Martin Noël

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Martin Noël (* 6. November 1956 in Berlin; † 18. November 2010 in Bonn) war ein deutscher Maler, Zeichner und Grafiker.

Martin Noël besuchte von 1969 bis 1976 das Aloisiuskolleg in Bad Godesberg[1] und studierte von 1980 bis 1987 Malerei und freie Grafik an der Fachhochschule Köln. Über seine Arbeiten schrieb die FAZ in einem Nachruf, dass das Auge des Künstlers stets das Übersehene fand: „Seine Zeichnungen erzählen von einer seltenen Fähigkeit, sich hineinzufühlen in die Wirkung von Linien, Kreisen, Flächen und allen Formen von Sichtbarkeit. Seine Aufmerksamkeit galt den Rissen in den Wänden und dem bizarren Muster einer zerborstenen Fensterscheibe.“[2] So inspirierten ihn zum Beispiel die Risse in den Bodenplatten, die durch den Bombenanschlag auf das New Yorker World Trade Centers 1993 entstanden waren, zu den feingliedrigen Motiven seiner Serie „New York Lines“.

Ein anderer Schwerpunkt seiner Arbeit war der Linol- und Holzschnitt, den er mit seiner unverwechselbaren Formenstruktur prägte. In seinen Holzschnitten „ist das Verhältnis von Linie und Fläche von zentraler Bedeutung. Es lassen sich verschiedene Spannungs- und Kompositionsverhältnisse aufweisen: Lineare Verzweigungen und Verästelungen stehen im Gegensatz zu Bündelungen und Verdichtungen. Netzwerkartige Ausbreitungen über die ganze Fläche kontrastieren mit partiellen Zentrenbildungen.“[3]

Noël war ein vielseitiger Künstler; seine Tätigkeiten reichten von der Ausschmückung des Innenraums der Bad Godesberger Kirche St. Hildegardis über künstlerisch gestaltete Lesezeichen[4] bis beispielsweise zur Cover-Gestaltung für die CD Tarantella des schwedischen Musikers Lars Danielsson. Er produzierte zahlreiche Künstlerbücher und Mappenwerke, unter anderen die Kassette Zwischen den Ohren mit Holzschnitten zu Gedichten von Zsuzsanna Gahse[5]. Besonders setzte er sich mit dem 1943 im KZ Majdanek gestorbenen Bildhauer und Maler Otto Freundlich auseinander, einem der ersten Vertreter der abstrakten Kunst; das führte 2006 zu seiner Ausstellung „Hommage à Otto Freundlich“ im Berliner Mies van der Rohe Haus.

Er erhielt zahlreiche Preise, unter anderen 1987 das Max-Ernst-Stipendium, 1991 den Kunstpreis junger westen und 1993 den Kunstpreis der Stadt Bonn sowie Stipendien 1990/91 vom Deutschen Studienzentrum in Venedig, 1998 von der Kunststiftung NRW und der Letter Stiftung, Köln und 2003 von der Stiftung Kunstfonds, Bonn. Martin Noël war Mitglied im Deutschen Künstlerbund.[6]

Seine Arbeiten sind in vielen öffentlichen Sammlungen vertreten, so zum Beispiel in der Bundeskunstsammlung, in den Kunstsammlungen Chemnitz, im Museum Morsbroich, Sammlung Erhard Witzel, Quadrart Dornbirn, und im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern.

Martin Noël war verheiratet, hatte vier Kinder und lebte in Bonn-Bad Godesberg. Er starb im Alter von 54 Jahren an einem Hirntumor.

„Charakteristisch für die oft als Serien angelegten Arbeiten Martin Noëls sind ihre einfache Komplexität und ihre urtümlich-eindringliche Formenstruktur. In ihrer Inhaltlichkeit entziehen sie sich intellektuellen Erklärungsversuchen, was durchaus der Absicht des Künstlers entspricht, der möglichst viele Assoziationsmöglichkeiten offenlassen will. In der Mehrzahl sind es ungegenständliche, poetische Bilder, die Assoziationen aufkommen lassen, oft auch noch durch die Titelgebung gelenkt. [… Es geht] dem Künstler nicht darum, Wirklichkeit zu schildern, sondern ein Bewusstsein für den möglichen Umgang mit der Wirklichkeit zu erzeugen. Dieser Haltung entspricht seine Formensprache, die sich zwischen Konkretion und Abstraktion bewegt.“

Annie Bardon[7]

Ausstellungen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelausstellungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausstellungsbeteiligungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Buchveröffentlichungen und Kataloge (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Andreas Denk: Martin Noël: Halbzeit. In: Kunstforum international. Band 129. 1995. ISSN 0177-3674
  • Andreas Denk: Andreas Medve, Martin Noël, Georg Polke. In: Kunstforum international. Band 115, 1991
  • Swantje Karich: Flaneur im Geiste. Zum Tod des Künstlers Martin Noël. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. November 2010
  • Thomas Kliemann: Trauer um den Bonner Künstler Martin Noël. In: General-Anzeiger vom 19. November 2010
  • Annie Bardon (2001): Fragilität in Stabilität bändigen – Zu den Holz- und Linolschnitten von Martin Noël. In: Martin Noël – unterwegs. Holz- und Linolschnitte. Weidle, Bonn 2001

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Aus dem Aloisiuskolleg 2010. Bad Godesberg 2011, S. 225
  2. FAZ vom 23. November 2010, Seite 34
  3. Liane Heinz: Thomas Müller - Martin Noël - Holzschnitte
  4. Norbert Schmalen, Klaus Flemming: (LESE)ZEICHEN-Projekt. In: Muschelhaufen. Jahresschrift für Literatur und Grafik. Band 38, 1999
  5. Edition Salzau 1992
  6. kuenstlerbund.de: Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Noël, Martin (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kuenstlerbund.de (abgerufen am 30. November 2015)
  7. Martina Köser-Rudolph (Redaktion), Annie Bardon: Martin Noël – unterwegs. Holz- und Linolschnitte. Städtisches Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen. Weidle, Bonn 2001, ISBN 3-931135-57-8
  8. Martin Noël (Memento des Originals vom 4. Juli 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pfalzgalerie.de auf der Internetseite der Pfalzgalerie
  9. Internetseite der Rittergallery
  10. Martin Noël im Mies van der Rohe Haus
  11. Ausstellung in Bitburg auf volksfreund.de
  12. Martin Noël (Memento des Originals vom 21. November 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.arpmuseum.org im Arp Museum, Rolandseck
  13. Martin Noël – PAINTPRINTPAINT. Kunstmuseum Bonn, abgerufen am 9. Januar 2022.
  14. Martin Noël. Die Retrospektive. Albertina, abgerufen am 9. Januar 2022.
  15. Martin Noël – Otto Freundlich. Die Entdeckung der Moderne. In: Villa Zanders. Abgerufen am 22. März 2024.