Haouamin B

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Strukturformel
Allgemeines
Name Haouamin B
Summenformel C32H27NO5
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 496962-06-2
Wikidata Q127002423
Eigenschaften
Molare Masse 505,56 g·mol−1
Aggregatzustand

fest (als Pentaacetat)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Haouamin B ist ein Alkaloid, welches in der Seescheide Aplidium haouarianum vorkommt. Entdeckt wurde die Spezies an der spanischen Küste, woraufhin ein Forscherteam Haouamin A und B isolieren konnte.[3]

Unter normalen Bedingungen handelt es sich um einen weißen Feststoff. Das Alkaloid besitzt einen Siedepunkt von etwa 1121,15 K (+-60 K bei 760 Torr), eine Dichte von etwa 1,55 g/cm³ und einen pKa-Wert von etwa 9,58 (+- 0,4), was bedeutet, dass Haouamin B eine schwache Säure ist.[4] Das Molekül besitzt eine planare Chiralität, die in Blau hervorgehoben ist, bei der es sich um eine 180°-Drehung der Phenylgruppe handelt, und eine Punktchiralität, die in Rot hervorgehoben ist. Unklar bleibt, ob diese Atropisomere sind oder durch pyramidale Inversion des Stickstoffes ineinander übergehen können.[5]

Haouamin B ist ein Neurotoxin. Der Stoff hemmt durch seine Gegenwart ein Enzym, die Acetylcholinesterase, welches für den Abbau von Acetylcholin zuständig ist. Acetylcholin selbst ist ein Neurotransmitter. Bei Hemmung des für den Abbau des Neurotransmitter zuständigen Enzyms wird dessen Signal dauerhaft übermittelt. Man spricht von einer Überreizung. Diese Überreizung manifestiert sich unter anderem in Muskelschwäche, Lähmung oder auch Atemversagen. Aufgrund dessen kann Haouamin B als Insektizid und Pestizid wirken.[6] Allerdings ist dadurch die Verwendung von Haouamin B zur Krebsbekämpfung mit erheblichen Risiken verbunden.[7][8]

Eine Möglichkeit, Haouamin B zu gewinnen, ist die Isolierung der natürlich biosynthetisierten Substanz. Eine solche gelang Eva Zubía.[8] Der Mechanismus der Biosynthese durch Aplidium haouarianum ist unklar.[9] Einer Hypothese zufolge sollen Phenole mithilfe von Enzymen oxidiert werden, wodurch Phenolradikale entstehen, welche durch Radikalkupplung Biscyclohexadienone erzeugen. Weitere Oxidationen und Kupplungen führen letztlich zu den charakteristischen p-Cyclophan-Makrocyclen. Der Ring wird anschließend noch rearomatisiert und durch einige funktionelle Gruppen noch etwas modifiziert.[9]

Chemische Totalsynthese

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Haouamin B kann totalsynthetisch nach der Methode von Trauner aus dem Jahr 2012 hergestellt werden.[9] Ausgangsmolekül dieser Synthese ist die geschützte Aminosäure Serin. Der erste Schritt beinhaltet das Knüpfen einer Peptidbindung unter Abspaltung von Wasser.

Es folgt eine Reaktion mit Iod und Triphenylphosphanoxid. Dadurch wird die Hydroxygruppe mit Iod ausgetauscht. Triebkraft der Reaktion ist die Doppelbindung, welche zwischen Phosphor und Sauerstoff entsteht.

Es folgt eine Negishi-Kreuzkupplung, bei der Zink als Katalysator fungiert.

Natriumhydrid fungiert als H-Anion-Donor, welches die Aminogruppe deprotoniert. Das einfach negativ geladene Serinderivat kann jetzt mit dem Halogenalkan eine SN-Reaktion eingehen und bildet das abgebildete Produkt.

Die Weinreb-Amid-Struktur kann mit einem Grignard-Reagenz das Amid unter Abspaltung des Amins in ein Keton umwandeln.

Durch eine intermolekulare Grubbs-II-Reaktion und eine anschließende intramolekulare Grubbs-II-Reaktion kommt es zur Cyclisierung des Moleküls.

Im Anschluss folgt eine Reaktion mit einem Grignard-Reagenz, bei der mithilfe einer anschließenden Protonierung das Keton letztlich zum Alkohol wird und der gewünschte Rest addiert wird.

Durch eine Babler-Oxidation kann daraufhin der eben erzeugte Alkohol mithilfe von Pyridiniumchlorochromat wieder zum Keton werden, wobei sich die Position der Keto-Gruppe und die der Doppelbindung ändert.

Mithilfe von Trimethylsilyltrifluormethansulfonat wird die Ketogruppe so modifiziert, dass sie elektrophiler ist. Dies erleichtert die folgende Michael-Addition, welche eine weitere Cyclisierung des Moleküls zur Folge hat. Die entstandene positive Ladung wird mithilfe der Abspaltung eines Wasserstoffkationes neutralisiert, wodurch der Sechsring des Moleküls rearomatisiert wird.

In der ersten Stille-Kupplung wird nun die Iod-Gruppe durch Reaktion mit Hexamethyldistannan an unserem neuen Molekül durch SnMe3-Gruppe ersetzt.

In der darauf folgenden Stille-Kupplung wird nun die SnMe3-Gruppe am Molekül durch ein weiteres Molekül ersetzt.

In der dritten Stille-Kupplung wird das Brom des Moleküls durch SnMe3 ersetzt.

Nun wird dieses Molekül mit unserem ursprünglichen Molekül durch eine weitere Stille-Kupplung zusammengebracht, unter Abspaltung einer Triflylgruppe vom ersten Molekül und SnMe3 vom zweiten Molekül.

Jetzt sollen beide Schutzgruppen am Molekül entfernt werden und daraufhin die beiden entschützten Stellen eine Bindung miteinander eingehen.

Dafür wird zunächst die OTBS-Schutzgruppe (O-tert-Butyldimethyl-silyl) entfernt und es entsteht unter Verwendung eines Fluorwasserstoff-Pyridin-Komplex und unter Abspaltung von TBS-F eine OH-Gruppe anstelle von OTBS.

OH-Gruppen sind an sich jedoch schlechte Abgangsgruppen, weswegen diese nun unter Verwendung von Methansulfonylchlorid und Triethylamin zu einer OMs-Gruppe umgewandelt werden, welche eine bessere Abgangsgruppe als OH ist.

Im nächsten Schritt wird die OMs-Gruppe unter Verwendung von Natriumiodid abgespalten und durch ein Iod ersetzt.

Als Nächstes wird die Boc-Schutzgruppe unter der Verwendung von Trifluoressigsäure entfernt.

Durch eine Reaktion mit Diisopropylethylamin werden nun die beiden vorher entschützten Gruppen unter Abspaltung von Iodwasserstoff miteinander verknüpft.

Der Sechsring wird nun aromatisiert.

Als letztes folgt die Entschützung der Ethergruppen, die dadurch zu Hydroxygruppen werden.

Durch diese Totalsynthese entsteht ein Produkt, das Haoumin B zwar sehr ähnlich ist, sich dennoch von diesem unterscheidet, da man zum Zeitpunkt der Entstehung von dieser Synthese noch von einer anderen Struktur von Haouamin B ausgegangen ist. Daher befindet sich eine OH-Gruppe in der Meta-Position, obwohl sie sich eigentlich in der Ortho-Position befinden sollte.

Commons: Haouamine B – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. John Buckingham, Keith H. Baggaley, Andrew D. Roberts, Laszlo F. Szabo: Dictionary of Alkaloids with CD-ROM. CRC Press, 2010, ISBN 978-1-4200-7770-4, S. 857 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  3. Leda Garrido, Eva Zubía, María J. Ortega, Javier Salvá: Haouamines A and B: A New Class of Alkaloids from the Ascidian Aplidium h aouarianum. In: The Journal of Organic Chemistry. Band 68, Nr. 2, 1. Januar 2003, ISSN 0022-3263, S. 293–299, doi:10.1021/jo020487p.
  4. SciFinder: [1], abgerufen am 3. Juli 2024
  5. Noah Z. Burns, Irina N. Krylova, Rami N. Hannoush, Phil S. Baran: Scalable Total Synthesis and Biological Evaluation of Haouamine A and Its Atropisomer. In: Journal of the American Chemical Society. Band 131, Nr. 26, 8. Juli 2009, ISSN 0002-7863, S. 9172–9173, doi:10.1021/ja903745s, PMID 19530671, PMC 2740483 (freier Volltext).
  6. Wael M. Khamis,Said I. Behiry,Samy A. Marey, Abdulaziz A. Al-Askar, Ghoname Amer,Ahmed A. Heflish, Yiming Su, Ahmed Abdelkhalek, Mohamed K. Gaber: Houamine B, a novel nicotinic acetylcholine receptor agonist from Pittosporum undulatum, shows insecticidal activity. Alexandria University, 11. Oktober 2023 (englisch).
  7. Wang, Chenbo: Synthetic Studies on Haouamine A and Other Biologically Active Heterocycles. 2010.
  8. a b Maria Matveenko, Guangxin Liang, Erica M. W. Lauterwasser, Eva Zubía, Dirk Trauner: A Total Synthesis Prompts the Structure Revision of Haouamine B. In: Journal of the American Chemical Society. Band 134, Nr. 22, 6. Juni 2012, ISSN 0002-7863, S. 9291–9295, doi:10.1021/ja301326k.
  9. a b c Maria Matveenko, Guangxin Liang, Erica M. W. Lauterwasser, Eva Zubía, Dirk Trauner: A Total Synthesis Prompts the Structure Revision of Haouamine B. In: Journal of the American Chemical Society. Band 134, Nr. 22, 6. Juni 2012, ISSN 0002-7863, S. 9291–9295, doi:10.1021/ja301326k.