Neo-Bechstein

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Von Petrof hergestellter Neo-Bechstein-Flügel im Technischen Museum Wien

Der Neo-Bechstein oder Bechstein-Siemens-Nernst-Flügel ist ein Klavier bw. ein Flügel mit elektromechanischer Tonerzeugung.

Das elektro-akustische Klavier (E-Piano) wurde zu Beginn der 1930er Jahre am Physikalischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin (Leitung Professor Walther Nernst) zusammen mit den Unternehmen Bechstein (Mechanik) und Siemens/Telefunken (Elektronik) entwickelt. Die Saiten wurden mit Mikrohämmern (Patent: Hans Driescher) angeschlagen und die Schwingungen induktiv mit Tonabnehmern aufgenommen, mit einem Röhrenverstärker verstärkt (und hinsichtlich Klangfarbe über Resonanzkreise beeinflusst) und über Lautsprecher wiedergegeben.

An den Verstärker konnten zusätzlich Schallplattenspieler und Rundfunkempfänger (Radio) angeschlossen werden, was völlig neuartige Spielmöglichkeiten eröffnen sollte (z. B. Orchesterpart eines Klavierkonzerts von der Schallplatte wie heute als music minus-one bekannt) und die aktive Hausmusik gegenüber dem passiven Radiohören fördern sollte.

Tonabnehmer

Aus Platzgründen wurden jeweils fünf Saiten unter einem Tonabnehmer zusammengeführt. Das entsprechende Patent stammte von Hans Driescher.

Bechstein baute dem Vernehmen nach 150 Exemplare, von denen heute zumindest zwei funktionierende existieren, eines im Technischen Museum Wien und eines in Berlin. Letzteres kommt gelegentlich bei avantgardistischen Musik-Events zum öffentlichen Einsatz. Derzeit ist der Standort von 22 Exemplaren bekannt.

Das Klavierbauunternehmen Petrof (Hradec Králové) erwarb 1932 die Lizenz zur Produktion des Instruments. Nur vier „Neo-Petrof“ sind derzeit bekannt: einer ist im Musikinstrumentenmuseum Prag ausgestellt, einer wurde 2007 im Technischen Museum Wien spielfertig restauriert und wird für konzertante Zwecke verwendet. Die Regulierung ist extrem kritisch und muss Spezialisten überlassen werden, die das Konzept des Instruments ausreichend studiert haben.

  • Fritz W. Winckel: Das Radio-Klavier von Bechstein-Siemens-Nernst. In: Die Umschau. 35, 1931, ISSN 0722-8562, S. 840–843.
  • Dieter B. Herrmann: Walther Nernst und sein Neo-Bechstein-Flügel. Eine Episode aus der Geschichte der elektronischen Musik. In: NTM-Schriftenreihe für Geschichte der Naturwissenschaften, Technik und Medizin 9(1972), H. 1, S. 40–48
  • Hans-W. Schmitz: Der Bechstein-Siemens-Nernst-Flügel. Technische Beschreibung. In: Das mechanische Musikinstrument. 16. Jahrgang, No. 49, April 1990, ISSN 0721-6092. S. 21–27.
  • Peter Donhauser: Technische Spielerei oder phantastische Realität? Telefunken und die ersten elektronischen Instrumente in Deutschland. In: Stefan Poser (Hrsg.): Spiel mit Technik. Koehler & Amelang, Leipzig 2006, ISBN 3-7338-0353-1, S. 56ff. (Ausstellungskatalog).
  • Peter Donhauser: Elektrische Klangmaschinen. Die Pionierzeit in Deutschland und Österreich. Böhlau, Wien u. a. 2007, ISBN 978-3-205-77593-5.
  • Peter Donhauser: Der elektrische Beethoven. In: Blätter für Technikgeschichte. 69/70, 2008, ISSN 0067-9127, S. 117ff.