Die Hochschild-Homologie und Kohomologie, benannt nach Gerhard Hochschild, ist eine mathematische Theorie, die speziell auf die Untersuchung von Algebren zugeschnitten ist. Es handelt sich um eine Homologie- bzw. Kohomologie-Theorie, die sich aus Kettenkomplexen bzw. Kokettenkomplexen ergibt, die eng mit der Algebrenstruktur zusammenhängen.
Wir betrachten im Folgenden eine assoziative Algebra
mit Einselement über einem Körper
, kurz eine K-Algebra. Ferner sei ein
-Bimodul
gegeben, das heißt die Modulelemente können von links und rechts mit Elementen aus der Algebra multipliziert werden, so dass die zugehörigen Links- und Rechtmodulstrukturen verträglich sind, was
für alle
und
bedeutet. Bezeichnet man mit
das
-fache Tensorprodukt von
mit sich selbst, wobei
, so lassen sich folgende Abbildungen definieren:
![{\displaystyle d_{i}^{(n)}:\,M\otimes A^{\otimes n}\rightarrow M\otimes A^{\otimes n-1}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/9897194f6f905b2b3b79325d69faee454132f67d)
![{\displaystyle m\otimes a_{1}\otimes \ldots \otimes a_{n}\mapsto {\begin{cases}ma_{1}\otimes \ldots \otimes a_{n}&{\text{für }}i=0\\m\otimes a_{1}\otimes \ldots \otimes a_{i}a_{i+1}\otimes \ldots \otimes a_{n},&{\text{für }}0<i<n\\a_{n}m\otimes a_{1}\otimes \ldots \otimes a_{n-1}&{\text{für }}i=n\end{cases}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/0c493415c10653791b0f2d253514c6ef154d9ab6)
wobei sich die
zu K-linearen Abbildungen fortsetzen.
Weiter sei
,
das heißt
![{\displaystyle d_{1}(m\otimes a_{1})=ma_{1}-a_{1}m}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/486c4568ee398c0c091ee8877750659088617d7b)
![{\displaystyle d_{2}(m\otimes a_{1}\otimes a_{2})=ma_{1}\otimes a_{2}-m\otimes a_{1}a_{2}+a_{2}m\otimes a_{1}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/854e8a318f307a1a31903a32089536bc22056558)
![{\displaystyle d_{3}(m\otimes a_{1}\otimes a_{2}\otimes a_{3})=ma_{1}\otimes a_{2}\otimes a_{3}-m\otimes a_{1}a_{2}\otimes a_{3}+m\otimes a_{1}\otimes a_{2}a_{3}-a_{3}m\otimes a_{1}\otimes a_{2}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/46977fb6c420b83940c483ab96f483feeda7014b)
und so weiter.
Dann gilt
für alle
, das heißt man erhält einen Kettenkomplex
.
Die Hochschild-Homologie von
mit Werten in
ist als Homologie dieses Kettenkomplexes definiert, das heißt die
-te Hochschild-Homologiegruppe von
mit Werten in
ist die Faktorgruppe
,
wobei
gesetzt wurde. Da die obigen Definitionen der
von der Algebren- und Bimodulstruktur Gebrauch machen, können die Hochschild-Homologiegruppen Informationen über die Algebra
enthalten.
Die Hochschild-Kohomologiegruppen erhält man durch eine analoge Konstruktion aus Räumen
von
-linearen Homomorphismen
, wobei
wieder die betrachtete
-Algebra und
ein
-Bimodul seien. Für
erhält man
.
Wir definieren wieder Abbildungen
.
Ist
, so müssen wir festlegen, wie
auf
wirkt und dabei ein Element aus
ergibt, und das geht so
![{\displaystyle \partial _{i}^{(n)}f(a_{1}\otimes \ldots \otimes a_{n+1})={\begin{cases}a_{1}f(a_{2}\otimes \ldots \otimes a_{n+1})&{\text{für }}i=0\\f(a_{1}\otimes \ldots \otimes a_{i}a_{i+1}\otimes \ldots \otimes a_{n+1})&{\text{für }}0<i<n+1\\f(a_{1}\otimes \ldots \otimes a_{n})a_{n+1}&{\text{für }}i=n+1\end{cases}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/eb90c8250c63d1d62ca8ca681c252e9d71c553b0)
Man setzt, diesmal mit einem oberen Index:
,
das heißt
![{\displaystyle \partial ^{0}m(a_{1})=a_{1}m-ma_{1}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/968c5985c5458b41a74bcbf5d0f8e6ee89859202)
![{\displaystyle \partial ^{1}f(a_{1}\otimes a_{2})=a_{1}f(a_{2})-f(a_{1}a_{2})+f(a_{1})a_{2}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/97e2477adc2682e3244823ba85c28f5494d02998)
![{\displaystyle \partial ^{2}f(a_{1}\otimes a_{2}\otimes a_{3})=a_{1}f(a_{2}\otimes a_{3})-f(a_{1}a_{2}\otimes a_{3})+f(a_{1}\otimes a_{2}a_{3})-f(a_{1}\otimes a_{2})a_{3}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/ee159a1d9b0663a8498cf78ad7c2b47dc7d1fcab)
und so weiter.
Dann gilt
für alle
. Man erhält also einen Kokettenkomplex
.
Die Hochschild-Kohomologie von
mit Werten in
ist als Kohomologie dieses Kokettenkomplexes definiert, das heißt die
-te Hochschild-Kohomologiegruppe von
mit Werten in
ist die Faktorgruppe
,
wobei
der Nullmorphismus
ist.
Auch hier geht die Algebrenstruktur von
in die Definitionen ein, so dass die Hochschild-Kohomologiegruppen Informationen über die Algebra enthalten.
In den folgenden Beispielen, die in den Hochschild-Homomlogie- und Kohomologiegruppen steckende Informationen belegen sollen, seien
wieder eine assoziative
-Algebra mit Einselement und
ein
-Bimodul. Die
-te Hochschild-Homologie und Kohomologiegruppen lassen sich leicht bestimmen:
,
wobei
, der Kommutator aus
und
, das Erzeugnis aus allen
ist.
Weiter ist
.
ist auf natürliche Weise ein
-Bimodul, wobei die Verträglichkeitsbedingung genau durch das Assoziativgesetz gegeben ist. Als Spezialfall erhält man daher
und
,
wobei
das Zentrum von
ist.
Eine
-Derivation auf
mit Werten in
ist eine
-lineare Abbildung
mit der zusätzlichen Eigenschaft
, die an die Produktregel für das Ableiten erinnert. Mit
sei die Menge aller Derivationen bezeichnet. Für jedes
ist durch
eine solche Derivation gegeben. Derartige Derivationen
nennt man innere Derivationen,
bezeichne die Menge aller inneren Derivationen. Eine Inspektion der oben für
und
angegebenen Formeln zeigt
, ![{\displaystyle \mathrm {ker} (\partial ^{1})=\mathrm {Der} (A,M)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/3ba8e1231ebb864645013347f73cd516e6a6705d)
und daher
.
Die erste Hochschild-Kohomologiegruppe gibt also Auskunft über die Reichhaltigkeit der Derivationen, ihr Verschwinden bedeutet, dass alle Derivationen inner sind.
Die Hochschild-Kohomologiegruppen können alternativ mittels der Räume
der multilinearen Abbildungen
eingeführt werden. Man setzt für
und
:
![{\displaystyle \partial ^{n}f(a_{1},\ldots ,a_{n+1}):=a_{1}f(a_{2},\ldots ,a_{n+1})+\sum _{i=1}^{n}(-1)^{i}f(a_{1},\ldots ,a_{i}a_{i+1},\ldots ,a_{n+1})+(-1)^{n+1}f(a_{1},\ldots ,a_{n})a_{n+1}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/5c0fc52db66fe8086d14b41c87183cff6859c222)
und man kommt zu einem entsprechenden Kokettenkomplex
,
mit dem man wieder Kohomologiegruppen definieren kann. Man erhält zu den oben definierten
isomorphe Gruppen, da sich multilineare Abbildungen
und lineare Abbildungen
nach Konstruktion des Tensorproduktes 1 zu 1 entsprechen.
Die oben vorgestellten Konzepte lassen sich auch für topologische Algebren, insbesondere Banachalgebren, ausführen, wobei man bei der Tensorproduktbildung im Falle von Banachalgebren das projektive Tensorprodukt verwendet und sich bei allen auftretenden Abbildungen auf stetige Abbildungen beschränkt.
- Henri Cartan, Samuel Eilenberg: Homological Algebra, Princeton University Press (1999), ISBN 978-0-691-04991-5, insbesondere Kapitel X
- A. Y. Helemskii: The Homology of Banach and Topological Algebras. Kluwer Academic Publishers (1989), ISBN 0-7923-0217-6.
- G. Hochschild: On the Cohomology Groups of an Associative Algebra, Annals of Mathematics Band 46 (1945), Seiten 58–76