Georg Kniestädt

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Georg Kniestädt (international oft als Georg Kniestedt angesprochen, * 20. Juni 1895 in Berlin; † 4. Juni 1948 ebenda) war ein deutscher Violinist.[1][2]

Alexander Fritz Georg Kniestädt wurde 1895 in Berlin geboren.[3] Er studierte dort von 1909 bis 1914 Geige bei Willy Nicking am Stern’schen Konservatorium.[4] Er wurde mit der Gustav-Hollaender-Medaille für besonders begabte Schüler dieses Instituts ausgezeichnet.[5]

Im Oktober 1912 wurde er im Alter von 17 Jahren für mehr als 30 Jahre Mitglied des Orchesters der Berliner Hofoper (später Staatsoper).[1][2] Ab 1924 wirkte er dort als Konzertmeister.[2] Bis 1926 war Kniestädt 2. Violinist des Havemann-Quartetts (Gustav Havemann, 1. Violine; Hans Mahlke, Viola; Hermann Hopf, Violoncello).[1] Mit diesem Quartett trug er auch avantgardistische Musik vor. Beispielsweise lernte Alban Berg diese vier Musiker 1923 anlässlich der Aufführung seines Streichquartettes beim Salzburger Kammermusikfest kennen und äußerte sich höchst zufrieden mit der Werkinterpretation aller vier beteiligten Tonkünstler.[6] Von 1932 bis 1944 unterhielt Kniestädt ein eigenes Quartett.[1][2] Gleichzeitig war er Leiter der „Kammermusik-Vereinigung der Berliner Staatsoper“.[1][2] Kniestädt trat als Orchesterleiter auch unter dem Pseudonym Giorgio Amato auf.[7]

Im Sommer 1934 fragte die japanische Botschaft in Berlin Georg Kniestädt inoffiziell an, „ob er geneigt wäre, einen Ruf an die Musikakademie Tokyo anzunehmen.“[8] Sie gab dabei zu erkennen, dass auf japanischer Seite darauf Wert gelegt werde, einen „deutschen arischen Künstler“ zu gewinnen. Das deutsche Propagandaministerium legte Kniestädt die Annahme dieses Rufes im Sinne „der Bestrebungen auf dem Gebiete der Kulturpropaganda“ explizit nahe.[8]

Georg Kniestädt wurde auf Empfehlung des Senates und der Abteilung Musik der Preußischen Akademie der Künste am 20. April 1937 von Adolf Hitler der Professorentitel verliehen.[9][10] Zum 1. Mai 1937 trat Kniestädt der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 5.851.113).[11] 1938 schloss er sich der SS an und wurde zum SS-Untersturmführer und Mitglied des persönlichen Stabes des Reichsführers-SS Heinrich Himmler ernannt. 1942 erfolgte seine Beförderung zum SS-Hauptsturmführer.[12]

Als Mitglied einiger nationalsozialistischer Organisationen durfte er nach dem Zweiten Weltkrieg zeitweise nicht öffentlich auftreten.[2]

Georg Kniestädt war seit 1935 mit Gertrud Bergmann (* 1905 in Berlin; † 1989 in Wiesloch), Tochter des Papierfabrikanten Carl Rudolf Bergmann, verheiratet.[13] Er starb 1948 in seiner Geburtsstadt Berlin an den Folgen eines Herzinfarkts.[14]

Mit Kniestädt als Solisten, Kammermusiker und Dirigenten finden sich zahlreiche Schallplatten der Labels Deutsche Grammophon, Ultraphon, Orchestrola und Clangor/Schallplatten-Volksverband, dazu kommen zumeist unveröffentlichte Rundfunkaufnahmen.[15] Aufnahmen von Giorgio Amato mit seinem (Salon)-Orchester finden sich 1929/30 auf Orchestrola.

  • Kniestädt, Georg Alex. Fritz. In: Degeners Wer ist's? 10. Ausgabe. Degener, Berlin 1935, S. 837 f
  • Kniestädt, Georg. In: Paul Frank, Wilhelm Altmann: Kurzgefaßtes Tonkünstlerlexikon. 14. Auflage. Gustav Bosse Verlag, Regensburg 1936, S. 304.
  • Kniestädt, Georg. In: Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Ausgabe, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 4059 f. online

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Paul Frank, Wilhelm Altmann: Georg Kniestädt. In: Kurzgefaßtes Tonkünstlerlexikon 1936.
  2. a b c d e f Georg Kniestädt. In: ArtistInfo.
  3. Standesamt Berlin IX (Berlin-Mitte, Spandauer Revier), Geburtsurkunde Nr. 1117 vom 24. Juni 1895
  4. Personen-Datenbank des Stern'schen Konservatoriums, Liste der Schülerinnen und Schüler, Buchstaben I bis K (Online)
  5. Künstler am Rundfunk. Rothgiesser & Diesing, Berlin 1932, S. 215
  6. Albrecht Dümling: Aufstieg und Fall des Geigers Gustav Havemann – Ein Künstler zwischen Avantgarde und Nazismus. In: Dissonanz Nr. 47 (Februar 1996) S. 9–14
  7. Pseudonyme der verschiedenen Orchesterleiter und Sänger. Grammophon-Platten.de, abgerufen am 5. November 2021.
  8. a b Hans Joachim Bieber: SS und Samurai: Deutsch-japanische Kulturbeziehungen 1933–1945 (Monographien, herausgegeben vom deutschen Institut für Japanstudien. Band 55). Judicium Verlag, München 2014, ISBN 978-3-86205-043-7, S. 361
  9. Protokolle der Sitzungen von Senat und Abteilung für Musik der Preußischen Akademie der Künste. In: Archiv der Akademie der Künste, PrAdK 1231. Deutsche Digitale Bibliothek, abgerufen am 4. November 2021 (Empfehlung einer Verleihung des Professorentitels an den Konzertmeister der Staatsoper, Georg Kniestädt vom 10. Dezember 1936).
  10. Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Ausgabe, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 4059
  11. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/21250968
  12. Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Ausgabe, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 4060
  13. Standesamt Berlin III, Heiratsurkunde Nr. 26 vom 18. Januar 1935
  14. Standesamt Berlin-Tiergarten, Sterbeurkunde Nr. 854 vom 7. Juni 1948
  15. Bestand Deutsche Nationalbibliothek