Diskussion:Der Kaufmann von Venedig/Archiv/1
Antisemitismus
"der offensichtliche Antisemitismus" - Offensichtlich ist Shylock, wie etwa auch Gloster, ein Vice; er wird in dem Stück denn auch mehr als einmal mit dem Teufel verglichen. Die Aufgabe des Teufels oder der Vice-Figur ist die Prüfung des Menschen, aber in diese Rolle steckt Shakespeare, offensichtlich, alle möglichen Menschen, am häufigsten, offensichtlich, Menschen in einer Nähe zum Thron (Lady Macbeth, Gloster oder Claudius). Jetzt kommt aber niemand auf die Idee Shakespeare habe etwas gegen das Königtum oder gegen Krüppel weil er etwa einen Gloster oder einen Claudius auf den Thron setzt. Minimale Einsichten in die allegorische Welt Shakespeares können hier also Wunder wirken und einen "offensichtlichen Antisemitismus" in einen "beliebten Antisemitismusvorwurf" umwandeln. Aber selbst auch ohne ein Minimalgespür für gleichnishafte christliche Bildwelt um 1600 sollten einem Zweifel kommen, einen Geist wie Shakespeare bei den Beschränkten am Stammtisch zu suchen. -- M.sack 10:27, 13. Aug 2005 (CEST)
Also der zweite Absatz unter Kritik trägt wenig zu dem bei was oben schon gesagt wird und fügt noch Unsinniges dazu:"Die Bekehrung Shylocks am Ende". Von einer Bekehrung ist da nirgens die Rede. Shylock gelobt alles was man ihm abpreßt zu Hause zu unterschreiben, ihm wird kotzübel. So geht wohl kein Bekehrter ab. --M.sack 21:18, 26. Apr 2006 (CEST)
Sicher soll jede Gnade nur freiwillig angenommen werden, das ist religiöses Programm im Mittelalter. Aber der Zwang zur Anerkennung der Gnade wurde offenbar trotzdem für legitim gehalten. Ich sehe das Stück als eine Darstellung des damaligen Rechtsempfindens, also als etwas recht Abstraktes. Heute interessiert uns dagegen das Psychologische mehr als das Allegorische. Ob im mittelalterlichen Sinn das Laster (Vice) auftritt oder im modernen Sinn der konkrete lasterhafte Mensch zeigt sich unter anderm im Mitgefühl für diese Figur. Mit dem abstrakten Laster könnte man kein Mitgefühl haben. Shakespeare ist zwischendrin. Ein bisschen Mitgefühl für Shylock stellt sich doch ein. --84.72.29.143 10:47, 3. Mai 2006 (CEST)
Du bist wohl der Autor? Ich stimme dem, was Du hier schreibst, weitgehend zu. Offenbar konnte man im Mittelalter noch mit von der Folter abgepreßten Erleuchtungen was anfangen und das wirkte fort, verstärkte sich zum Teil noch. Aber es ist zweierlei sagen was ein Empfinden für legitim hielt und sagen: "Die Bekehrung Shylocks am Ende soll ein Zeichen dafür sein, dass auch er in Zukunft Gnade vor Recht ergehen lässt." Shylock geht weder bekehrt noch belehrt ab, sondern bis in die Knochen gerichtet - durch sein eigenes Klammern am Buchstaben, das auf ihn zurück fällt. "Shylock: Ich bitt, erlaubt mir, mich zu entfernen. Mir ist nicht wohl, schickt den Schein nach, Ich schwör ich unterschreibe." Das ist sein Abgang und da ist kein Atom Einsicht: eben weil er kein Mensch sondern eine Allegorie ist. Also insofern wir, und das gebe ich Dir absolut zu, mit dem Vice Shylock mitempfinden, meint das nichts von Einsicht bei diesem. Das gibt der Text nicht her. Es hat wohl mit Shakespeares Genialität zu tun, einem Gleichniß menschliche Gestalt zu geben - Quelle aller Mißverständnisse. --M.sack 21:17, 3. Mai 2006 (CEST)
Belmonte
Ich habs zwar aus dem englischen Wikipedia entnommen, bin mir aber trotzdem ziemlich sicher, dass mit Belmonte oder Belmont nicht Belmonte Calabro gemeint sein kann, denn das ist viele 100km von Venedig entfernt. Wer kann das bestätigen/korrigieren?
- Der Link ist in der Tat äußerst irreführend, wenn man die mutmaßlichen Entfernungen im "Kaufmann von Venedig" zugrundelegt. Der Name "Belmonte" stammt aber aus Shakespeares Vorlage, dem "Pecorone" von Giovanni Fiorentino, und dort reist der Protagonist mit einer Handelsflotte von Venedig nach Alexandria, wobei er unterwegs durch Zufall in den Hafen von Belmonte gelangt. In diesem Falle könnte es sich tatsächlich um Belmonte Calabro handeln, dessen damalige Situation zudem gewisse Parallelen zu dem kleinen Fürstentum in der Handlung aufweist. Allerdings würde dabei der Umweg der nach Alexandria fahrenden Schiffe über das tyrrhenische Meer schon spektakulär schlechte Navigationskenntnisse voraussetzen. Der Name könnte auch einfach aus Gründen des Wohlklangs und Assoziationsreichtums gewählt worden sein. Ich werde mir erlauben, den Link zu entfernen. --Pierre Menard 19:56, 19. Mär. 2009 (CET)
Verfilmungen
Gibt's irgendwo links zu verfilmungen ? 84.191.154.41 04:25, 4. Jun. 2007 (CEST)
Schwerste inhaltliche Mängel
Der Artikel muß dringend überarbeitet werden. (Aufruf an alle Kundigen) - einige Punkte, die mich prima facie besonders stören: 1) Es ist doch eigentlich keine Neuigkeit, wenn es auch gelegentlich vergessen wird, dass der "Kaufmann" nicht vier Akte hat, sondern fünf, und nicht mit der Gerichtsszene endet (iv, 1), sondern in Belmont. 2) Worum es in dieser "comedy" in fünf Akten geht, bleibt völlig unterbelichtet (es fehlt z.B. gänzlich das Liebes- und Treue-Thema, das Motiv des Ringtausches und das der Kästchenwahl) 3) Es fehlen Angaben zu den literarischen Quellen (Ser Giovanni Fiorentino, gesta Romanorum). Nur der Gemeinplatz wird zitiert, nämlich Marlowes "Jew of Malta", von dem Shakespeare nicht die Fabel übernimmt, sondern bestenfalls das antisemeitische Ressentiment. (von Details abgesehen: Jessica-Abigail, und die Modalitäten der Bestrafung bei Shylock wie Barrabas) 4) Die theologisch-lutherisch-charismatische Deutung mitsamt dem zuchersüßen Gnadengefasel ist in dieser Einseitigkeit doch unhaltbar! Einmal abgesehen von der heutigen Forschungslage, abgesehen auch von der durchaus theologischen Frage, was für eine göttliche Gnade das denn sein soll, die der Herzog und der Kaufmann Antonio mal eben stellvertretend für den Herrgott ausüben, wird doch die zeitgenössisch-politische Dimension verdeckt: Welche "Gnade" kann denn hier "vor Recht" ergehen, wenn nicht das Gnaden- als Majestätsrecht? usw. usw. 5) Völlig beliebig hinfantasierte Deutungseinsprengsel: wie z.B. dass Antonio "gewiss" besser für Shylocks Tochter Jessica sorge als der leibliche Vater. Natürlich! Das dumme Luder hat letzterem nämlich gerade das Verlobungsgeschenk seiner verstorbenen Frau Lea geklaut, um mit einem geldgeilen Hanswurst namens Lorenzo durchzubrennen. Auf die Privattugend christlicher Ehemänner (potentieller Väter) weiß sich Shylock indes sehr wohl seinen grimmigen Reim zu machen (iv,1)... 6) Hinter infantilem Philanthropismus verborgener Antisemitismus: etwa in der gleichermaßen hinfantasierten "Überlegung", was denn "passiert" wäre, wenn die "angepassten Juden in der Diaspora" einmal valutamäßigen Tacheles mit ihren christlichen Schuldnern geredet hätten. Ja, dann wäre die Gesellschaftszersetzung bis auf die Grundfesten dagewesen, wenn der "Geldjude" sein finsteres Shylock-Ich gezeigt hätte; also schönen Dank nochmal an die Freundlichkeit der "angepassten Juden". --195.93.60.36 03:25, 20. Jun. 2007 (CEST)
Selbstbespiegelung
Solch "zuckersüsses Gnadengefasel ist in dieser Einseitigkeit doch unhaltbar!" - ganz derselben Meinung.
Ich war genauso entsetzt über dieses Gnaden-Gesäusel, und es wird mir wie Shylock am Ende speiübel über "gerechte" Aussagen wie diese: «Denn weil die jüdischen Menschen beharrlich seit Jahrtausenden, auch nach dem Christentum, ihre religiöse Tradition behalten und leben wollen, verschließen sie sich der göttlichen Gnade, die nur Christusgläubige erreichen können. Die Bekehrung zum christlichen Glauben des Shylocks am Ende soll ein Zeichen dafür sein, dass auch er in Zukunft Gnade vor Recht ergehen lassen kann.»
Diese wird hier nicht als mögliche Deutung von Zuschauern im Mittelalter (genauer: in der frühen Neuzeit) angepriesen - und nur als solche würde ich sie auch gelten lassen; nein, sie kommt als Deutung schlichtweg, zumindest lese ich nichts von einer deutlichen Distanzierung. Ob nicht auch Shakespeare darob übel würde?
Welche "Gnade" christlicherseits wird denn Shylock in dem Stück zuteil? Womöglich, dass er Christ werden darf? Wäre der/die AutorIn dieses Artikels denn auch entsetzt darüber, wenn Shylock dadurch nicht "gnädiger" sondern nur noch "verstockter" würde?
Wo in dem Stück zeigt Shakespeare bitte "christliche Gnade" ohne sie gleichzeitig als völlig verlogen zu brandmarken - und nur die Darsteller selbst merken es nicht und sonnen sich noch in ihrer "Herzensgüte". Es ist ein "Happy-End", das keines ist, darum ist auch Shylock am Ende nicht da, nur so kann sich die christliche Gesellschaft in ihrer Selbstbespiegelung auch noch bestärken.
Gestern wie heute offenbar …
--Gwunderi 20:34, 1. Jan. 2009 (CET)
Portia vs. Porzia
Ich habe keine deutsche Ausgabe da, sondern nur eine englische, eine kurze Google-Suche bringt aber keine Treffer für Porzia. Deswegen habe ich die Änderung zurückgesetzt. Wer kann Belege für eine der beiden Schreibweisen anbringen? --fidepus 16:27, 5. Nov. 2011 (CET)
- Gerade mal in meinem Reclam nachgeschaut, da steht eindeutig Porzia. Siehe Photographie [1] -- Liindraehl 01:32, 12. Dez. 2011 (CET)
Einzelnachweise
"Wucherer"
"Shylock, der von den Christen Venedigs verachtet und von Antonio öffentlich beleidigt wird und der seinerseits Antonio stellvertretend für alle Christen hasst, bietet im Gegensatz zu seiner üblichen Wucherpraxis an, diesmal auf Zinsen zu verzichten."
"In diesem Stück greift Shakespeare mit Shylock, dem reichen jüdischen Wucherer, auf die Figur des Vice zurück."
Wessen Sprache und Perspektive wird hier verwendet? Die der antisemitischen Venezianer, so scheint mir. Im Text ist an genau zwei Stellen von Wucher die Rede, und zwar berichtet beidesmal Shylock, Antonio habe ihn einen Wucherer bzw. seinen Gewinn Wucher genannt. ("Er hasst mein heilig Volk und schilt selbst da, Wo alle Kaufmannschaft zusammenkommt / Mich, mein Geschaeft und rechtlichen Gewinn, /Den er nur Wucher nennt.") und ("Er hat mich immer Wucherer genannt"). Neutraler formulieren, bitte, das ist ja unsäglich! (nicht signierter Beitrag von 85.179.38.253 (Diskussion) 12:09, 3. Mär. 2012 (CET))
Literarische Quellen fehlen
Siehe hier, insbesondere fehlt Fiorentino http://www.shakespeare-online.com/sources/merchantsources.html --79.216.58.221 13:20, 22. Jun. 2012 (CEST)
Luther und Shakespeare
Ich habe, die folgende Passage entfernt da sie mir weder die Zeit, noch den geistesgeschichtlichen Hintergrund Shakespeares zu etsprechen scheinen. Sie sind zudem in keiner Hinsicht belegt.
- Warum sollte Shakespeare auf das „das reformatorische Lesen von Gerechtigkeit“ zurückgreifen? Eine außerordentlich unwahrscheinliche Umdeutung aus protestantischer Sicht.
- „Vielmehr fällt die Tat auf den Mörder zurück“ – welcher Mörder? Es stirbt ja nicht einmal jemand.
- Es fehlt vollständig die Verwicklung um den Ringtausch, die der Shakepearschen Dramaturgie eine entscheidende Wendung nimmt.
- „Antonio, gerade dem Leben zurückgeschenkt, sorgt für die Tochter Shylocks – und besser wohl, als es der eigene Vater tun würde. Das (und nicht die Gegenlist) ist der eigentliche Grund, warum dem Vice ’übel’ wird“ – wird hier als Zitat geboten – aber das Zitat von wem oder was? (Bei dieser Interpretation wird mir ja gerade „übel“). Und so weiter. Ich erwarte eine etwas besser fundierte Interpretation. --Konrad Stein (Diskussion) 02:18, 24. Dez. 2013 (CET)
Hier die entfernte Passage:
„Wie dem „Bösen“ in vielen anderen Werken Shakespeares wird hier der zum Scheitern verdammten weltlichen Gerechtigkeit nicht Gleiches mit Gleichem vergolten. So eröffnet der Richter Shylocks Urteilsspruch: „Damit du siehst, wie anders wir denken, schenke ich dir dein Leben, noch bevor du darum bittest.“ Vielmehr fällt die Tat auf den Mörder zurück, in diesem Fall eben „das Recht“, das heißt auf das falsche Recht fällt hier das wahre. Dem Recht, an das „die Welt“ sich klammert, hier vom Vice vertreten, ist eines übergeordnet, das über aller weltlichen Gewalt oder Wahrheit steht. Der Rechtsgelehrte Doktor Bellario, der hier das Blatt zugunsten der guten Mächte wendet und der nicht zufällig „selbst nicht kommen kann“, verkörpert eine ganz andere Einsicht in „das Recht“. Sein buchstäbliches Lesen des brisanten Schuldscheins geht weit über alles Pochen des Vices auf das Recht und ist viel mehr als eine bloße Gegenlist.
Dieses wirkliche Lesen steht für das reformatorische Lesen von Gerechtigkeit. Das heißt, es steht für die Autorität des „Herzensgrundes“ (Martin Luther). Der Jude soll Christ werden – aber erst, nachdem das wahre Christliche sich an der Gnade erwiesen hat. Jener „Niedertracht“ Antonios, mit der er „den Zinssatz in Venedig drückt und schon viele aus der mir verfallenen Schuld gelöst hat“ (so das Vice-Wort), könnte noch immer, mit Luther geredet, der Schein der guten Werke anhaften. Antonios Traurigkeit hätte dann ihren tieferen Grund in der Verworfenheit der guten Tat bis in die Erbschuld. Erst wahrhaftige Gnade erlöst von der alten Schuld. Antonio, gerade dem Leben zurückgeschenkt, sorgt für die Tochter Shylocks – und besser wohl, als es der eigene Vater tun würde. Das (und nicht die Gegenlist) ist der eigentliche Grund, warum dem Vice „übel“ wird, weil ihm die fremde Sorge um seine Erbschaftslinie den letzten Ausweg nimmt und sein Reich richtet.“
Differenzierte Darstellung
... facettenreiche Charakterisierung des eigentlich als komischen Schurken angelegten Shylock ... Ich kann an Shylock nichts Komisches erkennen, und eine facettenreiche Charakterisierung sieht auch anders aus. Es wäre schön, wenn der Artikelautor entweder Beispiele anführen könnte, so daß der Leser an seiner Einsicht teilhaben kann, oder den Passus entfallen ließe. (nicht signierter Beitrag von 91.66.64.84 (Diskussion) 10:27, 7. Jun. 2015 (CEST))
- Die facettenreiche Charakterisierung Shylocks im Stück ergibt sich bereits bei einem kurzen Blick in die Vielzahl der völlig unterschiedlichen bzw. konträren Ausdeutungen der Figur in der umfangreichen Sekundärliteratur; vgl. als kurze Zusammenfassungen der fachwissenschaftlichen Diskussion beispielsweise die Ausführungen in Ina Schabert (Hrsg.): Shakespeare-Handbuch. Die Zeit, der Mensch, das Werk, die Nachwelt. 5., durchgesehene und ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-520-38605-2, S. 407 ff. oder Ulrich Suerbaum: Der Shakespeare-Führer. Reclam, Ditzingen 2006, ISBN 3-15-017663-8. (3., rev. Auflage. 2015, ISBN 978-3-15-020395-8, S. 124 ff. und 129 ff. Als Beispiel für die Darstellung Shylocks als grotesk-komischer Schurke kann etwa auf III.1 verwiesen werden, wo Shylock nach seiner bewegenden großen Rede seine Rache an Antonio in der Pose einer gemütigten Kreatur mit dem Ruf nach Toleranz zu rechtfertigen versucht, noch in der selben Szene jedoch als ein grotesk-komisches Monstrum erscheint, dass „wie eine seelenlose Marionette zwischen der Empörung über den Verlust seiner Dukaten und der teuflischen Freude über Antonios Unglück hin und her schwankt“ (vgl. Schabert, Shakespeare-Handbuch, S. 408). Weitere Belege finden sich u.a. auch bei Suerbaum im Shakespeare-Führer, S. 124 ff.--WeiteHorizonte (Diskussion) 19:19, 21. Feb. 2018 (CET)