Fettabscheider

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Der Schachtdeckel eines unterirdischen Fettabscheiders
Verordnung über Fettabscheider vom 10. April 1940 (Deutsches Reich)
Schachtsohle eines Probenahmeschachtes
Einbau eines Probenahmeschachtes ins Erdreich

Fettabscheider sind eine einfache Bauform der Leichtflüssigkeitsabscheider zum Trennen von Fetten und Ölen vom Abwasser durch die Schwerkraft. Das fett- und ölhaltige Schmutz- und Spülwasser aus Küchen der Gastronomie, Hotellerie oder Gemeinschaftsverpflegung muss über einen Fettabscheider entsorgt werden. Fettabscheideranlagen reinigen gewerbliche Abwässer vor, bevor das Wasser in die Kanalisation abfließt.

Öle und Fette schwimmen aufgrund ihrer geringeren Dichte auf, sammeln sich auf der Oberfläche und können entnommen werden. Das öl- und fettfreie Abwasser fließt in den Abwasserkanal. Da sich in der Anlage auch die Fließgeschwindigkeit des Abwassers verringert, sinken schwere Feststoffe (Essensreste) zu Boden und setzen sich im Schlammfang ab.

Ölabscheider zum mobilen Einsatz werden von den Rettungsdiensten als Wasser-Öl-Separationsanlagen (Sepcon) bezeichnet.

Klassischer Fettabscheider zur Komplettentsorgung. Er funktioniert nach dem Prinzip der Phasentrennung: Fett schwimmt oben. Feststoffe sinken nach unten. In der Mitte das Wasser.

Die meisten Fettabscheider funktionieren nach dem Schwerkraftprinzip[1], d. h. der Dichteunterschied von Fett und Wasser führt zu einer Phasentrennung, während schwerere Feststoffe zum Boden sinken.

Fettabscheider besitzen einen Einlauf mit Prallwand oder ähnlicher Vorrichtung zur Beruhigung des Wassers und einen Ablauf, der das Wasser unterhalb der Fettschicht entnimmt. Beide befinden sich im zentralen Sammelraum, auf dessen Boden sich auch Sinkstoffe absetzen, sofern keine separate Kammer als Schlammfang vorgeschaltet ist. Am Fettabscheider muss die Möglichkeit bestehen, Proben entnehmen zu können, z. B. durch einen Schacht.

Fettabscheider, die sich unterhalb der Rückstauebene befinden, müssen mit einer Hebeanlage (mit Rückstauschleife) an die Kanalisation angeschlossen sein.

Der Einbau von Fettabscheidern ist genehmigungspflichtig.

Die Nenngröße (NS; früher: NG) einer Fettabscheideanlage richtet sich nach DIN 4040 bzw. der Menge des anfallenden Schmutzwassers und wird in Litern pro Sekunde gemessen.

Hat die Zulaufleitung oberhalb der Abscheideranlage auf einer Länge von 10 m keine entlüftete Anschlussleitung, so ist nach DIN EN 1825-2 bzw. DIN 4040 die Zulaufleitung möglichst nah am Fettabscheider mit einer zusätzlichen Lüftungsleitung im Querschnitt des Zulaufrohres (DIN EN 1825-1) zu versehen, die bis über das Dach zu führen ist. Anschlussleitungen von mehr als 5 m Länge zur entlüfteten Hauptzulaufleitung sind gesondert zu entlüften.[2][3]

Die Lüftungsleitungen der Zuleitung und gegebenenfalls des Fettabscheiders können zu einer Sammellüftung zusammengeführt werden, an welche jedoch nicht die Lüftungsleitung einer Hebeanlage (DIN EN 12056-4) oder sonstige Lüftungen (DIN 1986-100) angeschlossen werden dürfen.[1]

Fettabscheider bestanden ursprünglich aus einem gemauerten und abgedichteten Schacht mit nach unten abgewinkeltem Ein- und Auslauf. Das zulaufende Abwasser konnte sich so im mittleren Bereich der Wassersäule vom leichteren Fett separieren. Fette und Öle steigen zur Wasseroberfläche auf und sammeln sich dort, ohne vom durchlaufenden Schmutzwasser aufgewirbelt zu werden. Später wurden Betonfertigteile mit Innenbeschichtung und schließlich Kunststoffbehälter im Erdboden eingelassen. Heute werden vermehrt freistehende Behälter aus Kunststoff oder Edelstahl im Gebäudekeller aufgestellt. Bekannte Hersteller sind Kessel, Aco und Graf/Klaro.

Komplett- oder Teilentsorgung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Fettabscheider zur Teilentsorgung, System Praktika: Fett und Feststoffe werden in handlichen Kunststofftonnen gesammelt.

Komplettentsorgung: Die Intervalle zur Entleerung müssen nach DIN 4040-100 festgelegt werden. Hiernach sind klassische Fettabscheider mindestens alle vier Wochen durch ein Entsorgungsunternehmen komplett zu entleeren, reinigen und anschließend mit Frischwasser aufzufüllen – bei nicht ausreichendem Schlammfangvolumen oder Fettsammelraum in kürzerem Turnus. In der Praxis erfolgt die Leerung häufig wesentlich seltener. Nach Rücksprache mit der zuständigen Behörde sind auch erweiterte Entleerungsintervalle zulässig.[4] Moderne Fettabscheider haben einen Festanschluss für die Entsorgungsleitung. Die Leitung wird innerhalb des Gebäudes fest installiert und endet mit einer Kupplung an der Gebäudeaußenseite. Meist ist die Kupplung zusammen mit einer Fernbedienung in einem Auf- oder Unterputzkasten untergebracht, bei vollautomatischen Fettabscheidern erfolgt die Entsorgung automatisiert. Die Fettabscheiderinhalte können so unauffällig von einem Tankwagen aufgenommen werden.

Teilentsorgung: Innerhalb des Gebäudes aufgestellte Fettabscheider ermöglichen teilweise das getrennte Abfüllen von Fett und Schlamm in Kunststofffässer. Der Betreiber kann die konzentrierten Reststoffe dann bei Bedarf selbst entsorgen. Durch die bedarfsgerechte Entsorgung sind die Betriebskosten in der Regel geringer als bei der Komplettentsorgung per Tankwagen. Die Menge des Entsorgungsgutes wird bei diesem Verfahren im Vergleich zur Komplettentsorgung auf rund zehn Prozent reduziert. Fette und Feststoffe können bei Fettabscheidern mit Teilentsorgung auch in eine zentrale Nassmüllentsorgung geleitet werden. Die separierten Stoffe werden dann zusammen mit anderen Essensabfällen in einen zentralen Sammelbehälter gesaugt.

Wenn sich das einer Abscheideranlage zulaufende Wasser abkühlt, können sich erstarrende Fette und Öle an der Rohrwandung absetzen. Bei längeren Zulaufleitungen muss gegebenenfalls eine Wärmedämmung oder Rohrbegleitheizung vorgesehen werden, insbesondere wenn die Leitung durch kühle Räume führt.[5]

Um Fettansätze aufgrund einer zu niedrigen Fließgeschwindigkeit zu verhindern, ist zudem ein Gefälle von mindestens 2 % (1 : 50) vorzusehen.[5]

Der Übergang der Fallleitung in die Grundleitung sollte aus zwei 45°-Bögen und einem min. 250 mm langen Zwischenstück gebildet werden. Darauf sollte eine gerade Beruhigungsstrecke mit der zehnfachen Länge der Nennweite des Zulaufrohres folgen.[5]

Die Dichtheit von Grundleitungen soll grundsätzlich nach DIN EN 1610 und Arbeitsblatt ATV-DVWK-A 139 geprüft werden.[5]

Entsorgungsleitung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Liegt der Fettabscheider an einem Ort, der für das Entsorgungsfahrzeug schlecht zugänglich ist, kann eine Saugleitung zu einem besser geeigneten Standort fest installiert werden.

Für das Saugrohr wird ein freier Querschnitt von mindestens 50[2] bis ca. 60 mm (DN 65) empfohlen.[6] Zur schnelleren Entleerung werden oft Saugrohre mit einem freien Querschnitt von ca. 75 mm eingesetzt (DN 80).[7]

Der Anschluss des Saugschlauchs des Entsorgungsfahrzeugs kann durch eine Perrot-Kupplung[8] geschehen. Üblicherweise werden heute jedoch Storz-Saugkupplungen der Größe B oder C verwendet.[7]

Gesetzliche Vorschriften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Einsatz von Fettabscheideranlagen wird durch die Normen DIN EN 1825-1 und DIN EN 1825-2 sowie den nationalen Anhang DIN 4040-100 geregelt. Sie gilt für Betriebe mit gewerblicher Essensausgabe wie beispielsweise Gaststätten, Hotels, Großküchen und Imbissstuben, in denen fetthaltiges Abwasser anfällt.

Nach DIN 4040-100 soll alle fünf Jahre eine Inspektion des Abscheiders durchgeführt werden.

DIN 4040-100 fordert im Gegensatz zur DIN EN 1825 einen getrennten Schlammraum und macht feste Vorgaben zu notwendigen Mindestvolumina von Schlammfang, Fettsammelraum und Fettabscheider insgesamt sowie für die Mindestoberfläche des Fettabscheider-Raumes, während nach DIN EN 1825 bei hydraulischem Nachweis auch eine Unterschreitung dieser Werte möglich ist.

Bei industriellen Lebensmittelverarbeitern (Molkereien, Käsereien, Fischverarbeitung, Spülbetriebe, Küchenabfall-Aufbereitungsanlagen) fällt Abwasser mit einem hohen Anteil emulgierter Fette/Öle an. Dieses Abwasser wird in Fettabscheideranlagen nach dem Schwerkraftprinzip nicht immer effektiv behandelt. Eine weitergehende Abwasserbehandlung kann erforderlich werden.

Übersicht der gesetzlichen Vorschriften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Technische Bestimmungen:[9]

  • DIN EN 1825-1, Abscheideranlagen für Fette – Teil 1: Bau-, Funktions- und Prüfgrundsätze, Kennzeichnung und Güteüberwachung; Deutsche Fassung EN 1825-1:2004
  • DIN EN 1825-2, Abscheideranlagen für Fette – Teil 2: Wahl der Nenngröße, Einbau, Betrieb und Wartung; Deutsche Fassung EN 1825-2:2002
  • DIN 4040-100, Abscheideranlagen für Fette – Teil 100: Anforderungen an die Anwendung von Abscheideranlagen nach DIN EN 1825-1 und DIN EN 1825-2
  • DIN EN 1717, Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen in Trinkwasser-Installationen und allgemeine Anforderungen an Sicherheitseinrichtungen zur Verhütung von Trinkwasserverunreinigungen durch Rückfließen – Technische Regel des DVGW
  • DIN 1986-100, Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – beschreibt den grundsätzlichen Einsatzfall und einige Randbedingungen
  • DWA – DVWK – M 767, Abwasser aus der fleischverarbeitenden Industrie
  • DWA – DVWK – M 768, Abwasser aus der Fischindustrie

Rechtliche Bestimmungen:

Verwertung von Fettabscheiderinhalten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fettabscheider werden durch Saugfahrzeuge geleert, welche die Fettabscheiderinhalte anschließend zu Verwertungsstellen befördern. In Biogasanlagen oder Klärwerken können die Fette zur Wärme- und Stromerzeugung verwendet werden.[10] Abgetrenntes Öl kann als Substrat für die Biodieselherstellung genutzt werden.[11] Für die Extraktion der hochwertigen Ölfraktion aus Fettabscheidern existieren verschiedene Methoden. Die besten Ergebnisse lassen sich mit Zentrifugen erreichen.

Ein neueres Forschungsprojekt (2016–2018) kommt zu dem Schluss, dass eine kombinierte Nutzung von Fettabscheiderinhalten zur Biodiesel- und Biogaserzeugung aus ökologischer Sicht ähnlich gut und unter gewissen Annahmen besser ist als eine Nutzung ausschließlich zur Biogaserzeugung.[12]

  • Jürgen Mültner: Biologische Fettabscheider-Nachbehandlung. In: IHKS-Fachjournal: 2005/06. download
  • Marco Eulenstein: Fettabscheider in der Praxis. In: IHKS-Fachjournal: 2004/05. download
Commons: Fettabscheider – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Fettabscheider – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • w wie Wissen (Memento vom 23. August 2017 im Internet Archive) Informationen zum Recycling von (Speise-)Altöl und Fettabscheideresten vom 16. Mai 2015

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Planungshandbuch (Memento des Originals vom 15. März 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kessel.de Fettabscheider der Firma Kessel, abgerufen im März 2017
  2. a b Dipl.- Ing. (FH) Wilfried Jurthe: Informationen Fettabscheider. In: Kanalreinigung-Woertz.de
  3. Merkblatt Fettabscheider, Stadt Düsseldorf. In: Duesseldorf.de
  4. Fettabscheider: Funktion, Wartung und Bedeutung für die Kreislaufwirtschaft. In: Sonderabfallwissen. 1. September 2021, abgerufen am 4. November 2021.
  5. a b c d Betriebsanleitung Eco-Jet-G / -GD 0150.34.07_V01, Abschnitt 1.7.7, Ausgabe Februar 2011. In: www.Service.aco
  6. Das Planungshandbuch Abscheidetechnik (Memento des Originals vom 27. Mai 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kessel.com der Firma Kessel empfiehlt Nenngröße DN 65. Seite 334
  7. a b Prospekt Umwelttechnik Mall, Kapitel 2 - Abscheider für Fette. In: www.Mall.info
  8. Zubehör für die Sammelgruben – Perrot-Absaugung. In: LKT-Luckau.de
  9. Aktuelle Vorschriften für Fettabscheider
  10. ReFood GmbH & Co. KG: Wie werden Fettabscheiderinhalte verwertet? Abgerufen am 3. November 2021.
  11. Thomas Lichtmannegger, Carolina Kinzel, Wolfgang Müller, Anke Bockreis: Energetische Nutzung von Fettabscheiderinhalten – Potenzial zur Erzeugung von Biodiesel und Biogas. In: Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft volume 70, pages 172–178 (2018). Abgerufen am 3. November 2021.
  12. Julika Knapp, Thomas Lichtmannegger, Sabine Robra, Carolina Kinzel, Anke Bockreis: Bioenergie aus Speisefetten, Potential gemischt erfasster Fettabfälle als Ressource für Biodiesel. Abgerufen am 4. November 2011.