Vermosh
Vermosh Vermoshi | ||
Koordinaten: 42° 36′ N, 19° 41′ O | ||
Basisdaten | ||
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Qark: | Shkodra | |
Gemeinde: | Malësia e Madhe | |
Höhe: | 1.100 m ü. A. | |
Verstreute Häuser im Vermosh-Tal – Ortsteil Velipoja |
Vermosh (albanisch auch Vermoshi) ist das nördlichste Dorf Albaniens, Teil der Region Kelmend in der Gemeinde Malësia e Madhe im Qark Shkodra.
Geographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Dorf liegt abgeschieden in den Bergen Nordalbaniens, durch zwei Gebirgspässe vom Rest des Landes getrennt, auf rund 1050–1100 m ü. A. am nördlichen Rand des Prokletijes. Das Gebiet ist auf drei Seiten von Montenegro umgeben. Jenseits der Grenze im Osten liegen die zum Teil ebenfalls zu einem großen Teil von Albanern bewohnten Orte Plav und Gusinje.
Der Vermosh-Fluss (albanisch Lumi i Vermoshit) durchfließt das Tal von West nach Ost. Er entspringt westlich des Dorfes in einem unbewohnten Talabschnitt auf montenegrinischem Gebiet und überquert kurz darauf die Grenze zu Albanien. Nach rund elf Kilometern erreicht er wieder Montenegro. Jenseits der Grenze wird er, nachdem er den Plav-See durchflossen hat, zum Lim. Das Gebiet von Vermosh ist die einzige Region Albaniens, die zum Schwarzen Meer hin entwässert wird.
Das Dorf ist eine Streusiedlung, die sich über viele Kilometer entlang des flachen Flussbetts des Vermosh-Flusses zieht. Die verschiedenen Ortsteile heißen Pjetroja (auch als Qendra bezeichnet, das Zentrum), Velan, Bashkim, Velipoja und Maliaj. Auch das über sieben Kilometer entfernt südöstlich in einem Seitental gelegene Dorf Lepusha (1260 m ü. A.) am Qafa e Bordolecit wird oft zu Vermosh gezählt.
Ein weiteres Tal nördlich von Vermosh, das ebenfalls zu Albanien gehört, ist abgesehen von ein paar Sommerweiden unbewohnt. Früher war das Tal von Seferça und Smutiroga abgeriegelt; nur Militär bewegte sich hier.[1] Der nördliche Abschluss dieses Tals, die Maja e Zhihovës (2174 m ü. A.), ist der nördlichste Punkt Albaniens bei 42° 39′ 43,6″ N, 19° 43′ 22,7″ O . Weitere hohe Berge sind die Maja Jezhidalit wenig westlich (2183 m ü. A.), die Maja e Marlulës (2186 m ü. A.) und die Maja e Madhe (2195 m ü. A.), die zusammen mit der Maja e Bojës (1934 m ü. A.) den nördlichen Abschluss des Valbonatals in der westlichen Verlängerung des Visitor bilden. Auf der Südseite der Valbona bildet der Greben (1840 m ü. A.) den Talabschluss. Das Lepusha-Tal steigt auf der Ostseite steil zum Trojan (2194 m ü. A.) auf. Südlich von Lepusha liegen die höchsten Gipfel der Bjeshkët e Nemuna, die über 2500 Meter hoch sind.
Das Vermosh-Tal ist geprägt von viel Wald, vor allem auf Höhen zwischen 1500 und 1800 Metern.[2] Von den rund 36 Quadratkilometern sind etwa 26 Quadratkilometer Wald, darunter vor allem Buchen und Kiefern – und nicht ganz sieben Quadratkilometer Weideflächen. In der Region kommen 30 verschiedene, endemische Heilpflanzen und -kräuter vor.[3][4]
Die Täler von Vermosh und Lepusha wurden glazial geformt.[5][4] Eine enge Taleinschnitt zwischen den Bergen Trojan und Greben liegt am Ende des Lepusha-Tals, das im östlichen Teil des Vermosh-Tals von Süden einmündet. Der Vermosh-Fluss bildet kurz vor der Grenze eine weitere kleine Schlucht.[6] Beim Grenzübergang liegt der tiefste Punkt Vermoshs auf 940 m ü. A.
Die Region von Vermosh und Lepusha gehört zum 2022 geschaffenen Nationalpark Alpen Albaniens.
Das Klima ist stark alpin geprägt. Die Durchschnittstemperatur im Januar beträgt −3 °C. Es werden rund 100 Tage mit Schnee verzeichnet. Im Juli steigt die Durchschnittstemperatur auf 16,1 °C. Mit 2012 Millimetern gehört Vermosh zu den eher Niederschlagsreichen Regionen Albaniens.[7]
Verkehr
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Grenze nach Montenegro, der natürliche Talausgang, war ab 1948 über Jahrzehnte geschlossen.[8] Erst im Sommer 2003 eröffnete ein kleiner Grenzübergang.[9] Heute stehen die Bewohner von Vermosh wieder in regem Austausch mit den Einwohnern in Montenegro, wie das auch früher üblich war.[1][10]
Auf albanischer Seite war Vermosh lange nur sehr schwer zu erreichen. Die rund 70 Kilometer lange Straße von Han i Hotit am Shkodrasee erklimmt einen ersten Pass und windet sich dann in vielen Spitzkehren in die Schlucht des Cem-Tals hinunter. In der Folge passiert sie Tamara, den Hauptort der Region Kelmend, und das Dorf Selca und folgt dem Talverlauf bis zum Pass Qafa e Bordolecit (1355 m ü. A.). Kurz vor Vermosh führt die Straße durch eine weitere Schlucht, um dann das Vermosh-Tal bis zum Dorf hochzufolgen. Im Winter ist die Straße wegen des vielen Schnees oft monatelang unpassierbar.
Die Straße nach Vermosh ist erst seit 2016 asphaltiert.
Im Sommer stellen Sammeltaxis den Transport der Bewohner ins rund 100 Kilometer entfernte Shkodra sicher.[1]
Wirtschaft und Infrastruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Bewohner Vermoshs leben mehrheitlich als Bauern.[1] Das Vieh, nebst Kühen vor allem Schafe,[4] wird im Sommer zum Teil auf Alpweiden getrieben. Auf etwas mehr als 100 Hektar Land wird Ackerbau betrieben.[4] Auch Forstwirtschaft wird – oft illegal – betrieben.[1]
Seit einigen Jahren stehen für Touristen, die die abgeschiedene Bergwelt als Wanderer, mit dem Auto oder mit dem Rad erkunden wollen, in vielen Häusern Gästezimmer zur Verfügung.[1]
Es gibt im Dorf eine Grundschule, ein kleines Gesundheitszentrum, einige Bars und Läden sowie eine Kirche.[4]
Geschichte und Kultur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Ortsname ist romanischer Herkunft: Vermosh geht zurück auf ein früheres, rekonstruiertes Formosa (weibliche Form von ,schön‘, in etwa „die Schöne“), von lateinisch formosus („schön“). Verwandte Wörter in anderen Sprachen sind rumänisch frumos oder italienisch formoso. Der Wandel von s zu sh [ ] ist in einem Lautwandel des Albanischen begründet.[11]
Vermosh wurde erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts dichter besiedelt. Die Bewohner kamen aus Selca im Tal des Cem oder sogar aus den Küstengebieten von Lezha.[1][4] Das Dorf Lepusha, das höher liegt, wurde noch später besiedelt.[12]
Die Bewohner sind traditionell katholisch. Franziskaner kümmerten sich lange um die Seelsorge und sind auch heute wieder im Tal aktiv. Am 29. Juni wird als wichtiges Fest Johannes dem Täufer gedacht.[1]
Die staatliche Zugehörigkeit der Region nördlich des Prokletijes war lange umstritten, als das Osmanische Reich ab Mitte des 19. Jahrhunderts begann auseinanderzubrechen. Bereits 1878 auf dem Berliner Kongress wurden Plav und Umgebung Montenegro zugesprochen. Der Widerstand der lokalen Bevölkerung und der Liga von Prizren verhinderten dies aber. Im Frieden von London, der 1913 die Balkankriege beendete, gingen Plav und Gusinje endgültig an Montenegro. Nach der Gründung des albanischen Staats 1912 blieb die Zugehörigkeit von Vermosh noch lange umstritten. Wie eine Spitze bohrt sich die Region tief in montenegrinisches Gebiet. Während und nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Tal wiederholt von montenegrinischen und serbischen respektive später jugoslawischen Truppen besetzt.[13] Als 1926 die Grenze endgültig festgelegt wurde, vereinbarten Albanien und Jugoslawien, dass die Bewohner von Plav und Podgorica das Recht hätten, den direkten Weg über Vermosh zwischen diesen Orten zu nutzen.[14]
1932 wurde die erste Schule Kelmends in Vermosh eröffnet.[15]
Als die deutschen Besatz 1944 Albanien verließen, kämpften die Leute von Kelmend gegen die Kommunisten. Im sozialistischen Albanien war Kelmend eine vernachlässigte, sehr abgeschiedene Gegend. Die Grenzen wurden geschlossen. Eine Straßenverbindung über den Rapsh-Pass nach Kelmend existiert erst seit 1968; Vermosh wurde 1973 erstmals von einem Bus angefahren. Viele Menschen wurden ermordet, andere versuchten zu fliehen, was nicht allen gelang.[16][17] Nachdem die Sicherheitsbehörden am 16. Juni den 17-jährigen Pëllumb Pëllumbaj aus Vermosh, der versucht hatte, aus Albanien zu fliehen, umgebracht hatten, löste dies erste Anti-Kommunistische Demonstrationen in Shkodra aus.[18]
1998 lebten in Vermosh 1430 Menschen, in Lepusha 495.[4][12]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christian Zindel, Barbara Hausamman: Wanderführer Nordalbanien – Thethi und Kelmend. Huber Verlag, München 2008, ISBN 978-3-940686-19-0.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g h Christian Zindel, Barbara Hausamman: Wanderführer Nordalbanien – Thethi und Kelmend. Huber Verlag, München 2008, ISBN 978-3-940686-19-0.
- ↑ Natural Resources - Lands. In: Komuna Kelmend. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 24. Juli 2013 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Natural Resources - Flora. In: Komuna Kelmend. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 16. April 2018; abgerufen am 24. Juli 2013 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ a b c d e f g Vermosh. In: Komuna Kelmend. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 28. September 2017; abgerufen am 24. Juli 2013 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Natural Resources - Relief and Ground. In: Komuna Kelmend. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 11. April 2015; abgerufen am 24. Juli 2013 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Fast Eddy: Grlja Gorge at the border. (Bild) In: Panoramio. 2. August 2008, abgerufen am 1. August 2013 (englisch).
- ↑ Natural Resources - Climate. In: Komuna Kelmend. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 16. April 2018; abgerufen am 24. Juli 2013 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ James Pettifer, Miranda Vickers: The Albanian Question: Reshaping the Balkans. I.B. Tauris, London 2007, ISBN 978-1-86064-974-5 (Auszüge des Buches bei Google Books).
- ↑ ATA news agency: Albanian, Montenegrin officials inaugurate new border crossing. In: AccessMyLibrary.com. Asia Africa Intelligence Wire, 4. August 2003, abgerufen am 26. Juli 2013 (englisch).
- ↑ Renate Ndarurinze: Albanien. Mit Tirana, Adriaküste und Albanischen Alpen. 4. Auflage. Trescher Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-89794-223-3.
- ↑ Aleksandar Loma: Sloveni i albanci do XII veka u svetlu toponomastike. In: Stanovništvo slovenskog porijekla u Albaniji. Titograd 1990, S. 301 f. (serbisch): „Drugi romanski geografski naziv slična značenja bilo bi ime rečice i sela Vrmoša u susednom delu gornjeg Polimlja, danas takođe u Albaniji: *Formosa „lepa“, up. rum. frumos „lep“, ital. formoso „isto“ < lat. FORMOSUS. Prelaz s > š išao bi na račun Arbanasa.”
- ↑ a b Lepusha. In: Komuna Kelmend. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 31. Dezember 2015; abgerufen am 24. Juli 2013 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Owen Pearson: Albania in the Twentieth Century, A History. Volume II: Albania in Occupation and War, 1939-45. I. B. Tauris, London 2006, ISBN 1-84511-104-4 (Online).
- ↑ History - Independence. In: Komuna Kelmend. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 27. September 2013; abgerufen am 24. Juli 2013 (englisch): „This Albanian-Yugoslavian 'understanding' was approved by the governments and the final protocol about the actual border was signed in Firence (July 26, 1926). The right of Plava-Gucia and Podgorica inhabitants to pass through Vermoshi and vice-versa was conveyed in the protocol. Unfortunately, this right is not yet realized.“ Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Life in Kelmend - Education. In: Komuna Kelmend. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 24. Juli 2013 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ History – Against communism. In: Komuna Kelmend. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 24. Dezember 2013; abgerufen am 24. Juli 2013 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Life in Kelmend - Transport. In: Komuna Kelmend. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 27. Januar 2016; abgerufen am 24. Juli 2013 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ History – Supporting democracy. In: Komuna Kelmend. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juni 2016; abgerufen am 24. Juli 2013 (englisch): „The 17-year-old boy Pellumb Pellumbaj from Vermoshi was massacred at the border, in June 14, 1990. He became a symbol of the first anticommunist demonstration of Shkodra youth (June 16, 1990). The demonstration was the prologue of people's massive rush in the Embassies (July 2, 1990) and the students movement in Albania.“ Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.