Methylovirgula
Methylovirgula | ||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Methylovirgula | ||||||||||||
Vorob'ev et al. 2009 1950[1][2] |
Methylovirgula ist eine Gattung gramnegativer, aerober Bakterien aus der Familie Beijerinckiaceae.[3][2]
Typusart ist Methylovirgula ligni Vorob'ev et al. 2009.[1]
Etymologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Gattungsname Methylovirgula leitet sich ab von neulateinisch methylum ‚Methyl‘ (von altgriechisch μέθυ methy, deutsch ‚Wein‘, vgl. Met und ὕλη hylê, deutsch ‚Holz‘) und lat. virgula ‚Komma‘, ‚kleines Stäbchen‘; Methylovirgula zeigt Methyl-verarbeitende, komma- oder stäbchenförmige Zellen an.[1]
Das Art-Epitheton ligni ist der Genitiv von lateinisch lignum ‚Holz‘ und weist auf die Isolation dieser Bakterien aus Hölzern hin.[1]
Das vorgeschlagene Art-Epitheton thiovorans setzt sich zusammen aus dem Präfix ‚thio‘ (von altgriechisch θεῖον theion, deutsch ‚Schwefel‘)[4] und lat. vorans ‚verzehrend‘, ‚fressend‘.
Artenliste
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die folgende Artenliste stammt aus der List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature,[1] ergänzt nach der Taxonomie des National Center for Biotechnology Information[5] und der Genome Taxonomy Database:[6]
Methylovirgula Vorob'ev et al. 2009[1][5][2]
- Methylovirgula ligni Vorob'ev et al. 2009[1][5] (Typusart)[1]
- inkl. Beijerinckiaceae bacterium BW863, Beijerinckiaceae bacterium BW872[5]
- „Methylovirgula thiovorans“ Gwak et al. 2022[9] alias Methylovirgula sp019343105[6] inkl. Methylovirgula sp. HY1[5]
- Methylovirgula sp. 4M-Z18[5]
- Methylovirgula sp004298435
- Isolat FW106-10_bin.28
- Fundort: Grundwasser, Tennessee, USA[6]
- Methylovirgula sp021324915
- Isolat Centralia_MAG_244
- Fundort: Boden in Centralia (Pennsylvania), USA[6]
- Methylovirgula sp021780015
- Isolat BP7.bin54
- Fundort: Sediment aus saurem Grubenwasser, Banpo Antimony Mine, Provinz Guizhou, China[6]
Methylovirgula ligni
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Methylovirgula ligni ist eine Spezies gramnegativer, aerober, unpigmentierter, unbeweglicher, stäbchenförmiger Bakterien aus der Gattung Methylovirgula, das erstmals in Veluwe in den Niederlanden aus Buchenholzblöcken auf saurem Waldboden während der Zersetzung durch den Weißfäulepilz Hypholoma fasciculare isoliert wurde (Referenzstamm BW863).[3][2][11][7] Die Spezies wurde 2009 erstbeschrieben aufgrund dieser Entdeckung, die zwei Stämme derartiger Bakterien umfasste, und die als BW863T (Referenzstamm) und BW872 bezeichnet werden.[2]
Beide Stämme (BW863T und BW872) sind obligat acidophile und mesophile (säureverträgliche und mittlere Temperaturbereiche bevorzugende) Organismen, die bei einem pH-Wert von 3,1–6,5 (mit einem Optimum bei pH 4,5–5,0) und bei Temperaturen zwischen 4 und 30 °C wachsen können. Die Stämme sind beide zu methylotrophem Wachstum fähig und assimilieren Kohlenstoff über den Ribulose-Bisphosphat-Weg (Calvin-Zyklus). Außer Methanol verwerteten beide auch Ethanol, Pyruvat und Malat.[2]
Unter den in diesen Bakterien gefundenen Phospholipiden und Fettsäuren waren ungewöhnlich große Mengen (etwa 90 %) an C18:1 ω7c vertreten, ähnlich wie bei Methylobacterium-Stämmen. Das vorherrschende Chinon ist Ubichinon-10 (Q-10). Der G+C-Gehalt-Gehalt beträgt 61,8–62,8 mol%. Auf der Grundlage der Gen-Sequenzähnlichkeit der 16S rRNA waren die Stämme BW863T und BW872 zum Zeitpunkt der Entdeckung am engsten mit dem acidophilen methanotrophen Bakterium Methylocapsa acidiphila B2T (Beijerinckiaceae)[12] verwandt (96,5–97 %).[2]
„Methylovirgula thiovorans“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]„Methylovirgula thiovorans“ ist die vorgeschlagene Bezeichnung für die Methylovirgula-Art mit dem Stamm HY1 (Methylovirgula sp. HY1 in der Taxonomie des NCBI,[5] Methylovirgula sp019343105 in der GTDB[6]). Dieser Stamm aerober methanotropher Bakterien wurde, wie 2022 veröffentlicht, aus dem Boden des Yongneup-Hochmoors (용늪 ‚Drachensumpf‘) am Mount Daeam (대암산 Daeamsan) in der Gangwon-Provinz, Südkorea, isoliert. Er verfügt über Stoffwechselfähigkeiten, die zuvor bei keinem methanotrophen Bakterium gefunden wurden, da er sowohl das Treibhausgas Methan (CH4) als auch reduzierte Schwefelverbindungen wie Thiosulfat (S2O32−) aerob oxidieren kann.[9]
Genom und Proteom
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Genom- und Proteomanalysen zeigten, dass lösliche Methan-Monooxygenase (MMO) und Alkoholdehydrogenasen vom XoxF-Typ für die Methan- bzw. Methanoloxidation verantwortlich sind. Für die Schwefeloxidation (microbial oxidation of sulfur, aerob durch Atmung) sind verschiedene Wege vorhanden, darunter der Sox-rDsr-Weg und das S4I-System. Der Stamm HY1 nutzt den Calvin-Zyklus zur CO2-Fixierung während des chemolithoautotrophen Wachstums auf den reduzierten Schwefelverbindungen. Proteom- und Mikrorespirometrie[13]-Analysen zeigten, dass die Stoffwechselwege für die Methan- und Thiosulfat-Oxidation in Gegenwart der jeweiligen Substrate ausgelöst wurden. Methan und Thiosulfat können also unabhängig voneinander oder gleichzeitig oxidiert werden.[9]
Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Natürliche und anthropogene (vom Menschen erzeugte) Feuchtgebiete können bedeutende Quellen für das Treibhausgas Methan sein. Solche Methanemissionen werden aber durch methanotrophe Bakterien in der oxisch-anoxischen Grenzfläche, einer Zone mit intensivem Redoxkreislauf von Kohlenstoff-, Schwefel- und Stickstoffverbindungen, gemindert. Die Entdeckung dieses vielseitigen Bakteriums zeigt, dass Methanotrophie und Thiotrophie in ein und demselben Mikroorganismus verträglich sind, und zeigt die engen Wechselwirkungen zwischen Methan- und Schwefelkreisläufen in den oxisch-anoxischen Grenzflächenumgebungen.[9]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g h LPSN: Genus MethylovirgulaVorob'ev et al. 2009.
- ↑ a b c d e f g h Alexey V. Vorob'ev, Wietse de Boer, Larissa B. Folman, Paul L. E. Bodelier, Nina V. Doronina, Natalia E. Suzina, Yuri A. Trotsenko, Svetlana N. Dedysh: Methylovirgula ligni gen. nov., sp. nov., an obligately acidophilic, facultatively methylotrophic bacterium with a highly divergent mxaF gene. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology, Band 59, Nr. 10, 1. Oktober 2009, S. 2538–4255; doi:10.1099/ijs.0.010074-0, PMID 19622650 (englisch).
- ↑ a b UniProt: Taxonomy - Methylovirgula ligni (species).
- ↑ Strong G2303 – θεῖον – theion. Eberfelder Übersetzung.
- ↑ a b c d e f g h i NCBI Taxonomy Browser: Methylovirgula, Details: Methylovirgula Vorob'ev et al. 2009 (genus).
- ↑ a b c d e f g h i j GTDB: Methylovirgula (gen.).
- ↑ a b Methylovirgula ligni BW863 Type strain, alias DSM 19998, NCIMB 14408: Bacterial Diversity Metadatabase (BacDive), auf: Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (dsmz.de).
- ↑ Methylovirgula ligni ( vom 3. März 2016 im Internet Archive). StranInfo Beta. Memento im webarchiv vom 3. März 2016.
- ↑ a b c d e f
Joo-Han Gwak, Samuel Imisi Awala, Ngoc-Loi, Woon-Jong Yu, Hae-Young Yang, Martin von Bergen, Nico Jehmlich, K. Dimitri Kits, Alexander Loy, Peter. F. Dunfield, Christiane Dahl, Jung-Ho Hyun, Sung-Keun Rhee: Sulfur and methane oxidation by a single microorganism. In: PNAS, Band 119, Nr. 32, 22. Juni 2022, e2114799119; doi:10.1073/pnas.2114799119 (englisch). Dazu:
- Außergewöhnliche Mikroben im „Drachensumpf“ entdeckt. Auf: orf.at vom 2. August 2022.
- FRISST SCHWEFEL & CH4: Ungewöhnliche Mikrobe im „Drachensumpf“ entdeckt. Auf: krone.at vom 2. August 2022.
- Forscher fanden Mikroben mit ungewöhnlichen Essgewohnheiten im Sumpf. Auf: Salzburger Nachrichten vom 2. August 2022.
- Bakterium verwertet sowohl Schwefel als auch Methan. Auf: wissenschaft.de vom 2. August 2022.
- ↑ NCBI Nucleotide: Methylovirgula sp. 4M-Z18, whole genome shotgun sequencing project.
- ↑ Methylovirgula ligni − DSM 19998. Type strain. Alias. BW863, NCIMB 14408. Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (dsmz.de).
- ↑ NCBI Taxonomy Browser: Methylocapsa acidiphila, Details: Methylocapsa acidiphila Dedysh et al. 2002 (species).
- ↑ Hermann Jordan, Bea Schwarz: Einfache Apparate zur Gasanalyse und Mikrorespirometrie in bestimmten Gasgemischen, und über die Bedeutung des Hämoglobins beim Regenwurm. In: Pflüger's Archiv für die gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere, Band 185, 1. Dezember 1920, S. 311–321; doi:10.1007/BF01740003, PDF.