Darapiosit

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Darapiosit
Darapiosit (weiße Mikrokristalle), verwachsen mit Sugilith (violett) aus Darai-Pioz-Gletscher, Alaigebirge, Tadschikistan
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1974-056[1]

IMA-Symbol

Dar[2]

Andere Namen

Darapiozite[3]

Chemische Formel
  • KNa2Mn2(Li2ZnSi12)O30[1]
  • KNa2Mn2+2Zn2LiSi12O30[4][5]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Ringsilikate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/E.22-130[6]

9.CM.05
63.02.01a.03
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal[7][8]
Kristallklasse; Symbol dihexagonal-dipyramidal; 6/m2/m2/m[9]
Raumgruppe P6/mcc (Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192[10]
Gitterparameter a = 10,262 Å; c = 14,307 Å[10]
Formeleinheiten Z = 2[10]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5[7][8]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,92[7][8][10]
Spaltbarkeit fehlt[6]
Farbe farblos, weiß, selten bräunlich, bläulich[7][8] oder blass violett[10]
Strichfarbe weiß[6]
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend[7][8]
Glanz Glasglanz[9]
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,580[7][8]
nε = 1,575[7][8]
Doppelbrechung δ = 0,005
Optischer Charakter einachsig negativ[7][8]
Pleochroismus blaue Varietät: violett ∥ ω, blau ∥ ε

Das Mineral Darapiosit ist ein sehr selten vorkommendes Ringsilikat aus der Milaritgruppe innerhalb der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der Endgliedzusammensetzung KNa2Mn2+2Zn2LiSi12O30.[4][5]

Darapiosit kristallisiert mit hexagonaler Symmetrie und entwickelt farblose bis weiße, isometrische Kriställchen von unter einem Zentimeter Größe.[7][8][10] Auf den Oberflächen der durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle zeigt sich ein glasähnlicher Glanz.

Darapiosit bildet sich in alkalireichen Pegmatiten bei niedrigem Druck (< 2 kbar) und mittleren Temperaturen um 450–500 °C. Es ist bislang nur an seiner Typlokalität, den Moränen des Darai-Pioz-Gletschers im Alaigebirge in Tadschikistan, gefunden worden.

Etymologie und Geschichte

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Entdeckt wurde Darapiosit in den Moränen des Gletschers Dara-i-Pioz (auch Darai-Pioz) im Alaigebirge in Tadschikistan und 1976 von Ye. I. Semenov, V. D. Dusmatov, A. P. Khomyakov, A. A. Voronkov und M. Y. Kazakova als neues Mineral der Milaritgruppe beschrieben. Sie benannten das Mineral nach dem Fundort, Dara-Pioz im nördlichen Tadschikistan, Darapiosit.[7][8][10]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz ist Darapiosit noch nicht verzeichnet.

Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/E.22-130. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort der Abteilung „Ringsilikate“, wo Darapiosit zusammen mit Agakhanovit-(Y), Almarudit, Armenit, Berezanskit, Brannockit, Chayesit, Dusmatovit, Eifelit, Emeleusit, Faizievit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Lipuit, Merrihueit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit, Yagiit und Yakovenchukit-(Y) die Gruppe „Doppelte Sechserringe [Si12O30]12− – Milarit-Osumilith-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/E.22 bildet (Stand 2018).[6]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Darapiosit ebenfalls in die Abteilung der „Ringsilikate (Cyclosilikate)“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der Struktur der Ringe, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „[Si6O18]12−-Sechser-Doppelringe“ zu finden ist, wo es zusammen mit Almarudit, Armenit, Berezanskit, Brannockit, Chayesit, Dusmatovit, Eifelit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Merrihueit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit und Yagiit die „Milaritgruppe“ mit der System-Nr. 9.CM.05 bildet.[11]

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Darapiosit in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Ringsilikate: Kondensierte Ringe“ ein. Hier ist er in der „Milarit-Osumilith-Gruppe (Milarit-Osumilith-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 63.02.01a innerhalb der Unterabteilung „Ringsilikate: Kondensierte, 6-gliedrige Ringe“ zu finden.

Darapiosit vom Dara-i-Pioz-Gletscher hat die empirische Zusammensetzung [12]K [9](Na1,22K0,360,42) [6](Mn2+1,54Zr0,30Y0,23Mg0,03) [4](Li1,53Zn1,15Fe2+0,31) [4]Si11,98O30, wobei in den eckigen Klammern die Koordinationszahl der jeweiligen Position in der Kristallstruktur angegeben ist.[10]

Die Endgliedzusammensetzung des Darapiosit war umstritten. Semenov und Mitarbeiter gaben 1976 die vereinfachte Zusammensetzung mit (K,Na)3ZrLi(Mn,Zn)2Si12O30 an.[7][8]

Cooper et al. definierten 1999 Darapiosit als K Na2 Mn2+2 LiZn2 Si12O30[4] und die Gruppe von Sokolova und Hawthorne ein Jahr später als KNa2Mn2+Zr4+Li3Si12O30.[12]

Hawthorne, an der Veröffentlichung von beiden widersprüchlichen Formeln beteiligt, publizierte 2002 ein allgemeines Schema zur Ermittlung der Endgliedzusammensetzungen komplexer Mischkristalle und bestätigt die Darapiosit-Formel des Teams um Cooper: KNa2Mn2+2LiZn2Si12O30.[5]

In der „IMA/CNMNC-Liste der Minerale und Mineralnamen“ wird die vereinfachte Zusammensetzung mit KNa2Mn2(Li2ZnSi12)O30 angegeben (Stand 2023).[1] Diese Zusammensetzung ist elektrisch nicht neutral und weist einen Überschuss von einer negativen Ladung auf. Als Quelle wird die Strukturuntersuchung von Giovanni Ferraris und Mitarbeitern (1999) aufgeführt, in der diese Formel nicht erwähnt wird.[10]

Die gemessenen Zusammensetzungen von Darapiosit entsprechen Mischkristallen von im Wesentlichen Darapiosit mit Sogdianit (Zr-Einbau) und einem Hypothetischen Endglied der Zusammensetzung K□2 M3+2 Zn2Li Si12O30 (Y3+-Einbau).[5]

Kristallstruktur

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Darapiosit kristallisiert mit hexagonaler Symmetrie der Raumgruppe P6/mcc (Raumgruppen-Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192 mit den Gitterparametern a = 10,262 Å und c = 14.307 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle[10]

Darapiosit ist isotyp zu Milarit, das heißt, er kristallisiert mit der gleichen Struktur wie Milarit. Die 12-fach koordinierte C-Position ist voll besetzt mit Kalium (K+), die 9-fach koordinierte B-Position nicht ganz vollständig mit Natrium (Na+) und Kalium. Mangan (Mn2+), Zirkon (Zr4+), Yttrium (Y3+) und Spuren von Magnesium (Mg2+) füllen die 6-fach koordinierte A-Position. Die tetraedrisch koordinierten T2-Position enthält vorwiegend Lithium (Li+) sowie Zink (Zn2+) und etwas Eisen ((Fe2+)). Die T1-Position, die die 6er-Doppelringe aufbaut, enthält nur Silizium (Si4+).[10]

Bildung und Fundorte

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Darapiosit bildet sich in alkalireichen, H2O-untersättigten Pegmatiten bei niedrigem Druck (<2 kbar) und Temperaturen um 450–500 °C.[13]

Bislang wurde Darapiosit nur an seiner Typlokalität, dem Gletscher Dara-i-Pioz im Alaigebirge in Tadschikistan gefunden und dokumentiert (Stand 2023),[14] wo es in Quarzaggregaten in den Moränen vorkommt. Darapiosit tritt hier zusammen mit Quarz, dem Natrium-Pyroxen Ägirin, Eudialyt, Schizolith, dem Lithium-Glimmer Polylithionit, dem Milaritgruppenmineral Sogdianit[7] sowie Mikroklin und reliktischen Reedmergnerit.[10]

Dieser sehr mineralreiche Fundort stellt die Typlokalität von 43 Mineralen dar (Stand 2023), davon allein 5 aus der Milaritgruppe: Berezanskit, Darapiosit, Dusmatovit, Shibkovit und Sogdianit. Weiterhin wurden hier die Milaritgruppenminerale Milarit, Osumilith, und Sugilith nachgewiesen.[13]

  • E. I. Semenov, V. D. Dusmatov, A. P. Khomyakov, A. A. Voronkov, M. E. Kazakova: Darapiosite, a new mineral of the milarite group. In: Zapiski Vsesoyuznogo Mineralogicheskogo Obshchestva. Band 104, Nr. 5, 1975, S. 583–585 (russisch, rruff.info [PDF; 185 kB; abgerufen am 10. Dezember 2019]).
  • Michael Fleischer, Adolf Pabst, Louis J. Cabri: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 61, 1976, S. 1053–1056 (englisch, rruff.info [PDF; 410 kB; abgerufen am 10. Dezember 2019]).
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 714 (Erstausgabe: 1891).
Commons: Darapiosite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 1. November 2023]).
  3. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 614 (englisch).
  4. a b c Mark A. Cooper, Frank C. Hawthorne, Edward S. Grew: The crystal chemistry of sogdianite, a milarite-group mineral. In: American Mineralogist. Band 84, 1999, S. 767 (englisch, rruff.info [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 10. Dezember 2019] Tabelle 7).
  5. a b c d Frank C. Hawthorne: The Use Of End-Member Charge-Arrangements In Defining New Mineral Species And Heterovalent Substitutions In Complex Minerals. In: The Canadian Mineralogist. Band 40, Nr. 2, 2002, S. 699–710, doi:10.2113/gscanmin.40.2.699 (englisch, researchgate.net [PDF; 357 kB; abgerufen am 16. August 2024]).
  6. a b c d Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  7. a b c d e f g h i j k l Ye.I. Semenov, V. D. Dusmatov, A. P. Khomyakov, A. A. Voronkov & M. Ye. Kazakova: Darapiosite, a new mineral of the milarite group. In: Zapiski Vsesoyuznogo Mineralogicheskogo Obshchestva. Band 104, 1976, S. 583–585, doi:10.1080/00206817609471289 (englisch).
  8. a b c d e f g h i j k Michael Fleischer, Adolf Pabst, Louis J. Cabri: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 61, 1976, S. 1053–1056 (englisch, rruff.info [PDF; 410 kB; abgerufen am 10. Dezember 2019]).
  9. a b David Barthelmy: Darapiosite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 10. Dezember 2019 (englisch).
  10. a b c d e f g h i j k Giovanni Ferraris, Mauro Prencipe, Leonid A. Pautov, Elena V. Sokolova: The Crystal Structure Of Darapiosite And A Comparison With Li- And Zn-Bearing Minerals Of The Milarite Group. In: The Canadian Mineralogist. Band 37, 1999, S. 769–774 (englisch, rruff.info [PDF; 1,4 MB; abgerufen am 10. Dezember 2019]).
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  12. Elena V. Sokolova, Frank C. Hawthorne, Leonid A. Pautov: The Crystal Chemistry Of Li-bearing Minerals With The Milarite-Type Structure: The Crystal Structure Of End-Member Sogdianite. In: The Canadian Mineralogist. Band 38, 2000, S. 858 (englisch, rruff.info [PDF; 698 kB; abgerufen am 10. Dezember 2019] Tabelle 8).
  13. a b Typlokalität Dara-i-Pioz Glacier (Dara-Pioz), Districts of Republican Subordination, Tajikistan. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. Dezember 2019 (englisch).
  14. Fundortliste für Darapiosit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 1. November 2023.