch heute die Besucher in Afrika und – im Rahmen von Partnerschaftsbesuchen – Besuchte in Europa so begeistert sind, bezeichnet er als reine Show: vordergründig, Begeisterung mimend. In der Wirkungszeit des Missionars Dorsch sei gar das Taufalter auf bis zu unter 10 Jahren herabgesenkt, die Schwellen der Kirche seien allzusehr gesenkt worden. Innerhalb der Dorfgemeinschaft seien die Christen eine verachtete Minderheit, aber gefürchtet. – Die Spannung, die zwischen diesen beiden Körperschaften in Kamerun besteht aufheben, ginge auf Kosten der Gemeinde und hiesse biblische Grundwahrheiten verlassen. So schreibt Bächtold in seinem Jahresbericht 1931, den er ende Januar verfaßt. Am 1.Februar verläßt er Dikume und ist bereits am 12. März in Schleitheim, Kanton Schaffhausen – zu einem zweijährigen Heimaturlaub. Am 2. März 1932 kommt Missionar Autenrieth nach Dikome. Seltsam berührt von dem ungewöhnlich lauen Empfang in Dikome entdeckt Missionar Autenrieth, daß sein Vorgänger Bächtold Ähnliches erlebt haben muß. Er vermutet, daß die Christen im Dorf immer noch an dem unerwartet plötzlichen Abzug von Missionar Dorsch leiden. Was seine Arbeit nicht gerade erleichtert, sind neue finanzielle Rahmenbedingungen: Die Synode in Buea hatte im April 1932 beschlossen, die finanzielle Unterstützung der Gemeinden zurückzufahren. Katecheten und Lehrer erhalten keine Besoldung mehr, sollen von den Kollekten der Gemeinden leben. Dieser Tatbestand wird zunächst dem neuen Missionar angelastet.

Theo Autenrieth erschließt ein neues Arbeitsgebiet in Ndian, wo seit 1927 durch die United African Company eine 16 Quadratmeilen große Ölpalmenfarm eingerichtet wird. Von den 1.800 Arbeitern sind viele Christen; kein Missionar kümmert sich um sie. 1933 stellt die dortige Gemeinde aus Eigenmitteln einen Katechisten an. Ein Quartalsbericht von 1933 trägt die Überschrift: Wanderameisen und ihre Überfälle auf die Station Dikume. Im Jahresbericht wird von persönlicher Krankheit in der Familie erzählt: Die 4-jährige Elfriede fällt in den Bach, der durch das Stationsgebiet fließt. Zweimal hat die Kleine Malaria-Erkrankungen mit Fieber bis 41 º überstanden (zur Behandlung nutzte man damals Plasmochin). Frau Autenrieth war 5 Wochen krank. Der kleine Sohn von Hackenwürmern infiziert. Außerdem erzählt der Missionar eine seltsame Bewahrungsgeschichte: Aus Missionar Dorschs Zeiten stand eine verkorkte Flasche mit der Aufschrift Abendmahlswein Autenrieth wollte sie öffnen – nachts bei Kerzenschein – und entdeckte darin hochexpolives Benzin.

Zu Jahresanfang 1933 erhalten die Gebäude der Misionsstation Welblechdächer; bisher waren sie, nach einheimischer Tradition, mit Matten bedeckt. In Toko missionieren zwei junge Katholiken und stimmen die Häuptlinge um. Der Ort konnte nicht gehalten werden. Autenrieth schreibt befremdet über die magischen Praktiken der katholischen Missionare, die bei den Afrikanern auch noch Resonanz finden: Sie empfehlen echtes Jordanwasser gegen Feindschaft und Zauberei. In spektakulärere Weise wird berichtet von der Taufe eines bereits Verstorbenen. Und dann berührt es ihn besonders seltsam, daß die katholischen Priester jede Amtshandlung mit schwerem Geld bezahlen lassen, und: das weit seltsamste ist das, sie bekommen das Geld. Im August 1933 schreibt Theo über die Auswirkungen der Regierungssteuer auf die Menschen im Bergland. Aufgrund der hohen Belastung sehen sich Viele gezwungen, zur Wanderarbeit in die Plantagen zu gehen. Was wäre die Alternative? Kakao vor Ort anbauen: Eine andere Abhilfe wäre die, wenn unsere Christen selber Farmen, etwa mit Kakao anlegten, von denen sie mit der Zeit einen ertrag erhalten, der ihnen die Arbeit in den Framen der Weißen erspart. ... An ein paar Orten ist es gelungen, eine Gemeindefarm anzulegen. Auch manche Einzelne haben angefangen, Kakao zu pflanzen." Und er will, nach einem Vorbild der nigerianischen Kirche, es den Wanderarbeitern aus Dikome zur Gewissenspflicht machen, daß sie nur da Arbeit nehmen, wo sie zugleich auch Anschluß an eine evangelische Gemeinde finden.

Und ist da das Wunder von Dikome, das im Basler Missionsboten so viel Aufmerksamkeit erzielte, und schließlich ausging wie das Hornberger Schießen. Im Jahresbericht von 1933, verfaßt am 14. Februar 1934, schreibt Theo auf Seite 4 und Folgende: Gänzlich und unerwartet und ganz ohne unser Zutun kamen einige Geheimbünde dazu, ihre Geheimbundsachen, ihre sogen. Losango zu verbrennen und in den Fluß zu werfen. ...Im Volk antstand auf einmal, man möchte sagen über Nacht, eine Strömung, die diesen und jenen Isango (Einzahl von losango) abgeschafft wissen wollte, weil er schlimm sei [d.h.] weil er zu Betrug & Ausbeutung benutzt wurde. Auch in Dikume selbst sei sogar der Häuptling für die Abschaffung des traditionellen Ritus. Bei der Verbrennung in Dikume sind wenig Menschen zugegen. Vernichtet werden sollen der Bolombo, Dioh, Kore, Male, Morami. Nur Dioh ist eine menschenähnliche Holzfigur. Mit Hilfe des Häuptlings rettet Autenrieth ihn vor der Verbrennung und überführt ihn nach Europa um wohl in irgendeinem Museum vielleicht noch einmal so sehr alt zu werden... Und Missionar Autenrieth betont nochmals: Nie haben wir etwa gegen die Geheimbünde gepredigt, sondern eben nur das Evangelium verkündigt. (S. 7.8) am 6.Februar 1934 tritt Theo seine Heimreise an, und H.Bächtold ist wieder in Dikome. Ein Jahr später sind die 5 Geheimbünde wieder voll aktiv. Der Dioh wurde ersetzt, 30 Kinder aus der Schule abgemeldet. Was war passiert bei Th. Autenrieths Abschaffung des Losango? Sein Vorgänger und Nachfolger berichtet empört an das Komitee (– ob das auch im Heimatboten geschrieben wurde?), daß es überhaupt nicht so ganz ohne unser Zutun abgegangen ist: Wegen einiger dramatischer Vorfälle, die auf Zauberei zurückgeführt wurden, und unter denen Christen zu leiden hatten (Sara Bie), waren die Geheimbünde vom Missionar in einer Volksversammlung ans Geheimbundhaus beordert worden: Wenn sie nicht aufgeben und ihre Zaubersachen vernichten würden, so drohte er, gebe es eine Meldung an die englische Regierung. Innert 8 Tagen hätten die Geheimbünde zu ihrem Beschluß gefunden. Die Anzeige bei der Regierung unterblieb und die fünf abgeschafften Geheimbünde florierten weiter. Heute erzählen die Christen lachend wie die Heiden in jenen Tagen die wertvollsten Zaubersachen in Sicherheit gebracht hätten. (Bächtold Mai 1935 – BM E-5-2,11 Nr. 85) Das genuin afrikanische Demokratiebewußtsein verlangt vor einer, gemeinsam zu tragenden, Entscheidung einen umsichtigen, allseitigen Diskussionsprozeß. Bächtold wörtlich: Diese demokratische Gesinnung, die nicht wie ein unmündiges Kind oder ein seelenloses Fahrzeug über sich verfügen läßt, sondern beim Werdne des Kleides, das sie nachher tragen soll mitraten –reden und –leiden will ist überhaupt für die Waldlandstämme bezeichnend. (Jahresbericht 1934 S.1) Von ihm stammt die Geschichte mit den beiden Vätern, in der er einerseits den damals üblichen Paternalismus weiterschreibt, andererseits doch – auf der Grundlage damaligen Allgemeinguts – wichtige und wegweisende grundprinzipien der Missionsarbeit beschreibt. Aus dem II Quartalsbericht vom 20.Juli 1934: Zwei Väter erziehen ihre Söhne. Der Eine hegt und pflegt sein Kind mit großer Liebe. Obschon es bald zweijährig ist, nötigt er es nicht, die Füße auf den Boden zu stellen um Gehversuche zu machen, denn er hat es einigemale versucht aber da ist das Kind umgefallen und hat jämmerlich gebrüllt. Seither trägt er es, und das Kind lächelt, ist zufrieden und glücklich. Das geht nun schon zehn Jahre so; das Kind kann noch nicht gehen. Auch der andere Vater hegt und pflegt sein Kind mit großer Liebe. Als er es zeitig gehen lehrte ist es anfangs oft gefallen und hat kläglich geweint, aber der Vater hat es nicht gleich wieder auf die Hüfte genommen sondern ihm aufmunternd zugesprochen, ist bei ihm geblieben, hat ihm Steine aus den Wege geräumt und darüber gewacht, daß die Nachbarskinder und der böse Ziegenbock es nicht umstießen, aber getragen hat er es jeden Monat weniger. Der Junge ist nun zehn Jahre alt, geht und springt auf allen Pfaden und kann dem Vater bereits in der Arbeit helfen. Sag an, welchen der beiden Väter wünschest Du zum Erzieher? Welcher wird einst von seinen Sohn Dank ernten? Gesetzt den Fall: die bei den Väter kommen morgen im Kriege um, welcher der beiden Söhne ist dann übler dran? Wird nicht der Erstere seinen Erzieher anklagen und ihm die Schuld geben, dass er mit zehn Jahren noch nicht gehen kann und hilflos ist ohne Vaters starke Arme? - Ich bin noch nicht fertig. Sag an: welcher Vater war eingentlich der verständigere und in Wirklichkeit liebevollere? Jener "Rabenvater" der sein Kind trotz Geschrei früh auf den Boden setzte, weil er es zur Selbständigkeit erziehen wollte, oder jener "besorgte Vater", der nach den ersten unangenehmen Schreien beschloss, sein Kind nicht mehr auf die Füße zu setzen, bis es gehen könne?

Auf einer Lehrerkonferenz hält Misionar Bächtold einen Kurs über altbiblische, jüdische Reinigungsopfer Das ist ja tatsächlich wie bei unsern Geheimbünden! Platzt einer der Evangelisten heraus. Auch hier finden wir positive Ansätze im Verhältnis zur afrikanischen Tradition, die für einen damaligen Missionar der Basler Mission erstaunlich sind. Schon 1931 hatte Bächtold das Geheimbundwesen in mutiger weise mit dem modernen europäischen Sozialversicherungswesen verglichen, wenngleich auf dem Hintergrund einer Reflektion über den Niedergang der alten Form. Damals fand er als quasi Reste eines ozialen netzes in dem Geheimbund noch vor: gesellschaftlich tragende Elemente wie die einer Geheimpolizei, eines Bänkelsänger- und Bestattungswesens, Kommödiantentum, sowie eine Gruppe von Priestern (II.Q-bericht 1.8.1931) Interessant ist Bächtolds Beobachtung zur Mathematik: Die großen Probleme, die viele Kameruner mit dem europäischen Rechnen haben, führt er darauf zurück, daß viele Stämme (Balue, Bakunda, Mbonge, Ngolo und Batanga) nach dem Vizesimalsystem rechneten: 1,2,3,4,5 1,2,3,4,5 6,7,8,9, 5 + 1,2,3,4 10-14 10 + 1,2,3,4 15-19 15 + 1,2,3,4 20 ff 20, 20 + 1,2,3,4,5,... 30 20 + 10 20 + 15 20 + Am 27.Oktober 1935 kommt Erich Pfennig als Missionar nach Dikome und findet das Grab der Verstorbenen Frau Bächtold. Frau Pfennig arbeitet als Krankenschwester, behandelt Geschwüre, Wunden. Im Jahr 1936 sind es 350 Konsultationen. Die nächsten Ärzte sind 2 (Kumba) bzw. 3 (Toko) Tagereisen entfernt.

Bis 1938 ist Erich Pfennig in Dikome. Seine Berichte enthalten Informationen über das kirchliche Leben, Auseinandersetzungen mit dem Geheimbund, aber auch Nachdenkliches über Auswirkungen nichtchristlicher Europäischer Kultur in Kamerun. Eines Tages findet er (1937) einen Spottpfahl mit Kreuz, Flammenherz und einem Hampelmann, und es heißt: Das sind die Christen, die auf die Worte der Weißen hören. Er führt dies auf Auswirkungen europäischer Gottlosenpropaganda zurück. Die andere Bewegung geht nach E.Pfennig zur Küste und zum Gelde hin: Die Grasländer kaufen für teures Geld in der Dikume-Region Palmöl auf, welches überhaupt wegen der kalten Temperaturen Mangelware ist. Dann bauen die Grasländer hier Mais an, Maisbier-Brauereien entstehen. Folge: Zunehmende Trunksucht. Ist es Ironie des Schicksals, daß die eine Bewegung Kirchen baut und die andere Bewegung deren Ursprung im gleichen Landund Volk liegt, sie abzureissen droht, um an ihre Stelle Trinkhallen oder –Häuser zu bauen? Innerkirchlich beschreibt E.Pfennig, wie wichtig es ist, daß von den Kirchenmitgliedern eine Kirchensteuer als letzten Prüfstein erhoben wird. Damit wird die Erdhaftigkeit des Glaubens betont. Das die Zahlung der Steuer mit der Abendmahlsanmeldung zusammenliegt, wirkt dem spiritualistischen Vorurteil entgegen, das Abendmahl sei eine Art neuer Medizin. 1936 sind die Kirchensteuern in Dikume um 70 % gestiegen. Dies hilft ein wenig das Problem lösen, daß lehrer und Katecheten auf dieser Außenstation etwa ein Drittel dessen verdienen, was sie in Kumba bekämen. Allerrdings gibt es zusätzlich noch eine Art innerkirchlichen Finanzausgleich, von dem auch Dikome profitiert. (Jahresbericht 1936) 1938 taucht dann die Frage auf, ob Dikume denn üebrhaupt weiterhin besetzt sein wird. 1939 kommt der Missionar Oskar Binder nach Dikume. Hochtehologische wird jetzt die Beerichtserstattung. In Auseinandersetzung mit Missionar J.Ittmann z.B. die Frage Gibt es im Heidentum des Kameruner Waldlandes positive Ansätze zur Heidenpredigt?

Das Archiv der Basler Mission verspricht weitere, wenn auch z.T. ungeordnete Informationen über die Jahre 1940 – 1950, und bis heute.

Nach Archiv-Unterlagen der Basler Mission

Zusammengestellt von Pfarrer Martin Sommer (Sommersemester 2001)