Digitoxigenin

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Strukturformel
Strukturformel von Digitoxigenin
Allgemeines
Name Digitoxigenin
Andere Namen

3β,14β-Dihydroxy-5β-card-20(22)-enolid

Summenformel C23H34O4
Kurzbeschreibung

farblose, bitter schmeckende Prismen[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 143-62-4
EG-Nummer 205-603-4
ECHA-InfoCard 100.005.095
PubChem 4369270
ChemSpider 3571902
DrugBank DB04177
Wikidata Q411469
Eigenschaften
Molare Masse 374,53 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Schmelzpunkt

253 °C[1]

Löslichkeit
  • löslich in vielen organischen Lösemitteln[1]
  • wenig löslich in Wasser und Diethylether[1]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300
P: 264​‐​270​‐​301+310​‐​405​‐​501[2]
Toxikologische Daten

26,17 mg·kg−1 (LD50Mausoral)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Digitoxigenin ist ein Steroid aus der Hydrolyse des Herzglykosids Digitoxin, welches in der Gattung Fingerhut (Digitalis) vorkommt.

Roter Fingerhut (Digitalis purpurea)

Digitoxigenin ist des Aglycon des Glycosids Digitoxin. Digitoxin ist einer der wichtigsten bioaktiven Wirkstoffe in Fingerhut (Gattung Digitalis).[4] Das Glycosid kommt in größeren Mengen im Roten Fingerhut (Digitalis purpurea) und im Wolligen Fingerhut (Digitalis lanata) vor. Freies Digitoxigenin ist bei beiden Pflanzen jedoch nur eine Minderkomponente.[5]

Die Synthese geht vom (S)-Enantiomer des Wieland-Miescher-Ketons aus. Die Enon-Einheit wird zunächst in das Ethylenglycol-Acetal des gesättigten Ketons ünberfürt. Die zweite Carbonylgruppe wird mit Triethylamin und Trimethylsilylchlorid in einen Silylenolether überführt. Ozonolyse mit reduktiver Aufarbeitung mit Natriumborhydrid ergibt einen Glycol, der mit Natriumperiodat unter Ringöffnung zum Dialdehyd gespalten werden kann. Die weniger gehinderte Aldehydfunktion kann mit Natriumtriacetoxyborhydrid zum Alkohol reduziert werden.[4]

Durch Deprotonierung mit n-Butyllithium und Reaktion mit einem Phosphonat kann am Aldehyd nun eine 2-Butenylgruppe eingeführt werden. Durch Swern-Oxidation wird der Alkohol wieder zum Aldehyd oxidiert, wodurch nach Deprotonierung mit n-Butyllithium durch Reaktion mit einem Phosphonat eine Dithian-Einheit eingeführt werden kann. Durch eine thermische [4+2]-Cycloaddition kann jetzt der dritte Sechsring aufgebaut werden.[4]

Nach Hydrolyse des Ethylenglycol-Acetals mit Salzsäure wird die Carbonylgruppe an dieser Stelle mittels Luche-Reduktion (Natriumborhydrid, Cer(III)-chlorid) zum Alkohol reduziert. Da die so entstehende Stereokonfiguration nicht die erwünschte ist, erfolgt eine Mitsunobu-Inversion mit Diethylazodicarboxylat, Triphenylphosphin und Trifluoressigsäure, wobei das Trifluoracetat erhalten wird. Durch Reaktion mit Trimethyloxoniumtetrafluoroborat wird die Dithian-Schutzgruppe entfernt und das Keton freigesetzt. Durch Behandlung mit Natriumethanolat wird die Doppelbindung in diesem Sechsring mit der Carbonylgruppe in Konjugation gebracht. Gleichzeitig wird die als Trifluoracetat maskierte Hydroxygruppe wieder freigesetzt. Diese kann stattdessen mit tert-Butyldimethylsilylchlorid geschützt werden. Durch Grignard-Reaktion kann eine 3-Butin-1-yl-Gruppe am Keton eingeführt werden, wobei das terminale Alkin als Trimethylsilylderivat geschützt ist und anschließend mit Tetrabutylammoniumfluorid freigesetzt werden muss. Eine radikalische Cyclisierung mit Tributylzinnhydrid und AIBN als Radikalstarter ergibt den Fünfring der Steroideinheit mit einer exocyclischen Doppelbindung.[4]

Durch Epoxidierung mit meta-Chlorperbenzoesäure und Umlagerung mit Bortifluorid-Diethyletherat ergibt eine Formylgruppe, die jedoch in der unerwünschten Stereokonfiguration am Ring sitzt. Durch Reaktion mit Hydroxylaminhydrochlorid und anschließend mit Carbonyldiimidazol wird die Formylgruppe in ein Nitril umgewandelt. Die Stereochemie kann durch Deprotonierung mit Lithiumdiethylamid und Reprotonierung mit 2,6-Di-tert-butyl-4-methylphenol invertiert werden, wobei durch die gewählten Reaktionsbedingungen die kinetisch bevorzugte aber thermodynamisch weniger stabile Konfiguration erhalten wird. Die Butenolid-Einheit wird eingeführt, indem zunächst Benzyloxymethyllithium an das Nitril addiert wird. Hydrogenolyse unter Palladiumkatalyse setzt die Hydroxymethylgruppe frei. Reaktion mit Triphenylphosphoranylidenketen (Ph3P=C=C=O) und Triethylamin baut den ungesättigten Lactonring auf. Im letzten Schritt wird mittels para-Toluolsulfonsäure die Silylether-Schutzgruppe entfernt.[4]

Struktur und Eigenschaften

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Digitoxigenin zählt strukturell zur Gruppe der Cardenolide. Diese unterscheiden sich von anderen Steroiden dadurch, dass die C- und D-Ringe cis zueinander stehen und an einem gemeinsamen Atom dieser beiden Ringe (Position 14) eine zusätzliche Hydroxygruppe vorliegt. Außerdem tragen sie als wichtiges Strukturmerkmal eine Butenolid-Einheit.[4]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Eintrag zu Digitalis-Glycoside. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 28. Dezember 2014.
  2. a b Eintrag zu Digitoxigenin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 3. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  3. A. GEORGES, J. PAGE, G. DUVERNAY: BIOLOGICAL ACTIVITY OF FORMYL DERIVATIVES OF DIGITALIS GLYCOSIDES. In: Archives internationales de pharmacodynamie et de therapie. Band 153, Februar 1965, S. 436–449, PMID 14297378.
  4. a b c d e f Gilbert Stork, Fred West, Hee Yoon Lee, Richard C. A. Isaacs, Shino Manabe: The Total Synthesis of a Natural Cardenolide: (+)-Digitoxigenin. In: Journal of the American Chemical Society. Band 118, Nr. 43, 1. Januar 1996, S. 10660–10661, doi:10.1021/ja962163m.
  5. Chittaranjan Kole, Chittaranjan Kole: Wild crop relatives: genomic and breeding resources. Springer, Berlin New York 2011, ISBN 978-3-642-21201-7, S. 82–84.