Stich (Textiltechnik)

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Lochstickerei mit Festonstich

Unter einem Stich versteht man in der Textiltechnik – insbesondere beim Nähen, Stopfen, Sticken und in der Fertigung von Nadelspitze – ein bestimmtes Muster der Fadenführung.

Eine grundlegende Unterscheidung ist die zwischen Hand- und Maschinenstichen.

Ein Stich ist von einer Naht zu unterscheiden. Nähte sind durch mehr als nur einen bestimmten Stich charakterisiert und umfassen über das Muster der Fadenführung hinaus z. B. auch die Art und Weise, wie die zu nähenden Stoffstücke sich zueinander verhalten, wie sie gefaltet sind und anderes mehr.

Handstiche (Auswahl)

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Vorstich (im unteren Teil des Bildes die Ansicht von der Seite)

Auch: Heftstich, Reihstich, Quiltstich. Der grundlegendste aller Stiche beim Nähen, Sticken und Stopfen, der aufgrund seiner Einfachheit meist auch als erster gelehrt wird. Der Faden wird dabei linear geführt, in gleichmäßigen Abständen abwechselnd über und unter dem Stoff.[1][2] Bei der Nähmethode (engl. sewing method) werden alle Ein- und Ausstiche von der Oberseite des Stoffes her ausgeführt, während bei der Stechmethode (stabbing method) die Hand, die die Nadel hält, ständig zwischen der Ober- und der Unterseite des Stoffes wechselt.[3]

Beim Nähen wird der Vorstich u. a. zur Ausführung der meisten Nähte (z. B. einfacher Nähte), von Biesen und Handkanten, sowie zum Heften verwendet. Auch Ziernähte sind oft im Vorstich ausgeführt.

Geschlossener Rückstich

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Geschlossener Rückstich

Auch: Rückstich, Steppstich, Hinterstich.[1] Der Rückstich ist stabiler als der Vorstich und wird beim Nähen darum beispielsweise beim Anfertigen von Paspeln verwendet.[4] Beim Sticken wird er u. a. dann verwendet, wenn ein linearer Stich benötigt wird, der – anders als der Vorstich – keine Lücken zeigt.[5]

Offener Rückstich

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Offener Rückstich

Auch: Punktstich. Wird verwendet, wo Maschinennähen nicht möglich oder erwünscht ist, beispielsweise beim manuellen Einnähen von Reißverschlüssen; der offene Rückstich gibt ähnlich viel Stabilität wie der geschlossene Rückstich, sieht aber diskreter aus. Auch die Kanten von Sakkos werden im offenen Rückstich ausgeführt.[6][7]

Überwendlichstich

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Überwendlichstich

Auch: Überwendlingsstich. Dient beim Nähen der Versäuberung der Nahtzugabe – insbesondere bei feinen Stoffen, bei denen eine maschinelle genähte Versäuberung auf die Vorderseite durchschlagen würde – und verhindert deren Ausfransen. Auch Knopflöcher werden, bevor sie mit einem Knopflochstich ausgearbeitet werden, zunächst mit dem Überwendlichstich versäubert. Weil dieser Stich visuell wenig ansprechend ist, wird er meist an Stellen verwendet, an denen er nicht zu sehen ist.[8][9]

Festonstich

Auch: einfacher Knopflochstich, Schling(en)stich, Schnürstich, Languettenstich. Beim Nähen wird der Festonstich vor allem zum Versäubern von Kanten und Knopflöchern verwendet, wo er dekorativer aussieht als der Überwendlichstich. Von anderen Kantenversäuberungsstichen unterscheidet der Festonschicht sich dadurch, dass der Faden bei jedem Stich mit sich selbst verschlungen wird. Anwendung findet der Festonstich auch beim Zusammennähen von Stoffstücken und bei der Lochstickerei.[1][10][11]

Staffierstich, Leiterstich

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eigentlicher Staffierstich
Staffierstich (Kante auf Fläche)
Leiterstich bei Reparatur einer Naht
Leiterstich (Kante an Kante)

Beim Staffierstich werden kurze Stiche im rechten Winkel zur Nährichtung gesetzt, um die Kante eines Stoffstückes auf die Fläche eines anderen Stoffstückes aufzunähen. Eine typische Verwendung ist das Annähen von Futter auf Saumeinschläge oder Besätze. Eine gut ausgeführte Naht im Staffierstich ist kaum sichtbar.[12][13]

Als Staffierstich wird auch eine Variante dieses Stichs bezeichnet, die dann zum Einsatz kommt, wenn eine umgeschlagene Stoffkante von der Vorderseite des Werkstücks her an eine andere umgeschlagene Stoffkante genäht werden soll. Dieser Stich wird auch als Matratzenstich, Zaubernaht oder Leiterstich bezeichnet. Anwendungsbeispiele sind ohne Öffnung gearbeitete Kissenbezüge, Stofftiere, Haar-Scrunchys und ähnliche Textilien, die keine nach außen hin sichtbaren Nähte aufweisen sollen. In diesem speziellen Fall wird der Stich nicht im rechten Winkel zur Nährichtung, sondern in Nährichtung durchs Innere der Falze geführt. Diese Nähtechnik wird auch dann verwendet, wenn eine defekte Naht für eine Reparatur nur von der Außenseite her zugänglich ist.[12][13]

Saumstich

Auch: Blindstich. Wird verwendet, um eine Saumkante an der Rückseite eines Stoffstückes so anzunähen, dass auf dessen Vorderseite möglichst wenig von der Naht zu sehen ist. Während durch die Saumkante größere Stiche geführt werden, wird auf der anderen, außen liegenden Seite darum möglichst nur jeweils ein einzelner Gewebefaden aufgenommen. Dabei werden ein möglichst dünner Faden und eine entsprechend dünne Nadel verwendet. Damit die beiden aneinandergenähten Seiten sich leicht gegeneinander bewegen können, wird die Naht lose ausgeführt.[14][15][16]

Hohlsaumstich

Der Hohlsaumstich erfüllt eine ähnliche Funktion wie der Saumstich, setzt aber voraus, dass die anzunähende Saumkante zum Schlauch gefaltet, also hohl ist. Die Naht hält bei dieser Technik besser, als wenn sie im Saumstich ausgeführt ist.[17][18]

Hexenstich

Der Hexenstich ist ein zweifach sich überkreuzender Stich, der beim Nähen zum nach außen hin unauffälligen und elastischen Annähen von Säumen und beim Sticken als ornamentales Element verwendet wird.[19][20]

Pikierstich

Der Pikierstich wird beim Nähen und Kürschnern zum manuellen Pikieren verwendet, d. h. zum dauerhaften und elastischen flächigen Verbinden zweier Stoffschichten, besonders von Einlagematerial, das in Jacken oder Mänteln befestigt werden soll, um etwa dem Revers Halt und Form zu geben. Auf der rechten Stoffseite sind später nur kleine Punktstiche zu sehen.[21][22] Weil das Werkstück beim Pikieren gleichzeitig in Form gebracht wird, gilt die Ausführung dieses Stichs als etwas, das viel Erfahrung und Übung erfordert.[23]

Markierstich

Auch: Durchschlagen, Schlupferln. Der Markierstich ist eine Variation des Vorstichs und dient der temporären Kennzeichnung von Linien, die zwei aufeinanderliegende Stoffschichten gemeinsam haben. Er wird an jedem zweiten Stich mit einer Fadenschlaufe genäht. Nach der Fertigung der Naht werden die beiden Stoffschichten vorsichtig auseinandergezogen, wobei der Faden sich gleichmäßig über die ganze Naht verteilt; die Naht wird anschließend mit einer Schere so aufgeschnitten, dass die Nahtreste auf beiden Stoffschichten als (später leicht entfernbare) Markierung verbleiben. Angewendet wird diese Technik an Stellen, an denen die eigentliche Naht erst später gefertigt werden kann, etwa an Abnähern.[24]

Knötchenstich

Auch: Knotenstich. Ein reiner Stickereistich. Gefertigt wird er dadurch, dass die Nadel zunächst mit dem Faden ein-, zwei- oder dreimal umwickelt wird; anschließend wird sie an derselben Stelle wieder eingestochen, an der der Faden aus dem Stoff herausgetreten ist. Die Zahl der Umwicklungen bestimmt die Größe des entstehenden Knötchens.[25]

Maschinenstiche (Auswahl)

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Doppelsteppstich

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Schematische Darstellung des Doppelsteppstichs

Der von modernen Nähmaschinen verwendete Basisstich ist der Doppelsteppstich. Er entsteht, wenn ein Oberfaden und ein Unterfaden miteinander verschlungen werden.

Maschineller Blindstich, linke Stoffseite
Maschineller Blindstich, linke Stoffseite
Maschineller Blindstich, rechte Stoffseite
Maschineller Blindstich, rechte Stoffseite

Der maschinelle Blindstich erfüllt dieselbe Funktion wie der von Hand genähte Saumstich. Für die Naht wird ein spezieller Nähfuß benötigt.

  • Anne Mende: Die große Bibliothek der schönsten Stiche. 2. Auflage. Frech, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-7358-7027-8.

Einzelnachweise

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  1. a b c Sticken – Die häufigsten Grundstiche. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  2. How to Work a Running Stitch. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  3. Stabbing vs. Sewing: Two Methods for Hand Embroidery. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  4. Handstiche 03 Geschlossener Rückstich. In: YouTube. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  5. So geht der Rückstich oder Steppstich. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  6. Handstiche 08 Offener Rückstich. In: YouTube. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  7. Tatjana Iljaseviciute: Backstitch and its variations. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  8. Handstiche 04 Überwendlingsstich. In: YouTube. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  9. Mollie Johanson: What Is an Overcast Stitch? Abgerufen am 28. Juli 2024.
  10. How To Do Blanket Stitch. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  11. Schlingstich / Festonstich / Langettenstich - eine einfache Anleitung für einen Handstich. In: YouTube. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  12. a b Handstiche 06 Staffierstich. In: YouTube. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  13. a b Der Staffierstich. Abgerufen am 28. Juli 2024.
  14. Handstiche 09 Saumstiche. In: YouTube. Abgerufen am 29. Juli 2024.
  15. Meine wichtigsten Stiche für das Nähen mit der Hand. Abgerufen am 29. Juli 2024.
  16. 5 ways to hand stitch a hem. Abgerufen am 29. Juli 2024.
  17. Hohlsaumstich. Abgerufen am 29. Juli 2024.
  18. Miranda Caroligne Burns: Recycling-Mode für Dummies. Wiley-VCH, Weinheim 2013, ISBN 978-3-527-70903-8, S. 83 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  19. Handstiche 12 Hexenstich. In: YouTube. Abgerufen am 29. Juli 2024.
  20. Herringbone Stitch. Abgerufen am 29. Juli 2024.
  21. Handstiche 05 Pikierstich. In: YouTube. Abgerufen am 29. Juli 2024.
  22. 101: Pad Stitch. Abgerufen am 29. Juli 2024.
  23. Inge Szoltysik-Sparrer: NähgGB Nähgesetzbuch. 2. Auflage. Frech, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7724-6478-2, S. 56 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  24. Handstiche 07 Markierstich. In: YouTube. Abgerufen am 29. Juli 2024.
  25. Knötchenstich sticken – 7 Tage 7 Stiche. Abgerufen am 29. Juli 2024.