Phaleristik
Phaleristik oder Ordenskunde (von lateinisch phalerae „Brustschmuck“) bezeichnet eine historische Hilfswissenschaft, die allgemein die Orden sowie die Ehrenzeichen und staatlichen Auszeichnungen mit ihrem Zubehör (z. B. Verleihungsurkunden, Statuten) in geschichtlicher, soziologischer und kunstgeschichtlicher Dimension erfasst, sammelt und dokumentiert.
Herkunft des Wortes Phaleristik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auszeichnungen waren bereits im Altertum bekannt und hatten ausschließlich den Charakter einer militärischen Belohnung. Diese Auszeichnungen stellten echte Löhne für bestimmte Verdienste dar. Sie unterschieden sich erheblich von den späteren mittelalterlichen, auch neuzeitlichen Orden, welche vor allem ein Zeichen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Organisation darstellten, obwohl sie auch Belohnungen für hervorragende Taten waren.
Bereits im alten Griechenland begegnet man dem Begriff tà phálara, der ein kleines rundes oder halbmondförmiges Schild bezeichnet. Es hing ursprünglich den Pferden an der Brust, stellt jedoch im übertragenen Sinn des Wortes die älteste Form der Auszeichnung dar, die sichtbar an der Brust des Kriegers getragen wurde. Die Römer übernahmen später diese Medaillons. Das Wort phalera war dann bereits stellvertretend für den Begriff einer wirklichen Auszeichnung.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Besonders im 20. Jahrhundert etablierte sich die Phaleristik in Abgrenzung und Korrespondenz vor allem zur Heraldik und insbesondere aus der Numismatik heraus.
Die modernen Orden sind eine Entwicklung des 18. und 19. Jahrhunderts, als Vorgänger können die geistlichen und weltlichen Ritterorden des Mittelalters angesehen werden. Beispiele hierfür sind der Orden vom Goldenen Vlies oder der angesehenste europäische Orden, der sogenannte Hosenbandorden (1348). Waren Orden im 17. und 18. Jahrhundert als Zeichen besonderer Bindung an den Souverän des Absolutismus gedacht und weniger als Belohnung für zivile oder militärische Verdienste, wandelte sich diese Sicht mit der Stiftung mehrstufiger Auszeichnungen wie z. B. des askanischen Hausordens Albrechts des Bären oder des Preußischen Kronenordens. Im Laufe des 19. Jahrhunderts erlebte das Ordenswesen einen raschen Aufschwung, zahlreiche Orden wurden abgestuft und durch Beigabe von Eichenlaub, Schwertern und dergleichen ausdifferenziert. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Rote-Adler-Orden.
In der Zeit der Weimarer Republik wurde das gesamte Ordenswesen abgeschafft. In der Zeit des Nationalsozialismus (1933 bis 1945) erreichten Zahl und Bandbreite der Auszeichnungen eine Hochzeit.
Auch die DDR verlieh zahlreiche Auszeichnungen, häufig einstufige (siehe Liste der staatlichen und nichtstaatlichen Auszeichnungen der DDR).
Heute gibt es als Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland (Bundesverdienstkreuz), die Verdienstorden der deutschen Bundesländer und einige wenige weitere.
Seit 1974 besteht die Deutsche Gesellschaft für Ordenskunde.
Die Phaleristik ist als geschichtswissenschaftliche Subdisziplin etabliert. Sie untersucht üblicherweise die Orden und Ehrenzeichen „losgelöst von ihren Trägern“ und hat daher wenig Anschluss an die sonstige geschichtswissenschaftliche Forschung.[1] In neuerer Zeit gibt es Versuche, diesen Zusammenhang wiederherzustellen, indem man Analysen von materiellen und symbolischen Bedeutungen von Orden etwa mit dem Ansehen der militärischen Ehre kontextualisiert. Damit wird die Phaleristik an die Mentalitätsgeschichte angebunden und im Zusammenhang mit der Geschichte von Normen, Leitbildern, Hierarchien und gesellschaftlichem Status untersucht.
Unterscheidung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bandschnalle
- Bandsteg
- Miniaturschluppe
- Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen
- Abzeichen
- Medaille
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eckart Henning, Dietrich Herfurth: Orden und Ehrenzeichen. Handbuch der Phaleristik. Böhlau, Köln 2010, ISBN 978-3-412-20617-8 (Enthält Bibliografie von über 500 Titeln).
- Maximilian Gritzner: Handbuch der Ritter- und Verdienstorden aller Kulturstaaten der Welt. Leipzig 1893 (Digitalisat des Originals im Internet Archive), Nachdruck des Originals: Reprint-Verlag, Holzminden 2000, ISBN 3-8262-0705-X.
- Václav Měřička: Orden und Auszeichnungen (Übersetzt von Hans Gaertner, bearbeitet von Fritz Kunter, Fotos von Josef Fiala). Artia, Praha 1966.
- Václav Měřička: Faleristik. Ein Buch über Ordenskunde. Übersetzt von Robert Fenzl, Fotos von Jindřich Marco. Artia, Prag 1976.
- Walter A. Schwarz: Verleihe ich Ihnen ...: Die militärischen Auszeichnungen der Republik Österreich und deren Vorgänger. Bundesministerium für Landesverteidigung, Wien 2004, ISBN 3-902455-01-2.
- Walter A. Schwarz: Vergänglicher Glanz ...: Altösterreichs Orden, Katalog zur Ausstellung des Österreichischen Staatsarchivs und der Gesellschaft für Ordenskunde – Haus-, Hof- und Staatsarchiv 5. Mai bis 7. Oktober 2005. Fassbaender, Wien 2005, ISBN 3-900538-84-0.
- Jörg Nimmergut: Bibliographie zur deutschen Phaleristik. Übersicht über das gesamte Schrifttum zu deutschen Orden und Ehrenzeichen bis 31.12.2007. Battenberg, Regenstauf 2010, ISBN 978-3-86646-060-7.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Österreichische Gesellschaft für Ordenskunde. In: ordenskunde.at.
- Deutsche Gesellschaft für Ordenskunde e. V. – Verein für Phaleristik. In: deutsche-gesellschaft-fuer-ordenskunde.de. (Herausgeberin der Zeitschrift Orden und Ehrenzeichen (vormals „Orden-Militaria-Magazin“).).
- Ordenskunde-Home. In: ordenskunde.info. (Institut für Auszeichnungswesen und Uniformkunde).
- Compendium heroicum: Orden und Ehrenzeichen doi:10.6094/heroicum/orden
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ralph Winkle: Der Dank des Vaterlandes. Eine Symbolgeschichte des Eisernen Kreuzes 1914 bis 1936. Klartext-Verlag, Essen 2007, ISBN 978-3-89861-610-2, S. 18.