Sadri Berisha

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Passfoto Sadri Berisha
Passfoto Sadri Berisha

Sadri Berisha (* 8. Februar 1937; † 8. Juli 1992) war ein kosovo-albanischer Gastarbeiter in Deutschland, der Opfer eines tödlichen Angriffs durch Neonazis wurde. Der Überfall fand in der Nacht auf den 8. Juli 1992 in einer Unterkunft in Kemnat statt und endete mit dem Mord an Sadri Berisha und einem versuchten Mord an seinem Landsmann Sahit Elezaj. Diese Tat war ein Ausdruck der rassistischen Gewalt, die in den frühen 1990er Jahren in Deutschland auf dem Vormarsch war.

Der Mord an Sadri Berisha und der versuchte Mord an Sahit Elezaj

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Hintergrund und Tatnacht

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In der Nacht zum 8. Juli 1992 stürmten sieben Neonazis eine Unterkunft in Ostfildern-Kemnat, in der zwei kosovo-albanische Gastarbeiter[1] schliefen. Die Angreifer hatten sich zuvor in einer Kneipe getroffen und anschließend in einer Wohnung Hitler-Reden und Rechtsrock gehört, um sich auf die Tat einzustimmen. Die Gruppe beschloss, „Polacken zu klatschen“ und randalierte schließlich in der Unterkunft für jugoslawische Bauarbeiter.

Sadri Berisha, 55 Jahre alt, wurde durch zwei Schläge auf den Hinterkopf mit einem Baseballschläger getötet. Sahit Elezaj, 46 Jahre alt, überlebte den Angriff trotz schwerer Kopfverletzungen. Der Tatort, das Haus in der Hagäckerstraße 5 in Kemnat, existiert heute nicht mehr[2].

Die Tat und die Täter

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Am Abend des 7. Juli 1992 trafen sich die Täter, alle im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, in ihrer Stammkneipe und hörten später Hitler-Reden und Rechtsrock, um sich in Stimmung zu bringen. Bewaffnet mit Baseballschlägern, einer Gaspistole und einem Metallrohr zogen sie gegen 1:30 Uhr los. Sie brachen in die Unterkunft ein und schlugen brutal auf die schlafenden Männer ein. Sadri Berisha starb sofort an den Folgen der Schläge, während Sahit Elezaj schwer verletzt überlebte.

Die Polizei klärte die Tat innerhalb von 20 Stunden auf. Die beiden Haupttäter aus der örtlichen Skinhead-Szene wurden dem Haftrichter vorgeführt, zusammen mit vier weiteren Beteiligten. Die Gruppe bestand aus jungen Männern aus Kemnat und Leipzig.

Reaktionen und gesellschaftliche Verantwortung

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Der Bürgermeister von Ostfildern, Herbert Rösch, zeigte sich entsetzt und betroffen. Die Tat erschütterte die gesamte Bevölkerung und machte die Verachtung und den Hass der Täter deutlich. Die Esslinger Zeitung und andere Medien berichteten ausführlich über den Fall und die brutalen Umstände des Angriffs.

Sadri Berisha wurde am 8. Februar 1937 in Krusevac, Kosovo, geboren. Er hinterließ seine Frau Hata und die Kinder Emine, Khevdet und Valdet. Er arbeitete seit 21 Jahren in Deutschland und galt als ruhiger und friedfertiger Mensch.

Sahit Elezaj stammt aus Damjane, Kosovo, und ist Vater von sieben Kindern. Seine Familie durfte nach dem Angriff nach Deutschland nachziehen.

Der Mordprozess vor der Jugendkammer des Stuttgarter Landgerichts war das erste bundesweite Verfahren gegen Gewalttäter, die aus Fremdenfeindlichkeit handelten. Die Verhandlung zeigte die zerrütteten Familienverhältnisse und den Alkoholkonsum der Täter, sowie den gesellschaftlichen Kontext, der solche Taten ermöglichte.

Am 13. Mai 1993 wurde das Urteil verkündet:

  • Thomas Wede (25), der Haupttäter, erhielt eine lebenslange Haftstrafe wegen gemeinschaftlichen Mordes und versuchten Mordes.
  • Michael Drigalla (21) wurde wegen Mordes und versuchten Mordes zu 9 Jahren Jugendstrafe verurteilt.
  • Frank Neumann (22)und Roland Wede (23) erhielten jeweils 7 Jahre Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung.
  • Klaus-Dieter Angelbauer (21) erhielt eine zweijährige Bewährungsstrafe.
  • René Jähn (20) und Michael Grammdorf (31) wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt und mussten Wiedergutmachungszahlungen leisten.

Gesellschaftliche Verantwortung

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Der Esslinger Professor für Sozialpädagogik, Kurt Senne, betonte die Verantwortung der Gesellschaft und stellte die Tat in den Kontext anderer fremdenfeindlicher Übergriffe in Deutschland. Die öffentliche Reaktion zeigte sowohl Entsetzen als auch eine Entpolitisierung der Täter und Tatmotive.

Erinnerung und Vergessen

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2022 jährte sich der Mord an Sadri Berisha zum 30. Mal, ohne dass die Öffentlichkeit davon Notiz nahm. Ein öffentliches Gedenken fehlt bis heute weitgehend[3], und außer einem Aufkleber der "Kemnater Achsen" gibt es keine Erinnerung im Stadtraum[4].

Bundesweiter Kontext und Kontinuität

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Die Tat in Kemnat reiht sich in eine Folge fremdenfeindlicher Anschläge[5] in Deutschland ein, die 1990 begannen und in Ereignissen wie den Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen 1992 und dem Mordanschlag von Solingen 1993 gipfelten.

Die Mordserie des NSU und der Anschlag von Hanau 2020 zeigen die fortgesetzte Präsenz rassistischer Gewalt in Deutschland.

Einzelnachweise

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  1. Zeitzeuge Murat Kryeziu: Der Mord an Sadri Berisha in Ostfildern-Kemnat am 8. Juli 1992. 9. Juli 2024, abgerufen am 10. Juli 2024.
  2. Klaus Illi: Sadri Berisha + Sahit Elezaj. Abgerufen am 10. Juli 2024 (deutsch).
  3. Gabriele Fischer: (Un)doing memory – fehlendes Erinnern an Todesopfer rechter Gewalt. Rekonstruktionen anhand eines Mordes im Landkreis Esslingen 1992. In: SpringerLink. Abgerufen am 10. Juli 2024 (deutsch).
  4. Klaus Illi: Ge-Denkort. Abgerufen am 10. Juli 2024 (deutsch).
  5. Sadri Berisha. In: Amadeu Antonio Stiftung. 8. Juli 1992, abgerufen am 10. Juli 2024 (deutsch).