Benutzer Diskussion:Frente/NeuGrGr2

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Letzter Kommentar: vor 15 Jahren von Rokwe in Abschnitt Mediopassiv
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Mediopassiv

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Ich würde gerne was zum Thema "Nicht-aktives Genus Verbum" schreiben. MMn sollte die Mediumsfunktion (direkte und indirekte Reflexivität) stärker gegenüber dem Passiv hervorgehoben werden, (da es im Griechischen viel wichtiger ist als das Passiv, und noch dazu dem Deutschen Leser fremd) und man kann das möglicherweise auch etwas systematischer darstellen als Ruge. (Ich muss mich da allerdings vor Begriffsfindung hüten).

Ich würde das sehr begrüßen! -- Frente

Dazu eine Frage (eine so ähnliche hatte ich schonmal gestellt, hier noch etwas präziser): Gibt es irgendwo im Neugriechischen noch eine formale Dreiheit der Genera Verbi, wie sie im Altgriechischen in Aorist und Futur vorkommt (Aktiv-Medium-Passiv)? Ich gehe eigentlich davon aus, dass es im Neugriechischen (wie auch im Prä-Griechischen) nur eine Zweiheit gibt (Aktiv-Mediopassiv).

Meinen wissens nach nur die Zweiheit. Eigentlich bin ich mir da sicher, sonst würde ich an Benutzer:Rokwe verweisen. -- Frente

Noch eine Frage: Das altgriechische Medium wurde nicht nur für direkt oder indirekt reflexive und im Plural gegenseitige Aktionen, sondern darüberhinaus auch für Situationen des "Empfangens" verwendet, wo man tätig wird, um etwas entgegenzunehmen. (Im Unterschied zum Passiv, wo man etwas einfach aufgedrückt kriegt, oder zum Aktiv, wo man dem andern was wegnimmt). Findet sich sowas auch im Neugriechischen?

Interessante Frage, ich hoffe, dass Rokwe mitliest. -- Frente
Gerade neu in meiner Vokabelkartei aufgetaucht: δέχομαι empfangen. Wär ja ein Indiz. --Joachim Pense Diskussion 20:42, 27. Dez. 2008 (CET)Beantworten
Stimmt, ein häufiges Verb, bedeutet auch "annehmen, akzeptieren". Vielleicht noch ανέχομαι "dulden, ertragen" (dafür gibts aber auch das aktive αντέχω). -- Frente 22:19, 27. Dez. 2008 (CET)Beantworten

Und eine Dritte, zum Passiv. Das Medium kennt ja die beiden Arten der Reflexivität, die direkte (wo der Rezipient das Subjekt ist): Ich koche mich (selbst) – und die indirekte (Benefaktiv = Subjekt) Ich koche für mich selbst. Wie ist das im Passiv? Im Englischen haben wir ein direktes und ein indirektes Passiv: The key is given to me (direktes Passiv) und I am given the key (indirektes Passiv), wo also direktes bzw. indirektes Objekt zum Subjekt werden. Im deutschen wird das indirekte Passiv durch einen formal subjektlosen Satz ausgedrückt, von dem man aber auch sagen könnte, dass das Subjekt im Dativ steht: "Mir wird der Schlüssel gegeben". Die Frage: Gibt es ein indirektes Passiv im Griechischen, oder ist hier die Konstruktion mit der 3. Person Plural die einzige Möglichkeit, das auszudrücken? ("sie geben mir den Schlüssel") --Joachim Pense Diskussion 01:10, 26. Dez. 2008 (CET)Beantworten

Ich kann dir nur helfen, indem ich die Frage präzisiere und weitergebe: Wie würde ein μαγειρέυομαι verstanden? Ich tippe auf "ich koche für mich" oder auf semantisch verkehrte Ausdrucksweise. Auch für die Frage nach dem direkten und indirekten Passiv reicht meine geringe Spracherfahrung nicht aus. Μου δοθηκε το κλειδί απο τη Μαρία. Το δοθηκε για μενα. Geht das überhaupt? -- Frente 18:36, 27. Dez. 2008 (CET)Beantworten
Aus dem griechischen Bildungsministerium in Athen schicke ich euch nun diesen Beitrag: Die Uebersetzung "fuer mich" ist nur selten moeglich. μαγειρέυομαι taucht so gut wie nie auf (3 oder 4 Googletreffer) und wuerde im Zweifelsfall als "ich werde gekocht" verstanden. Aber auch da wuerde man viel eher με μαγειρεύουν sagen. Das Passiv taucht vor allem in der dritten Person auf, und dort sogar relativ haeufig: τρώγεται man kann es essen, επαναλαμβάνεται es wird wiederholt oder es wiederholt sich, παρακαλείται es wird darum gebeten, usw. Der Satz Μου δοθηκε το κλειδί απο τη Μαρία mag grammatikalisch korrekt sein, ist aber ebenfalls voellig ungebraeuchlich; bestenfalls in der amtlichen Schriftsprache ist mit derartigen Passivkonstruktionen zu rechnen. In der "normalen" griechischen Sprache kommt das Mediopassiv in der ersten Person bei Verben, die in der aktiven Form gebraucht werden, nur selten vor: πλένομαι ich wasche mich. Man sollte auf keinen Fall glauben, von altgriechischen Strukturen deduktiv auf neugriechische Saetze schliessen zu koennen, vielmehr muss man von der recht komplexen neugriechischen Wirklichkeit ausgehen, um dann im Idealfall induktiv zu echt neugriechischen grammatikalischen Aussagen zu kommen. Bei Gelegenheit vielleicht mehr! Gruesse aus dem Athener Norden, --Rokwe 10:25, 2. Jan. 2009 (CET)Beantworten
So, ich habe mir in der Zwischenzeit noch ein paar Gedanken zum neugriechischen Passiv bzw. Mediopassiv gemacht und bin zu folgenden Erkenntnissen gekommen:
  • Das Passiv kommt im Neugriechischen hauptsaechlich in der dritten Person vor, und zwar ueberwiegend ohne ein από von, das den "Taeter" angibt.
  • Die Verwendung des Passivs gestaltet sich deutlich vielfaeltiger als im Deutschen, auch wenn es rein zahlenmaessig vielleicht seltener vorkommt. Abgesehen vom "klassischen" Passiv a la ich werde gerufen, es wird verkauft dient das neugriechische Passiv naemlich auch dazu, auszudruecken, dass etwas gemacht werden kann, dass etwas moeglich ist: τρώγεται man kann es essen, αλλάζεται man kann es umtauschen usw.
  • Das Mediopassiv, das mit dem Passiv morphologisch identisch ist und von diesem im Neugriechischen nicht einmal immer unterschieden wird (Ruge spricht soweit ich weiss nur von Aktiv und Nicht-Aktiv), kommt haeufig vor, jedoch so gut wie nie im Sinne von ich mache etwas fuer mich (z. B. μαγειρεύομαι, das es, wie wir schon festgestellt haben, quasi nicht gibt), sondern fast immer in reflexiver Bedeutung: ενημερώνομαι ich informiere mich, βεβαιώνομαι ich vergewissere mich, επαναλαμβάνομαι ich wiederhole mich, πλένομαι ich wasche mich, συγκρατιέμαι ich reisse mich zusammen usw. Ziemlich analog zum Deutschen also!
  • Schliesslich gibt es ja auch noch die ganzen Verben mit nichtaktiver Form, aber aktiver Bedeutung, die ihrerseits wieder in verschiedene Untergruppen unterteilt werden koennen, z. B. in transitive (εκμεταλλεύομαι ausnuetzen) und intransitive (κοιμάμαι schlafen).
  • So bleibt das interessante Fazit: Ein neugriechisches Verb, das auf -εται endet, ist nicht einfach nur "Passiv" oder "Mediopassiv", sondern kann sehr vieles sein:
  • echtes Passiv: χτίζεται (από κάποιον) es wird (von jemandem) gebaut
  • Moeglichkeit: αλλάζεται man kann es umtauschen, es kann umgetauscht werden
  • reflexiv: πλένεται er waescht sich
  • Aktiv transitiv: εκμεταλλεύεται κάτι er nutzt etwas aus
  • Aktiv intransitiv: προπορεύεται er schreitet voran
Moeglicherweise waere diese Liste noch zu erweitern. Jedenfalls sind das die Verwendungen, die mir jetzt einfallen. Das genaue Studium einiger ausfuehrlicher Neugriechisch-Grammatiken wuerde wahrscheinlich noch zu weiteren Ergebnissen fuehren. Gruss, --Rokwe 13:03, 5. Jan. 2009 (CET)Beantworten

Urspung der Mediopassiv-Endungen

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Da wir hier auf der Disku ein bisschen OR betreiben dürfen und Rokwe evt. mitliest: Mir deucht, die heutigen Flektions-Endungen sind ursprünglich angehängte (Reflexiv)pronomen, dh. eine analytische Bildung wurde zur syntetischen, μαι/μου, σαι/σου, ται/του, μαστε/μας sind sich so frappierend ähnlich? Mir war das schon früh in meinem stockenden Lernprozess aufgefallen und hat mir geholfen, die "Passiv"-Formen nicht unbedingt als solche zu verstehen: finde-mich, findest-dich, findet-sich ... -- Frente 19:28, 3. Jan. 2009 (CET)Beantworten

Das wäre dann ein Effekt, der bereits zur Zeit der Entstehung der Indogermanischen Ursprache eingetreten sein muss. Ich habe jetzt keine derartigen Bemerkungen aus der einschlägigen Literatur in Erinnerung, aber vielleicht guck ich mal bei Gelegenheit nach. --Joachim Pense Diskussion 20:49, 3. Jan. 2009 (CET)Beantworten
Ah, Joachim, schön, das du diese Seite auch auf deiner BL hast (die Disku zu NeuGrGr1 habe ich ja versehendlich (mit)löschen lassen...). Du bist da ja zutiefst im Thema: es scheint in den indogermanischen Sprachen auch "Themenkonsonanten" (achtung:Begriffsschöpfung) zu geben, das /m/ für die 1. Person zieht sich weit durch, durch den /s/ -> /t/ Lautwandel ist die Situation in der 2. bzw 3. Person nicht so klar aber nachvollziehbar. Also im Präsens: gr. Verbstamm + /o/ + /"Themenkonsonant" der Person + /e/ = Mediopassiv (/n/ für 3.Pl.). So kommt mir das vor, auch wenn es so simpel sicher nicht ist. Auch wenn es nur blanke Spekulation ist, es ist eine gute Lernhilfe. -- Frente 21:05, 3. Jan. 2009 (CET)Beantworten
Das m in der ersten Person fällt auf. In der zweiten Person ist allerdings im Indogermanischen das s beim Verb und das t beim Personalpronomen gegeben. Wie es zum s beim Personalpronomen der zweiten Person im Griechischen (schon im Altgriechischen) gekommen ist, ob das eine Lautverschiebung ist oder eine Analogiebildung zur Verbalendung, weiß ich leider nicht. In der dritten Person hat man im Altgriechischen als schwache Form αὐτός, -ή, -ό, das eigentlich "er selbst" bedeutet. Als starkes Personalpronomen der dritten Person wurde z.B. ἐκεῖνος (jener) oder οὗτος (dieser) verwendet. Zum Neugriechischen hin muss sich eine Verschiebung ergeben haben, so dass αὐτός das starke Pronomen wurde, und analog zu den ersten beiden Personen die schwache Form durch Weglassen der ersten Silbe gebildet wurde. Insofern erscheint das jetzt eher wie Zufall. Doch halt: αὐτός und οὗτος haben ja recht offensichtlich das t des Artikels/Demonstrativpronomens drin, und das ist wieder Urindogermanisch. Also haben wir zumindest in der ersten Person das m und in der dritten im Singular das t gemeinsam, in Aktiv und Mediopassiv. Im Plural haben wir in der ersten Person wieder das m in der ersten Person, aber jetzt das t in der zweiten Aktiv. Na und so weiter, das verwischt sich alles ziemlich und lässt viel Raum zur Spekulation. --Joachim Pense Diskussion 21:44, 3. Jan. 2009 (CET)Beantworten
Statt αυτός ist im neugriechischen immer noch τούτος gebräuchlich was wahrscheinlich von οὗτος abgeleitet ist und noch ein /t/ mehr drin hat. Und aus rein synchroner Sicht ist das /s/ für die 2. Person (auch im Plural, hier zusammen mit /t/ ειστε, εισαστε, ...στε ) schon sehr auffällig. -- Frente 22:03, 3. Jan. 2009 (CET)Beantworten
In der Entwicklung zum Neugriechischen gab es da anscheinend Analogiebildungen in der ersten und zweiten Person des Personalpronomens:
  Altgriechisch Neugriechisch
ich ἐγώ εγώ
du σύ εσύ
wir ἡμεῖς εμείς
ihr ὑμεῖς εσείς
Was sagt eigentlich Pitinacchio zu dem ganzen Fragenkomplex? --Joachim Pense Diskussion 08:08, 4. Jan. 2009 (CET)Beantworten