Nephelinsyenit

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Der Nephelinsyenit ist ein holokristallines magmatisches Gestein, das vorwiegend aus Nephelin und Alkalifeldspat besteht.[1] Die Farbgebung ist meist blass, grau oder rosafarben und ähnelt der von Graniten, es sind jedoch auch dunkelgrüne Varietäten bekannt. Vulkanisches Äquivalent des Nephelinsyenits ist feinkörniger Phonolith.

Geschichtliches

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Nephelinsyenit wurde erstmals im Jahr 1877 von Karl Heinrich Rosenbusch wissenschaftlich beschrieben.[2] Auch Albert Johannsen und Sergei Ivanovich Tomkeieff beschrieben das Gestein.

Nephelinsyenit vom Intrusionskomplex Tanguá, Rio de Janeiro, Brasilien

Nephelinsyenite sind generell an Kieselsäure untersättigt (keine normative Komponente q) und einige sind peralkalisch. Sie unterscheiden sich von Syeniten nicht nur durch die Anwesenheit von Nephelin, sondern auch durch andere Minerale, die reich an Alkalien, Seltenen Erden und anderen inkompatiblen Elementen sind.

Nephelin ist ein Feldspatvertreter, der nicht mit Quarz koexistiert. Auch Orthopyroxen fehlt im Nephelinsyenit. Vielmehr wird Nephelin unter Bildung von Alkalifeldspat mit Quarz reagieren.

Im Nephelinsyenit dominiert somit der Alkalifeldspat – meist Orthoklas, Nephelinsyenit enthält aber auch Perthit (Anorthoklas) bzw. dessen herausgelöste, sehr reine Albitlamellen. Generell ist der Alkalifeldspat nicht rein kaliumhaltig, sondern vermischt natrium-kaliumhaltig. So hat in manchen Nephelinsyeniten die Kalium-, in anderen die Natriumkomponente das Übergewicht. Manche Nephelinsyenite zeichnen sich auch durch frischen und klaren Mikroklin aus. Primärminerale sind ferner Klinopyroxen, Amphibol und der Glimmer Biotit.

Nephelin zeigt gewöhnlich eine teilweise Umwandlung in Natrolith und Cancrinit. Die Klinopyroxene sind natriumhaltig und variieren zwischen Hedenbergit und Aegirin-Augit. Sie legen oft Resorption ihrer Kristalle an den Tag. Als Reaktionssaum können hierbei die Minerale Amphibol und/oder Biotit beobachtet werden. Das Amphibol hat seinerseits einen hohen Alkaligehalt und besteht aus Alkalihornblende und Riebeckit. Alkaliklinopyroxene und Alkaliamphibole sind charakteristisch für typische Alkaligesteine. Beim Biotit handelt es sich um einen Annit, dessen Fe/Mg-Verhältnis sehr hoch ist.

Sodalith, der im Dünnschliff farblos und durchsichtig erscheint, in Handstücken aber oft blassblaue Farben an den Tag legt, ist neben Nephelin der hauptsächliche Feldspatvertreter. Er tritt vorwiegend an hydrothermalen Bruchzonen auf. Oft zu beobachten ist auch rotbrauner bis schwarzer Aenigmatit. Äußerst eisenreicher Olivin ist selten, kommt aber gelegentlich in Nephelinsyeniten vor. Weitere Sekundärminerale und Akzessorien sind Sphen, Eisenoxide (wie Magnetit), Ilmenit, Apatit, Fluorit, der Granat Melanit und als Xenokristall seltener Zirkon (aus Nephelinsyeniten hervorgegangene Gneise enthalten aber reichhaltig Zirkonkristalle). Auch Cancrinit kann in einigen Nephelinsyeniten vorhanden sein. Aus Nephelinsyeniten und den sie durchschlagenden Pegmatiten konnten bisher eine große Zahl von interessanten und auch seltenen Mineralen berichtet werden.

Bedingt durch die Anwesenheit von Feldspatvertretern ist Nephelinsyenit ein typisches Alkaligestein. Streckeisen (1978) definierte in der IUGS-Klassifikation Nephelinsyenit noch wie folgt mit den beiden Bedingungen:

  • 10 % < F/(F + A + P) < 60 % und
  • P/(A + P) < 10 %,

wobei F Feldspatvertreter sind, A der Alkalifeldspat und P der Plagioklas (in Volumenprozent). Mittlerweile wird Nephelinsyenit im QAPF-Diagramm dem Feld 11 des Foidsyenits zugeordnet, mit Nephelin als häufigsten Feldspatvertreter. Ist der Nephelingehalt geringer als 10 Volumenprozent, so wird von einem Alkalisyenit oder auch Pulaskit gesprochen. Ohne jeden Quarz und Nephelin von Alkalisyenit oder nur von Syenit.

Chemische Zusammensetzung

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Dünnschliff eines Nephelinsyenits aus dem Intrusivkomplex von Tanguá, Rio de Janeiro, Brasilien

Die chemischen Besonderheiten von Nephelinsyeniten sind recht deutlich. Sie sind sehr reich an Alkalien (Natrium und Kalium) und an Aluminium – daher auch ihr Reichtum an Feldspatvertretern und Alkalifeldspäten. Ihr SiO2-Gehalt schwankt hierbei meist zwischen 50 und 56 Gewichtsprozent. Die Konzentrationen von CaO, MgO und FeO sind schwankend, jedoch nicht allzu hoch.

Charakteristisch für Nephelinsyenite ist ihr hohes Verhältnis von (Na2O + K2O)/SiO2 und von (Na2O + K2O)/Al2O3. Dies drückt sich in der Gegenwart von Nephelin und in alkalischen mafischen Mineralen aus. Deswegen wird Nephelinsyenit geochemisch auch als Alkaligestein klassifiziert. Die niedrigen Eisen- und Magnesiumgehalte (insgesamt etwa 3 Gewichtsprozent) lassen das Gestein als felsisch erscheinen. Aufgrund des oft bis zu 62 Gewichtsprozent variierenden, nicht allzu hohen SiO2-Gehalts entspricht der Nephelinsyenit jedoch viel eher einem intermediären Gestein – äquivalent zu Andesit und/oder Diorit. Leichte Seltene Erden (LREE) sind sehr stark angereichert und geben zu erkennen, dass das Magma zu einem hohen Grad differenzierte.

Es folgt eine Auflistung eines weltweiten Durchschnitt-Nephelinsyenits durch Barker (1983), in der die Oxide in Gewichtsprozent aufgeführt sind.[3] Zum Vergleich zwei Canadite (grobkörnige Nephelinsyenite) aus der Ukraine[4] und zwei Nephelinsyenite aus Malawi.[5]

Oxid
Gew. %
Durchschnitt Canadit, Ukraine Canadit, Ukraine Chaone, Malawi Junguni, Malawi
SiO2 54,99 49,60 53,92 61,36 54,19
TiO2 0,60 0,08 0,47 0,78 0,33
Al2O3 20,96 19,17 17,14 18,95 23,53
Fe2O3 2,25 1,36 1,53 2,94 tot 2,16 tot
FeO 2,05 4,90 6,19
MnO 0,15 0,10 0,08 0,11 0,08
MgO 0,77 2,00 2,02 0,76 0,07
CaO 2,31 6,02 3,50 1,43 0,76
Na2O 8,23 7,34 6,42 6,37 12,26
K2O 5,58 2,97 4,49 6,32 5,51
P2O5 0,13 0,45 0,64 0,23 0,05

Der Durchschnitts-Nephelinsyenit enthält normativ ungefähr 22 Gewichtsprozent Nephelin und 66 Gewichtsprozent Feldspat.

Äußere Erscheinung

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Nephelinsyenit vom Beemerville Complex im Norden New Jerseys – unverwittert (links) und verwittert (rechts)

Nephelinsyenite ähneln in ihrer äußeren Erscheinung Graniten, wobei der wesentliche Unterschied im Auftreten vom Feldspatvertreter Nephelin und dem Fehlen von Quarz begründet liegt. Biotit hat generell recht niedrige Gehalte und die hauptsächlichen mafischen Minerale sind (±) Klinopyroxen und (±) Amphibol. Ihre gewöhnliche graue Farbe ist etwas dunkler als bei Graniten. Recht seltener, hochgradig metamorphosierter Nephelinsyenit mit Gneistextur (Nephelinsyenitgneis) wird als Litchfieldit bezeichnet. Ein Beispiel hierfür findet sich bei Canaã, Rio de Janeiro, in Brasilien.

Nephelinsyenite sind holokristallin, ihre Körner sind normalerweise gleichkörnig und in etwa gleichförmig ausgerichtet. Die Korngröße schwankt gewöhnlich zwischen 2 und 5 Millimeter. In seltenen Fällen führt das Gestein Phänokristalle von Alkalifeldspat, die 2 bis 5 Zentimeter lang und 0,5 bis 2,0 Zentimeter dick werden können. Die ausgerichteten Phänokristalle veranschaulichen Kumulattextur.

Nephelinsyenite (und deren Varietäten) sowie Phonolithe finden sich in Australien (Tasmanien), in Brasilien, in China, in Deutschland (Kaiserstuhl), in Finnland, auf Grönland, in Indien, im Kamerun, auf Kap Verde, in Kanada (Britisch-Kolumbien und Ontario), in Italien, auf Madagascar, in Malawi, in Norwegen, in den Pyrenäen, in Schottland, in Schweden, in Südafrika im Transvaal, auf Timor, in Tschechien, in Turkestan, in der Ukraine, im Ural, in den Vereinigten Staaten (so im Magnet Cove igneous complex in Arkansas, im Beemervile-Komplex im Norden New Jerseys,[6] in Massachusetts, in den Bergen der Central Montana Alkali Province in Montana[7] und in Texas), in der Westsahara sowie auf ozeanischen Inseln.

Phonolithlaven haben sich im Ostafrikanischen Grabenbruch in enormen Ausmaßen gebildet, so dass ihr dortiges Volumen womöglich das Volumen aller anderen Phonolithe übersteigt.[3]

Auch im Bushveld-Komplex finden sich Nephelin-normative Gesteine, die möglicherweise durch das partielle Aufschmelzen der äußeren Hülle dieser großen ultramafischen Lagenintrusion entstanden waren.

Generell sind Nephelinsyenite relativ seltene Gesteine. In Großbritannien (im Borralan-Komplex in Schottland), in Frankreich und in Portugal ist jeweils nur ein einziges Vorkommen kekannt. In Finnland, Norwegen und Schweden bestehen aber mehrere Vorkommen.

Litchfieldit aus Rio de Janeiro, Brasilien

Es gibt eine große Anzahl kieselsäure-untersättigter Gesteine und peralkalischer Magmatite, erkennbar an vielen örtlichen Varietätsnamen. Meist handelt es sich hierbei um Nephelinsyenite, die sich durch ein oder mehrere seltene Mineralien auszeichnen.

Nephelinsyenite von der Serra do Tinguá in Brasilien führen Sodalith und oft reichhaltig Augit. Ganz ähnlich auch die Vorkommen von Zwarte Koppies in Transvaal, in Madagascar, in São Paulo in Brasilien, am Paisano Pass in Westtexas und bei Montreal in Quebec. Das Vorkommen von Salem in Massachusetts ist ein Glimmer-Foyait reich an Albit und Aegirin. Es ist mit Granit und Essexit assoziiert.

Die Varietät Litchfieldit ist ein Nephelinsyenit mit mehrheitlich Albit. Sie steht in verstreuten Blöcken bei Litchfield in Maine an. Charakteristisch neben Albit sind ferner die Minerale Biotit, Cancrinit und Sodalith. Sehr ähnlich ist auch der Nephelinsyenit aus dem Hastings County in Ontario, der praktisch nur Albit führt und keinerlei Orthoklas. Dieses Gestein ist außerdem sehr reich an Cancrinit, Sodalith, Skapolith, Calcit, Biotit und Hornblende.

Die Varietät Lujaurit ist wesentlich dunkler als der Litchfieldit – was auf Minerale wie Augit, Aegirin, Arfvedsonit und andere Amphibole zurückzuführen ist. Typische Beispiele stammen aus Lujaur am Weißen Meer, wo Lujaurite zusammen mit Umptekiten und anderen seltsamen Gesteinen auftreten. Lujaurite sind oft parallelgebändert mit gneisartigem Gefüge.

Zur Gruppe der Lujaurite zählen auch die Sodalithsyenite von Julianehaab in Grönland. Diese manifestieren Pseudoleucite (Pseudomorphosen von Leucit) an ihren Rändern. In ihnen hat Sodalith nahezu oder vollständig Nephelin verdrängt. Neben Perthiten aus Mikroklin enthalten diese Gesteine Aegirin, Arfvedsonit und Eudialyt.

Cancrinitsyenit mit einem hohen Prozentsatz an Cancrinit kommt aus Dalarna in Schweden und wird auch in Finland angetroffen. Urtit von Lujaur Urt am Weißen Meer wird hauptsächlich von Nephelin aufgebaut – mit Aegirin und Apatit als Zusätze, jedoch keinerlei Feldspat. Der Jacupirangit von Jacupiranga in Brasilien ist ein schwärzliches Gestein – zusammengesetzt aus Titanaugit, Magnetit, Ilmenit, Perovskit und Nephelin sowie sekundärem Biotit.

Hierzu gehören beispielsweise die Foyaite (benannt nach der Serra de Monchique im Süden Portugals). Foyaite sind Alklifeldspat-Nephelinsyenite, die weniger als 10 Volumenprozent an ferromagnesischen Mineralen enthalten, darunter Pyroxene, Hornblende und Biotit.

Oder Laurdalite (benannt nach Laurdal in Norwegen. Dies sind graue oder auch rosafarbene Gesteine, die in vieler Hinsicht den Larvikiten Südnorwegens ähneln, mit denen sie auch vergesellschaftet sein können. Laurdalite bestehen aus Anorthoklas, Biotit, grünem Augit, recht reichhaltig Apatit und in seltenen Fällen auch Olivin.

Ditroite sind Nephelinsyenite, die nach Ditrău in Siebenbürgen (Rumänien) benannt sind. Ihre Zusammensetzung ist Mikroklin, Sodalith, Cancrinit, ferner Orthoklas, Nephelin, Biotit und Aegirin (Akmit).

An Kieselsäure untersättigte Magmatite bilden sich typischerweise durch partielles Aufschmelzen im Erdmantel. Die Aufschmelzrate ist hierbei sehr gering. Im Aufschmelzgebiet kann Kohlendioxid Wasser durchaus an Bedeutung übertreffen. Die so entstandenen Magmen kommen in sehr unterschiedlichen geologischen Environments vor – so beispielsweise in kontinentalen Grabenbrüchen und Riftzonen, auf ozeanischen Inseln und oberhalb von Subduktionszonen. Nephelinsyenite und Phonolithe können durch fraktionierte Kristallisation oder durch partielles Aufschmelzen aus mafischeren, untersättigten Mantelschmelzen hervorgehen. Magmatite, die als Normmineral Nephelin aufweisen, sind gewöhnlich mit anderen ungewöhnlichen Magmatiten wie beispielsweise Karbonatit assoziiert.

Da Nephelinsyenite keinen Quarz enthalten und sehr reich an Feldspat und Nephelin sind, finden sie Verwendung in der Glas- und Keramikindustrie als feuerfeste Werkstoffe, in Pigmenten und als Zuschlagsstoffe. Das Gestein wird hierbei zermahlen und die dunklen Minerale sorgfältig aussortiert, so dass eine Mixtur von hauptsächlich Feldspat und Nephelin übrig bleibt. Diese Mixtur enthält mehr an Alkalien und Aluminium, jedoch weniger an Feldspat und Kieselsäure als in aus Pegmatiten gewonnenen Feldspäten normalerweise vorhanden ist, sie ist somit ein besserer Rohstoff. Im Jahr 1994 betrug die Produktion von Nephelinsyenit in Kanada 600.000 Tonnen und in Norwegen 330.000 Tonnen – den beiden größten Erzeugerländern.

Als Ausgangsstoff zur Glasherstellung gelten folgende Anforderungen:

  • Al2O3 >23 %
  • Na2O + K2O >14 %
  • Fe2O3 <0,1 %.

Wichtig ist das Nichtvorhandensein refraktorischer Minerale. Der Ausgangsstoff wird grob zerrieben, typisch sind dabei die Siebstärken -40# bis +200#.

Neuerdings wird Nephelinsyenit auch als Rohstoff zur Herstellung von Kalidünger angesehen – was insbesonders für Entwicklungsländer von großem Interesse ist.[5]

Commons: Nephelinsyenit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Peter Kresten und Valentin R. Troll: The Alnö Carbonatite Complex, Central Sweden. In: GeoGuide. 2018, ISBN 978-3-319-90223-4, doi:10.1007/978-3-319-90224-1.
  2. Karl H. Rosenbusch: Mikroskopische Physiographie der Minerale und Gesteine. Vol. II. Massige Gesteine. Schweizerbart, Stuttgart 1877, S. 596.
  3. a b Daniel S. Barker: Igneous Rocks. Prentice-Hall, Inc., 1983, ISBN 0-13-450692-8, S. 417.
  4. A. V. Dubyna, S. G. Kryvdika und V. V. Sharygin: Geochemistry of Alkali and Nepheline Syenites of the Ukrainian Shield: ICPMS Data. In: Geochemistry International. Vol. 52, No. 10, 2014, S. 842–856.
  5. a b Annock Gabriel Chiwona, Joaquín A. Cortés, Rachel G. Gaulton und David A. C. Manning: Petrology and geochemistry of selected nepheline syenites from Malawi and their potential as alternative potash sources. In: Journal of African Earth Sciences. Band 164, 2020, doi:10.1016/j.jafrearsci.2020.103769.
  6. G. N. Eby: The Beemerville alkaline complex, northern New Jersey. In: J. A. Harper, Journey along the Taconic unconformity, northeastern Pennsylvania, New Jersey, and southeastern New York (Hrsg.): Guidebook, 77th Annual Field Conference of Pennsylvania Geologists. Shawnee on Delaware, PA 2012, S. 85–91.
  7. S. W. Wallace: The petrology of the Judith Mountains, Fergus County, Montana. U.S. Geological Survey, 1953.