St. Mauritius (Hardegsen)

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Stadtkirche St. Mauritius, Westseite

Die Stadtkirche St. Mauritius ist eine evangelisch-lutherische Kirche in Hardegsen in Niedersachsen. Die Kirchengemeinde gehört zum Kirchenkreis Leine-Solling im Sprengel Hildesheim-Göttingen der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.

Der Bau der Stadtkirche St. Mauritius wurde im Jahre 1423 von der Witwe des Herzogs Otto von Braunschweig, Herzogin Margarete, vollendet. Die St.-Mauritius-Kirche gilt als Nachfolgerin einer früheren Kirche, die wahrscheinlich an der gleichen Stelle ihren Standort hatte. Der Name des Heiligen Mauritius, der im 11. Jahrhundert häufig als Schutzheiliger für Kirchen gewählt wurde, deutet auf die ursprüngliche Kirche hin. Margarete ließ der Kirche zahlreiche Schenkungen und Güter zukommen und erhob sie zu einer ordentlichen Pfarrkirche. Ihrem Wunsch gemäß wurde sie in selbiger Kirche begraben, drei goldene Sparren um roten Felde bezeugen ihr Wappen, welches in der Kirche anzufinden ist. Ein weiterer Wohltäter der Kirche war der zweite Sohn Margaretes, Herzog Otto Cocles von Göttingen, der in einem noch erhaltenen Schenkungsbrief von 1424 der mit der Kirche verbundene St.-Georgs-Kapelle vermachte „den Tegen von Berthiehusen over negen Hofe Landes, mit dree Ferndel Landes darfülves uppe der Felmark belegen, dat vor tyden gewest is Hillen von Lengede, mit einem Vorwerk to Thüdinghusen von dree Hofen Landes, dat von den von Rostorp verstatt unde verpent was den geistliken Jungfrawen to Höckeln, dat ingequitet unde gelost ist von Vormünden der Capellen, und mit alß denne Hufe to Hardegeßen tegen der Kerken Gebues oppe syne Stede, de da gewesen is Heinemann Tiefogel unde ime ofgekost von Vormünden sülver Capellen“.[1] In einer Urkunde aus dem Jahre 1439 bestätigte der Nachfolger von Otto Cocles, Wilhelm I. jene Schenkung.

Das heutige Bild der St.-Mauritius-Kirche wurde durch viele Anbauten und Restaurierungen geprägt. Ende des 15. Jahrhunderts wurde eine durch die Bürgermeisterfamilie Winkelmann privat finanzierte Kapelle angebaut. Mit der Reformation wurden die bisher drei Altäre ab- und umgebaut, damit erfuhr die Kirche eine Neuordnung. Der Hardegser Chronist Johannes Letzner (1531–1631) erwähnt insgesamt neun Altäre für die Kirche, von denen fünf mit genauem Standort rekonstruiert werden konnten.[2] Der erste lutherische Gottesdienst wurde am 15. September 1540 gefeiert. In den Jahren 1579 und 1580 wurde die erste große Renovierung verzeichnet. 1747 galt das Kirchendach und der Glockenturm das erste Mal als baufällig. Der damalige Amtmann Wedemeier meldete: „Es scheint sehr erforderlich, daß das baufällige Kirchendach und der malade Kirchenthurm mit einer neuen Spitze versehen wird. Auch ist eine Reparation des gesambten Thurmes wohl unvermeidlich, weil sonst zu befürchten ist, daß beim Leuten oder einem starcken Windsturm die Glocken herabstürzen.“. Die Kosten der Sanierung konnten von der Kirche nicht bezahlt werden. Die Stadt Hardegsen zahlte die Differenz und wurde damit zum Eigentümer des Kirchturmes. Der eigentliche Umbau begann allerdings erst 18 Jahre später (im Jahre 1765) und dauerte 24 Jahre. Im Jahre 1789 war der umfassende Umbau abgeschlossen, und die Kirche erhielt damit ihren heutigen Grundriss. Erst in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde der Kirchturm von der Stadt an die Kirche zurückgegeben.

Weitere Renovierungen erfolgten:

  • 1861: König Georg von Hannover ließ die St.-Georgs-Kapelle und die darin befindlichen Kunstgegenstände renovieren
  • 1894 bis 1895: Die Außenmauern des Gebäudes wurden neu verfugt, die äußeren Pfeiler teils erneuert, teils verstärkt, der Chorraum wurde um zwei Stufen erhöht
  • 1928 bis 1930: Umbau der Empore, gesamte Neuausmalung der Kirche mit Sgraffito-Bild (Wanddekoration), Einbau der pneumatischen Orgel, Einbau der Ofenheizung
  • 1955 bis 1957: Renovierung
  • 1986 bis 1993: Das gesamte Gebäude mit dem Turm wurde von außen neu verfugt, die Kirche innen vermalt und eine neue Empore eingebaut. Mit dem Einbau einer Wand-Fußbank-Heizung (1993) endete diese Renovierung
  • 1996 Einbau der Edskes-Orgel
  • Juli 2005: Abschluss der Restaurierung der Großen Glocke und der stark verstümmelten zwei kleinen Glocken und deren Einbau
  • November 2005: Abbau des Glockenturm-Daches zur Komplettsanierung; dabei mussten die zuvor eingesetzten Glocken wieder ausgebaut werden

Die Große Glocke der Kirche ist ca. 500 Jahre alt und wurde im Jahre 2005 zusammen mit den beiden kleinen Glocken restauriert. Dabei stellte sich heraus, dass die beiden kleineren Glocken aus dem 13. Jahrhundert stammen müssen. Das Glockenwerk der St.-Mauritius-Kirche, ein gut erhaltenes mittelalterliches Bronzegeläut, stellt im gesamten norddeutschen Raum eine Rarität dar.

Beim Einbau der restaurierten Glocken erwies sich der Glockenturm erneut als baufällig. Der Turm wurde aufwändig saniert und das Geläut mit einer weiteren Glocke erweitert.

Edskes-Orgel im spätbarocken Gehäuse

Seit dem 16. Jahrhundert ist die Geschichte der Orgeln in der St.-Mauritius-Kirche bekannt. Die erste spätgotische Orgel wurde 1511 errichtet. Es gibt allerdings kaum Überlieferungen, wie diese Orgel ausgesehen hatte. Die zweite Orgel, eine Barockorgel, fertiggestellt im Jahre 1784, war das Werk des Orgelbauers Johann Justus Hansen. Die Orgel galt nach einem Gutachten aus dem Jahre 1927 als nicht mehr zu restaurieren und wurde 1930 durch eine pneumatische Orgel nach einer Disposition von Christhard Mahrenholz ersetzt. Diese Orgel versagte in der Adventszeit 1973 vollständig ihre Dienste, so dass von 1974 bis 1996 ein elektronisches Instrument als provisorischer Ersatz diente.

Im Jahre 1996 wurde von der Orgelbaufirma Bernhardt Edskes aus Wohlen die Edskes-Orgel mit 1706 Pfeifen unter Verwendung des Orgelgehäuses von 1784 auf der neuen Nordempore errichtet. Die Spieltischanlage der Orgel wurde entsprechend einer Skizze von Hansen gestaltet. Die Tastenbeläge wurden, wie in der alten Beschreibung festgehalten, aus Ebenholz und Elfenbein bzw. Bein gefertigt. Handwerklich wurde die gesamte Orgel ohne Verwendung von metallenen Nägeln oder Schrauben aufgebaut, und es fand nur riftgeschnittenes Massivholz Verarbeitung.

I Hauptwerk C–f3
Quintade 16′
Principal 8′
Hohlflöte 8′
Spitzgambe 8′
Octave 4′
Gemshorn 4′
Quinte 223
Superoctave 2′
Terz 135
Mixtur 4-fach 113
Trompete 8′
II Rückpositiv C–f3
Praestant 8′ D
Holzgedackt 8′
Principal 4′
Rohrflöte 4′
Octave 2′
Waldflöte 2′
Quinte 113
Sesquialtera 2-fach 223
Scharff 2-fach
Dulcian 8′
Cymbelstern
Pedal C–f1
Principalbass 16′
Subbass 16′
Oktavbass 8′
Gedackt 8′
Octave 4′
Octave 2′
Mixtur 3-fach
Posaune 16′
Trompete 8′
  • Manualkoppel (Schiebekoppel)
  • Tremulant
  • Sperrventil Hauptwerk, Sperrventil Rückpositiv

Anmerkungen

D: Diskant
Commons: St.-Mauritius-Kirche (Hardegsen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Daniel Konnerth, Gerhard Ropeter: Die Glocken von St. Mauritius Hardegsen: Festschrift zum Hardegser Glockenprojekt 2005–2006. Hardegsen, 2006.
  • Herbert Heere: Festschrift zur Weihe der Edskes-Orgel in St. Mauritius Hardegsen Pfingsten 1996. Hardegsen, 1996.

Einzelnachweise

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  1. Theodor Eckart: Hardegsen, Geschichte der Stadt und Burg. In: Geschichte Südhannoverscher Burgen und Klöster. 2. Auflage. Band III. Verlag von Bernhard Franke, Leipzig 1894, S. 25.
  2. Kristan, Ralf: Die Altäre der St.-Mauritius-Kirche zu Hardegsen in Mittelalter und Neuzeit. In: Göttinger Jahrbuch. Band 47. Geschichtsverein für Göttingen und Umgebung e.V., Göttingen 1999, ISBN 3-88452-377-5, S. 71–82.

Koordinaten: 51° 39′ 4,6″ N, 9° 49′ 42,2″ O