Wikipedia:Förderung/Berlinale-Projekt 2021/Bericht

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Das Berlinale Summer Special fand von 9. bis 20. Juni 2021 statt. Im Rahmen des Berlinale-Projekts 2021 entstanden mehr als 70 Artikel

Berlinale Summer Special

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Berlinale Summer Special – Tag 11 & 12

Frankfurter Allee Ecke Proskauer Straße in Friedrichshain, einer der Drehorte des Films Je suis Karl

Vorgestern war in Friedrichshain die Weltpremiere von Je suis Karl von Regisseur Christian Schwochow. In diesem Berliner Kiez wurde der Film auch gedreht. In Je suis Karl verliebt sich eine junge Frau, deren Familie Opfer eines Terroranschlags in Berlin wurde, in den charismatischen Anführer einer europaweiten Revolution. Luna Wedler spielt diese junge Frau, Jannis Niewöhner in der Titelrolle Karl, und beide waren zur Premiere gekommen. Weil der Film am 16. September 2021 in die Kinos kommt, will ich hier nicht mehr verraten.

Am vorletzten Tag des Berlinale Summer Special war auch die Deutschlandpremiere von Souad. In diesem Film von Ayten Amin, die zur Vorstellung angereist war, sieht sich die 19-jährige Ägypterin Souad gezwungen, ein Doppelleben zu führen, da ihr Wunsch, neue Arten von Freiheit zu erforschen, mit den Erwartungen der Gesellschaft, ihrer Familie und der Religionsgemeinschaft, die sie verinnerlicht hat, kollidiert.

Vorgestern wurde Last Days at Sea von Venice Atienza gezeigt, vorgestern und gestern A Última Floresta von Luiz Bolognesi. In dem einen Film gibt es sehr viel Wasser, in dem anderen sehr viel Regenwald und Mythen. In den letzten beiden Tagen war zudem The Scary of Sixty-First von Dasha Nekrasova zu sehen, der gestern als bester Erstlingsfilm der Berlinale ausgezeichnet wurde. Ebenfalls gestern wurden der Panorama-Publikumspreis und der Dokumentarfilmpreis verliehen. So ging es dann am Sonntag zu Ende mit dem Berlinale Summer Special, die kürzeste Nacht des Jahres, wenn ich mich nicht irre. Das Wetter hat gehalten, und ich habe Ecken von Berlin gesehen, von denen ich bislang gar nichts wusste – oder habe sie dann doch nicht gesehen; liegt dieses Biesdorf überhaupt in Berlin?

Leider nicht beim Summer Special gezeigt wurde der Dokumentarfilm Wer wir waren von Marc Bauder mit Alexander Gerst

Vermisst habe ich eigentlich nur einige der Filme, die man beim European Film Market im März sehen konnte und wohl dem enggesteckten Terminkalender zum Opfer gefallen sind: Der eigentlich ganz gelungene Science-Fiction-Film Tides von Tim Fehlbaum, der hellwache Dokumentarfilm Wer wir waren von Marc Bauder, der libanesische Coming-of-Age-Film Death of a Virgin, and the Sin of Not Living von George Peter Barbari (Platz 3 meiner Lieblingsfilme der diesjährigen Berlinale) und When a farm goes aflame von Jide Tom Akinleminu, der von mir extra einen Artikel bekam, weil ich den Film wirklich mochte (und ich dachte immer, meine Familienverhältnisse seien kompliziert...)

Dann bis zur nächsten Berlinale, die dann wohl – irgendwie schade – wieder im Februar stattfindet, dann vielleicht mit vielen winterlichen Impressionen aus der Hauptstadt und noch mehr Artikeln. IgorCalzone 21.06.

Berlinale Summer Special – Tag 9 & 10

Für The Inheritance, die Sesamstraße für Erwachsene, in dem es um ein kulturelles Erbe geht, war das Haus der Kulturen der Welt ein wunderbar passender Aufführungs­ort

Vorgestern stellte Ephraim Asili seinen Film The Inheritance beim Berlinale Summer Special vor. Darin hat Julian von seiner Großmutter ein Haus in Philadelphia geerbt. Der junge Mann erkundet gemeinsam mit seiner Freundin Gwen diesen aus der Zeit gefallen scheinenden Ort. Sie entdecken eine Kiste mit Büchern und haben sich noch gar nicht alles angeschaut, was seine Großmutter in dem Haus zusammengetragen hat. Gwen findet das alles äußerst interessant, und so kann sie Julian schnell überzeugen, in dem Haus eine Kommune zu gründen, mit ihnen beiden als erste Mitglieder. Ich würde das Ganze mal als Sesamstraße für Erwachsene beschreiben und ein wenig zu exklusionistisch vielleicht für ein Publikum mit einem helleren Täng, dafür aber ganz lehrreich. Und einen Satz noch an Ephraim (ich denke, jemanden der in einer Kommune lebt(e), darf man beim Vornamen nennen), der extra aus den USA für die eine Vorstellung im Haus der Kulturen der Welt gestern angereist ist: Nicht ärgern: Bei anderen Vorstellungen sind in diesem Jahr manchmal auch nicht mehr als 100 Zuschauer vor Ort, das hat nichts mit dem Film zu tun. Und oben auf der Terrasse und versteckt in den Büschen haben bestimmt auch nochmal 20 Leute den Film gesehen – allerdings nicht hierfür gezahlt...

Maryam Moghaddam spielt in Ballad of a White Cow in der Hauptrolle auch Mina

Vorgestern war auch die Premiere von Blutsauger von Julian Radlmaier (keine Ahnung, worum es in dem Film geht), aber auch von Ballad of a White Cow von Behtash Sanaeeha und Maryam Moghaddam und von dem ebenso im Wettbewerb vorgestellten Dokumentarfilm und Silberner-Bären-Gewinner Herr Bachmann und seine Klasse von Maria Speth, zu denen mein Kollege am Wochenende sicher noch etwas erzählen wird (ebenso wie zu allen anderen Filmen, die ich die Tage vergessen hatte).

Gestern stellte Susana Nobre ihren Film Jack’s Ride vor. Darin freut sich der 63 Jahre alte, in Alhandra in Portugal lebende Jaoquim J. Calcada darauf, bald in Rente gehen zu können. Bis es so weit ist, will er Arbeitslosengeld beziehen und erzählt der Dame im Job-Center, wie er einst in den USA als Taxifahrer arbeitete und später zu einem Limousinendienst wechselte, für den er so berühmte Menschen wie Jacky Kennedy oder Muhammad Ali chauffierte.

Jaoquim lebt in Alhandra in Portugal

Nun soll Jack drei Monate lang, bis zur Rente, nachweisen, dass er sich bei Unternehmen, an die er vom Job-Center vermittelt wurde, auch vorgestellt hat, auch wenn klar ist, dass diese ihn gar nicht anstellen werden.

Also, dieser Elvis-Verschnitt, der diesen Joaquim aka Jack spielt und dessen Leben auch irgendwie im Drehbuch verarbeitet wurde, ist echt cool.

Ebenso wurde gestern Der Betatest von Jim Cummings und PJ McCabe vorgestellt, den ich aber nicht geschafft habe, obwohl ich extra einen Corona-Test gemacht hatte; aber für ein Bierchen in meiner Stammkneipe war dieser schon ganz gut. Die hatte bis 2.00 offen, weil man nun in Berlin wieder nach Mitternacht Alkohol ausschenken darf. Nur soviel zum Betatest: Jordan Hines arbeitet in einer Talentagentur in Hollywood und will demnächst heiraten. Als Hines eine mysteriöse Nachricht erhält, in der er zu einem sexuellen Stelldichein eingeladen wird, er jedoch keine Ahnung hat, von wem die Nachricht stammt, gerät seine Welt aus den Fugen.

Der (goldene) Bär Lucio Dalla

Dann wurden gestern auch zwei Dokumentarfilme gezeigt, Per Lucio von Pietro Marcello über Lucio Dalla und Dirty Feathers von Carlos Alfonso Corral über Menschen in den US-amerikanisch-mexikanischen Grenzstädten El Paso und Ciudad Juárez, die ohne Obdach leben. Da sich das Summer Special dem Ende zuneigt, war gestern abend die letzte Gelegenheit Wood and Water von Jonas Bak zu sehen und auch die letzte Möglichkeit, sich den chinesischen Film Sommerflirren von Han Shuai anzuschauen. Beide Filme spielen in asiatischen Metropolen, einmal in Hongkong, einmal in Wuhan, und haben mit entfremdeten Müttern zu tun. IgorCalzone 19.06.


Berlinale Summer Special – Tag 7 & 8

Vorgestern war die letzte Gelegenheit beim Summer Special Ninjababy zu sehen. Der norwegische Film von Yngvild Sve Flikke ist teilweise animiert und erzählt von einer jungen Frau namens Rakel, die sich nach einem positiven Schwangerschaftstest nicht nur mit der Frage auseinandersetzen muss, wer der Vater des Kindes ist, sondern auch ihre ganze bisherige Lebensweise überdenkt.

Und Vorgestern war auch die Premiere von Moon, 66 Questions. In diesem Langfilmdebüt von Jacqueline Lentzou kommt eine junge Frau namens Artemis nach einigen Jahren der Abwesenheit nach Athen zurück, weil ihr Vater Paris im Krankenhaus liegt. Der erst 54 Jahre alte Mann hatte vermutlich einen Schlaganfall und verhält sich nun wie ein Kind, wie Herr Iacovos es ausdrückt, der ebenfalls zu Besuch im Krankenhaus ist. Artemis ist Einzelkind und ihre Eltern geschieden. Daher ist sie die Einzige, die sich um Paris kümmern kann. Wieder Zuhause schaut Paris meist den ganzen Tag fern. Er kann sich noch ohne viel Hilfe duschen, und damit das so bleibt, soll Artemis mit ihm regelmäßig Übungen machen. Klingt erstmal langweilig, aber wenn der Film dem Ende zugeht, wird es nochmal richtig interessant. Und wenn man den Schauspieler Lazaros Georgakopoulos sieht, der den Vater spielt, dann könnte man wetten, das dieser wirklich eine Halbseitenlähmung hat. Nur den Filmtitel habe ich nicht wirklich verstanden, aber trotzdem mal im sommerlichen Berlin ein Foto (siehe unten) gemacht.

Auch wenn Moon, 66 Questions nicht wirklich etwas mit dem Mond zu tun hat, geht es nächtlich weiter, und zwar mit einem anderen Film im Summer Special, der mir sehr gut gefallen hat: Night Raiders von Danis Goulet. In diesem Science-Fiction-Thriller, der in einer dystopischen Zukunft in Nordamerika im Jahr 2044 spielt, gelten Kinder als Besitz des Militärregimes. In einer staatlichen Militärakademie werden sie zu Kämpfern ausgebildet. Niska, eine Frau vom Volk der Cree, versucht ihre 11-jährige Tochter Waseese vor einer Unterbringung in der Einrichtung zu bewahren und hat sich mit ihr im Wald versteckt. Sie gehen mit Steinschleudern auf die Jagd. Das Gewehr nutzt Niska nur, um Drohnen abzuschießen, die regelmäßig auf der Suche nach Kindern umherfliegen. Dies ist kein Arthouse-Film, und ein sehr schönes Ende hat er auch. So hat es der Film auch in meine persönlichen Top 5 der Filme im Summer Special geschafft.

Wenigstens die Kaisereiche in Friedenau war nach der Vorstellung von Taming the Garden gestern noch eins mit der Natur

Gestern gab es auch eine Vorstellung des Dokumentarfilms Taming the Garden von Salomé Jashi, was bei dieser Open-Air-Veranstaltung für viele Zuschauer ein besonderes Erlebnis gewesen sein dürfte. Ein reicher Mann hat für den von ihm gegründeten Shekvetili Dendrological Park einige 100 Jahre alten, majestätischen Bäume bestellt. Daher beginnt man überall in Georgien mit den Vorbereitungen. Bagger legen ihr Wurzelwerk frei, die Bäume werden samt ein wenig von der Erde, in der sie gewachsen sind, in ein Holzkorsett verpackt und zum Schwarzen Meer gebracht. Dieses nächtliche Spektakel lassen sich die Anwohner nicht entgehen und laufen dem Schwertransport in Scharen hinterher. Jordan Raup von The Film Stage schreibt hierüber, so ein riesiger Baum wirke bei dem nächtlichen Transport wie ein Tyrannosaurus Rex aus dem Jurassic Park, der aus der Dunkelheit auftaucht, und mir ging es da genauso.

Bin nun irgendwie total im Nachtmodus. Ob Természetes fény – Natural Light, der heute ein letztes Mal auf der Freilichtbühne Weißensee zu sehen ist, mehr Licht ins Dunkel bringt, seht ihr wenn das Licht angeht oder mein Kollege euch die nächsten Tage hiervon berichtet...

Für den Argentinier Ignacio Ceroi war es nicht leicht, zur Vorstellung seines Films What Will Summer Bring nach Berlin zu reisen

Der argentinische Filmemacher Ignacio Ceroi stellte gestern seinen Film What Will Summer Bring vor. Angefangen hat sein Projekt damit, dass er bei einem Besuch in Frankreich eine gebrauchte Kamera erwarb, auf der er Amateuraufnahmen eines französischen Rentners fand. Er kontaktierte diesen und fragt ihn, ob er diese Aufnahmen für einen Film verwenden dürfe. War sicher nicht leicht für den Argentinier, zur Vorstellung seines Films nach Berlin reisen zu dürfen. Aber irgendwie hat er es geschafft. Mehr zum Film (und weil der Artikel erst noch geschrieben werden muss) vom Regisseur auch in diesem Video (BTW @ unsere eigentlichen Fotografen H&M: We miss you! Liebe Grüße aus Berlin).

Und dann war gestern noch die letzte Vorstellung des französischen Films Petite maman von Céline Sciamma mit Nina Meurisse in einer Mutterrolle. Aber auch zu diesem Film sicher mehr die Tage von meinem Kollegen aus dem Berlinale-2021-Projekt... IgorCalzone 17.06.

Berlinale Summer Special – Tag 6

Hygiène sociale wurde komplett im Freien gedreht, auf einer Wiese in Kanada

Heute beginne ich mit Hygiène sociale, der in der Sektion Encounters der diesjährigen Berlinale läuft. Wie beschreibt man denn diesen Film am besten? Fangen wir mal damit an, dass es ihm deutlich anzusehen ist, dass er unter besonderen Hygienebedingungen und mit Abstandsprotokoll während des Corona-Lockdowns gedreht wurde – deutlicher als bei jedem anderen Film der diesjährigen Berlinale – (bei Die Saat wurde mir das erst klar, als ich im Abspann das neue Berufsbild „Hygienebeauftragte“ gelesen habe). Und das, obwohl das Drehbuch von Denis Côté bereits Jahre vor der Pandemie geschrieben wurde. Der Filmtitel ist Programm, und das Ganze hätte auch Social Distance heißen können. Obwohl der Film ausschließlich im Freien spielt, auf einer großen, x-beliebigen Wiese irgendwo in Kanada, kann man ihn als Kammerspiel beschreiben, ein sehr dialoglastiges by the way. Darin ist ein gewisser Antonin zwar verheiratet, doch verpasst er keine Gelegenheit, die Freundlichkeit und Geduld seiner Frau Eglantine auf die Probe zu stellen. Seine Schwester Solveig ist von seinem Verhalten schrecklich enttäuscht. Ich war auch ein wenig enttäuscht von dem Film, da ich Côtés letzte Arbeit eigentlich sehr mochte.

Gestern wurde beim Berlinale Summer Special auch Censor vorgestellt, der im Gegensatz zu Hygiène sociale anfänglich fast nie im Freien, sondern oft in dunklen, engen Kinos und Büroräumen spielt. In dem Film von Prano Bailey-Bond, der bereits Ende Januar 2021 beim Sundance Film Festival seine Premiere feierte, schaut sich die Filmzensorin Enid täglich gemeinsam mit ihrem Kollegen potenziell jugendgefährdende und gewaltverherrlichende Filme an. Enids Schwester Nina ist bereits seit längerer Zeit verschwunden, und ihre Erinnerungen an den Tag im Wald verschwommen, als sie 20 Jahre zuvor ihre kleine Schwester verloren hat. Bei jeder Frau mit roten Haaren, die Enid sieht, stellt sie sich die Frage, ob dies womöglich ihre Schwester sein könnte. Eines Tages muss der Leiter der Behörde ihnen berichten, dass ein Mann seine Morde genau auf die Weise, wie in einem von ihnen scheinbar nicht ausreichend zensierten Film begangen hat. Censor hat mir schon deutlich besser gefallen.

Ach so: Und die European Shooting Stars 2021, die gestern in Berlin ihren Preis überreicht bekommen haben, heißen Nicolas Maury, Alba Baptista, Martijn Lakemeier, Albrecht Schuch, Natasa Stork, Sara Klimoska, Seidi Haarla und Zygimante Elena Jakstaite. IgorCalzone 15.06.

Berlinale Summer Special – Tag 5

Radu Jude bei der Preisverleihung am 13. Juni 2021 auf der Museumsinsel

Gestern war im Schloss Charlottenburg die Premiere von Bad Luck Banging or Loony Porn von Radu Jude. Mehr über den Film sicher die Tage von meinem Projekt-Kollegen, der sich voll und ganz den Wettbewerbsfilmen gewidmet hat. Nur soviel: Der Film dürfte in Deutschland wohl keine FSK-6-Freigabe bekommen, und eine passende Illustration zur Handlung und auch des Filmtiteles spare ich mir an dieser Stelle mal...

Frisch aus der Artikelschmiede: Die Welt wird eine andere sein, ein Film von Anne Zohra Berrached, der gestern in der Sektion Panorama lief – aber auch hier sicher mehr von meinem Kollegen.

Am Abend der Preisverleihung, und die Letzten versuchten noch an Karten zu kommen

Gestern abend wurden auf der Museumsinsel auch die bereits im März 2021 bekanntgewordenen Preise verliehen. Bad Luck Banging or Loony Porn erhielt den Goldenen Bären, Ryūsuke Hamaguchi wurde für Gūzen to sōzō mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet, aber auch zu diesem Film sicher mehr von meinem Kollegen.

Gestern wurde beim Berlinale Summer Special zudem French Exit vorgestellt, mit Michelle Pfeiffer in der Rolle einer Witwe und Lucas Hedges als ihr Sohn, die in Begleitung einer Katze nach Paris ziehen. Der Film wurde im letzten Jahr bereits in den USA vorgestellt. Auch der Film Der menschliche Faktor von Ronny Trocker, den man vorgestern und gestern zeigte, wurde bereits bei anderen Filmfestivals vorgestellt.

Die Premiere von Brother’s Keeper fand im Freiluftkino Kreuzberg statt

Um eine Premiere handelte es sich hingegen bei Brother’s Keeper von Ferit Karahan. In dem Film wurde der 12-jährige Yusuf von seinen Eltern in einem Internat in Ostanatolien untergebracht, wo er die 5. Klasse besucht. Er teilt sich ein Zimmer mit drei anderen Jungen in seinem Alter. Besonders mit Memo versteht er sich gut, für den Yusuf so etwas wie ein großer Bruder ist. Eines Morgens steht Memo nach dem Wecken nicht auf, als er eigentlich zum Unterricht müsste, weshalb Yusuf ihn auf die Krankenstation bringen soll. So schleppt er seinen völlig geschwächten Freund an diesem kalten Wintertag durch den Schnee dorthin, steht jedoch vor verschlossener Tür. Im weiteren Verlauf des Films wird nicht nur das Versagen des gesamten Erziehungsapparats deutlich.

Ich bin dein Mensch wurde unter anderem im Berliner Pergamonmuseum auf der Museumsinsel gedreht und hier im Rahmen des Berlinale Summer Special auch vorgestellt

Gestern ganz vergessen – bin ja auch nur ein Mensch – habe ich den schönen deutschen Film Ich bin dein Mensch von Maria Schrader mit Maren Eggert und Dan Stevens in den Hauptrollen. Im Film erklärt sich die Wissenschaftlerin Alma zur Teilnahme an einer außergewöhnlichen Studie bereit und soll drei Wochen lang mit dem humanoiden Roboter Tom zusammenleben. Er wurde ganz auf ihre Bedürfnisse programmiert, hat einen leichten britischen Akzent und lächelt stets charmant. Auch kann er auf Kommando aus Rilkes Herbsttag zitieren oder den vorletzten Buchstaben des Gedichts nennen, aber auch den Sinn des Lebens erklären und Rumba tanzen. Er soll für Alma den perfekten Lebenspartner verkörpern. Die Dreharbeiten fanden unter anderem im Berliner Pergamonmuseum statt, hier unter anderem im Austellungsraum des Markttors von Milet. Maren Eggert wurde für ihre Rolle mit dem Silbernen Bären für die beste darstellerische Leistung ausgezeichnet. Nicht nur wegen ihr mein zweit- oder drittliebster Film der diesjährigen Berlinale. Und weil er am 1. Juli 2021 eh in die Kinos kommt, soll hier nicht zu viel verraten werden. IgorCalzone 14.06.

Berlinale Summer Special – Tag 4

Der heimliche Star in Taste ist eine kleine Sau

Taste von Lê Bảo, der gestern seine Premiere feierte, ist so ein Film, da kann man irgendwie nicht wegschauen. Trotz eindrucksvoller Bilder war das dann insgesamt aber doch ein wenig zu wenig Handlung für mich. Alles in verlangsamter Echtzeit und äußerst vorhersehbar: Ich wusste zum Beispiel, dass der Protagonist auch noch den fünften, also den kleinen, Zeh der Frau massiert, nachdem er bereits die anderen vier ausgiebig durchgeknetet hatte. Man stellt sich beim Anschauen des Films viele Fragen: Warum tragen die den Schwertfisch durchs Treppenhaus? Warum tun die alles nackt? Und warum wortlos? Für mich ein wenig zu artifiziell, aber fast lustig, dieses ewige nackte aber völlig wortlose Kochen und Essen. Die „kleine Sau“ ist vielleicht der heimliche Star des Films, auf jeden Fall gibt die am meisten von sich. Und Achtung Spoiler: Auch wenn die oft gewogen wird, ist es nicht sie, die ihr Leben verliert; der Schwertfisch verliert allerdings den Kopf …

Ebenfalls gestern gab es eine erste Vorstellung von In Bewegung bleiben, einem Dokumentarfilm von Salar Ghazi. Der nutzte für den Film seine persönliche Bekanntschaft mit einigen Tänzern, die in der DDR zu einer privilegierten Minderheit gehörten. Sie durften im Rahmen ihrer Arbeit in das nichtsozialistische Ausland reisen, auch in westliche Länder wie Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland, aber auch nach Australien und die USA. Einige dieser Tänzer erzählen in dem Dokumentarfilm von ihrem Leben und lassen die Ereignisse Revue passieren. Und dann war gestern noch die zweite und letzte Gelegenheit, den Kurzfilm Nanu Tudor zu sehen. IgorCalzone 13.06.

Berlinale Summer Special – Tag 3

In Daniel Brühls Regiedebüt Nebenan, der neben Peter Kurth auch in einer der beiden Hauptrollen zu sehen ist, spielt dieser einen deutsch-spanischen Schauspieler, der sowohl beruflich als auch privat auf der Sonnenseite des Lebens steht. Als er für die Rolle in einem neuen Superheldenfilm gehandelt wird und kurz vor der Reise zum Casting in einer Eckkneipe einkehrt, trifft er auf einen älteren Nachbarn aus Ost-Berlin, der sich als Verlierer der Wiedervereinigung und Opfer der Gentrifizierung sieht und sich an dem Schauspieler rächen will. Die Premiere war gestern, und der Film konkurriert bei der Berlinale um den Goldenen Bären.

In Memory Box, einem Film des Regie-Duos Joana Hadjithomas und Khalil Joreige, der ebenfalls im Wettbewerb der Filmfestspiele läuft, erhält eine in Montreal lebende Familie an Weihnachten überraschend ein Paket aus dem Libanon. Es enthält Tagebücher, Audiokassetten und Fotos, mit denen die Mutter in den 1980er-Jahren während des Libanesischen Bürgerkriegs ihren Alltag in Beirut für ihre Jugendfreundin Liza dokumentierte.

Aurélien Gabrielli spielt in The World After Us den jungen Schriftsteller Labidi

In dem französischen Film The World After Us von Louda Ben Salah-Cazanas teilt sich der junge Schriftsteller Labidi El Morchedi (gespielt von Aurélien Gabrielli) eine sehr kleine Wohnung in Paris mit einem nicht sehr kleinen Freund. Er arbeitet nach dem kleinen Erfolg mit einer seiner Kurzgeschichten an seinem ersten Roman und hält sich mit kleinen Nebenjobs über Wasser. Die Premiere war gestern im Freiluftkino Kreuzberg, und es wurde viel gelacht, während im Park rechts italienische Fußballfans jubelten und türkische doch besser die Premiere des Films besucht hätten. Der Film läuft beim Berlinale Summer Special in der Sektion Encounters, wo er eine lobende Erwähnung erhielt.

Die Dreharbeiten für den Experimentalfilm Rock Bottom Riser führten Fern Silva auf den heiligsten und höchsten Berg Hawaiis, den Mauna Kea, wo man dabei ist, das größte Teleskop der Welt zu bauen. Nebenbei sieht man im Film viele Lavaströme, Aufnahmen, die auch als Bildschirmschoner geeignet wären. Und dann wurde gestern beim Summer Special noch die fünfteilige britische LGBT-Miniserie It’s a Sin vorgestellt. IgorCalzone 12.06.

Berlinale Summer Special – Tag 2

Gestern waren die Premieren von Inteurodeoksyeon und Fabian oder Der Gang vor die Hunde, beides Filme, die im Wettbewerb der Berlinale laufen.

Fabian und Inteurodeoksyeon wurden beide in Berlin gedreht und feierten beide hier Premiere

Nach der am Eröffnungstag vorgestellten Serie mit Tom Schilling (in der er Ich spielte) ist der Schauspieler auch bei letzterem Film in der Titelrolle zu sehen und spielt den Anfang der 1930er-Jahre in den letzten Jahren der Weimarer Republik lebenden Germanisten und angehenden Schriftsteller Dr. Jakob Fabian. Nachts zieht dieser mit seinem besten Freund Stephan Labude, der aus einer wohlhabenden Familie stammt, durch Berlin. Die beiden jungen Männer kennen sich noch aus Studienzeiten. Als Fabian aufgrund der Weltwirtschaftskrise seine Anstellung als Werbetexter für einen Zigarettenhersteller verliert und das Geld zum Leben immer knapper wird, ist es auch an ihm, sich anzupassen. Vergangenheit und Gegenwart verschmelzend beginnt seine Reise am U-Bahn Heidelberger Platz, wo ihn die Kamera durch den Bahnhof die Treppe hinauf ins Tageslicht geleitet. Wer eher Lust auf einen Tag am Meer oder ein Glas Soju hat, dem kann man Inteurodeoksyeon ans Herz legen. Wie auch Fabian wurde dieser südkoreanische Film teilweise in Berlin gedreht.

Ebenfalls gestern vorgestellt wurde Albatros von Xavier Beauvois. In dem Film lebt der Brigadekommandeur der Gendarmerie Laurent Sandrail (gespielt von Jérémie Renier) mit Freundin und Tochter in der Dienstwohnung direkt neben der Wache von Étretat, eine kleine Stadt in der Normandie. Als er im Dienst einen Schuss abgibt, um einen vom EU-Regulierungswahn gebeutelten Landwirt vom Selbstmord abzuhalten, stirbt dieser vor seinen Augen. Alles nimmt seinen vorgeschriebenen, bürokratischen Weg. Laurent packt seine Einkäufe an Bord eines kleinen Bootes und fährt einfach los, um den Kopf wieder freizubekommen und wieder zu sich selbst zu finden. Albatros läuft ebenfalls im Wettbewerb, ist aber ein Film, der keinen nachhaltigen Eindruck bei mir hinterlassen hat.

In Azor von Andreas Fontana, meinem absoluten Lieblingsfilm der diesjährigen Berlinale, befindet man sich ebenfalls auf der Suche. Darin ist der Schweizer Bankier Yvan De Wiel (toll gespielt von Fabrizio Rongione) mit seiner Frau Inés aus Genf nach Buenos Aires gekommen um herauszufinden, was mit seinem Partner René Keys passiert ist, von dem er seit einem Monat nichts gehört hat.

Für Just A Movement besuchten die Macher die Île de Gorée

Auch gestern beim Summer Special vorgestellt wurden Ancient Soul von Alvaro Gurrea und Just A Movement ‎des Belgiers Vincent Meessen. Bei letzterem handelt es sich um einen sehr interessanten Film, in dem man einiges über den senegalesischen Intellektuellen und politischen Aktivisten Omar Blondin Diop erfährt, so dass dieser auch Jean-Luc Godard kennenlernte, der ihm anbot, neben Jean-Pierre Léaud und Anne Wiazemsky in seinem Film Die Chinesin mitzuwirken. In der Rolle spielte Diop quasi sich selbst, da er als senegalesischer Marxist in Nanterre über Marxismus referiert.

Ancient Soul führt den Zuschauer zum Ijen und seinem Vulkansee

In dem Spielfilm Ancient Soul geht es um Yono, auch Mbah Jhiwo genannt, was „alte Seele“ bedeutet. Er ist einer der Bergleute, der täglich am Krater von Ijen, einem Vulkankomplex in der östlichsten Provinz der indonesischen Insel Java, arbeitet und große Schwefelbrocken herumschleppt. Als seine Frau Oliv ihn und die Familie eines Morgens unerwartet verlässt, ändern sich für Yono die täglichen Routinen gravierend.

Was Kurzes zum Schluss: Gestern war die letzte Gelegenheit beim Summer Special, die Schweizer Doku Deine Strasse von Güzin Kar zu sehen. Gezeigt wurde er im Freiluftkino des Filmrauschpalastes. Der Film dokumentiert die Trostlosigkeit einer nach Saime benannten Straße, des Saime-Genç-Rings, inmitten eines Bonner Gewerbegebiets. Mit Deine Strasse wollte die Filmemacherin die Erinnerungskultur hinterfragen und wurde hierfür mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet. IgorCalzone 11.06.

Berlinale Summer Special – Tag 1

Tom Schilling spielt Tristan

Tristan (gespielt von Tom Schilling) lebt mit seiner schwangeren Freundin Julia zusammen. An einem Tag gehen außergewöhnlich viele und auch äußerst sonderbare Nachrichten auf seinem Smartphone ein. Als er zur Arbeit will und das Haus verlässt, wird er von einem Taxifahrer angesprochen, der will, dass er einsteigt. Tristan hat jedoch kein Taxi bestellt und will erst gar nicht zu dem Fremden mit dem seltsamen Akzent ins Auto steigen. Weil ihm die Blicke der Menschen auf den Wecker gehen, die ihn alle völlig unverfroren anstarren und über ihn tuscheln, steigt er jedoch ein, und der Taxifahrer setzt ihn direkt vor dem Büro ab. Das Unternehmen, für das Tristan arbeitet, heißt 42. Durch seinen Arbeitskollegen und Freund Hubert erfährt Tristan, dass nun alle Menschen alles über ihn wissen und sogar seine intimsten Wünsche und Phantasien kennen. Tristan kann sich jedoch nicht erinnern, wie und warum es hierzu gekommen ist.

Das ist die Handlung von Ich und die Anderen. In jeder einzelnen Folge erwacht Tristan, nachdem er einen Wunsch geäußert hat, und erlebt nun dessen Auswirkungen auf sich selbst und seine Mitmenschen. Überspannt sind diese Entwicklungen von dem Motiv „Protect me from what I want“. Die Serie, die gestern das Berlinale Summer Special für das Publikum eröffnete, ist echt genital..ähh…genial, mit Bildern, die man so schnell nicht vergisst …

Gestern feierte im Sommerkino Kulturforum auch der Schweizer Film Das Mädchen und die Spinne von Ramon und Silvan Zürcher seine Premiere. Der Film wird im Wettbewerb Encounters präsentiert und wurde bereits im März 2021 mit dem Preis für die Beste Regie und dem FIPRESCI-Preis der Filmkritik ausgezeichnet.

Und weil es gerade langsam dunkel wird (Sonnenuntergang ist hier in Berlin heute um 21:28) ein kleiner Tipp, falls sich gleich jemand auf den Weg zum Freiluftkino Friedrichshagen oder in den Volkspark Hasenheide macht, zum Beispiel zur Premiere von Die Saat: „Begeben Sie sich direkt zum Freiluftkino, ziehen Sie nicht über Los oder die Partywiese mit den verstrahlten Gestalten und vor allem führen Sie keine 4.000 Mark mit sich!" – Euro genauso wenig; besser eine Taschenlampe für den Rückweg … IgorCalzone 10.06.

Berlinale Summer Special beginnt heute

Heute beginnt das Berlinale Summer Special

Zu den Filmen der diesjährigen Filmfestspiele Berlin sind im Rahmen eines Wikimedia-geförderten Projekts zahlreiche Artikel entstanden. Die Filmfestspiele gestalten sich 2021 Coronaviruspandemie-bedingt völlig anders als üblich und beginnen heute als ein Berlinale Summer Special. Dieses findet in 16 Freiluftkinos, verteilt über ganz Berlin, statt. Auf der Museumsinsel und vor dem Schloss Charlottenburg wurde hierfür eigens erst gerade die Bestuhlung eingerichtet. Das Open Air-Konzept in diesem Jahr erforderte von den Beteiligten Kreativität, Ausdauer und Flexibilität – und von den Cineasten diesmal kein (An-)Stehvermögen, sondern starke Nerven und schnelle Finger. Aber bei einer 7-Tage-Inzidenz von 24 und gefühlten 29 °C in Berlin heute am Eröffnungstag und einer ähnlichen Wetterlage in den nächsten zwei Wochen kann eigentlich gar nichts mehr schief laufen. Auf der Museumsinsel wird den geladenen Gästen heute abend nach der Eröffnung Der Mauretanier gezeigt. Normalsterbliche dürfen zum Auftakt des Publikumsteils mit der Fernsehserie Ich und die Anderen starten (morgen mehr hierzu), und am Kulturforum kann man sich Das Mädchen und die Spinne anschauen.

Das Berlinale Summer Special wurde am 9. Juni auf der Museumsinsel eröffnet

Ich habe vor, bis zum 20. Juni an dieser Stelle täglich von den Filmen zu erzählen, die bereits im März 2021 beim European Film Market vorgestellt wurden, und nebenbei von der Stimmung während des Berlinale Summer Special zu berichten: Von Berlin, vom Sommer und dieser wirklich sehr speziellen Berlinale …

Nachtrag: Die Spiele sind eröffnet! Auf der Museumsinsel zeigen sie gerade Der Mauretanier, und kurz nach 23 Uhr feierte am Sommerkino Kulturforum Das Mädchen und die Spinne von Roman und Silvan Zürcher seine Premiere. IgorCalzone 09.06.


(Dieser Bericht wurde zwischen 9. und 21. Juni 2021 im Wikipedia:Kurier veröffentlicht)

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