Hängebrücke (Hann. Münden)
Die Hängebrücke in Hann. Münden (Südniedersachsen) ist eine 72 Meter lange Fußgängerbrücke über die Fulda. Sie verbindet den Stadtteil Altmünden und die Flussinsel Tanzwerder. Die 1901 eingeweihte Brücke ist seit Dezember 2022 wegen mangelnder Tragfähigkeit dauerhaft gesperrt. Der markante hellblaue Anstrich hat zur Bezeichnung „Blaue Brücke“[1] im Volksmund geführt.
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Hängebrücke ist eine 1980[2] erneuerte Schweißkonstruktion, die auf jeder Flussseite auf einem 3,50 Meter hohen Sandsteinsockel aufsitzt mit je einem 8,80 Meter hohen, stählernen Fachwerkpylon, über den die zwei je 148 Meter[2] langen Tragseile geführt werden, deren Enden in seitlichen Ankerblöcken befestigt sind. Der hellblaue Farbton des Anstrichs aller Metallteile DB 501[3] nach der DB-Farbtonkarte wird wegen ihres hohen Anteils an Eisenglimmer als Korrosionsschutzanstrich von Brücken verwendet.
Fußgänger müssen über Treppen die seitlichen Sockel ersteigen, bevor sie auf den von den Tragseilen abgehängten, schmalen Fachwerkträger-Steg mit einer Spannweite von 72 m[2] gelangen, der einen Belag aus Holzbohlen aufweist.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1895 wurde auf der Flussinsel Tanzwerder eine Schleuse in Betrieb genommen, deren Schleusenkanal die Insel in den unteren und den oberen Tanzwerder teilte. In dem Zusammenhang wurde der Bau einer Hängebrücke zwischen Altmünden und dem Tanzwerder geplant und beschlossen. Die Brücke musste eine bestimmte Höhe haben, damit auch bei hohen Wasserständen Schiffe sie unterqueren konnten. Den Brückenbau übernahmen die Siegen-Lothringer Werke aus Siegen. Der Bau begann 1898; 1901 wurde die Brücke eingeweiht.[2]
Bei der Planung veranschlagte die Stadt rund 25.000 Mark an Baukosten. Nutznießer der Brücke waren vor allem die Bewohner von Altmünden, weil sich ihr Weg in die Stadt verkürzte. Die 204 Grundeigentümer in Altmünden wurden durch einen Aufschlag auf ihre Grund- und Gebäudesteuer an den Baukosten beteiligt. Da die Brücke auch von Besuchern der Tillyschanze genutzt wurde, übernahm die Stadt ab 1913 die Kosten für den Brückenunterhalt.
Soldaten der Wehrmacht sprengten am 6. April 1945, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, die Spannanker der Brücke; sie stürzte in die Fulda. Noch 1945 wurde die Brücke aus dem Wasser gezogen und die Stahlseile wurden wieder verankert.
Sanierungen und Erneuerungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Erste Erneuerungsarbeiten an der Brücke gab es bereits 1927. In den Jahren 1978 und 1979 erfolgte über 12 Monate eine Generalsanierung der Brücke, bei der sie wegen Korrosionsschäden weitgehend erneuert wurde.[2] Die ursprüngliche genietete Stahlkonstruktion wurde durch eine Schweißkonstruktion ersetzt. Eine weitere Sanierung gab es 1988. Ab 2004 wurde bei Brückenprüfungen ein zunehmend schlechter Zustand festgestellt. Von 2018 bis 2020 war die Brücke gesperrt.[4] 2019 wurde eine provisorische Reparatur durchgeführt, bei der die Stahlseile ertüchtigt und alle Eisenteile des Bauwerks entrostet wurden. Dennoch ergab eine spätere Überprüfung einen desolaten Zustand, der angeblich nur durch eine Sanierung (mit Kosten in Höhe von zwei Millionen Euro) oder durch einen Neubau für eine Million Euro behoben werden könne. Da die Sanierungskosten die Kosten für einen Neubau überstiegen, sprach die Stadt Hann. Münden von einem wirtschaftlichen Totalschaden. Später nannte die Stadt mögliche Sanierungskosten im sechsstelligen Bereich.[5] Die Brückenkonstruktion habe die angestrebte Nutzungsdauer von 80 bis 100 Jahren bereits um mindestens zwei Jahrzehnte überschritten.[6] Im Dezember 2022 wurde die Brücke für unbestimmte Zeit gesperrt. Eine Überprüfung auf Veranlassung des Landesrechnungshofs Niedersachsen hatte ergeben, dass sie nicht mehr tragfähig sei. Das Bauwerk gilt als nicht verkehrssicher und als nicht dauerhaft belastbar.[7] Die korrosionsbedingten Schäden sollen gravierend sein. Mitte Februar 2023 lag ein angefordertes Gutachten noch nicht vor.[4]
Sonstiges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Über die Brücke verlaufen der Märchenlandweg und weitere Wanderwege.
Weitere Blaue Brücken gibt es u. a. in Cham, Mülheim an der Ruhr und Sankt Petersburg; die blaue Brücke ins Dresden heißt Blaues Wunder.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Stefan Schäfer: Hann. Münden: Hängebrücke wurde 1901 eingeweiht, in: HNA vom 19. Februar 2023
- Hängebrücke (Archivnummer BAS 3534), bei brueckenweb.de
- Hängebrücke Münden, bei structurae.de
- Hängebrücke Tanzwerder, auf hann.muenden.de
- Foto der Brücke, aus den 1960er Jahren auf hna.de
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Hängebrücke Tanzwerder. In: hann.muenden.de. 31. März 2020, abgerufen am 30. Juni 2023.
- ↑ a b c d e Stefan Schäfer: Mehr als nur Verkehrsweg: Hängebrücke wurde 1901 eingeweiht. In: hna.de. Hessisch/Niedersächsische Allgemeine, 19. Februar 2023, abgerufen am 30. Juni 2023.
- ↑ Hängebrücke Tanzwerder. In: hann.muenden.de. 31. März 2020, abgerufen am 30. Juni 2023.
- ↑ a b Thomas Schlenz: Hann. Münden: Wird die Hängebrücke saniert? In: HNA.de. 14. Februar 2023, abgerufen am 17. Mai 2023.
- ↑ Thomas Schlenz: Hängebrücke am Tanzwerder: Stadt Hann. Münden befürchtet sechsstellige Sanierungskosten. In: HNA.de. 17. März 2023, abgerufen am 17. Mai 2023.
- ↑ Axel Welch: Blaue Brücke über die Fulda in Hann. Münden vor dem Totalschaden. In: HNA.de. 14. Juli 2018, abgerufen am 17. Mai 2023.
- ↑ Thomas Schlenz: Gesperrt: Hängebrücke zwischen Tanzwerder und Altmünden nicht mehr tragfähig. In: HNA.de. 14. Dezember 2022, abgerufen am 17. Mai 2023.
Koordinaten: 51° 25′ 10,9″ N, 9° 38′ 50,5″ O