Wilhelm Leyhausen

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Wilhelm Leyhausen (* 23. August 1887; † 7. November 1953) war Theaterwissenschaftler, Begründer der deutschen Sprechchorbewegung, Dramaturg und Übersetzer.

Er promovierte 1913 an der Universität Bonn mit einer Arbeit über das Kölner Schulwesen um 1800. Die Arbeit widmete er dem Kölner Kunstsammler, Literaten und Goethe-Nachfahren Robert Heuser.[1]

Intendant und Leiter von Sprechchorkursen

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In Köln gründete er 1920 den ersten studentischen Sprechchor.[2] Die chorischen Veranstaltungen fanden auch in Großstädten statt; zusätzlich zum Sprechchor wurden Dramen im konventionelleren Rahmen inszeniert, Kölner Oper: „Im Juni 1920 veranstaltete Wilhelm Leyhausen vom Konservatorium 'Attische Festspiele' und führte Die Perser von Aeschylos mit Laiendarstellern auf, die er per Anzeige geworben hatte. Es meldeten sich so viele, daß er seinen Chor mit nicht weniger als 300 Personen bestücken konnte.“[3]

Der Dramatische Chor der Universität Berlin zusammen mit dem Sportforum inszenierte Die Perser in Leyhausens eigener Übersetzung. Die Musik schrieb Max Günther.[4]

Seit den späten 1920er Jahren, als er in Berlin wirkte, veranstaltete er regelmäßig Sprechchorkurse, so etwa 3.–12. Oktober 1929 den Kattowitzer Kurs im Auftrag des Deutschen Kulturbunds.[5] Wenige Wochen davor war er in Schlesien im selben Sinne unterwegs.[6]

Zusammenarbeit mit Goebbels

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Leyhausen arbeitete zusammen mit Joseph Goebbels im Vorfeld der 1936 Sommerolympiade in Berlin, um die Olympischen Spiele mit einem internationalen Dramenwettbewerb auszubauen.[7] Darüber hielt er 1933 einen Vortrag an der Universität Athen.[8]

Er war der Vertreter Deutschlands auf den Delphischen Spielen, wie die Festvorstellungen des Angelos Sikelianos in Athen genannt wurden. Diese Veranstaltungen hatte eine harmonische Erneuerung der Gesellschaft durch Dichtung und Theaterspiel zum Ziel. Im Auftrag von Joseph Goebbels hielt er eine Ansprache über das Wiederaufleben von Schillers „Kampf der Wagen und Gesänge“ im Sinne eines „Wettkampfes des Geistes“ auf dem Spielplatz von Rhetorik und Drama.[2]

Leyhausen initiierte die Neugründung und Forstetzung der Delphischen Spiele nach dem Zweiten Weltkrieg.[9] Hier firmierte er als Präsident des Delphis Instituts, das zum Beispiel internationale Theaterfestspiele in Verona im Jahr 1952 veranstalte.[10] Zu der Zeit hatter einen Lehrauftrag an der Gutenberg-Universität Mainz.[11] Später kam er an die Humbold Universität in Berlin.[9]

Theaterwissenschaftliche Sammlung

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Seine fachliche Sammlertätigkeit von etwa 1920 bis 1950 fand ihren Höhepunkt in einer stattlichen Übergabe an das Archive of Performances of Greek and Roman Drama an der Oxford-Universität. Der Schwerpunkt der Sammlung ist Inszenierung und Instrumentalisierung antiker Dramen in den verschiedenen Epochen.[9]

Übersetzungstätigkeit aus dem Griechischen und Englischen

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Ein Züricher Studententheater, die Akademische Theatergruppe Zurich, hat seine Übersetzung von Kain, dem Byron-Drama, im Sommersemester 1951 aufgefüht.[12]

Werke (in Auswahl)

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  • Probleme der Poetik, Greifswald: Bamberg, 1936
  • Inferno: ausgewählte Gesänge von Dante Alighieri. [ca. 1930]
  • Himmel und Erde, ein Mysterium von George Gordon Byron [ca. 1930]
  • Der gefesselte Prometheus des Aischylos, Berlin: S. Fischer, [1926]
  • Die Perser des Aischylos, Berlin: S. Fischer, 1926 und Berlin: Fundament Verlag, 1948

Einzelnachweise

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  1. Wilhelm Leyhausen: Das höhere Schulwesen in der Stadt Köln zur französischen Zeit (1794–1814) (= Studien zur rheinischen Geschichte). Bonn 1913.
  2. a b Eleftheria Ioannidou: Chorus and the Vaterland. In: Felix Budelmann, Fiona Macintosh, Joshua Billings (Hrsg.): Choruses, ancient and modern. 1. Auflage. Oxford University Press, Oxford ; New York, NY 2013, ISBN 978-0-19-967057-4, S. 338 (worldcat.org).
  3. Vom Quatermarkt zum Offenbachplatz: ein Streifzug durch vier Jahrhunderte musiktheatralischer Darbietungen in Köln. S. 106.
  4. First Nights in Theatres Abroad. In: Atlantic City Sunday Press, Sunday Gazette. 6. März 1927, S. 35.
  5. Volkswille: Zentralorgan der Deutschen Sozialistischen Arbeitspartei Polens. Jg.14, Nr. 219 (24. September 1929).
  6. 1929 Sprechchorfest: Aus der Wojewodschaft Schlesien. In: Laurahütte-Siemianowitzer Zeitung, 25. Sept. 1929, p. 3.
  7. Ulf Heuner: 'We are talking in a chorus' - The choral theater of Wilhelm Leyhausen. In: Forum Modernes Theater. Gunter Narr, Tübingen 2002, S. 115–125.
  8. Olympic Drama? Berlin's Suggestion for Next Games. Evening Despatch, May 5, 1933, p. 13.
  9. a b c Fiona Macintosh: Museums, archives and collecting. In: The Cambridge Companion to Theatre History. 1. Auflage. Cambridge University Press, 2012, ISBN 978-1-139-01965-1, S. 277, doi:10.1017/cco9781139019651.022 (cambridge.org [abgerufen am 18. Juni 2024]).
  10. Herta Reclam: Choric Speaking in Greek Tragedies Performed by Students. In: The Speech Teacher. Band 11, November 1962, S. 286.
  11. Mount Mary College To Represent U.S. At World Drama Festival. The Oshkosh Northwestern, February 29, 1952, p. 3.
  12. Christina Gee, Judith Knight: The Romantics and the Theatre: A short bibliography. In: The Romantic theatre: an international symposium. Barnes and Noble Books, 1986, S. 115.