Diskussion:Béla von Brandenstein

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Persönliche Begegnung

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Ich selbst hatte mit zwanzig Jahren die glückliche Gelegenheit, B.v.B. erst in einer Vorlesung, dann persönlich kennen zu lernen. Als er in jener für mich umstürzenden Vorlesung (1977) den Beweis vom Anfang der Welt darlegte, glaubte ich, entweder einem philosophischen Atavismus gegenüber zu stehen, der seit Kant die Entwicklung der Philosophie verpasst hat, oder einem Genie, das, trotz seines hohen Alters, noch völlig unbekannt geblieben war. Also suchte ich seine Werke auf, drang in sie ein, begann einen intensiven Briefwechsel mit dem Autor, sprach ihn bald persönlich an, diskutierte über Jahre intensiv und kontrovers mit ihm und fand mich mit der Zeit in einer schönen und tiefen Freundschaft wieder. Oft besuchte ich ihn in seiner Wohnung in Saarbrücken oder in seinem Sommerhaus am Luganer See (Brusino-Arsizio), wo wir zusammenlebten, auf den See hinausfuhren oder im See schwammen und unter seinen geliebten großen Rosenbüschen philosophierten. Dort schilderte er mir auch sein philosophisch-metaphysisches Erweckungserlebnis mit 19 Jahren, das ihn zur Philosophie führte und mit einigen metaphysischen Beweisen das Fundament seines Denkens finden ließ (ich besitze eine persönliche Abschrift davon). In wenigen Jahren, genauer im 3. Lebensjahrzehnt, entfaltete er in rascher Folge seine „Grundlegung der Philosophie“, die ein „wahres Hochgebirge“ der Erkenntnis darstellt. Schnell wurde mir klar, hier einer außergewöhnlichen geschichtlichen Erscheinung gegenüberzustehen, einem Menschen, der zwar sehr mild, bescheiden, heiter, gelassen und unendlich geduldig (vor allem mit meinem endlosen, hartnäckigen Fragen, das sich mit Behauptungen nie zufrieden gab, sondern immer von der Sache und ihrer adäquaten methodischen Erfassung her überzeugt werden wollte) war, der aber im Grunde von Seiten der Philosophie her die Mission einer Fundierung des menschlichen Denkens und Erkennens auferlegt bekam, um für alle Menschen einen gemeinsamen Bezugspunkt ihres Strebens nach Erkenntnis, Wissen und Austausch zu setzen. Was mich schon als Zwanzigjährigen wunderte, war der totale Ausfall von Resonanz in der Gelehrten- und Wissenschaftswelt, die nur mit dem naturalistisch-positivistischen Zeitgeist und dem fachphilosophischen Konkurrenzgeist zu erklären war. Die Entdeckung von Philosophie und Person Béla von Brandensteins steht daher noch aus und soll durch diesen Artikel und durch meine eigene dreibändige „Philosophie des Leidens“, die von der Ontologie Brandensteins ausgeht, befördert und erprobt werden. Es scheint, dass sich allmählich in Ungarn eine Rückbesinnung auf die eigene große philosophische Tradition durchsetzt, doch wohl erst nur vereinzelt und in Keimen. Das stalinistische Erbe, jetzt überformt von nationalistischen und kapitalistischen Mächten erschwert in Ungarn diese „Selbstbewusstwerdung“ zweifellos, doch darf auf die Kraft der Wahrheit gesetzt werden, die sich, wenn auch erst in Jahrhunderten, unabweisbar Geltung verschafft.

Archai2018


Soviel ich weiß, besitzt der Sohn von Brandenstein einige Schriften aus dem Nachlass, in den er mir trotz mehrfachen Nachfragens leider keinen Einblick gewährt hat. Auch in Ungarn scheint es eine Philosophin (vgl. Veres Ildikó: Mikrokosmos im Makrokosmos, Segmente der Philosophie Béla von Brandensteins bis 1944, integratio, wien, 2014; Béla von Brandensteins Laufbahn in Ungarn (1901–1945); Tibor Hanak) zu geben, die eine Habilitation zu Brandensteins Werk geschrieben hat und wohl versucht, sein Erbe in Ungarn zu sichern und zu bündeln. Leider hat sie auf meine Kontaktversuche nicht reagiert. Ich selbst konnte aus Feldkirch, wohin Brandenstein mit seiner Familie vor dem Einmarsch Stalins geflüchtet war, einen bedeutenden und umfänglichen Briefwechsel Brandensteins mit seinem langjährigen Freund, Georg Krozewski, auffinden, erhalten und bei mir aufbewahren. Darüber hinaus besitze ich eine große Anzahl von Aufsätzen und Artikeln, die Brandenstein handschriftlich niedergelegt hat oder mit Schreibmaschine abschreiben ließ.

Archai2018