Mariä Krönung (Lautenbach)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wallfahrtskirche Mariä Krönung, 2005

Die Wallfahrtskirche Mariä Krönung ist eine römisch-katholische Wallfahrtskirche in Lautenbach im Ortenaukreis. Die Wallfahrt zu einem wundertätigen Marienbild ist dort seit Beginn des 14. Jahrhunderts dokumentiert.

Die Kirche wurde im 15. Jahrhundert im Stil der Spätgotik errichtet. Mit Gnadenkapelle, Lettner, Glasfenstern, Chorgestühl und drei Altarretabeln, die ebenfalls nahezu unverändert am ursprünglichen Ort erhalten sind, ist Mariä Krönung ein bedeutendes Denkmal der süddeutschen Spätgotik.

Der Gebäudekomplex aus Wallfahrtskirche und dem daneben als Hospiz für Pilger dienenden „alten Haus“ war im 15. und 16. Jahrhundert sowie nach der Aufhebung des Prämonstratenser-Klosters Allerheiligen durch die Säkularisation zeitweise Wohnsitz der dortigen Chorherren. Seit 1815 fungiert die Wallfahrtskirche zugleich als Pfarrkirche des Ortes und das ehemalige Hospiz als Pfarrhaus.

Legendäre Vorgeschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirche soll an der Stelle eines keltischen Quellheiligtums entstanden sein. Nach Überlieferung der Mönche des Klosters Allerheiligen – die der Bischof von Straßburg 1303 mit der Betreuung der Wallfahrt betraut habe – begann die Marienwallfahrt, nachdem ein Hirte, in einem Baum bei einer Quelle ein wunderbares Singen hörte und man in dem hohlen Baum dann eine Madonnenstatue gefunden hatte, die man vor dem Baum zur Verherunug aufstellte. Wegen des nach Gebetserhörungen entstandenen Zustroms von Pilgern habe man um die zunächst an dem Baum aufgestellte Statue herum dann eine einfache hölzerne Kapelle errichtet. Die Wallfahrtskirche soll als Umbauung dieser Kapelle entstanden sein, die dabei durch die heutige Gnadenkapelle ersetzt wurde.[1] Eine Kirche soll an dieser Stelle an der alten Renchtalstraße zum ersten Mal um 1190 erwähnt sein.[2]

Die Prämonstratenser-Chorherren des Klosters Allerheiligen hatten nach einem Brand ihres Klosters 1470 in der Nähe Lautenbachs Zuflucht gefunden und beabsichtigten zunächst, ihren Konvent dauerhaft aus den abgelegenen Schwarzwaldhöhen in die mildere Landschaft des offenen Renchtales nach Lautenbach zu verlegen.[3] In engem Zusammenhang hiermit begann 1471 der Bau der Lauenburger Kirche aus Almosen von lokalen Familien des niederen Adels, die wie die Herren von Neuenstein und die Grafen von Schauenburg mit dem Kloster verbunden waren, sowie von Bürgern und Bauern. Hierbei wirkten offenbar eine starke lokale Frömmigkeit und Marienverehrung, die in diesen Stiftungen Ausdruck fand,[3] die Notwendigkeit, einen anwachsenden Pilgerstroms zu einem älteren Gnadenbild der Madonna zu bewältigen, und die Funktion der Kirche als repräsentative Grablege des lokalen niederen Adels zusammen. Das Kloster Allerheiligen bestimmte dabei die Haupttitel der Altäre und hatte spätestens 1481 die Gesamtleitung des Bauprojekts übernommen.[3]

Der Hochaltar sowie die von Baumeister Hans Hertwig von Bergzabern, der eine Wanderbauhütte unterhielt, begonnene Kirche wurden 1483 durch den Straßburger Bischof Albrecht von Pfalz-Mosbach, der den Lautenbacher Bau gefördert hatte, auf Mariä Krönung geweiht. 1488 wurde die Kirche vollendet und auch die Gnadenkapelle durch Bischof Albrecht geweiht.[3] 1895 wurde die Kirche durch Max Meckel um zwei Joche vergrößert und ein Kirchturm hinzugefügt.

Im 16. Jahrhundert wurde an der westlichen Südwand der Kirche ein zweigeschossiger Gebäudeflügel angeschlossen, der zunächst wohl als Vorderseite eines zunächst beabsichtigten, dann aber nicht fortgeführten Klostervierecks, dienen sollte,[3] dann aber, als die Chorherren ihren Plan einer Umsiedlung nach Lauenburg aufgegeben hatten, als Hospiz und später als Pfarrhaus genutzt wurde. Wie die Kirche, ist auch dieses Gebäude unbeschädigt erhalten.

Baubeschreibung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eingang der Kirche

Mariä Krönung wurde – wie vergleichbare regionale Bauten – in rotem Sandstein errichtet. Das Gebäude besteht heute aus einem nach der Erweiterung sechsjochigen Langhaus mit Netzgewölbe.

Die beiden ergänzten Joche befinden sich dabei im westlichen Eingangsbereich, die ursprüngliche Westwand mit dem Portal wurde abgebaut und bei der Erweiterung wiederverwendet. Der Kirchturm schließt an der Nordseite des erweiterten Langhauses an.

Die Südseite des Langhauses birgt die Gnadenkapelle mit dem Marienbildnis. Der Legende nach befindet sie sich an Stelle einer ursprünglichen Kapelle, die nach Fertigstellung des sie umgebenden und überdachenden neuen Kirchengebäudes auf Anordnung des Straßburger Bischofs abgerissen worden sein soll, um in prächtigem spätgotischen Stil neu errichtet zu werden.

Über die gesamte Breite des Langhauses spannt sich der Lettner vor dem Chorraum, der nach Schließung des in der Mitte ursprünglich angebrachten zweiflügeligen Portals dem Klosterkonvent als völlig abgeschlossener Stundengebetsraum zur Verfügung stand. Der Lettner, ursprünglich Verkündigungsort des Evangeliums, ist zugleich Empore mit einem Altar unter einem Hochkreuz. Auch dieser Raum wird an Hochfesten noch heute liturgisch genutzt.

Die Kirche enthält auf diese Weise vier Kirchen unter einem Dach: Die ursprüngliche Wallfahrtskapelle, den sie überdachenden Hauptkirchenraum als Begräbniskirche, den vom Kloster Allerheiligen finanzierten verschließbaren Chorraum im Osten, der durch den Lettner vom Kirchenschiff getrennt ist, sowie den Erweiterungsbau mit dem Turm.[4] Die Kirche hat die Jahrhunderte und die zweimalige völlige Verwüstung des Renchtals mit der Vertreibung aller seiner Bewohner komplett und völlig unbeschädigt überstanden. Auch die erste Glocke des Glockenturms blieb bis heute erhalten.

Besonders wertvoll sind die zwischen 1482 und 1488 in der Werkstatt des Peter Hemmel von Andlau in Straßburg entstandenen und nahezu vollständig erhaltenen Glasfenster, die in 59 spätmittelalterlichen Rechteckscheiben biblische Szenen und Heilige sowie adelige und bürgerliche Stifter darstellen.[5] Anders als bei den sonst üblichen Bleiglasfenstern sind die verschiedenfarbigen Gläser dieser Glasfenster ohne Bleistege auf dünnen Scheiben nicht gefärbten Glases montiert. Alle diese Fenster sind original erhalten, auch nicht restaurierungsbedürftig, da die Farben von zermahlenen Edelsteinen stammen, die dem Glasfluss zugefügt wurden.

Auf dem Hochaltar erhebt sich über einer Predella mit einem Tabernakel, der von halbfigurigen Darstellungen der Kirchenväter Gregor (links) und Ambrosius (rechts) gerahmt ist, ein dreiteiliges Altarretabel.[6] In geöffnetem Zustand bietet der Altarschrein in der Mitte unter reichem Rankenwerk drei Skulpturen von um 1488, deren Bildschnitzer als Meister des Lautenbacher Hochaltars bezeichnet wird: die von Engeln gekrönte Mondsichelmadonna (Mitte) zwischen Johannes dem Täufer zu ihrer Rechten und Johannes dem Evangelisten zu ihrer Linken. Auf den Seitenflügeln des Retabels zeigen die zwischen 1508 und 1511 entstandenen Tafelbilder eines ebenfalls als Meister des Lautenbacher Hochaltars bezeichneten Malers die Anbetung der Hirten (links oben), die Anbetung der Könige (rechts oben), die Beschneidung Christi (links unten) und die Darbringung im Tempel (rechts unten). In geschlossenem Zustand sieht man die Geburt Mariens (links oben), den Tempelgang Mariens (rechts oben), die Heimsuchung Mariens (links unten) und die Verkündigung an Maria (rechts unten). Darüber steht im filigranen Gesprenge eine Skulptur des auferstandenen Christus, der seine Seitenwunde vorweist und segnend voranschreitet.

Auf dem nördlichen Seitenaltar von um 1520/1530 steht über einer Predella mit halbfigurigen Darstellungen Christi als Salvator Mundi, sowie von zwei männlichen Heiligen, der Heiligen Katharina und der Heiligen Barbara,[7] ein Retabel mit einem Vesperbild in der Mitte und daneben den Statuen von zwei männlichen Heiligen[8] sowie auf den Innenseiten der Flügel Reliefdarstellungen der Heiligen Katharina (links) und der Heiligen Barbara (rechts).[9] In geschlossenem Zustand zeigt das Retabel ein Gemälde der Verkündigung an Maria[10] mit Stifter, vor der Szene eine mit dem Beginn des Ave Maria geschmückte Blumenvase mit Lilien, über ihr Ghirlanden aus unterschiedlichen Blättern und hinter ihr ein Fensterausblick auf eine weite Gebirgs- und Flusslandschaft.

Auf dem 1521 geweihten südlichen Seitenaltar befindet sich über einer Predella mit der Darstellung von vier weiblichen Heiligen – u. a. der Heiligen Agnes – ein Altarschrein mit den Skulpturen des Heiligen Wolfgang und des Heiligen Martin sowie auf den Innenseiten der Flügel Reliefs des Heiligen Antonius und des Heiligen Wendelin.[11] In geschlossenem Zustand zeigt das Retabel Gemälde mit Darstellungen des Heiligen Wolfgang und des Heiligen Martin.[12] Zugeordnet ist dem Retabel zudem ein Flügelpaar mit der Darstellung der Heilige Elisabeth und der Heilige Maria Magdalena.[13]

Das Chorgestühl datiert auf das 15. Jahrhundert.

Die hölzerne Renaissance-Kanzel mit kostbaren Intarsien wurde 1650 von Johannes Mayr errichtet.

  • Georg Dehio, Ernst Gall: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Baden-Württemberg II. Die Regierungsbezirke Freiburg und Tübingen. Deutscher Kunstverlag, München 1997, ISBN 3-422-03030-1. S. 411 ff.
  • Heid, Hans: Lautenbacher Wallfahrtskirche. Der Geist der Spätgotik in Baukunst, Plastik und Malerei am Oberrhein (= Studien zur deutschen Kunstgeschichte. Heft 327). Heitz, Baden-Baden/Strasbourg 1960.
  • Hans Heid, Rudolf Huber: Pfarr-und Wallfahrtskirche „Mariä Krönung“ in Lautenbach/Renchtal. Schnell & Steiner, München/Zürich 1983, ISBN 3-7954-0498-3.
  • Rudolf Huber: Lautenbach / Renchtal. Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Krönung (= Kleine Kunstführer, Kirchen und Klöster. Band 646). 11. Auflage, Schnell & Steiner, Regensburg 2016, ISBN 978-3-7954-4410-5.
  • Kleinere Schriften sowie eine DVD aus dem Schriftenstand der Kirche.
Commons: Wallfahrtskirche Lautenbach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Hans Heid: Lautenbacher Wallfahrtskirche. Der Geist der Spätgotik in Baukunst, Plastik und Malerei am Oberrhein. (= Studien zur deutschen Kunstgeschichte. Heft 327). Heitz, Baden-Baden/Strasbourg 1960. Abgerufen am 31. Juli 2024.
  2. Sebastian Thomas: Eine „merkwürdige Kirche“. Die Lautenbacher Wallfahrtskirche birgt eine einmalige Kostbarkeit. In: Der Guller Stadtanzeiger. 31. Dezember 2018. Abgerufen am 31. Juli 2024.
  3. a b c d e Josef Börsig: Geschichte des Oppenauer Tales. Herausgegeben von der Stadt Oppenau. Digitalisiert im Archiv der Stadt Oppenau von Wolfram Brümmer 2007. Oppenau 1952, überarbeitet 2015, S. 191–199. Abgerufen am 31. Juli 2024.
  4. Hans Heid, Rudolf Huber: Pfarr-und Wallfahrtskirche „Mariä Krönung“ in Lautenbach/Renchtal. Schnell & Steiner, München/Zürich 1983, ISBN 3-7954-0498-3, S. 6.
  5. Lautenbach im Renchtal, Pfarr- und Wallfahrtskirche. In: Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland (CVMA). Abgerufen am 31. Juli 2024.
  6. Abbildungen sämtlicher Gemälde bietet das Landesarchiv Baden-Württemberg
  7. Predella. um 1523, Linker Seitenaltar, Lautenbach, Katholische Wallfahrtskirche Mariä Krönung. In: https://www2.landesarchiv-bw.de. Landesarchiv Baden-Württemberg, 498-1 Nr. 8479, abgerufen am 31. Juli 2024.
  8. Vesperbild und zwei männliche Heilige. um 1520/1530, Lautenbach, Katholische Wallfahrtskirche Mariae Krönung. Linker Seitenaltar geöffnet. In: https://www2.landesarchiv-bw.de. Landesarchiv Baden-Württemberg, 498-1 Nr. 4273, abgerufen am 31. Juli 2024.
  9. Heilige Katharina und Heilige Barbara. um 1520/1530, Lautenbach, Katholische Wallfahrtskirche Mariä Krönung. Linker Seitenaltar, Innenflügel. In: https://www2.landesarchiv-bw.de. Landesarchiv Baden-Württemberg, 498-1 Nr. 4293, abgerufen am 31. Juli 2024.
  10. Verkündigung an Maria. um 1523, Lautenbach. Katholische Wallfahrtskirche Mariä Krönung. Linker Seitenaltar. Außenflügel. In: https://www2.landesarchiv-bw.de. Landesarchiv Baden-Württemberg, 498-1 Nr. 865, abgerufen am 31. Juli 2024.
  11. Heiliger Antonius, Heiliger Wolfgang, Heiliger Martin und Heiliger Wendelin,. 1521, Lautenbach, Katholische Wallfahrtskirche Mariä Krönung. Rechter Seitenaltar, Innenseite. In: https://www2.landesarchiv-bw.de. Landesarchiv Baden-Württemberg 498-1 Nr. 4259, abgerufen am 31. Juli 2024.
  12. Heiliger Wolfgang und Heiliger Martin. um 1500, Lautenbach, Katholische Wallfahrtskirche Mariä Krönung. Rechter Seitenaltar, Außenflügel. In: https://www2.landesarchiv-bw.de. Landesarchiv Baden-Württemberg, 498-1 Nr. 4258, abgerufen am 31. Juli 2024.
  13. Heilige Elisabeth und Heilige Maria Magdalena. um 1500, Lautenbach, Katholische Wallfahrtskirche Mariä Krönung. Rechter Seitenaltar, rückwärtiges Flügelpaar. In: https://www2.landesarchiv-bw.de. Landesarchiv Baden-Württemberg, 498-1 Nr. 8884, abgerufen am 31. Juli 2024.

Koordinaten: 48° 31′ 8,4″ N, 8° 7′ 5,9″ O