Ulrich Kühn (Konsul)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ölbildnis Konsul Ulrich Kühn

Ulrich Kühn (* 25. Juli 1690 in Rheineck im Kanton St. Gallen in der Ostschweiz; † 1757 in Berlin) war preußischer Konsul in St. Petersburg, Kommerzienrat, Kaufmann und Mitinhaber des Handelsunternehmens Pelloutier, Krusemark & Co in St. Petersburg.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abstammung und Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kühn stammt aus der Gemeinde Rheineck im Schweizer Kanton St. Gallen[1]. Die später genannten Familienangehörigen sind ebenfalls der Aufstellung von Neil Jeffares entnommen, soweit nicht zusätzliche Quellen angegeben werden. Der Vater von Kühn war Stadtfähnrich[2]. Über seine Ausbildung und die Zeit bis zur Tätigkeit in der damaligen Hauptstadt St. Petersburg des Zarenreiches ist bislang nichts bekannt.

Berufliche Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaufmännische Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kühn war seit 1730 Mitinhaber des Handelshauses Pelloutier, Krusemark & Co. und wirkte 1738 als Kurator der großen Konkursmasse des Holzkaufmanns Simon Brumberg.[3][4] Gesellschafter des Handelshauses waren der Kaufmann Jean-Barthèlémy Pelloutier (ca. 1694–vor 1736), der Sohn des Kaufmanns Jean Pelloutier und Bruder des Simon Pelloutier (1694–1757), Historiker, Theologe und Altertumsforscher. Er war seit 1722[2] verheiratet mit Charlotte Jassoy[5] (1700–1773), der Tochter des Juweliers Piérre Jassoy (1658–1714) und seiner Ehefrau Catherine Jassoy geb. Sechhaye aus Metz, die, wie die Familie Pelloutier, als Hugenotten nach Deutschland ausgewandert waren. Die Schwester von „Charlotte“ Jassoy war „Rachel“ Jassoy, die Ehefrau des Berliner Kaufmanns Jean George Hainchelin (1689–1751). Nachdem Jean-Barthèlémy Pelloutier verstorben war, heiratete Ulrich Kühn dessen Witwe „Charlotte“ Jassoy in St. Petersburg im Jahre 1736. Über die aus Metz stammende Familie Jassoy sind wir gut informiert durch das Buch von August Jassoy[6].

Über den Mitinhaber Krusemark ist nichts Näheres bekannt. Amberger erwähnt aber, dass Kühn 1730 Mitglied einer holländischen Handelsgruppe wurde und er 1742 das Amt des preußischen Kommerzienrates übernahm[7]. Jean Pelloutier wird als herausragende Persönlichkeit geschildert, der im Namen der Berliner Kaufmannsgesellschaft handelte, die in der Zeit zwischen den 1720er Jahren und 1730 in scharfem Wettbewerb mit den britischen Händlern das Exklusivrecht für die Lieferung von Stoffen für die russische Armee besaß[8].

Diplomatische Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der preußische König Friedrich Wilhelm I, der von 1713 bis 1740 regierte, gründete im Jahre 1724 die „Russische Compagnie“ in Berlin. Die junge Textilindustrie des Russischen Kaiserreiches konnte den großen Bedarf an Uniformtuch nicht allein decken. Preußen konnte zunächst für seine Handelsgesellschaft einen günstigen Liefervertrag abschließen und errichtete in St. Petersburg ein Kontor. Als aber unter der Regierung der Zarin Anna (1730–1740) im Jahr 1734 ein russisch-englischer Handelsvertrag abgeschlossen wurde, konnte Preußen gegen das nun zu Dumpingpreisen nach Russland eingeführte Tuch nicht lange bestehen. 1738 ist die „Russische Compagnie“ liquidiert worden. Dennoch haben sich die politischen Beziehungen zu Russland unter den kommenden Herrschern nicht verschlechtert. 1742 gelang es dem jungen König Friedrich der Große (1740–1786) gar, die Anerkennung preußischer Agenten und Kommerzienräte für St. Petersburg und Moskau zu erreichen. Erste Amtsinhaber waren ortsansässige Kaufleute, in Moskau Hermann Adolf Boltenhagen und in St. Petersburg der Schweizer Ulrich Kühn[9]. Aus der Korrespondenz von Kühn an das Departement der Auswärtigen Affairen liegt ein Brief vom 6. Juni 1744 und eine Erwähnung in einem Schreiben des Königs an den preußischen Gesandten in Moskau Axel Freiherr von Mardefeld vom 10. Dezember 1744 vor[10].

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im vorigen Kapitel ist schon erwähnt worden, dass Kühn die verwitwete Charlotte Jassoy geheiratet hat. Aus dieser Ehe sind folgende Töchter hervorgegangen[11]:

  • Hedwig Charlotte Kühn, (1739 in St. Petersburg–1817). Sie heiratete am 26. Oktober 1761 in Berlin ihren Vetter Pierre Jérémie Hainchelin, den Sohn ihrer Tante Rachel Hainchelin geb. Jassoy. Dieser war bis zum Tod des Prinzen von Preußen August Wilhelm von Preußen (1722–1758) dessen Sekretär. Der Prinz war als Bruder für den kinderlosen König Friedrich der Große als Thronfolger bestimmt. Zwischen den Brüdern kam es aber zu politischen und menschlichen Auseinandersetzungen, die dazu führten, dass der Prinz erkrankte und früh starb. Der König bedauerte den Tod des Prinzen und erwähnte Hainchelin in seinen Gesprächen mit seinem Vorleser Henri de Catt, in denen er sagte, wenn sein Bruder in Oranienburg nur seinen Adjutanten Hagen, seinen Sekretär Hainchelin und ein paar ebenso ehrliche Leute um sich gehabt wie diese, so wäre sein Leben ruhiger und seine Gesinnung nicht so feindlich gegen ihn gewesen[12]. Nachdem Hainchelin einige Zeit zum Verwalter des Nachlasses des Prinzen bestimmt war, machte er eine Karriere in der preußischen Finanzverwaltung und war zum Schluss mit dem Titel „Geheimer Kriegsrat“ im IV. Departement des General-Ober-Finanz-Kriegs- und Domainen-Directoriums tätig, das zuständig war für Westpreußen.
  • Anne Ulrique Kühn heiratete am 10. November 1762 in Berlin den vorbezeichneten Henri Alexandre de Catt (1725–1795). Er war ein schweizerischer Gelehrter und seit 1758 Privatsekretär und enger Vertrauter von Friedrich dem Großen. Das Vertrauen zwischen dem Bräutigam Catt und dem König war so groß, dass er Catt fragte, ob er vor der beabsichtigten Hochzeit schon Verse für seine Braut geschrieben habe. Als dieser verneinte, forderte er ihn dazu auf und korrigierte sie. So schrieb der König „Verse im Namen eines Schweizers, an ein gewisses Fräulein Ulrike, in das er verliebt war“, die später veröffentlicht wurden[13][14][15].
  • Anne Magdelaine Kühn heiratete am 14. August 1765 den Kommerzienrat Simon Andre Schmits aus Aachen, der 1800 in Berlin starb, während seine Frau nur bis 1792 gelebt hat[16].

Einzelnachweise und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Neil Jeffares, „Louis Vigée“, Dictionary of pastellists before 1800, London, 2006; online edition (Stichwort „Jassoy“) (abgerufen am 19. August 2023) pastellists.com
  2. a b Steiner, Quellen und Studien zur Geschichte des östlichen Europa, Bände 16–17, 1968, [1] Auszugsansicht (Seitenzahl und Verfasser werden leider nicht angegeben)
  3. Steiner, Quellen und Studien zur Geschichte des östlichen Europa, Bände 16–17, 1968. S. 243, [2]
  4. Erik Amburger, Fremde und Einheimische im Wirtschafts- und Kulturleben des neuzeitlichen Russland: ausgewählte Aufsätze, S. 248, [3] Auszugsansicht
  5. FamilySearch Geburtsurkunde [4]
  6. August Jassoy, Unsere Hugenottischen Vorfahren, 1908, [5]
  7. Erik Amburger, Fremde und Einheimische im Wirtschafts- und Kulturleben des neuzeitlichen Russland: ausgewählte Aufsätze, S. 248, [6] Auszugsansicht
  8. Victor N Zakharov, Gelina Harlaftis, Olga Katsiardi-Herin, Merchant Colonies in the Early Modern Period, 2015, S. 116 [7]
  9. Harry D. Schurdel, Fachbereich Jura Freie Universität Berlin, Diplomatie & Geschichte, preußische Konsuln in Russland 1726 bis 1914, [8]
  10. Friedrich (Preußen), König, II., Politische Correspondenz Friedrich’s des Grossen, Band 3, 1879, S. 183 und 340, [9]
  11. FamilySearch Stammbaum [10]
  12. Henri de Catt, Gespräche Friedrichs des Großen, Nachdruck des Originals von 1885, S. 61, E-Book
  13. Œuvres de Frédéric le Grand - Werke Friedrichs des Großen, Digitale Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier, Bd. 14, S. 140–157 Ausgabe 1846, [11]
  14. Œuvres de Frédéric le Grand - Werke Friedrichs des Großen, Digitale Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier, Bd. 12, S. 219–223 und 263–272 Ausgabe 1846 [12]
  15. Œuvres de Frédéric le Grand - Werke Friedrichs des Großen, Digitale Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier, Bd. 14 S. XII Ausgabe 1846,[13]
  16. Erik Amburger, Klaus Zernack, Fremde und Einheimische im Wirtschafts- und Kulturleben des des neuzeitlichen Russland, 1982, S. 248, [14]