Sonntagsversammlung

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Die Sonntagsversammlung (englisch Sunday Assembly) bezeichnet eine Versammlung nichtreligiöser Menschen, die von den britischen Komikern Sanderson Jones und Pippa Evans im Januar 2013 in London erstmals durchgeführt wurde. Die Versammlung hat in erster Linie das Ziel, konfessionslose Menschen zusammenzubringen und ihnen ein positives Gemeinschaftserlebnis zu bieten, das auf Bezüge zu religiösen Vorstellungen verzichtet. Das Motto der Sunday Assembly lautet: „Live better, help often and wonder more“ – auf Deutsch etwa „Lebe besser, hilf oft, staune mehr“ bzw. „Lebe besser, hilf oft, denk mehr nach“.

Sanderson Jones und Pippa Evans knüpften bei ihrer Konzeption der Sonntagsversammlungen durchaus an christliche Kirchen an, jedoch ohne sich dabei auf den Glauben an einen Gott zu beziehen. „Aber ich dachte mir: Wenn ich in meinen Schuhen einen Stein finde, schmeiß ich ja auch nicht die Schuhe weg, sondern den Stein. Also flog bei unserer Assembly einfach Gott raus“, so Jones.[1]

Während der Sonntagsversammlungen hören die Besucher kurze Vorträge von Sprechern, die durch ihre eigene Arbeit in wissenschaftlichen oder philosophischen Bereichen Bekanntheit erlangt haben, singen gemeinsam Popsongs und knüpfen Kontakte zu anderen „Gemeindemitgliedern“.[2] In den angelsächsischen Gemeinden wird vorwiegend englischsprachiges Liedgut gespielt, beispielsweise von Stevie Wonder und Queen.[3][4] In den deutschen Gemeinden werden sowohl deutsche als auch englische Texte verschiedener Interpreten gesungen. Es werden philosophische und naturwissenschaftliche Texte vorgetragen.[1]

Obwohl die Sonntagsversammlung sich in erster Linie an nichtreligiöse Menschen richtet, sind auch religiöse Menschen ausdrücklich zum Besuch eingeladen: „Jede und jeder ist willkommen, unabhängig von seinem Glauben – dies ist ein Ort der Liebe, der für Offenheit und Akzeptanz steht.“[5]

Laut einem Bericht der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen hat der Gründer die Londoner Assembly als Reaktion auf das Brexit-Votum und den Wahlsieg des US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trumps verlassen. Jones wolle nun „neue Orte der Liebe und Toleranz“ schaffen, hieß es. „Alles, was ich tun möchte, ist, Menschen dabei zu helfen, radikale Räume zu schaffen, in denen wir uns in unserer Menschlichkeit verbinden können“, so der Assembly-Gründer.[6]

Lokale Versammlungen

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Die bisher mehr als 150 Tochter-Versammlungen[7] müssen eine grundlegende Satzung (Charta) akzeptieren. Die Charta legt die Prinzipien der Sonntagsversammlung und einige Regeln dar, die wenigstens einige Zeit lang befolgt werden müssen.[8][9] Bis Oktober 2014 wurden lokale Versammlungen in Großbritannien, den USA, Australien, Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Ungarn gegründet.[10] In Berlin fanden bis Juni 2015 zehn Sonntagsversammlungen statt.[11] Die deutsche Assembly-Initiative wurde anfangs vom Humanistischen Verband Deutschlands gefördert.[12][13] Zurzeit gibt es deutsche Veranstaltungen in Hamburg und gefördert vom Bund für Geistesfreiheit in München.[14]

Die Komiker Sanderson Jones und Pippa Evans etablierten die erste Sonntagsversammlung in Nord-London im Januar 2013. Dabei wollten „beide etwas wie eine Kirche machen, aber ohne Gott.“[3] Die erste Veranstaltung, die von über 300 Menschen besucht wurde, fand in einer profanierten Kirche in Islington statt.[15] Auf Grund der begrenzten Ausmaße dieses Veranstaltungsortes wurden die weiteren Treffen in der Conway Hall der Conway Hall Ethical Society in London abgehalten.[16] Seither finden die Veranstaltungen zweimal monatlich mit bis zu 600 Teilnehmern statt.[17][18]

Im Oktober 2013 initiierte Sunday Assembly eine Kampagne zur Schwarmfinanzierung auf Indiegogo mit dem Ziel, 500.000 Pfund einzunehmen. Mit diesem Geld wurde eine digitale Plattform aufgebaut, die wiederum das Wachstum der Organisation fördern sollte. Die Plattform ist so gestaltet, dass sie als Hilfsmittel für Menschen dienen kann, die ihre eigene Versammlung ins Leben rufen und sich mit anderen vernetzen möchten.[19]

Das Internet-Magazin Salon.com berichtete über eine Aussage von Sanderson Jones, dieser erwarte nicht viel Kritik von religiösen Gemeinschaften. Diese seien froh, dass „wir ihr Modell von Kirche verwenden.“ Allerdings hielt er es für möglich, dass „aggressivere Atheisten damit ein Problem haben könnten.“[20] Kimberly Winston vom Religion News Service stellte fest, dass manche Menschen hinter den Sonntagsversammlungen eine Methode zum Geldverdienen vermuteten.[21] Der nordirische Abgeordnete im britischen Unterhaus William McCrea, ein Geistlicher der Freien Presbyterianische Kirche, bezeichnete die Versammlung als „in hohem Maße unangemessen“.[22] Sanderson Jones entgegnete Kritik an der Sonntagsversammlung mit den Worten: „Ich [denke] nicht, dass es in irgendeiner Form etwas grundsätzlich Elitäres an sich hat, wenn Menschen zusammenkommen, um Lieder zu singen, über sich selbst nachzudenken und ihre Gemeinschaft zu stärken. Aber wir freuen uns darauf, dass Menschen an allen möglichen Orten [die Sonntagsversammlungen] auf alle möglichen Arten organisieren, so dass sie auf alle möglichen Menschen anziehend wirken.“[8]

Einzelnachweise

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  1. a b Walter Otte: Sonntagsversammlungen erstmals auch in Deutschland. In: Humanistischer Pressedienst. Sunday Assembly, 19. September 2014, abgerufen am 19. September 2014.
  2. Hackney’s atheist church aims to ‘do good without God’ as it prepares for world tour. In: Hackney Citizen. 9. Oktober 2013, abgerufen am 6. November 2013 (englisch).
  3. a b Robert Pigott: Doing church without God. In: BBC News. 1. November 2013, abgerufen am 2. November 2013 (englisch).
  4. Simmy Richman: The Bonus Track: Sunday Assembly wants you, Daughter get lucky, froggin' country and Midlake's new video. In: The Independent, London. 27. Oktober 2013, abgerufen am 2. November 2013 (englisch).
  5. Deutsche Fassung der Charta, abgerufen am 17. Oktober 2014
  6. EZW-Newsletter vom 21. November 2016, abgerufen am 30. November 2016
  7. Local Assemblies (Memento des Originals vom 22. April 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/sundayassembly.com, Übersicht der bisher gegründeten lokalen Assemblies, abgerufen am 18. Januar 2015
  8. a b Esther Addley: Atheist Sunday Assembly branches out in first wave of expansion. In: The Guardian. 14. September 2013, abgerufen am 2. November 2013 (englisch).
  9. Deutsche Fassung der Charta, abgerufen am 17. Oktober 2014
  10. Local Assemblies. In: sundayassembly.com. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. April 2014; abgerufen am 17. Oktober 2014 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/sundayassembly.com
  11. Torsten Landsberg: Dieses schöne Gefühl der Gemeinschaft. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 8. Februar 2015, Seite 44. Online-Version
  12. "pro"-Medienmagazin: Atheisten feiern den Zufall, abgerufen am 17. Oktober 2014
  13. Werbeflyer vom April 2015 (Memento des Originals vom 17. Juni 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hvd-bb.de, abgerufen am 3. Mai 2015
  14. Ruth van Doornik: Sunday Assembly: Es ist eine Art Kirche - nur eben ohne Gott. In: DIE WELT. 22. Oktober 2017 (welt.de [abgerufen am 23. Oktober 2017]).
  15. Brian Wheeler: What happens at an atheist church? BBC News, 4. Februar 2013, abgerufen am 1. November 2013 (englisch).
  16. Wholly spirit. In: The Economist. 26. Oktober 2013, abgerufen am 2. November 2013 (englisch).
  17. Emma Jacobs: ‘Church without god’ looks for new ways of funding mission. In: Financial Times. 18. Oktober 2013, abgerufen am 2. November 2013 (englisch).
  18. Alom Shaha: Why non-belief needs diversity. In: New Humanist. 10. April 2014, S. 28–30 (Online).
  19. Olivia Solon: 'Atheist church' seeks £500,000 in crowdfunding to build online platform. In: Wired.co.uk. 20. Oktober 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Oktober 2013; abgerufen am 2. November 2013 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wired.co.uk
  20. Katie Engelhart: Atheism starts its megachurch: Is it a religion now? Salon, abgerufen am 4. Dezember 2013 (englisch).
  21. Kimberly Winston: Sunday Assembly 'Atheist Church' Provokes Criticism. The Huffington Post, 29. November 2013, abgerufen am 4. Dezember 2013 (englisch).
  22. Adrian Rutherford: DUP MP criticises first Northern Ireland meeting of atheist 'church'. Belfast Telegraph, abgerufen am 4. Dezember 2013 (englisch).