Die Breit-Rabi-Formel (nach Gregory Breit und Isidor Isaac Rabi (1931)[1]) beschreibt in der Atomphysik die Hyperfeinstruktur-Aufspaltung des Wasserstoffatoms und wasserstoffähnlicher Atome (mit Valenzelektron in der s-Schale)[2] in Abhängigkeit eines externen Magnetfeldes. Ihr Nutzen besteht vor allem darin, dass sie auch im Übergangsbereich zwischen schwachen (Zeeman-Effekt) und starken Feldstärken (Paschen-Back-Effekt) quantitativ gültig ist. Dies ist beim Wasserstoffatom von besonderer Bedeutung, weil dessen Kern- und Hüllendrehimpuls schon bei geringen Flussdichten im Bereich
entkoppeln.
Die Breit-Rabi-Formel ist ein Ausdruck für die Energieverschiebung eines Niveaus mit allgemeinem Kernspin
und magnetischer Quantenzahl des Gesamtdrehimpulses
, jedoch einem vorgegebenen Hüllendrehimpuls
. Sie lautet:[3][4]
![{\displaystyle {W_{I\pm {\frac {1}{2}},m_{F}}=-{\frac {A}{4}}+g_{I}m_{F}\mu _{\mathrm {K} }B\pm {\frac {A(2I+1)}{4}}{\sqrt {1+{\frac {8m_{F}\left(g_{J}\mu _{\mathrm {B} }-g_{I}\mu _{\mathrm {K} }\right)}{(2I+1)^{2}A}}B+\left(2{\frac {g_{J}\mu _{\mathrm {B} }-g_{I}\mu _{\mathrm {K} }}{A(2I+1)}}B\right)^{2}}}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/7baa7be49c74718723238f490b9fe0b4082e4659)
Dabei ist
die atomspezifische Hyperfeinstruktur-Kopplungskonstante,
das Bohrsche und
das Kernmagneton.
und
sind die Landé-Faktoren des Hüllendrehimpulses
bzw. Kernspins
.
Die Drehimpulse werden hier mit den Drehimpulsquantenzahlen beschrieben, die dem Betrag eines Drehimpulses in Einheiten des reduzierten Plancksches Wirkungsquantum
entsprechen. Das Wasserstoffatoms hat einen Kernspin
. Das einzige Elektron hat im Grundzustand (
) nur einen Spin-Drehimpuls, der gleichzeitig auch der gesamte Hüllendrehimpuls
ist. Kernspin und Hüllendrehimpuls koppeln gemäß der Drehimpulsalgebra zum Gesamtdrehimpuls
. Die nun folgende Herleitung für diesen einfachsten Fall lässt sich für verschiedene Werte von
und
stark verallgemeinern. Das grundsätzliche Verfahren wird in der hier vorgestellten Form jedoch gut ersichtlich.
Der Hamiltonoperator der Hyperfeinstruktur mit einem B-Feld in z-Richtung ist:[5]
![{\displaystyle {\hat {H}}_{\mathrm {HFS} }=A{\frac {{\vec {I}}\cdot {\vec {J}}}{\hbar ^{2}}}+\left(g_{J}\mu _{\mathrm {B} }{\frac {J_{z}}{\hbar }}-g_{I}\mu _{\mathrm {K} }{\frac {I_{z}}{\hbar }}\right)B}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/6a8189a642e95839ab92744d8c5135d54aac1c2f)
Dieser Hamilton-Operator wird nun in einer geeigneten Basis
diagonalisiert, die sich aus "guten Quantenzahlen" zusammensetzt; mit der Projektion des Drehimpulses
auf die Richtung des Magnetfeldes
(magnetische Quantenzahl). Der erste Summand des obigen Hamiltonian ist in dieser Basis diagonal und lässt sich ausdrücken als
![{\displaystyle A{\frac {{\vec {I}}\cdot {\vec {J}}}{\hbar ^{2}}}={\frac {A}{2}}\left(F(F+1)-I(I+1)-J(J+1)\right)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e772e902896dc93b3bc9fcf51268cb35a9bf8c1a)
Die
-Komponenten
und
lassen sich mit dem Wigner-Eckart-Theorem ebenfalls in Matrix-Form darstellen. Die Zeilen bzw. Spalten sind links bzw. oben mit Indizes versehen, die als
zu lesen sind. Abseits der Diagonalen sind fast alle Einträge null, außer denen mit
, die mischen.
![{\displaystyle {\frac {\langle JIF'm_{F}'|J_{z}|JIFm_{F}\rangle }{\hbar }}=\left({\begin{array}{c|cccc}&\left(0|0\right)&\left(1|-1\right)&\left(1|0\right)&\left(1|1\right)\\\hline \left(0|0\right)&0&0&{\frac {1}{2}}&0\\\left(1|-1\right)&0&-{\frac {1}{2}}&0&0\\\left(1|0\right)&{\frac {1}{2}}&0&0&0\\\left(1|1\right)&0&0&0&{\frac {1}{2}}\end{array}}\right)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/eb30920ceeebb88d8aa009ea693c789293ac893d)
Analog folgt für die
-Komponente des Kernspins:
![{\displaystyle {\frac {\langle JIF'm_{F}'|I_{z}|JIFm_{F}\rangle }{\hbar }}=\left({\begin{array}{c|cccc}&\left(0|0\right)&\left(1|-1\right)&\left(1|0\right)&\left(1|1\right)\\\hline \left(0|0\right)&0&0&-{\frac {1}{2}}&0\\\left(1|-1\right)&0&-{\frac {1}{2}}&0&0\\\left(1|0\right)&-{\frac {1}{2}}&0&0&0\\\left(1|1\right)&0&0&0&{\frac {1}{2}}\end{array}}\right)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e8a3232bf37a25684fe0ae974d6c33063f5e8fe4)
Addiert man alle drei einzeln in Matrix-Darstellung gebrachten Terme auf und setzt
sowie
für das Wasserstoffatom ein, dann ergibt sich für den Hamiltonian:[6]
![{\displaystyle {\hat {H}}_{\mathrm {HFS} }=\left({\begin{array}{c|cccc}&\left(0|0\right)&\left(1|-1\right)&\left(1|0\right)&\left(1|1\right)\\\hline (0|0)&-{\frac {3A}{4}}&0&\left(\mu _{\mathrm {B} }+{\frac {g_{I}}{2}}\mu _{\mathrm {K} }\right)B&0\\(1|-1)&0&{\frac {A}{4}}-\left(\mu _{\mathrm {B} }-{\frac {g_{I}}{2}}\mu _{\mathrm {K} }\right)B&0&0\\(1|0)&\left(\mu _{\mathrm {B} }+{\frac {g_{I}}{2}}\mu _{\mathrm {K} }\right)B&0&{\frac {A}{4}}&0\\(1|1)&0&0&0&{\frac {A}{4}}+\left(\mu _{\mathrm {B} }-{\frac {g_{I}}{2}}\mu _{\mathrm {K} }\right)B\end{array}}\right)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/b7c185dc99e253cb1258e08bf17d0fc3eb5eb7ab)
Die Eigenwerte dieser Matrix ergeben unter Vernachlässigung quadratischer Terme in
für allgemeine Werte für
und
gerade die oben genannte Breit-Rabi-Formel.
- ↑ Gregory Breit, Isidor Isaac Rabi: Measurement of Nuclear Spin. In: Physical Review Letters. Band 38, Nr. 11, November 1931, S. 2082--2083, doi:10.1103/PhysRev.38.2082.2.
- ↑ Florian Scheck: Quantum Physics. Springer, 2013, ISBN 978-3-642-34563-0, S. 284.
- ↑
Blair, B.E. and Morgan, A.H.: Frequency and Time. U.S. Government Printing Office, 1972, ISBN 978-3-642-34563-0, S. 13–14.
- ↑ Dieter Meschede (Hrsg.): Gerthsen Physik. 25. Auflage. Springer, 2015, S. 762.
- ↑ Ingolf V. Hertel, Claus-Peter Schulz: Atome, Moleküle und optische Physik 1 – Atomphysik und Grundlagen der Spektroskopie. 1. Auflage. Springer, Berlin, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-30613-9, S. 362.
- ↑ Ingolf V. Hertel, Claus-Peter Schulz: Atome, Moleküle und optische Physik 1 – Atomphysik und Grundlagen der Spektroskopie. 1. Auflage. Springer, Berlin, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-30613-9, S. 367 ff.