Epitome Parisina

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Die Epitome Parisina (Beiname: Scintilla = glimmende Glut) ist durch eine einzige überlieferte Handschrift aus der Mitte oder zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts bekannt. Es handelt sich bei ihr um eine Kurzfassung des sogenannten Breviars. Man geht davon aus, dass die Handschrift aus Burgund stammt. Verwahrt wurde sie einst in einem Kloster in Blois (Kloster Launomar), heute liegt sie in Paris.[1]

Das Werklein begann ostentativ mit der lex Salica, die bedeutender Bestandteil der germanischen Stammesrechte war, nebst karolingischen Kapitularien, was für Detlef Liebs mit weiteren Rechtshistorikern den Schluss nahelegt, dass die Handschrift an der Loire entstanden ist.[2] Möglicherweise wurde die Epitome von einem rechtsgelehrten Kleriker gefertigt, wovon Gustav Hänel ausgeht.[3] Dem rechtsspezifischen römisch-rechtlichen Teil der Abhandlung (Themen waren (lückenhaft) die bischöfliche Gerichtsbarkeit, Personen- und Freilassungsrecht, (lieblose) Testamente und Schenkungen, Geschlechtervormundschaft, Ämterpatronage, Appellationsfragen der Bischöfe vor weltlichen Gerichten und Fragen des Ehebruchs) folgt – teils mit ihm verwoben – die lex Burgundionum, nachklassische Rechtsmaterien, auf die wiederum weitere Kapitularien folgen und die durch die lex Ripuaria, traditionelle fränkische Rechtsauffassungen und die lex Alamannorum, die das Alltagsleben und die Rechtskultur im alemannisch-schwäbischen Raum abbildete, schließen.[4] Germanisch-rechtlich beeinflusst waren Themen der einjährigen Besitzschutzklage und verschiedene Interpretationen. Viele Themen wurden dabei aber missverstanden.[5] Ebenso wie die Epitome monachi diente das Werklein keinen Unterrichtszwecken, sondern sollte als selbständige Schreibtischarbeit der Interpretation des Breviars dienen.[6]

Die Epitome wurde von den kaiserlichen Juristen 838 n. Chr. in Aachen mehrfach zitiert, was sie neben der Epitome Aegidii und der Epitome monachi zu einer huldvollen Arbeit machte, auch für die Praxis des bischöflichen Gerichts.[7]

  • Max Conrat: Geschichte der Quellen und Literatur des römischen Rechts im frühen Mittelalter. Band I, Leipzig 1891. S. 229 ff.
  • Gustav Friedrich Hänel: Lex Romana Visighotorum. Ad LXXVI librorum manu scriptorum fidem recognovit, septem eius antiquis epitomis, quae praeter duos adhuc ineditae sunt, titulorum explanatione auxit, annotatione, appedicibus, prolegomenis instruxit, Leipzig 1849.
  • Detlef Liebs: Römischrechtliche Glut für ein Bischofsgericht in Burgund. Die «Epitome Parisina» der «Lex Romana Visigothorum»" Atti dell’Accademia Romanistica Costantiniana. XVI Convegno internazionale, in: onore di Manuel J. García Garrido, S. 63–83.
  1. Detlef Liebs: Römische Jurisprudenz in Gallien (2. bis 8. Jahrhundert) (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Neue Folge. Band 38). Duncker & Humblot, Berlin 2002, ISBN 978-3-428-10936-4. S. 254 ff. (254).
  2. Stellvertetend, Jean Gaudemet: Le Bréviaire d'Alaric et les epitome = Ius Romanum Medii Aevi (IRMAE), Mailand 1961 ff. Band I, 2b aa ß; Mailand 1965. S. 44;
  3. Unter Bezug auf Codex Theodosianus 13, 3, 3 und 13, 4, 2.
  4. Detlef Liebs: Römische Jurisprudenz in Gallien (2. bis 8. Jahrhundert) (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Neue Folge. Band 38). Duncker & Humblot, Berlin 2002, ISBN 978-3-428-10936-4. S. 113.
  5. Detlef Liebs: Römische Jurisprudenz in Gallien (2. bis 8. Jahrhundert) (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Neue Folge. Band 38). Duncker & Humblot, Berlin 2002, ISBN 978-3-428-10936-4. S. 262.
  6. Detlef Liebs: Römische Jurisprudenz in Gallien (2. bis 8. Jahrhundert) (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Neue Folge. Band 38). Duncker & Humblot, Berlin 2002, ISBN 978-3-428-10936-4. S. 255.
  7. Detlef Liebs: Römische Jurisprudenz in Gallien (2. bis 8. Jahrhundert) (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Neue Folge. Band 38). Duncker & Humblot, Berlin 2002, ISBN 978-3-428-10936-4. S. 265.