Benutzer Diskussion:Gebaerden

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

topdix.ch ist eine Selbsthilfeorganisation von jungen Gehörlosen und setzt sich für gehörlose und hörgeschädigte Jugendliche und junge Erwachsende in der Deutschschweiz ein. Der Name "topdix.ch" existiert neu seit 24. September 2004. Wir arbeiten und geben Informationen und Veranstaltungshinweise europaweit an andere Gehörlosen - Jugendorganisation weiter.

Gestartet haben wir mit dem Teamnamen "Option Paralysis" im Jahr 2000, als wir hauptsächlich die Party nach dem Anlass STREET PARADE in Zürich, "After Street-Parade" für Hörgeschädigte und weitere private Parties organisierten. Ab dem Jahr 2004 wurde das Team zusammengestellt mit klarer Organisationsstruktur. Seit September 2004 organisieren wir verschiedene Parties und weitere Events für Alle, darunter auch private Anlässe. Deshalb passte der alte Name nicht mehr richtig, da er ursprünglich nur für die Party nach der Street Parade gedacht war. Aus diesem Grund wollten wir für unsere zukünftige Arbeit einen neuen Namen finden: Englisch, Deutsch, Italienisch und Französisch gemischt sollte der neue Teamname sein und das neue Logo ein Symbol für die Solidarität in der Gehörlosenkultur darstellen. Das ist eine der grossen Bedeutungen unserer Organisation in der ganzen Schweiz und Europa. Genau gesehen bedeutet dieser neue Name "das Beste aus Zehn". In Gebärdensprache artikuliert man das Wort "Top", indem man mit beiden Händen eine Faust macht und zugleich mit beiden Daumen nach oben zeigt, wie z.B. die Händeform von "Super". Danach spreizt man die Finger in eine Zehn-Form nach vorne, dann heisst es "dix". Wir haben unsere Organisation neu "topdix.ch" ("das Beste aus zehn Fingern") genannt, um noch intensiver auszudrücken, dass die Gebärdensprache von grösster Bedeutung für die Gehörlosenkultur und Gemeinschaft ist.

Warum organisieren wir so etwas?

Heutzutage gehen im Gehörlosenwesen die Meinungen über Gebärdensprache und Lautsprache weit auseinander. Es gibt Gehörlose, die nur Lautsprache benutzen und es gibt Gehörlose, die nur die Gebärdensprache benutzen. Diese Situation führt zu Respektlosigkeit und ist unsolidarisch. Darum organisieren wir Veranstaltungen für alle Menschen, egal ob gehörlos, spätertaubt, schwerhörig, CI-Trägern oder hörend - bei uns sind alle sehr willkommen. Wir möchten dazu beitragen, dass der Kontakt untereinander gepflegt wird. Gehörlose und hörgeschädigte Menschen, sind im Alltag und in vielen wichtigen Bereichen vom Kulturleben in unserer (hörenden) Gesellschaft ausgeschlossen. Wo die Verständigung ausschließlich auf Lautsprache aufgebaut ist, bleiben wir "draußen" - doch mit der Gebärdensprache haben sich die Gehörlosen und Hörgeschädigten ihre eigene, einzigartige Kultur aufgebaut. Als Behindertengruppe werden wir an der Gebärdensprache erkannt und auch an unseren Bemühungen, uns innerhalb der (hörenden) Gesellschaft einen Platz zu erwerben!

Unser Leitbild:

In der allgemeinen Organisation:

» Jugendförderung

» Gebärdensprachkultureller Aufbau, bzw. Veranstaltungen

» Respekvolle, toleranter Kommunikation pflegen

» Selbsthilfe der Jugendlichen unterstützen

» Ohne Barrieren für visuelle, junge Menschen

Gehörlos - Was heisst das?

[Quelltext bearbeiten]

"Gehörlosigkeit ist einfach, wenn man nichts hören kann und mit den Händen redet - sonst ist alles genauso wie bei anderen Leuten", glauben viele Menschen. Und dann sind sie ganz verwundert, wenn ich widerspreche. "Was ist denn noch anders?", wollen sie wissen. Die Frage ist berechtigt, auf den ersten Blick erscheint ja alles so einfach und klar. Nur ist die Antwort nicht so leicht. Denn natürlich ist ein Gehörloser nicht wie der andere, und man kann nicht mal eben eine Studienreise nach Gehörlosistan oder Gebärdenland machen, um die Lebensweise der Bewohner kennen zu lernen. Von "Du verstehst die Gehörlosen wirklich gut" bis "So ein Quatsch, das ist doch ganz anders" habe ich schon alle Stufen von Lob und Tadel bekommen, wenn ich dachte, etwas kapiert zu haben. Ich kann Ihnen hier also keine letzten Weisheiten bieten, sondern nur aus meiner Erfahrung und meiner ganz subjektiven Sicht ein paar Dinge schildern, worin sich Gehörlose von Hörenden unterscheiden. Vielleicht wächst so ein bisschen mehr Verständnis füreinander heran oder sogar die Neugierde in Ihnen, selbst einmal Gehörlose kennen zu lernen und sich ein eigenes Bild zu machen.

Eine Welt ohne Musik

Häufig befällt Hörende Mitleid, "weil die armen Gehörlosen ja keine Musik und kein Vogelgezwitscher hören können." Mal abgesehen davon, dass die meisten Hörenden das vielgelobte "Vogelzwitschern" so gut wie nie bewusst wahrnehmen (das Gehirn filtert es als "unwichtige" Information heraus): Vermissen Sie die ultravioletten Farben der Blumen? Oder die Ultraschallrufe der Fledermäuse? (Menschen können kein ultraviolettes Licht sehen und keinen Ultraschall hören.) Wohl kaum. ähnlich geht es Gehörlosen, die von Geburt oder frühen Kindesjahren an nicht hören können: Sie vermissen häufig keine Musik, weil sie noch nie welche gehört haben. Die Musik fehlt Ihnen nicht in ihrer Welt. Sie nehmen die Schwingungen mit den Fingern, den Füssen und dem Bauch wahr. Dabei können sie sich viel besser auf Feinheiten konzentrieren als Hörende, deren Gehirn voll ausgelastet ist mit den Signalen von den Ohren. Für die Musikliebhaber unter den Gehörlosen kann das ein ähnlich schönes Erlebnis sein wie das "richtige" Hören.

Eine sprachliche Minderheit

Mit der Gebärdensprache blühen Gehörlose auf, fallen die vermeintlichen Barrieren in ihrem Leben. In Gebärdensprache können sie sich locker über alles unterhalten, Witze machen (die sich unmöglich in Lautsprache übertragen lassen) und Lieder singen (einem Gebärdensprachchor zuzuschauen, ist einfach phantastisch). "Wir sind nicht behindert", erklären darum Gehörlose immer wieder Hörenden. "Wir sind eine sprachliche Minderheit." Und tatsächlich erinnern die durchaus vorhandenen Probleme Gehörloser in einer hörenden Umwelt weniger den Sorgen Behinderter, als vielmehr den Schwierigkeiten eines Deutschen in einem Urlaubsland, dessen Sprache er nicht kann. Noch einen wesentlichen Unterschied zu beispielsweise Rollstuhlfahrern oder Blinden gibt es: Gehörlosigkeit kann man nicht sehen. Wenn man als Hörender einen Gehörlosen von hinten anspricht und er nicht reagiert, kann kein Mensch wissen, dass er nicht stur ist, sondern einfach nichts gehört hat. Oder Sie fragen jemanden nach dem Weg, und er antwortet völlig überraschend mit einer Stimme, die grell laut und unverständlich ist. Es ist unglaublich schwierig für Gehörlose, ihre Stimme gut zu kontrollieren, ohne sich dabei selbst zu hören. Nur wenigen gelingt das so gut, dass kaum etwas zu bemerken ist, die meisten sprechen "seltsam", manche kann man gar nicht verstehen. Auf jeden Fall weiss ein Hörender vorher nicht, dass sein Gegenüber gehörlos ist und wie er sich verhalten soll. Mag die Aussprache vielleicht undeutlich sein - "stumm" sind Gehörlose nicht und deshalb auch nicht "taubstumm". Diesen Begriff empfinden Gehörlose sogar als Beleidigung, und Hörende sollten ihn daher nicht gebrauchen. Er steht zwar immer wieder in Zeitungen, und viele ärzte benutzen ihn, doch das zeigt nur, wie wenig wir Hörenden über Gehörlose wissen. Sagen Sie besser "gehörlos". Auch das Wort "taub" akzeptieren viele Gehörlose, manche bevorzugen es sogar, weil es nicht die Gehör-"losigkeit" betont. Weil Gehörlose sich selbst als sprachliche Minderheit ansehen, ist die Gehörlosigkeit für sie auch keine Krankheit, wie viele Hörende sie einordnen würden. Wenn die berühmte Märchenfee ihre Runde bei Gehörlosen machen und jedem drei Wünsche zugestehen würde, bekäme sie bestimmt lauter Dinge genannt wie Haus, Reise, Auto, Computer, Motorrad, ... und auch Gesundheit. Mit dieser "Gesundheit" wäre aber meistens nicht gemeint: "Ich will hören können", sondern der Schutz vor Krankheiten und Behinderungen, zu denen Gehörlosigkeit eben nicht gezählt wird. Es ist eine persönliche Einstellung, die ebenso akzeptiert werden sollte wie die Entscheidung, sich voll auf die eigene Gehörlosigkeit einzulassen. Ganz grob ausgedrückt gibt es also zwei Gruppen von Gehörlosen, die sich darin unterscheiden, ob sie die Laut- oder die Gebärdensprache als ihre Muttersprache ansehen. Leider lehnen einige Gehörlose die Entscheidung der jeweils anderen Gruppe ab, wodurch es zu Spannungen kommen kann. Dabei haben beide Parteien die gleichen Probleme in der Kommunikation mit Hörenden, sie gehen nur auf verschiedene Arten damit um. Etwas mehr Toleranz untereinander wäre sehr hilfreich, die gemeinsamen Probleme zu lösen.

Irgendwie anders

Wenn Sie einen Brief oder ein Fax von einem "typischen" Gehörlosen bekommen, werden Sie bemerken, dass es sofort zur Sache geht. Da gibt es keine Höflichkeitsfloskeln zur Einleitung und keine Umschreibungen, da steht nach der Anrede sofort: "Ich will mir deine Kreissäge ausleihen" oder etwas ähnliches. Direkt. Das kommt einem Hörenden schon komisch vor. Wir sind es gewohnt, alles ganz umständlich als höfliche Frage zu verpacken, umgeben von nichts sagenden Anläufen und nachfolgenden Belanglosigkeiten. Wenn ein Gehörloser so etwas liest, weiss er manchmal gar nicht, worum es in dem Brief eigentlich geht. Ihm sind klare Aussagen lieber. Mit Unhöflichkeit hat das nichts zu tun. Sollten Sie ein Treffen mit einem Gehörlosen abmachen, kann es sein, dass Sie alleine am vereinbarten Ort stehen. Manche Gehörlose sehen Verabredungen nur dann als bindend an, wenn sie ausdrücklich "fest" abgemacht sind. Wollen Sie also auf Nummer sicher gehen, fragen Sie lieber nach, ob der Termin "fest" ist. Wenn Sie bis hier gelesen haben, dann wissen Sie nun ein bisschen besser, wieso es nicht so einfach ist, Gehörlosigkeit zu erklären. Ich denke, so ganz genau kann das kein Hörender und wahrscheinlich auch kein Gehörloser. Denn bei aller Pauschalisierung sollten wir bitte eines nicht vergessen: Die Menschen sind verschieden - jeder einzelne.


Die Selbsthilfeorganisation topdix.ch ist Mitglied des Swiss Deaf Youth (SDY) unter dem Dachorganisation.

  • Daniela Grätzer, Ehemalige Leiterin topdix.ch: Geschichte seit dem Gründung - Alle Rechte vorbehalten!. Zürich 2004.