Benutzer:SuCapitanidad/Spielwiese

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Geschehnisse in verschiedenen rheinischen Städten und Gemeinden 1923

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Koblenz um 1900, Pfaffendorfer Brücke und kurfürstl. Schloss

Koblenz: In der Hauptstadt der damaligen preußischen Rheinprovinz, fanden sich am 15. August 1923 unterschiedliche separatistische Bewegungen zusammen und gründeten die „Vereinigte Rheinische Bewegung“. Als führende Persönlichkeiten erschienen Hans Adam Dorten von der „Rheinischen Volksvereinigung“, Josef Friedrich Matthes (1886–1943) vom „Rheinischen Unabhängigkeitsbund“, der von dem Kölner Josef Smeets gegründet worden war, und Leo Deckers aus Aachen. Eine wohlwollende Billigung durch die französische Verwaltung ist anzunehmen. Ziel dieser Bewegung war nun ausdrücklich die völlige Abspaltung der Rheinlande von Preußen und die Errichtung einer Rheinischen Republik unter französischem Protektorat. Die Sache der Republik sollte durch öffentliche Kundgebungen und Versammlungen in allen rheinischen Städten vorangebracht werden.

Eschweiler: Auf dem Haus Neustraße 43 in der Eschweiler Innenstadt wurde durch Separitisten die grün-weiß-rote Fahne der Rheinischen Republik gehisst und ein Werbebüro eröffnet.

Koblenz: Die Separatisten versuchten die Macht zu übernehmen. Es kam in den folgenden Tagen zu zahlreichen „Handgreiflichkeiten“ mit der Ortspolizei und der Bürgerschaft.[1]

Aachen: Das Aachener Rathaus wurde unter der Führung von Leo Deckers und Dr. Guthardt besetzt, die im dortigen Kaisersaal die „Freie und unabhängige Republik Rheinland“ ausriefen.[2]

Aachen: Separatisten schossen in der Umgebung des Theaters auf Gegendemonstranten, die danach in das Sekretariat der separatistischen Partei am Friedrich-Wilhelm-Platz eindrangen und dieses verwüsteten.[2]

Duisburg: Die Duisburger Ortsgruppe des „Rheinischen Unabhängigkeitsbundes“ verkündete auf Plakaten, dass die neue Republik ohne Einfluss durch die Besatzungstruppen zustande gekommen sei, obwohl dies nicht der Wahrheit entsprach, denn alle Versuche, dem separatistischen Intermezzo ein Ende zu bereiten, scheiterten an der französischen Besatzungsmacht.

Eschweiler: Vergeblicher Putschversuch der Separatisten im Rathaus

Koblenz: In der besetzten die Separatisten mit Unterstützung des französischen Militärs das Koblenzer Schloss, mussten es auf Druck des Oberbürgermeisters Dr. Russel und der Ortspolizei zunächst wieder räumen und besetzten es in der folgenden Nacht erneut.[1] Im Bahnhofsgebäude wurden Waffen an die Separatisten ausgegeben.[3]

Berlin: Staatssekretär von Maltzan weist den deutschen Geschäftsträger in Paris an, der französischen Regierung eine Protestnote auszuhändigen, die das fördernde Verhalten der französischen Besatzungsbehörden im Hinblick auf die separatistischen Bestrebungen kritisiert.[4]

Aachen: Seit dem Morgen fuhren Separatisten schießend in Autos durch die Stadt. Die Aachener Feuerwehr besetzte inzwischen das Rathaus, was die separatistische Regierung dazu zwang, sich nun im Regierungsgebäude zu verschanzen. Die belgische Besatzungsmacht verhängte den „Belagerungszustand“.[2]

Düren: In der Dürener Tivolistrasse 55 befindet sich das sogenannte "Armee-Oberkomanndo" unter der Führung der anwesenden Matthes, Dorten, Merks, Leithner, Rang und Biermann. Der Separatist Rang war für die Beschaffung der Waffen verantwortlich.[3]

Eschweiler: Der Beigeordnete Elsen lehnte die Übergabe des Rathauses weiter ab, ein Selbstschutz wurde gebildet und die Bevölkerung zum Widerstand aufgefordert.

Mainz: Josef Smeets wurde zum Leiter der Exekutive für den Bezirk Mittelrhein ernannt und hielt sich in Mainz auf.[3]

Aachen: Die deutsche Lokalpolizei in Aachen versuchte das Regierungsgbäude zu stürmen, wurde jedoch von Soldaten der belgischen Besatzung daran gehindert und fortan belgischem Befehl unterstellt. Ebenfalls wurde der Betrieb der Technischen Hochschule eingestellt und auswärtige Studenten aus Aachen ausgewiesen. [2]

Königswinter: Separatisten besetzen das Rathaus

Koblenz: Der französische Hochkommissar und Präsident der Rheinlandkommission, Paul Tirard (1879–1945), bestätigte die Separatisten als „Inhaber der tatsächlichen Macht“. Sie sollten „unter selbstverständlicher Achtung der bestehenden Autorität der Besatzungsbehörde [...] alle notwendigen Maßnahmen“ einleiten. Hans Adam Dorten und der Redakteur Josef Friedrich Matthes erhielten hierfür die Generalvollmachten. Ein Regierungskabinett wurde gebildet, und Matthes als dessen designierter Vorsitzender war somit Ministerpräsident der rheinischen Republik. [1]

Aachen: Das Rathaus wurde wieder von den Separatisten besetzt, die inzwischen rund 1000 Männer Verstärkung aus den Reihen der „Rheinland-Schutztruppen“ erhalten hatten. Der belgische Hochkomissar Baron Edouard Rolin-Jaequemyns ordnete das sofortige Ende der separatischen Regierung an und forderte die Truppen auf, umgehend die Stadt zu verlassen. Die Aachener Stadtverordnetenversammlung trat am Abend zusammen und legte ein „Treuebekenntnis zum Deutschen Reich“ ab. [2]

Eifel: Unter der Bezeichnung „Fliegende Division Nord“ fielen Angehörige der Rheinland-Schutztruppen bis zum 8. November plündernd über Maria Laach und umliegende Gehöfte her.

Brohl: Die Brohler Einwohner Anton Brühl und Hans Feinlinger hatten eine Widerstandsgruppe gegründet. Ein Mordkommando der Separatisten tauchte auf und erschoss zwei Männer, die sie mit den Anführern verwechselten. [5]

Linz am Rhein: Plündernde Separatisten besetzten das Linzer Rathaus und jagten den amtierenden Bürgermeister Dr. Pieper aus dem Amt. Von dort suchten sie die Gemeinden Unkel, Bruchhausen und Rheinbreitbach heim. Überall wurden neben Lebensmitteln und Fahrzeugen auch Wertgegenstände „requiriert“. In den folgenden Tagen begannen sich die Separatisten in der Umgebung von Bad Honnef zu sammeln, wo sie ihr neues Hauptquartier einrichten wollten.

Grab von Peter Staffel in Eudenbach

Siebengebirge: Das Bad Honnefer Rathaus wurde besetzt und die rheinische Republik ausgerufen. In zahlreichen Wohnhäusern und Hotels wurden Lebensmittel und alkoholische Getränke beschlagnahmt, und im Kurhaus fand am Abend eine große Feier statt, bei der das hauseigene Mobiliar in Flammen aufging.

Am Abend versammelten sich in der Aegidienberger Gaststätte Cremerius zahlreiche Einwohner der umliegenden Gemeinden bis hin nach Windhagen und Uckerath und entschlossen sich zum offenen Widerstand, da vorauszusehen war, dass sich die Plünderungen bald dort fortsetzen würden. Für die Widerständler wurden überall Lebensmittel gespendet. Trotz des Waffenverbots der Besatzer fanden sich im nun angelegten Waffenarsenal neben Äxten, Knüppeln und Heugabeln auch eine große Anzahl an Jagd- und Handfeuerwaffen sowie zahlreiche Infanteriegewehre. Der ehemalige Offizier und Bergbauingenieur Hermann Schneider übernahm in Aegidienberg die Führung der „Heimwehr“. Angeblich standen in der gesamten Umgebung nun etwa viertausend Männer unter Waffen. Sobald sich separatistische Truppen sehen ließen oder entsprechende Gerüchte die Runde machten, wurden die örtlichen Widerstandsverbände mit Werkssirenen und Alarmglocken mobilisiert. Viele Menschen flüchteten umher und versuchten, ihr Vieh und Besitztum in Sicherheit zu bringen. [5]

Siebengebirge: Am Nachmittag fuhren gegen 16 Uhr zwei mit Separatisten besetzte Fahrzeuge in den Aegidienberger Ortsteil Himberg ein, der von rund 30 bewaffneten Steinbrucharbeitern bewacht wurde. Der achtzehnjährige Schmied Peter Staffel kam durch einen Schuss ums Leben, nachdem er die Lastkraftwagen zum Anhalten gezwungen und versucht hatte, die Insassen zur Umkehr zu bewegen. Die Separatisten wurden daraufhin massiv von den Bergleuten beschossen und flüchteten ins Schmelztal Richtung Bad Honnef. Auf ihrem Weg begegneten sie den gut verschanzten Truppen Hermann Schneiders, die ihre Fahrzeuge erbeuteten und sie endgültig in die Flucht schlugen. Bei dem Gasthof Jagdhaus im Schmelztal sammelten sie sich, forderten Verstärkung an und planten, Aegidienberg am folgenden Tag massiv anzugreifen und ein Exempel an der Bevölkerung zu statuieren. [5]

Grabstätte der Separatisten in Aegidienberg

Siebengebirge: Etwa 80 Bewaffnete unter der Führung eines Herrn Rang fanden bei Hövel eine Lücke in der Verteidigungslinie. Dort nahmen sie fünf Einwohner als Geiseln und stellten sie an Pfähle gefesselt in die Schusslinie gegen die anrückenden Verteidiger. Eine der Geiseln, Theodor Weinz (15. August 1858), erhielt einen Bauchschuss, der ihn wenig später das Leben kostete. Inzwischen waren Widerständler aus allen Gegenden herbeigeeilt und machten nun Jagd auf die „heillos Flüchtenden“. Vierzehn Separatisten kamen ums Leben und wurden später auf dem Aegidienberger Friedhof in einem Massengrab ohne Namensnennung bestattet. Zeitgenossen zufolge stammten sie aus der Gegend von Kevelaer und Krefeld. Um eine Fortsetzung der Auseinandersetzungen zu verhindern, wurde Aegidienberg in den folgenden zwei Wochen von französisch-marokkanischen Truppen kontrolliert, und die französische Militärpolizei ermittelte vor Ort. Als Ergebnis ihrer Ermittlungen gab die französische Militärpolizei den gewaltsamen Tod von rund 120 Menschen im Zusammenhang mit den Ereignissen dieser Novembertage bekannt. Genauere Angaben zu den Toten und Ereignissen finden sich möglicherweise in den Archiven der Militärpolizei. Theodor Weinz ist direkt am Friedhofseingang in Aegidienberg begraben, die Aegidienberger Grundschule ist nach ihm benannt. Peter Staffel ist auf dem Friedhof in Eudenbach – heute ein Stadtteil von Königswinter – beigesetzt. Er stammte aus Hühnerberg, das heute ebenfalls zu Königswinter gehört. [5]

  1. a b c Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Der 23. Oktober 1923 - Die Separatisten in Koblenz an der Macht, Stand 12. Januar 2008 ( www.landeshauptarchiv.de )
  2. a b c d e Dieter Breuer und Gertrude Cepl-Kaufmann, Deutscher Rhein - fremder Rosse Tränke? Stand 12. Januar 2008 ( www.deutschesfachbuch.de )
  3. a b c „Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik” online: Die Kabinette Stresemann I/II, Band 2, Dokumente, Nr. 169 Präsident von Guérard an den Reichsverkehrsminister. Köln, 23. Oktober 1923, 18.25 Uhr ( www.bundesarchiv.de )
  4. „Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik” online: Die Kabinette Stresemann I/II, Band 2, Dokumente, Nr. 179 Besprechung mit den Vertretern der besetzten Gebiete im Kreishaus in Hagen vom 25. Oktober 1923, 11.30 Uhr ( www.bundesarchiv.de )
  5. a b c d Karl Gast: Aegidienberg im Wandel der Zeiten (1964) - Selbstverlag