Die Prinzessin auf dem Baum

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Die Prinzessin auf dem Baum ist ein Märchen (AaTh 317, 302 C*). Es steht in Ulrich Jahns Volksmärchen aus Pommern und Rügen an Stelle 3.

Ein armer Junge findet beim Schweinehüten im Wald einen hohen Baum, den ersteigt er. Oben befinden sich ein Dorf und ein Schloss mit einer verwünschten Prinzessin. Sie leben froh, bis er eine verbotene Tür öffnet und einem Raben zu Trinken gibt, der da mit drei Nägeln befestigt war und nun frei ist. Es war der Teufel, und kurz darauf ist die Prinzessin fort. Der Junge geht sie suchen und begegnet einem Wolf, einem Bär und einem Löwen, die ihm je drei Spier Haare von sich geben, falls er in Not wäre. Die Prinzessin ist in einem Jägerhaus. Als der Junge sie fortführt, holt der Jäger sie auf einem dreibeinigen Schimmel ein. Die Prinzessin entlockt dem Jäger das Geheimnis, wie ein solcher Schimmel zu verdienen ist: Man muss drei Tage die Fohlen der Hexe hüten. Diese gibt dem Jungen dreimal einen Schlaftrunk mit auf die Weide, sodass die Fohlen ihm entlaufen. Mit Hilfe von Wolf, Bär und Löwe holt er sie ein. Er besteht auf dem eigenen Reitpferd der Hexe als Lohn. Sie zieht dem Tier noch das Mark aus den Knochen und macht einen Kuchen daraus, den der Junge ihm zu fressen und damit seine Kraft wiedergibt. Er wirft zwölf Wölfen zwölf Lämmer vor, die er sich auch geben ließ, und entkommt. Als er darauf die Prinzessin abholt, wird er wieder vom Jäger verfolgt, wird jedoch von seinem Pferd abgeworfen und zertreten. Der Junge bekommt die Prinzessin und wird König. Die beiden Schimmel verlangen, dass er sie enthauptet; dadurch werden auch sie erlöst.

Jahn verortet das Märchen mit den vorangehenden „Mündlich aus Quatzow, Kreis Schlawe.“[1] Ein „Spier“ ist etwa ein „Spitzchen“ Haare.[2] Löwe, Bär und Wolf gibt es schon in Straparolas Cesarino di Berni (Ergötzliche Nächte). Weitere gängige Motive sind die verbotene Tür (KHM 3, 62a, Jahns Nr. 58 Das Wunderbuch), drei Tierhaare (KHM 82a, Basiles Die drei Tierkönige), etwas dem Unhold ablauschen (KHM 29), Abschlagen der Ferse (KHM 97). Der festgenagelte Rabe schreit, „dass es einen Stein erweichen konnte“ (vgl. KHM 1, 80), das Pferd des Jägers schreit wie in Basiles Cannetella, die Hexe gibt einen Schlaftrunk (KHM 93), sie ist „inwendig Gift und Galle“ (KHM 69). Die Erlösung durch Enthaupten ist laut Heinz Rölleke ein alter Zug.[3][4]

Walter Scherf zufolge stammen die wenigen vergleichbaren Fassungen zum ersten Teil fast alle aus Ungarn, zum zweiten Teil vorwiegend aus Russland, Weißrussland und Ukraine. Letztere sind dann durch Heirat mit drei Herrn der Tierreiche.[5] In Josef Haltrichs Der Wunderbaum, Deutsche Volksmärchen aus dem Sachsenlande in Siebenbürgen, Nr. 16 erreicht der Kletterer eine kupferne, eine silberne, dann eine goldene Welt. Zum ersten Teil hebt Scherf Der himmelhohe Baum in Gyula Ortutays Ungarische Volksmärchen hervor. Scherf sieht aber auch Verbindungen zur Gestalt der starken Frau, die den Dämon an die Wand schmiedet, wie Brünhild.[6]

Laut C. G. Jung offenbart so ein Märchen unbewusste Vorgänge, die ein christliches Denken kompensieren, es weiter spinnen über kirchlich gesetzte Grenzen: Der oberen Dreiheit entspricht eine untere. Sie trägt Züge Wotans, muss freigelassen und dann gestellt werden. Der vierbeinige Schimmel ist dann die Ganzheit, die Prinzessin die Anima oder die Seele.[7]

  • Ulrich Jahn: Volksmärchen aus Pommern und Rügen. Hofenberg / Contumax. Berlin 2014, ISBN 978-3-8430-7238-0 (Erstdruck: Diedr. Soltau’s Verlag, Norden/Leipzig 1891), S. 38–49, 386.

Einzelnachweise

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  1. Ulrich Jahn: Volksmärchen aus Pommern und Rügen. Hofenberg / Contumax. Berlin 2014, ISBN 978-3-8430-7238-0 (Erstdruck: Diedr. Soltau’s Verlag, Norden/Leipzig 1891), S. 386.
  2. Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm zu Spier
  3. Heinz Rölleke, Albert Schindehütte: Es war einmal … . Die wahren Märchen der Brüder Grimm und wer sie ihnen erzählte. Eichborn, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-8218-6247-7, S. 258.
  4. Vgl. dazu KHM 13, 57, 135, 129a, Jahns Nr. 2 Der Jäger und der Sohn des Zwergkönigs, Nr. 9 Der Schlüssel, Nr. 13 Hans Wunderlich, Nr. 38 Der Kater Johann, Nr. 57 Das Schloss der goldenen Sonne.
  5. vgl. Grimms Die Kristallkugel, Die drei Schwestern) eingeleitet, Scherf nennt Afanas’evs Unsterblichen Koščej und Marja Morevna in Narodnye russkie skazki, Nr. 158, 159.
  6. Walter Scherf: Das Märchenlexikon. Band 1. C. H. Beck, München 1995, ISBN 978-3-406-51995-6, S. 731–736.
  7. Gotthilf Isler: Jung, Carl Gustav. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 7. Walter de Gruyter, Berlin / New York 1993, S. 743–750.