Holtenser Kirche
Holtenser Kirche | |
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Konfession: | evangelisch-lutherisch |
Koordinaten: 52° 15′ 52,1″ N, 9° 38′ 1,5″ O
Die evangelisch-lutherische Holtenser Kirche ist ein Baudenkmal in Holtensen in der Gemeinde Wennigsen (Deister). Sie ist umgeben von zwei Naturdenkmalen in Form von Bäumen, die wie die Kirche an der Linderter Straße in der Ortsmitte liegen.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Kirche wurde erstmals im Jahr 1120 urkundlich erwähnt.[1] In einem Dokument aus dem Jahr 1329 wird ein „Jordanus rector ecclesiae in Spolholtusen“ erwähnt. Zwei Jahre später wurde die Kirche mittels einer Kaufurkunde übertragen und stand von da an bis 1890 unter dem Patronat des Klosters Wennigsen. Bis zur Reformation war die Kirche dem Heiligen Georg geweiht. Der Wechsel zum evangelischen Gotteshaus vollzog sich auf Grundlage der Visitationsordnung vom 4. November 1542 von Antonius Corvinus. Der damalige Pfarrer Johann Vilther musste ins Rathaus von Pattensen zur Visitationskommission. Eine Bruderschaft St. Antonii soll dort als Kaland bestanden haben.[2]
Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche 1626 von Tillys Soldaten geplündert und die Glocke entwendet.[3][4]
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche stark beschädigt. Ein amerikanischer Bomber stürzte 1943 neben die Kirche und beschädigte sowohl das Dach als auch die Fenster. An der Absturzstelle wurde noch im selben Jahr unmittelbar neben der Kirche ein Bunker errichtet.[5]
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ältester erhaltener Teil der Kirche ist der in Bruchsteinmauerwerk auf quadratischem Grundriss errichtete Kirchturm. Der achteckige Helm des Bauwerks stammt aus jüngerer Zeit.[1] Im 14. oder 15. Jahrhundert wurde der Kirchenraum mit drei Kreuzgewölben erbaut.[2] 1887 wurde die Kirche umgebaut, zwei Seitenschiffe und der Altarraum kamen hinzu, ebenso die Sakristei und ein neuer Altar.[4] Die Strebepfeiler und Spitzbogenfenster des Kirchenschiffs wurden ebenfalls 1887 ergänzt. Zur Reparatur des Mauersockels wurden auch alte Grabsteine des Kirchhofs verwendet.[1]
Inventar
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zum Inventar der Kirche gehört ein Kruzifix aus dem 12. Jahrhundert.[6] Das gut erhaltene Vortragekreuz aus Bronze war vor dem Umbau eine Zeitlang an die Tür der Sakristei genagelt gewesen.[7] Die hölzerne Kanzel stammt aus dem Jahr 1698. Es gibt aus dem 15. Jahrhundert stammende Reste von Gewölbemalereien. Der Altar weist barocke Reste auf.[6] Der 1486 fertiggestellte Altaraufsatz mit 5 Figuren[4] wurde bei der Renovierung im Jahr 1887 entfernt und der Lemmier Kapelle als Leihgabe überlassen.[8]
Orgel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 1819 erhielt die Kirche erstmals eine Orgel.[9] Sie war oberhalb des Altars eingebaut.[4]
1887 wurde in der Kirche eine Orgelempore gebaut.[4] Die neue Orgel wurde 1887 durch den Orgelbauer Heinrich Röver aus Stade gebaut. Die Bauweise mit Kastenlade und Hängeventilmechanik ist in Deutschland nur noch an wenigen Orgeln erhalten. Der Prospekt entstand nach einem Entwurf des Orgelbauers Vieth aus Celle. Die romantisch gestimmte Orgel wurde in den 1950er Jahren barockisiert. 1992 und 2016 erfolgten weitere Restaurierungen. Dabei wurde 2016 das romantische Klangbild wieder hergestellt.[10]
Glocken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Ersatz für die 1626 geplünderte Glocke wurde 1654 eine in Hannover gegossene neue Glocke beschafft. 1784/85 erhielt die Kirche eine fast 500 kg schwere Glocke, 1864 eine neue. Seit 1864 befand sich am Kirchturm eine Uhrschlagglocke. 1955 bekam die Kirche ein neues Geläut aus 3 Glocken. Die 1864 beschaffte Glocke hängt seit 1958 in Steinkrug.[4] Dort gibt es den angeblich letzten Glockenturm in Niedersachsen, der noch manuell geläutet wird.[11]
Küsterhaus und kirchliche Bauten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Westlich der Kirche liegt das alte Küsterhaus der Kirchengemeinde. Das markante Fachwerkgebäude war zunächst Wohnstätte des Kirchwartes und wurde ab 1975 als Holtenser Dorfgemeinschaftshaus (DGH) genutzt. 1993 zog ein kommunaler Kinderspielkreis in das Gebäude, der 2006 zum Kindergarten wurde. Die Kirchengemeinde nutzte das DGH zunächst mit. Im Jahr 1988 wurde südöstlich der Kirche das neue Gemeindehaus gebaut, dieses steht direkt neben dem Wohnhaus des Pastors.
Kirchengemeinde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Heute gehört die Kirche zur evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Holtensen-Bredenbeck und wird betreut vom Kirchenkreisamt Ronnenberg.
Baudenkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kirche und Kirchhof sind als zwei Einzeldenkmale gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG geschützt.[6][12] Der von einer Mauer aus Wealdensandstein[13] umgebene Kirchhof mit noch zwei erhaltenen Gräbern und dem etwa 3 m hohen Gefallenendenkmal[14] an der Nordseite des Turms bildet zusammen mit der Kirche die Baudenkmalgruppe „Kirchenanlage Holtensen“ gemäß § 3 Abs. 1 NDSchG.[15]
Naturdenkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf der Grünfläche, die die Kirche umsäumt, gibt es zwei Naturdenkmale. Ein mehr als 100 Jahre altes Kastanienensemble findet sich auf der Westseite. Die 1939 unter Schutz gestellten[16] Rosskastanien sind gelistet als Naturdenkmal ND-H 19 bei der Region Hannover. Schutzwürdig ist die Gruppe aufgrund ihrer besonderen Ortsbildwirkung durch ihre Anordnung rund um die Kirche […]. Als Baumensemble sind alte Kastanien selten und daher schutzwürdig. Östlich der Kirche steht das Naturdenkmal ND-H 31, eine Stieleiche. Diese ist seit 1954[17] aufgrund ihres Alters und ihres Zusammenhanges mit der Kastaniengruppe geschützt.[18]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Fritz Gevecke: Aus alter Zeit. Rund um die Dorfkirche mit Gedanken an die Ritter von Holthusen. Gerd J. Holtzmeyer Verlag, Braunschweig 1984, ISBN 3-923722-07-9.
- Carl-Hans Hauptmeyer: Holtensen. Gemeinde Wennigsen. Dorfgeschichte als Beitrag zur Ortserneuerung. Hrsg. vom Heimatbund Niedersachsen. Hannover 1982, ISBN 3-9800677-0-X.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c vgl. Wennigsen-Holtensen in: Henner Hannig (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 13,1): Landkreis Hannover. Vieweg, Braunschweig 1988, ISBN 3-528-06207-X, S. 291 (online).
- ↑ a b Carl-Hans Hauptmeyer: Holtensen. Gemeinde Wennigsen. Dorfgeschichte als Beitrag zur Ortserneuerung. 1982, S. 63.
- ↑ evkg-holtensen-bredenbeck.de Referenz von der Ev. Kirchengemeinde Holtensen-Bredenbeck, abgerufen am 3. Juli 2011.
- ↑ a b c d e f Die Kirche in Holtensen. Zahlen, Daten, Fakten zu unserer Kirche in Holtensen. Kirchenkreis Ronnenberg, abgerufen am 20. Oktober 2022.
- ↑ Fritz Gevecke: Aus alter Zeit. Rund um die Dorfkirche mit Gedanken an die Ritter von Holthusen. 1984, S. 36 f.
- ↑ a b c Pfarrkirche Holtensen. Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, abgerufen am 20. Oktober 2022 (Lizenz: CC BY-SA 4.0).
- ↑ Holtensen. In: H. Wilh. H. Mithoff (Hrsg.): Kunstdenkmäler und Alterthümer im Hannoverschen. Erster Band: Fürstenthum Calenberg. Helwing’sche Hofbuchhandlung, Hannover 1871, S. 85–87 (online [PDF; 16,1 MB; abgerufen am 11. März 2017]).
- ↑ Historischer Verein Lemmie e. V.: Lemmie Evangelische Kapelle. Stadt Gehrden, abgerufen am 20. Oktober 2022.
- ↑ evkg-holtensen-bredenbeck.de Referenz von der Ev. Kirchengemeinde Holtensen-Bredenbeck, abgerufen am 3. Juli 2011.
- ↑ Alfred Staats: Holtenser Orgel wird renoviert. Kirchenkreis Ronnenberg, 5. Januar 2016, abgerufen am 20. Oktober 2022.
- ↑ Finn Bachmann: Die Glöckner von Steinkrug: Warum das Läuten ein Teil ihres Leben ist. www.haz.de, 7. September 2021, abgerufen am 20. Oktober 2022 (HAZ+/Paywall).
- ↑ Kirchhof. Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, abgerufen am 20. Oktober 2022 (Lizenz: CC BY-SA 4.0).
- ↑ Holtensen in: Naturhistorische Gesellschaft zu Hannover (Hrsg.): Der Deister. Natur. Mensch. Geschichte. Zu Klampen, Springe 2017, ISBN 978-3-86674-545-2, S. 449–451.
- ↑ Gefallenendenkmal Holtensen. www.deister-gedenksteine.de, abgerufen am 20. Oktober 2022.
- ↑ Kirchenanlage Holtensen. Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, abgerufen am 20. Oktober 2022 (Lizenz: CC BY-SA 4.0).
- ↑ Erste Nachtragsverordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen im Landkreise Hannover vom 20. Okt. 1939, (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Hannover vom 9. Dezember 1939, S. 183), vgl. 19. Verordnung über Naturdenkmäler der Region Hannover (Neuregelungsverordnung), veröffentlicht in Gemeinsames Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover - Sonderausgabe, S. 8. (PDF, abgerufen am 21. Oktober 2022.)
- ↑ 7. Nachtragsverordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen im Landkreis Hannover vom 27. Nov. 1954, vgl. 19. Verordnung über Naturdenkmäler der Region Hannover (Neuregelungsverordnung), veröffentlicht in Gemeinsames Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover - Sonderausgabe, S. 9.
- ↑ Anlage 1 zur 19. Verordnung über Naturdenkmäler in der Region Hannover (Neuregelungsverordnung). (PDF; 233 kB) In: Gemeinsames Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover-Sonderausgabe. Fachbereich Umwelt, 4. Oktober 2010, S. 13, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 9. April 2015; abgerufen am 15. November 2022.