Dieter Oesterlen

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Porträtrelief auf der Grabplatte

Dieter Oesterlen (* 5. April 1911 in Heidenheim an der Brenz; † 6. April 1994 in Hannover) war ein deutscher Architekt und Hochschullehrer.

Grabstätte auf dem Stadtfriedhof Engesohde

Dieter Oesterlen wurde im Schwäbischen als Sohn des Ingenieurs Fritz Oesterlen geboren. Sein Vater wurde 1917 Professor für Wasserturbinentechnik an der Technischen Hochschule Hannover und später deren Rektor. Dieter Oesterlen wuchs in Hannover auf, wo er 1930 sein Abitur am Goethegymnasium machte. Er wurde nach einem Architekturstudium in Stuttgart (bei Paul Schmitthenner) und in Berlin (hier bei Heinrich Tessenow und Hans Poelzig) 1939 selbständiger Architekt. In dieser Funktion war er von 1939 bis 1945 in Berlin am Bau von kriegswichtigen Betrieben beteiligt.

1945 kehrte er nach Hannover zurück und erhielt 1946 dort den ersten Auftrag: die Ruine der hannoverschen Marktkirche erst zu sichern und dann wiederaufzubauen. Sein erster Neubau war das Café Kröpcke im Zentrum Hannovers. Damit begann Oesterlens Karriere, die ein sehr breites Spektrum von Bauten umfasste, vor allem während der 1950er bis 1980er Jahre. Dieter Oesterlen gehörte „zu den einflussreichsten und meist beschäftigten Architekten nach 1945 in Hannover“[1]. Er war verantwortlich für den Wiederaufbau sowie die Neukonzeption zahlreicher Bauwerke in der niedersächsischen Landeshauptstadt nach dem Zweiten Weltkrieg. Er war mit Hannovers Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht befreundet. Erst als Achtzigjähriger beendete Dieter Osterlen seinen letzten Auftrag, die Neue Wasserkunst in Hannover. Zunächst von 1952 bis 1953 als Honorarprofessor, danach von 1953 bis 1976 als ordentlicher Professor, lehrte er außerdem Gebäudelehre und Entwerfen an der Technischen Hochschule Braunschweig.[2] Mit seinen dortigen Kollegen Friedrich Wilhelm Kraemer und Walter Henn prägte er die sogenannte „Braunschweiger Schule“ und damit ein wegweisendes Verständnis von Architektur der frühen Bundesrepublik. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den Fritz-Schumacher-Preis für Architektur 1979 und die Heinrich-Tessenow-Medaille 1980 sowie den Niedersachsenpreis für Kultur 1981. Seit 1966 war Oesterlen Mitglied der Akademie der Künste Berlin.

Zwei Werke Dieter Oesterlens in Hannover wurden zwischenzeitlich abgerissen. Da das Geld für den Erhalt von Baudenkmälern fehlte, fiel die Entscheidung, sowohl den Plenarsaal des Niedersächsischen Landtags als auch das IBM-Gebäude in der Hamburger Allee durch Neubauten zu ersetzen. Das Verwaltungsgebäude des Computerkonzerns wurde 1969 von Oesterlen fertiggestellt, und bereits an der Fassade ließ sich eindrucksvoll die Baukunst der Nachkriegszeit ablesen.[3]

Der komplette Abriss des Plenarsaals wurde nicht durchgeführt, nachdem eine genauere Betrachtung erhebliche Mehrkosten beim Neubau gegenüber Sanierung und Umbau ergaben.[4]

Dieter Oesterlens Grab befindet sich auf dem Stadtfriedhof Engesohde (Abteilung 1) in Hannover. Nach ihm ist ein Weg im Stadtteil Kirchrode benannt.

Oesterlen war in erster Ehe mit der Architektin Eva Freise verheiratet und hatte mit ihr drei Kinder. In zweiter Ehe war er mit Eva-Maria Stroedel (1920–2011) verheiratet, die einen Sohn mit in die Ehe brachte. Seine Witwe setzte sich nach seinem Tod engagiert für den Erhalt seines Werkes ein.[5]

Bauten (Auswahl)

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(größtenteils nach: Dieter Oesterlen: Bauten und Texte 1946–1991. Tübingen 1992.)

Zwölf-Apostel-Kirche in Hildesheim
Deutscher Soldatenfriedhof Futapass
Historisches Museum Hannover, Straßenfront an der Burgstraße
IBM-Haus in Hannover, Hamburger Allee (nicht erhalten)

Wiederaufbau von Bauwerken

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Friedhofsbauten

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Das eindrucksvolle Werk, zuweilen als Landschaftskunst beschrieben, gilt in Fachkreisen als eines der bemerkenswertesten Beispiele moderner Landschaftsarchitektur.[11]
  • 1968: Deutscher Soldatenfriedhof in Tunis

Saalbauten, Versammlungsstätten, Kinos

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Verwaltungsbauten

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  • 1949–1955: Funkhaus des NWDR/NDR am Maschsee in Hannover (mit Friedrich Wilhelm Kraemer und Gerd Lichtenhahn)[14]

Wohnbauten und sonstige Bauaufgaben

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Hochhaus in Wolfsburg
  • 1954: Wohnhaus mit Notariat der Familie Wöckener in Elze bei Hildesheim
  • 1955–1956: Tropenhaus im Zoo Hannover
  • 1958–1960: Schwesternhaus der Kinderheilanstalt in Hannover, Ellernstraße
  • 1959: Wohnhaus K. in Horn (Lippe)[21]
  • 1959–1960: Sommerhaus Oesterlen in Isernhagen bei Hannover
  • 1959–1960: Hochhaus in Wolfsburg
  • 1962: Hotel Rose am Marktplatz in Hildesheim. Mitte der 1980er Jahre für die Rekonstruktion des Knochenhaueramtshauses abgerissen.
  • 1963–1964: Wohnhochhäuser in Wolfsburg-Detmerode[22][23]
  • 1974–1975: Altenzentrum „Bischof Stählin“ in Oldenburg
  • 1989: Brunnen am Gebäude der Concordia-Versicherungen in Hannover, Karl-Wiechert-Allee
  • 1989–1991: Neue Wasserkunst am Friederikenplatz in Hannover

„Ich akzeptiere die in der Rede von Günter Grass zur Beurteilung der Nachkriegszeit enthaltene Tendenz der ‚Verdrängung‘, nicht aber alle damit im Zusammenhang stehenden Einzelheiten. Eine davon ist die von Grass getroffene Feststellung einer ‚Verdrängung‘, die in vieler Hinsicht gültig ist, aber nicht angewandt werden darf auf die Hinwendung von bildenden Künstlern zur abstrakten Kunst, zu der Grass anscheinend keinen Zugang hat – oder sollte es daran liegen, dass eine zu frühzeitige politische Einschätzung einer Zeiterscheinung zu diesem Fehlschluß führte?“

„Diese Hinwendung zur Ungegenständlichkeit in der bildenden Kunst war in dieser ersten Nachkriegszeit keine Verdrängung, sondern eine Befreiung von dem bisher verordneten, verschwommenen Realismus der Zeit des Nationalsozialismus.“

„Dasselbe geschah in der Architektur, in der wir über die gleiche Befreiung von der realistischen Blut- und Bodentümelei bzw. von dem staatsrepräsentierenden 34sten Aufguß eines fadenscheinigen Klassizismus glücklich waren und arbeiteten in einem – nennen wir es – abstrakten Kubismus.“[24]

„Zeitlebens ist mir immer wieder begegnet, historische Bauten mit Neubauten zu konfrontieren. Ob es die Arbeit des Restaurierens oder der Ergänzung war, habe ich es immer als ein kräftemessendes Wechselgespräch zwischen den Zeiten und Architekten empfunden, bei dem ich hoffe, nie den Respekt gegen den vor mir tätigen Baumeister vergessen zu haben.“[25]

  • Anne Schmedding: Architekten Leben / Dieter Oesterlen und seine Arbeiten zwischen Tradition und Moderne / Die Balkonfassade des Hotels am Thielenplatz, die deutsche Botschaft in Buenos Aires oder der Wiederaufbau der Marktkirche: Dieter Oesterlen hat mehr entworfen als den Landtag. Kunsthistorikerin Anne Schmedding über den Architekten. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 3. April 2010; online zuletzt abgerufen am 3. Juli 2014
  • Alexander Koch: Dieter Oesterlen. Bauten und Planungen 1946–1963. Koch, Stuttgart 1964. (= Bauten und Planungen, Band 2; ISSN 0522-5051)
  • Dieter Oesterlen: Bauten und Texte. 1946–1991. Wasmuth, Tübingen 1992, ISBN 3-8030-0153-6.
  • Udo Weilacher: Eine architektonische Landschaftsskulptur. Soldatenfriedhof am Paso la Futa, Italien. In: Udo Weilacher: Visionäre Gärten. Die modernen Landschaften von Ernst Cramer. Birkhäuser, Basel 2001, ISBN 3-7643-6568-4.
  • Helmut Knocke: Dieter Oesterlen. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 273–274.
  • Frank Dengler: Bauen in historischer Umgebung. Die Architekten Dieter Oesterlen, Gottfried Böhm und Karljosef Schattner. (= Studien zur Kunstgeschichte. Band 151.) Olms, Hildesheim 2003, ISBN 3-487-11882-3, S. 43–254 (über Oesterlens Wiederaufbauprojekte Marktkirche Hannover, Niedersächsischer Landtag und Historisches Museum Hannover sowie das Daniel-Pöppelmann-Haus in Herford).
  • Anne Schmedding: Dieter Oesterlen (1911–1994). Tradition und zeitgemäßer Raum (= Forschungen zur Nachkriegsmoderne). Ernst Wasmuth Verlag, Tübingen 2011, ISBN 978-3-8030-0744-5.
  • Michael F. Feldkamp: Der Niedersächsische Landtag als Symbol für demokratisches Bauen? In: Julia Schwanholz, Patrick Theiner (Hrsg.): Die politische Architektur deutscher Parlamente. Von Häusern, Schlössern und Palästen. Wiesbaden 2020, ISBN 978-3-658-29330-7, S. 229–242.
Commons: Dieter Oesterlen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. H. Knocke, S. 272.
  2. Eintrag von Dieter Oesterlen im Braunschweiger Professor*innenkatalog, abgerufen am 2. Mai 2024.
  3. Hannovers IBM-Gebäude weicht Neubauquartier. In: Property-Magazine, 24. August 2011.
  4. Neugestalteter Plenarbereich: Der Umbau. Website des Niedersächsischen Landtages, abgerufen am 16. Dezember 2023.
  5. Simon Benne: Die Kämpferin. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 23. Februar 2011, S. 15.
  6. Bauen + Wohnen, Heft 2/1964 (Digitalisat)
  7. Bauen + Wohnen, Heft 11/1958 (Digitalisat)
  8. Bauen + Wohnen, Heft 12/1961 (Digitalisat)
  9. Geschichte Stephanusgemeinde auf holsterhausen.org
  10. Hildesheim, Matthäus. In: kirchengemeindelexikon.de. Abgerufen am 5. Juli 2021.
  11. F. Dové: Soldatenfriedhof Futa-Pass. In: Anthos – Zeitschrift für Landschaftsarchitektur, Heft 6/1967 (Digitalisat)
  12. Bauen + Wohnen, Heft 2/1959 (Digitalisat)
  13. Bauen + Wohnen, Heft 4/1966 (Digitalisat)
  14. Bauen + Wohnen, Heft 11/1963 (Digitalisat)
  15. Bauen + Wohnen, Heft 6/1952 (Digitalisat)
  16. volkswagenstiftung.de / Impressum
  17. Betontafel neben dem Haupteingang des Gebäudes
  18. Bauen + Wohnen, Heft 1/1972 (Digitalisat)
  19. Rathaus von Greven. In: archINFORM; abgerufen am 15. März 2018.
  20. Bauen + Wohnen, Heft 7/1953 (Digitalisat)
  21. Glasforum, 6/1959
  22. Bauen + Wohnen, Heft 3/1963 (Digitalisat)
  23. Nicole Froberg, Ulrich Knufinke, Susanne Kreykenboom: Wolfsburg. Der Architekturführer. Braun Publishing, Berlin 2011, ISBN 978-3-03768-055-1, S. 108.
  24. Dieter Oesterlen: Zu einer Rede von Günter Grass. Diskussionsbeitrag in der Berliner Akademie der Künste am 8. Mai 1985. In: Oesterlen: Bauten und Texte. S. 250.
  25. Dieter Oesterlen: Interview mit Herrn Stöckmann. Hannoversche Allgemeine Zeitung und „Kulturspiegel“ des NDR, 1. Dezember 1990. In: Oesterlen: Bauten und Texte. S. 257.