Syndromale Diarrhoe
Klassifikation nach ICD-10 | |
---|---|
K52.8 | Sonstige näher bezeichnete nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis |
L67.0 | Trichorrhexis nodosa |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die Syndromale Diarrhoe, auch als Tricho-hepato-enterisches Syndrom bezeichnet, ist eine sehr seltene angeborene Erkrankung mit den Hauptmerkmalen hartnäckige Diarrhoe (enterisch, von altgriechisch enteron ‚Darm‘) im ersten Lebensmonat mit Gedeihstörung, Gesichtsdysmorphie, Haarauffälligkeiten (tricho-) und Veränderungen der Leber (hepato, von altgriechisch hepar ‚Leber‘).[1][2][3]
Synonyme sind: Phänotypische Diarrhoe; Syndromale Diarrhoe; SD; Tricho-hepato-enterisches Syndrom; THE; Trichohepatoenterisches Syndrom; englisch Fatal Infantile Diarrhea with Trichorrhexis Nodosa; Intractable Diarrhea with Phenotypic Anomalies; Phenotypic Diarrhea of Infancy; THES1
Die Erstbeschreibung stammt aus dem Jahre 1982 durch die schottische Hautärztin Leslie Stankler und Mitarbeiter.[4]
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Häufigkeit wird auf 1 zu 300.000 – 400.000 Lebendgeborene geschätzt[2], bislang wurde über mehr als 100 Betroffene berichtet. Die Vererbung erfolgt autosomal-rezessiv.[1]
Ursache
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Je nach zugrunde liegender Mutation können folgende Typen unterschieden werden:
- Typ 1 (40 %) mit Mutationen im SKIC3-Gen auf Chromosom 5 Genort q15.[5]
- Typ 2 (60 %) mit Mutationen im SKIC2-Gen auf Chromosom 6 an p21.33.[6]
Beide Gene kodieren für Proteine, die zusammen mit dem Exosom den Ski-Komplex bilden, der am Abbau fehlerhafter mRNA beteiligt ist.[1]
Klinische Erscheinungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Klinische Kriterien sind:[1][2][3]
- Manifestation: Vorgeburtlich oder als Neugeborenes
- intrauterine Wachstumsretardierung in etwa 50 %, Geburtsgewicht unter der 10. Perzentile in mehr als 70 %
- meist im ersten Lebensmonat, spätestens nach 6 Monaten schwere, unbehandelbare Diarrhoe mit Malabsorption und Gedeihstörung
- Gesichtsdysmorphie mit prominenter Stirn, betonte Wangen, breite, flache Nasenwurzel und Hypertelorismus
- auffallende brüchige und wollige Kopfhaare mit Trichothiodystrophie, Trichorrhexis nodosa, Pili torti, Anisotrichose und Poikilotrichose.
- Leberfunktionsstörung bei etwa 50 % mit Leberfibrose, Leberzirrhose und Siderose
Hinzu können Immunstörungen, Café-au-lait-Flecken und leichte intellektuelle Defizite kommen.[1]
Diagnose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Diagnose ergibt sich aus der Kombination klinischer Befunde und kann durch humangenetische Untersuchung gesichert werden. Bei einer Dünndarmbiopsie zeigt sich eine unspezifische Zottenatrophie.[1]
Differentialdiagnose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Abzugrenzen sind alle Ursachen für chronischen Durchfall, Unterernährung mit Kupfermangel und Eisenmangel, Intestinale Epitheliale Dysplasie (Tufting-Enteropathie)[7] und Mikrovillus-Einschlusserkrankung[8].[1]
Therapie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zur Behandlung ist eine Parenterale Ernährung über mehrere Monate bis Jahre erforderlich, eventuell auch eine Immunoglobulinersatztherapie. Entwickelt sich eine schwere Lebererkrankung, ist als Therapie die Lebertransplantation indiziert.[1]
Prognose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Aussichten sind ungünstig, die Sterblichkeit beträgt bis zu 50 %, meist infolge schwerer Lebererkrankung und aufgrund von Infektionen. Die meisten Kinder werden unterdurchschnittlich groß, bei der Hälfte finden sich leichte intellektuelle Defizite.[1][3]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- A. Fabre, P. Bourgeois, M. E. Coste, C. Roman, V. Barlogis, C. Badens: Management of syndromic diarrhea/tricho-hepato-enteric syndrome: A review of the literature. In: Intractable & rare diseases research. Band 6, Nummer 3, August 2017, S. 152–157, doi:10.5582/irdr.2017.01040, PMID 28944135, PMC 5608923 (freier Volltext) (Review).
- G. Terrin, R. Tomaiuolo, A. Passariello, A. Elce, F. Amato, M. Di Costanzo, G. Castaldo, R. B. Canani: Congenital diarrheal disorders: an updated diagnostic approach. In: International Journal of Molecular Sciences. Band 13, Nummer 4, 2012, S. 4168–4185, doi:10.3390/ijms13044168, PMID 22605972, PMC 3344208 (freier Volltext) (Review).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g h i Eintrag zu Syndromale Diarrhoe. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
- ↑ a b c Olivier Goulet, Christine Martinez Vinson, Bertrand Roquelaure, Nicole Brousse, Christine Bodemer, Jean Pierre Cézard: Syndromic (phenotypic) diarrhea in early infancy. In: Orphanet Journal of Rare Diseases. 2008, Band 3, Nummer 1 doi:10.1186/1750-1172-3-6.
- ↑ a b c Altmeyers Enzyklopädie
- ↑ L. Stankler, D. Lloyd, R. J. Pollitt, E. S. Gray, H. Thom, G. Russell: Unexplained diarrhoea and failure to thrive in 2 siblings with unusual facies and abnormal scalp hair shafts: a new syndrome. In: Archives of disease in childhood. Band 57, Nummer 3, März 1982, S. 212–216, doi:10.1136/adc.57.3.212, PMID 7073301, PMC 1627586 (freier Volltext).
- ↑ Trichohepatoenteric syndrome 1 . In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
- ↑ Trichohepatoenteric syndrome 2. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
- ↑ Eintrag zu Tufting-Enteropathie, kongenitale. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
- ↑ Eintrag zu Mikrovillöse Einschluss-Krankheit. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Alexandre Fabre, Patrice Bourgeois, Charlène Chaix et al: Trichohepatoenteric Syndrome. Synonyms: Phenotypic Diarrhea of Infancy, Syndromic Diarrhea/Tricho-Hepato-Enteric Syndrome (SD/THE), THES. In: M. P. Adam, J. Feldman, G. M. Mirzaa et al. (Herausgeber): GeneReviews®, 2018
- Rare Diseases