Satz von Wintner-Wielandt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Satz von Wintner-Wielandt ist ein mathematischer Lehrsatz aus der Theorie der linearen Operatoren, einem Teilgebiet der Funktionalanalysis, das enge Verbindungen zur theoretischen Physik aufweist. Er geht in seiner ursprünglichen Fassung zurück auf Aurel Wintner (1903–1958)[1] und Helmut Wielandt (1910–2001)[2] und gibt Aufschluss über die Frage, inwieweit die quantenmechanischen Grundoperatoren, welche mit der heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation verknüpft sind, als beschränkte Operatoren existieren.[3][4]

Im Zusammenhang mit dem Satz von Wintner-Wielandt entstand eine Reihe von weitergehenden Untersuchungen.

Formulierung des Satzes

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Satz lässt sich folgendermaßen formulieren:[3][5]

Gegeben sei ein normierter Vektorraum und dazu die normierte Algebra der beschränkten linearen Operatoren von , versehen mit der Operatornorm . Der Identitätsoperator von werde mit bezeichnet.

Für zwei lineare Operatoren und auf und einen (reellen oder komplexen) Skalar sei unter (H) die folgende Gleichung (heisenbergsche Vertauschungsrelation[2]) verstanden:

(H)   [6]

Dann gilt:

Die Gleichung (H) ist dann und nur dann erfüllbar, wenn ist, also genau dann, wenn und miteinander vertauschbar sind.

Wintner hat einen Beweis mit Hilfe der Spektraltheorie geliefert.[7]

Einen anderen und allgemeineren, dabei leichter zugänglichen Beweis gab Wielandt.[2][8] Der Beweis von Wielandt lässt sich wie folgt darstellen:

I: Ausweitung der heisenbergschen Vertauschungsrelation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wegen [9] lässt sich die heisenbergsche Vertauschungsrelation für jedes auf die folgende Identität ausweiten:

(H1)   [10]

Dies ergibt sich mittels vollständiger Induktion:

Induktionsanfang:

Den Induktionsanfang für liefert (H) selbst.

Induktionsschritt :

 [11]

Mit der Induktionsvoraussetzung ergibt sich mittels Einsetzen weiter:

Somit folgt:

II: Eigentlicher Widerspruchsbeweis

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nun wird als Widerspruchsannahme als gegeben angesehen.

Dann folgt zunächst mit (H), dass nicht der Nulloperator sein kann, und wegen (H1) gilt dies dann für jedes und jedes in gleicher Weise.[12]

Andererseits erhält man aus (H1)[13] für jedes die folgende Abschätzung:

Also weiter:

Also schließlich:

Nun kann man durch teilen[14] und erhält für jedes :

(H2)  

Mit (H2) gelangt man wie gewünscht zu einem Widerspruch, denn die Menge der natürlichen Zahlen hat innerhalb der reellen Zahlen keine obere Schranke.

Es muss demnach gelten. Dies aber besagt, dass der Nulloperator ist, was gleichbedeutend mit ist.

Zusammenhang mit den quantenmechanischen Grundoperatoren

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Satz von Wintner-Wielandt impliziert, dass die quantenmechanischen Grundoperatoren nicht sämtlich beschränkt sein können, also unstetig sein müssen.[3][4] Insbesondere können die Hilberträume der Quantenmechanik nicht von endlicher Dimension sein.

Weiterhin ist nachgewiesen, dass im Falle der Gültigkeit von (H) der Skalar stets rein imaginär, also ohne Realteil sein muss, wobei Voraussetzung ist, dass (H) überhaupt sinnvoll ist.[15]

Verallgemeinerung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie der Beweis zeigt, ist die Aussage des Satzes von Wintner-Wielandt in gleicher Weise für jede normierte Algebra mit Einselement gültig.[16]

Originalarbeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fußnoten und Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Wintner: Physical Rev. Band 71.
  2. a b c Wielandt: Math. Ann. Band 121.
  3. a b c Collatz, S. 77–79.
  4. a b Heuser, S. 102.
  5. Halmos, S. 126–127, 333.
  6. Wobei ist der sogenannte Kommutator der beiden Operatoren und .
  7. Halmos, S. 333.
  8. Halmos, S. 126, bezeichnet die beiden Beweise als two beautiful proofs.
  9. In einer Operatoralgebra schreibt man für die Hintereinanderausführung zweier Operatoren und aus Übersichtlichkeitsgründen oft statt .
  10. Hier ist zu beachten.
  11. Denn nach Ausmultiplizieren heben sich die beiden mittleren Terme weg.
  12. Dies zeigt man ausgehend von (H1) mit Hilfe eines weiteren Induktionsbeweises.
  13. Von rechts nach links gelesen!
  14. Da nicht der Nulloperator ist, gilt .
  15. v. Neumann, S. 123.
  16. Halmos, S. 126.