Jacoba van Heemskerck
Jacoba Berendina Heemskerck van Beest (geboren 1. April 1876 in Den Haag; gestorben 3. August 1923 in Domburg) war eine niederländische Malerin, Glasmalerin und Grafikerin der Moderne.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jacoba van Heemskerck stammte aus der adligen niederländischen Familie Van Heemskerck, ehemals Reichsgrafen sowie dem Amsterdamer Patriziat zugeordnet. Ihr Vater Jacob Eduard van Heemskerck van Beest war Marineoffizier, der in seiner Freizeit auch malte und Jacoba, das jüngste seiner sechs Kinder, in die Malerei einführte. Sie besuchte von 1897 bis 1901 die Koninklijke Academie van Beeldende Kunsten in Den Haag. Weitere Lehrer waren in den Niederlanden Ferdinand Hart Nibbrig und Eugène Carrière in Paris, wo sie mit der modernen Kunst in Berührung kam. In der Domburger Sommerfrische erhielt sie ab 1908 Unterstützung von Jan Toorop, traf auf Piet Mondriaan und Lodewijk Schelfhout und gewann eine bleibende Freundschaft mit Marie Tak van Poortvliet (1871–1936), die nun als ihre Mäzenin wirkte und in deren Domburger Haus mit Atelier sie zeitweise wohnte.
Sie nahm Anregungen des Kubismus auf und wurde im Jahr 1913 von Herwarth Walden zum Ersten Deutschen Herbstsalon nach Berlin eingeladen, wo sie vier Bilder zeigen konnte. Die dort ausstellenden Künstler des Blauen Reiter, Wassily Kandinsky und Franz Marc, beeinflussten ihren Weg in die Abstraktion. Nach 1914 fertigte sie auch Bleiverglasungen. Mit Walden, der ihr Agent wurde und ihr auch Raum in seiner Zeitschrift Der Sturm bot, führte sie in den Folgejahren eine regelmäßige Korrespondenz. Auf der 23. Sturm-Ausstellung war sie bereits mit 21 Werken präsent, im Herbst 1914 hatte sie in Hamburg eine Einzelausstellung. Spätestens seit 1917 gehörte sie zu den Lehrern der Kunstschule Der Sturm.[1]
Nach ihrem frühen Tod organisierte Walden in Berlin eine Retrospektive und widmete ihr den siebten Band der Sturm-Bilderbücher.
Grafiken von Jacoba van Heemskerck wurden in der nationalsozialistischen Aktion „Entartete Kunst“ 1937 nachweislich aus dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste in Breslau, der Städtischen Kunstsammlung Chemnitz, dem Erfurter Museum für Kunst und Heimatgeschichte, dem Essener Museum Folkwang, dem Schlossmuseum Weimar, der Ruhmeshalle Wuppertal-Barmen und dem Nassauischen Landesmuseum Wiesbaden beschlagnahmt.[2]
1937 als „entartet“ beschlagnahmte Grafiken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Segelboote (Holzschnitt, 1914; Museum Folkwang)[3]
- Dorf (Holzschnitt, um 1915; Museum Folkwang)[4]
- Komposition (Blatt 6 der 3. Mappe „Neue europäische Graphik. Deutsche Künstler“, Bauhaus Drucke, Weimar 1921; aus mehreren Sammlungen beschlagnahmt)[5]
Ausstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelausstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1983 bis 1984: Eine expressionistische Künstlerin. Ausstellung Berlin (Haus am Waldsee), Stuttgart (Württembergischer Kunstverein), Bonn (Rheinisches Landesmuseum), Saarbrücken (Saarlandmuseum), Erlangen (Städt. Galerie)
- Wände aus farbigem Glas. 1989 bis 1990 im Martin-Gropius-Bau Berlin
Gruppenausstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zwischen 1908 und 1910 schuf Heemskerck mehrere Gemälde im luministischen Stil, mit denen sie sich an der Jahresausstellung der Kunstvereinigung St. Lucas im Jahr 1910 in Amsterdam beteiligte, darunter vermutlich auch Kiefernwald.[6]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gabriele Struck: Jacoba van Heemskerck. In: Helmut Geisert, Elisabeth Moortgat (Red.): Wände aus farbigem Glas. Das Archiv der Vereinigten Werkstätten für Mosaik und Glasmalerei Puhl & Wagner, Gottfried Heinersdorff (= Gegenwart Museum. Nr. 9). Berlinische Galerie, Berlin 1989, ISBN 3-927873-01-2, S. 37–54 (Katalog zur Ausstellung vom 8. Dezember 1989 – 21. Januar 1990 im Martin-Gropius-Bau Berlin).
- Karla Bilang: Jacoba van Heemskerck. In: Britta Jürgs (Hrsg.): Wie eine Nilbraut, die man in die Wellen wirft. Portraits expressionistischer Künstlerinnen und Schriftstellerinnen. AvivA-Verlag, Grambin / Berlin 1998, ISBN 3-932338-04-9, S. 93–113.
- A. H. Huussen jr., J. F. A. van Paaschen-Louwerse: Jacoba van Heemskerck van Beest, 1876–1923. Schilderes uit roeping. Waanders, Zwolle 2005, ISBN 90-400-9064-5, S. 35–36 (niederländisch).
- Jeroen Kapelle: Heemskerck van Beest, Jacoba. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 71, De Gruyter, Berlin 2011, ISBN 978-3-11-023176-2, S. 29.
- Karla Bilang: Moderne und Anthroposophie: Jacoba van Heemskerck, Den Haag. In: Dies.: Frauen im »STURM«. Künstlerinnen der Moderne. AvivA-Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-932338-57-1, S. 69–80.
- Lea Schleiffenbaum: Jacoba van Heemskerck. In: Ingrid Pfeiffer, Max Hollein (Hrsg.): Sturm-Frauen: Künstlerinnen der Avantgarde in Berlin 1910–1932. Wienand, Köln 2015, ISBN 978-3-86832-277-4, S. 138–150.
- Maaike van Rijn: „Ich arbeite viel und denke viel über die Portraits nach“ – Jacoba van Heemskerck und andere Künstlerinnen beim „Sturm“. In: Andrea von Hülsen-Esch und Gerhard Finckh (Hrsg.): Der Sturm. Band 2: Aufsätze. Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal 2012, ISBN 978-3-89202-082-0, S. 343–358.
- Luise Pauline Fink, Daniel Koep, Henrike Mund, Christina Végh (Hrsg.): Jacoba van Heemskerck. Kompromisslos modern. Hirmer, München 2021, ISBN 978-3-7774-3698-2 (Ausstellungskatalog mit Aufsatzsammlung).
- Shulamith Behr: The Gender and Geopolitics of Neutrality. Jacoba van Heemskerck, the Sturm Circle, and the Spiritual Abstraction (1913–23). In: Dies.: Women Artists in Expressionism. From Empire to Emancipation. Princeton University Press, Princeton u. a. 2022, ISBN 978-0-691-04462-0, S. 154–187, doi:10.1515/9780691240961.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Jacoba van Heemskerck im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Jacoba van Heemskerck bei RKD Research. RKD – Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis
- Ingrid van den Bergh: Jacoba van Heemskerck en haar abstracte kunst (1876–1923) ( vom 4. März 2016 im Internet Archive) bei dekunsten.net (niederländisch)
- Jacoba Berendina van Heemskerck Van Beest. In: Biografisch Woordenboek van Nederland. Band 2. Instituut voor Nederlandse Geschiedenis, Den Haag 1985 (niederländisch)
- Erwähnungen in Der Sturm (Trefferliste einschlägiger Suche bei ANNO)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Kunstschule Der Sturm. In: Der Sturm, Heft 12/1917, Monatsschrift für Kultur und die Künste, S. 144, Sp. 2 oben (online bei ANNO).
- ↑ Datenbank „Entartete Kunst“. Gesamtverzeichnis der 1937 in deutschen Museen beschlagnahmten Werke der Aktion „Entartete Kunst“. Forschungsstelle „Entartete Kunst“ / Freie Universität Berlin (mit Link zur Datenbank-Suche).
- ↑ Segelboote. In: Beschlagnahmeinventar „Entartete Kunst“. Forschungsstelle „Entartete Kunst“ / Freie Universität Berlin, abgerufen am 26. März 2024.
- ↑ Dorf. In: Beschlagnahmeinventar „Entartete Kunst“. Forschungsstelle „Entartete Kunst“ / Freie Universität Berlin, abgerufen am 26. März 2024.
- ↑ Komposition, Blatt 6 der 3. Mappe „Neue europäische Graphik. Deutsche Künstler“. In: Beschlagnahmeinventar „Entartete Kunst“. Forschungsstelle „Entartete Kunst“ / Freie Universität Berlin, abgerufen am 26. März 2024.
- ↑ A. H. Huussen jr., J. F. A. van Paaschen-Louwerse: Jacoba van Heemskerck van Beest, 1876–1923. Schilderes uit roeping. Waanders, Zwolle 2005, ISBN 90-400-9064-5, S. 35–36 (niederländisch).
Personendaten | |
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NAME | Heemskerck, Jacoba van |
ALTERNATIVNAMEN | Heemskerck van Beest, Jacoba |
KURZBESCHREIBUNG | niederländische Malerin |
GEBURTSDATUM | 1. April 1876 |
GEBURTSORT | Den Haag |
STERBEDATUM | 3. August 1923 |
STERBEORT | Domburg |