Farbfunktion

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Die Farbfunktion (auch Auffassung der Farbe, Darstellungsfunktion von Farben, Einsatz der Farbe, Erscheinungsweise von Farben, Farbe-Gegenstands-Bezug, Farbgebrauch) beschreibt, mit welcher Absicht die Farbe in der Malerei – wie auch in Architektur, angewandter Kunst (Produktgestaltung, Werbung), Fotografie und im Film – verwendet wird. Die Farbe ist ein Informationsträger, durch die etwas Bestimmtes gezeigt oder ausgedrückt werden soll. Es lassen sich fünf Farbfunktionen unterscheiden: Gegenstandsfarbe, Symbolfarbe, Erscheinungsfarbe, Ausdrucksfarbe und absolute Farbe.

1. Gegenstandsfarbe

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Die Gegenstandsfarbe oder Lokalfarbe (auch Dingfarbe, Eigenfarbe, farbiger Eigenwert, Gedächtnisfarbe, Körperfarbe, Lokalton, Materialfarbe, Objektfarbe) gibt die allgemeingültige, gewusste, objektive Materialfarbe bzw. Oberflächenfarbe von Gegenständen wieder – meist mit Eigenschatten, Modellierung und Spitzlicht. Es ist die Farbigkeit, die im mittleren, natürlichen, weißen Tageslicht erkennbar ist. Eine besonders einfache Variante der Gegenstandsfarbe findet man unter anderem bei Piktogrammen oder Vektorgrafiken. Die Farbe ist flächig, ohne Variationen aufgetragen. Der Apfel ist einfarbig rot.

Die Gegenstandsfarbe findet Verwendung in der naturalistischen Malerei, vor allem in der Renaissance, im Barock, Klassizismus, in der Romantik, im Realismus, Surrealismus und Fotorealismus, wie auch in Architektur, Druckmedien, Fotografie, Film und Werbung.

Unser visuelles Wahrnehmungssystem weist eine Farbkonstanz (chromatische Adaption) auf, d. h. ein bekannter Gegenstand besitzt für uns – unabhängig von Beleuchtungsunterschied, Blickwinkel, Entfernung, Helligkeit, Schatten und Umgebung – im Wesentlichen eine gleichbleibende Farbe. Diese Farbe entspricht der Gegenstandsfarbe. Gras erscheint auch im rötlichen Abendlicht grün.[1] Die Farbkonstanz beim Sehen entspricht dem Weißabgleich von Film- und Fotokameras.

Die Symbolfarbe (auch symbolhafte Farbe) macht abstrakte Begriffe, menschliche Eigenschaften, Erscheinungen oder bestimmte Werte sichtbar. Meist ist sie durch gesellschaftlich festgelegte Konventionen vereinbart, kann aber auch realitätsbezogen oder individuell subjektiv festgelegt sein. Die Bedeutung der Symbolfarbe hängt ab vom Kulturkreis, von Ort und Zeit, aber auch von der Bedeutung des Gegenstandes, der die Farbe trägt. In der christlichen Farbsymbolik tragen zum Beispiel bestimmte Personen Kleidungen in bestimmten Symbolfarben.[2] So steht der blaue Mantel bei Maria für ihre Verbindung zum Himmel, zum Göttlichen und für ihren festen Glauben und ihre Reinheit.[3] Eine grüne Wiese steht z. B. für Fruchtbarkeit, Hoffnung, Sanftheit und neues Wachstum.

Die Symbolfarbe findet Verwendung vor allem im Mittelalter (Romanik und Gotik), in der religiösen Malerei, im volkstümlichen Brauchtum oder in festen Zusammenhängen (wie bei Flaggen, Parteien und Wappen).

3. Erscheinungsfarbe

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Die Erscheinungsfarbe (auch Reflexfarbe) ist die momentane Farbe eines Gegenstandes unter bestimmten, wechselnden, atmosphärischen Verhältnissen. Je nach momentanen, äußeren Einflüssen weist ein und derselbe Gegenstand immer wieder andere Farben auf. Grünes Gras erscheint z. B. im Abendlicht rötlich. Für die Erscheinungsfarbe sind drei Faktoren verantwortlich.

  1. Die momentane Beleuchtungssituation (Lichtverhältnisse) beeinflusst die Farbe eines Gegenstandes. Sie ist abhängig von Tageszeit, Wetter, Jahreszeit und von der Lichtquelle (z. B. Fackel, Kerze oder Sonne).
  2. Außerdem spielt die Umgebung eine Rolle. Die Reflexe umgebender Gegenstände und der Simultankontrast, physiologisch bedingt durch angrenzende Farben, beeinflussen die Farbe.
  3. Schließlich ist die Luftperspektive bedeutsam. Mit zunehmendem Abstand zu den Betrachtenden erscheinen z. B. bei sonnigem Wetter entfernte Gegenstände (Berge) blauer und heller.

Besonders anschaulich verdeutlicht der Impressionist Claude Monet in seinen Bilderserien die Erscheinungsfarbe. So malt er 31-mal die gleichen Getreideschober in der Nähe von Giverny in unterschiedlicher Beleuchtung.

Die Erscheinungsfarbe findet Verwendung vor allem im Impressionismus. Im Pointillismus zeigt sich die Erscheinungsfarbe als Resultat des Verstandes.[4] Die Künstlerinnen und Künstler zerlegen die Gegenstandsfarbe nach dem Gesetz der additiven Farbmischung in ihre Bestandteile und setzen diese als unterschiedlich farbige Punkte auf die Leinwand.

4. Ausdrucksfarbe

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Die Ausdrucksfarbe (auch Anmutungsqualität einer Farbe, Gefühlsfarbe, Stimmungsfarbe, Wirkfarbe) kann von der objektiven Gegenstandsfarbe stark abweichen. Die Ausdrucksfarbe ist ein Stimmungsträger, bei dem die emotionale oder psychologische Wirkung eine Rolle spielt. Künstlerinnen und Künstler wählen die Farben, um allgemeine ästhetische Empfindungen, Stimmungen, seelische Zustände oder ihre eigenen, subjektiven Gefühle sichtbar zu machen. Entsprechend ist sie abhängig vom historischen, kulturellen und individuellen Umfeld.

Die Ausdrucksfarbe findet Verwendung vor allem im Expressionismus oder Fauvismus.

5. Absolute Farbe

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Die absolute Farbe (auch autonome Farbe, eigenständige Farbe, Eigenwert der Farbe, Erlebnisfarbe) besitzt eine völlig eigenständige (selbstreferenzielle) Bedeutung. Sie kommt bei abstrakten Formen zum Einsatz ohne erkennbaren Bezug zu einem Gegenstand. Die Gemälde sollen bei den Betrachtenden freie Assoziationen, psychologische Erkenntnisse oder individuelle Gefühle auslösen.[5]

Die absolute Farbe findet Verwendung in der modernen, ungegenständlichen Malerei, wie zum Beispiel Action Painting, Bauhaus, konkrete Kunst, Konstruktivismus und Op Art.

Uneindeutigkeit der Zuordnung

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Fotografie eines Sonnenuntergangs.

Häufig lässt sich eine Farbe nicht eindeutig einer bestimmten Farbfunktion zuordnen. Das Rot eines Sonnenuntergangs beispielsweise gibt als Erscheinungsfarbe die rotgefärbte Abendlandschaft wieder. Gleichzeitig kann das Rot erhaben, warm und möglicherweise kitschig wirken und ist damit eine Ausdrucksfarbe. Zusätzlich steht das Rot als Symbolfarbe für Faszination, Lebensabend, Regeneration oder Spannung.

  • Gerhard Kwiatkowski (Hrsg.): Schülerduden „Die Kunst“, Stichwort: Farbe. Bibliographisches Institut, Mannheim 1983. ISBN 3-411-02200-0, S. 168.
  • Johannes Pawlik, Fritz Strassner: Bildende Kunst: Begriffe und Reallexikon. 5., ergänzte Auflage. DuMont Buchverlag, Köln 1977, ISBN 3-7701-0465-X, S. 60–63.
  • Herbert Schöttle: Workshop Kunst. Unterrichtsideen für die Klassen 5–10. Band 1, Farbe/Malerei. Bildungshaus Schulbuchverlage, Braunschweig, Paderborn, Darmstadt 2009, ISBN 978-3-14-018110-5, S. 70–83.
  • Friederike Wiegand: Die Kunst des Sehens. Ein Leitfaden zur Bildbetrachtung, Daedalus Verlag, Münster 2019, ISBN 978-3-89126-283-2, S. 77.

Einzelnachweise

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  1. Klaus Eid, Michael Langer, Hakon Ruprecht: Grundlagen des Kunstunterrichts: Eine Einführung in die kunstdidaktische Theorie und Praxis. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage. Ferdinand Schöningh, Paderborn u. a. 2000, ISBN 3-8252-1051-0, S. 18 und 19.
  2. Ludger Alscher u. a. (Hrsg.): Lexikon der Kunst. Band 4, Stichwort: Symbolik der Farben, Formen, Zahlen. VEB E. A. Seemann, Buch- und Kunstverlag, Leipzig 1977, S. 763 und 764.
  3. Josef Walch: Bildende Kunst 2. Materialien für den Kunstunterricht in der Sekundarstufe I. Schroedel / Bildungshaus Schulbuchverlage, Braunschweig 2009, ISBN 978-3-507-10051-0, S. 20.
  4. Johannes Pawlik, Fritz Strassner: Bildende Kunst: Begriffe und Reallexikon. 5., ergänzte Auflage. DuMont Buchverlag, Köln 1977, ISBN 3-7701-0465-X, S. 62.
  5. Friederike Wiegand: Das Fest der Farben. Farben und ihre Beziehungen. Verlag Dr. Kovač, Hamburg 2023, ISBN 978-3-339-13406-6, S. 14.