TV-Buddha

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TV-Buddha
Nam June Paik, 1974
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Der TV-Buddha ist eine Video-Installation des US-amerikanischen Videokünstlers Nam June Paik aus dem Jahr 1974, zu der es mehrere Varianten gibt. Sie gilt als eine „Ikone“ der Videokunst[1] und steht am Anfang einer Reihe von Closed-Circuit-Installationen und Videoskulpturen des Künstlers.[2]

Bei Paiks vierter Ausstellung in der Galleria Bonino in New York City war noch eine Wand leer. Hierzu kam Paik der Gedanke, die bronzene Statue eines sitzenden Buddha aus dem 18. Jahrhundert, die er einst gekauft hatte, als Objet trouvé für eine Video-Installation zu verwenden. Er setzte die Figur des Buddha auf einen Sockel und stellte vor ihm ein tragbares Fernsehgerät auf. Hinter dem Fernseher platzierte er eine Videokamera, die ein Bild des Buddha permanent auf den TV-Bildschirm übertrug. Mit dem Bild eines vor seinem eigenen Abbild meditierenden Buddha entstand der Eindruck eines ständigen medialen Kreislaufs und eines ironischen Gegensatzes zwischen der buddhistischen Gottheit, die östliches Denken sowie Transzendenz repräsentiert, und dem Fernsehgerät als Symbol moderner westlicher Medien und Technik. Das Kunstwerk wird auf verschiedene Weise interpretiert.[3][4][5] Der Kunsthistoriker Irving Sandler meinte:[6]

„Can’t get [it] out of my mind. This sculpture of the sitting Buddha viewing his own image on an closed-circuit television screen is hilarious. An inanimate sculpture looking at its inanimate mirror images. The Buddha as a media star and couch potato in a Buddha sitcom.“

„Ich kriege es einfach nicht aus meinem Kopf raus. Diese Skulptur eines sitzenden Buddha, der sein eigenes Abbild in einem geschlossenen Kreislauf auf dem TV-Bildschirm anschaut, ist urkomisch. Eine reglose Skulptur, die auf ihr regloses Spiegelbild schaut. Der Buddha als Medienstar und Couch-Potato in einer Buddha-Sitcom.“

Der Kulturjournalist Philip Kennicott befand:[7]

„This isn’t a mirror, but something else, a phantasmagorical double of the image, with a strange and uncanny power. You have the sense that if the Buddha’s spectral TV image ever went off, the statue itself might disappear. Certainly it would lose the appearance of consciousness which Paik’s clever arrangement has imputed to it.“

„Dies ist kein Spiegel, sondern etwas anderes: ein trügerisches Doppelbild mit einer fremdartigen und unheimlichen Macht. Man hat den Eindruck, dass das TV-Bild des Buddha für immer erlöschen würde, wenn die Statue selbst verschwände. Sicherlich würde sie dann den Anschein des Bewusstseins verlieren, den Paiks cleveres Arrangement ihr verlieh.“

In der Performance Two Buddhas watching TV im gleichen Jahr auf der Kunstausstellung Projekt ’74 in Köln nahm Paik als „living Buddha“ neben einer hölzernen Buddha-Statue vor einem Fernseher Platz.[8] Dies wurde als ein Statement Paiks aufgefasst, dass der Gegensatz zwischen Spiritualität und Technologie genau so wie der zwischen Subjekt und Objekt auch von ihm selbst verkörpert werde.

Varianten (Auswahl)

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  • TV-Buddha, sitzender Buddha vor tragbarem Fernsehgerät und Videokamera, 1974, Stedelijk Museum, Amsterdam
  • TV-Buddha, sitzender Maitreya vor tragbarem Fernsehgerät und Videokamera, 1976, Art Gallery of New South Wales, Sydney[9]
  • Shigeko Kubota’s Buddhas, drei thronende Buddhas, zu einer Holzskulptur vereinigt, sitzen drei kleinen Fernsehmonitoren gegenüber, die jeweils ein Video als 30-minütige Endlosschleife abspielen, 1986, Sammlung Museum Ludwig, Köln
  • TV-Buddha für Enten, Bronzefigur eines Buddhas vor einem leeren Fernsehergehäuse aus Bakelit und Plexiglas über einem Bach in Münster, temporäre Installation, 1986/1987[10][11]
  • Small Buddha, Buddha-Figur vor einer Kerze, die in einem leeren Fernsehergehäuse brennt, 1989[12]
  • Buddha Duchamp Beuys, Statue eines thronenden Buddha in einer Lage großer Kieselsteine vor einem Fernsehgerät, 1989[13]
  • Waiting for UFO, je drei Buddha-Figuren (aus Bronze, Stein und Beton) vor leeren Fernsehergehäusen, teilweise arrangiert mit Plastikblumen, aufgestellt an drei Orten in einem Park, 1992, Storm King Art Center, Mountainville, New York[14]
  • TV Buddha reincarnated, Buddha-Büsten über einem technischen Unterbau, in einen mit dem Internet verbundenen Computer-Monitor blickend, 1994[15]
  • TV-Buddha, Buddha-Kopf vor einem Bildschirm mit Videokamera, gebettet auf Erde, die in eine eckige Metallwanne eingefüllt ist, 1997

Einzelnachweise

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  1. Martin Kupp: Was Manager von Beuys, Hirst und Madonna lernen können. Artikel vom 25. Mai 2011 im Portal manager-magazin.de, abgerufen am 26. Dezember 2015
  2. Mario Kramer: Nam June Paik: Old Candle, 1988. PDF (Memento des Originals vom 20. November 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/mmk-frankfurt.de des Museums für Moderne Kunst, Frankfurt am Main
  3. Susanna Partsch: Moderne Kunst. Die 101 wichtigsten Fragen. Verlag C. H. Beck, 3. Auflage, München 2008, ISBN 978-3-406-57285-2, S. 67 (Abb. 9)
  4. Martin Zeyn: Monitore blicken zurück. Artikel vom 31. Januar 2006 im Portal taz.de, abgerufen am 13. Dezember 2015
  5. Faye Ran: A History of Installation Art and the Development of New Art Forms. Technology and the Hermeneutics of Time and Space in Modern and Postmodern Art from Cubism to Installation. Peter Lang Publishing, New York City 2009, ISBN 978-1-4331-0519-7, S. 188 ff.
  6. Irving Sandler: Nam June Paik’s Boobtube Buddha. In: Klaus Bußmann, Florian Matzner (Hrsg.): N.J.P. Eine Data Base. Hatje Cantz, München 1993
  7. Philip Kennicott: Smithsonian American Art Museum channels Nam June Paik. Artikel vom 14. Dezember 2012 im Portal washingtonpost.com, abgerufen am 26. Dezember 2015
  8. Shigeko Kubota’s Buddhas (Memento des Originals vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.newmedia-art.org, Webseite im Portal newmedia-art.org, abgerufen am 14. Dezember 2015
  9. Nam June Paik, Webseite im Portal artgallery.nsw.gov.au, abgerufen am 13. Dezember 2015
  10. Nam June Paik: TV-Buddha für Enten, Webseite im Portal skulptur-projekte.de, abgerufen am 14. Dezember 2015
  11. Buddha für Enten, Bild im Portal lwl.org, abgerufen am 14. Dezember 2015
  12. Buddha, Webseite im Portal medienkunstnetz.de, abgerufen am 14. Dezember 2015
  13. Buddha Duchamp Beuys, 1989, Statue eines thronenden Buddha in einer Lage großer Kieselsteine vor einem Fernsehgerät, gezeigt in einer Paik-Retrospektive, Museum Kunstpalast, Düsseldorf 2010. In: A Culture of TV Buddhas, Webseite im Portal bryanhiott.com, abgerufen am 15. Dezember 2015
  14. Nam June Paik, Webseite im Portal collection.stormking.org, abgerufen am 15. Dezember 2015
  15. Avi Rosen: Time-Space Compression in Cyberspace Art, Essay, o. D., S. 4 (PDF (Memento vom 10. Dezember 2015 im Internet Archive))