Überfall auf Camp Bastion

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Überfall auf Camp Bastion
Teil von: Krieg in Afghanistan seit 2001

Marines vom VMA-211 im Camp Bastion, zwei Wochen vor dem Angriff
Datum 14. September 2012
Ort Camp Bastion, Helmand
Ausgang Fast alle Taliban-Kämpfer wurden getötet
Konfliktparteien

ISAF

Taliban

Truppenstärke

Vereinigte StaatenVereinigte Staaten:

  • MALS-16
  • MWSS-273
  • MWSS-373
  • VMM-161
  • HMH-361
  • VMA-211
  • HMLA-469

Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich:

  • 51. Squadron RAF Regiment

Tonga 55 Soldaten
Insgesamt:
Mehrere Hundert Soldaten mit Luftunterstützung

15 Kämpfer

Verluste

Vereinigte StaatenVereinigte Staaten 2 Tote
17 Verletzte
9 Flugzeuge zerstört oder beschädigt

14 Tote
1 gefangener

Der Überfall auf Camp Bastion im September 2012 war ein Angriff der Taliban auf den Militärstützpunkt Camp Bastion in der afghanischen Provinz Helmand.[1] Die Basis beherbergte zum Zeitpunkt des Angriffs britisches, amerikanisches und tonganisches Militärpersonal. Die Taliban-Kämpfer töteten zwei US-Marines und zerstörten oder beschädigten acht AV-8B Harriers und eine C-130, bevor die gesamte Gruppe getötet oder gefangen genommen wurde. Die Taliban behaupteten, der Überfall sei eine Reaktion auf den Film "Innocence of Muslims" gewesen. Ebenfalls gaben sie an, dass Prinz Harry, der zu diesem Zeitpunkt auf der Basis stationiert war, das Ziel des Angriffs war.[2]

Ablauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Überfall war ein komplexer und koordinierter Angriff von 15 Taliban-Kämpfern[3] mit Tarnanzügen und verschiedenen Waffentypen. Der Übergriff startete um 22:00 Uhr Ortszeit an der Ostseite des Camp Bastion in der Nähe der Flugzeughangar der US-Marines. Die Aufständischen drangen in das Lager ein, welches von Truppen aus Großbritannien und Tonga bewacht wurde. Dabei teilten sie sich in drei Teams auf, um den Angriff auszuführen.[4] Das erste Team griff eine Gruppe von USMC-Mechanikern vom Marine Medium Tiltrotor Squadron 161 (VMM-161) an, die sich in der Gegend befanden. Die zweite Gruppe befestigte Sprengladungen an mehreren Jets und feuerte dann Granaten auf andere Flugzeuge ab. Das letzte Team zerstörte drei Tankstellen.[5]

Die Angreifer wurden während eines vierstündigen Feuergefechts von US-Marines und dem RAF-Regiment der Staffel Nr. 51 getötet oder gefangen genommen. Behilflich war die Feuerunterstützung durch einen britischen Apache AH1, einen AH-1W SuperCobra und UH-1Y Venoms von der USMC-Einheit HMLA-469, die unter Beschuss der Aufständischen abhob.[4]

Die RAF-Truppen, die sich auf der gegenüberliegenden Seite der Basis befanden, kamen ungefähr 12 Minuten nach Beginn des Angriffs am Tatort an.[5] Einige der Piloten und Betreuer der Marine Attack Squadron 211 (VMA-211) kämpften ebenfalls als Infanteristen. Sie töteten einen Angreifer und verletzten einen anderen, der versuchte, eine RPG auf eine Gruppe Soldaten abzufeuern, die das Flugfeld verteidigten.[6] Marines von VMM-161 töteten eine Gruppe von fünf Taliban mit Kleinwaffenfeuer, als diese versuchten, weiter in die Basis einzudringen. Eine zweite Gruppe von fünf Aufständischen wurde Stunden später aus ihrem Versteck gejagt und von den Truppen des RAF-Regiments Nr. 51 und der USMC auf einem Gelände in der Nähe ihres Eintrittspunkts erschossen.[7] Die letzte Gruppe von fünf Aufständischen wurde Stunden später in der Nähe des Flugfeldes entdeckt. Vier von ihnen wurden getötet und der fünfte wurde verletzt und gefangen genommen.[8]

Am Anfang der Kämpfe wurde der Geschwaderkommandant der VMA-211, Oberstleutnant Christopher Raible, getötet, als eine Granate auf die Seite des Gebäudes traf, in dem er sich befand. Oberstleutnant Raible verließ nach mehreren Explosionen außerhalb des Gebäudes sein Büro. Ein Schrapnell von einer Rakete, die über ihm explodierte, traf ihn am Hals und ließ ihn verbluten. Die gleiche Rakete tötete den USMC-Mechaniker Sergeant Bradley Atwell, der sich hinter Bodenausrüstung auf dem Flugfeld versteckte.[5][8] 17 US-amerikanische und britische Mitarbeiter wurden verletzt.[3] Sechs AV-8B Harrier II und eine United States Air Force C-130 wurden zerstört und zwei weitere Harriers schwer beschädigt.[4] Drei Tankstellen wurden zerstört und sechs Flugzeughangars beschädigt.[9]

Nachwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Angriff wurde als "der schlimmste Verlust [von US-Luftgütern] bei einem einzigen Vorfall seit dem Vietnamkrieg" beschrieben.[10] Der Angriff verursachte Schäden in Höhe von 200 Millionen USD.[5] Um die bei dem Angriff verlorenen Flugzeuge zu ersetzen, entsandte das USMC innerhalb von 36 Stunden nach dem Überfall 14 Harriers nach Afghanistan.[11]

Die BBC behauptete, dass der Angriff "alle Kennzeichen des Haqqani-Netzwerks" zeigt.[12] Die ISAF behauptete eine Woche später, sie habe einen der Drahtzieher des Überfalls gefangen genommen.[8]

Reaktion des USMC[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Generalmajor des Marine Corps, Charles M. Gurganus, war für die Verteidigung der Militärbasis verantwortlich. Ein Monat vor dem Angriff reduzierte er die Patrouillen von 325 auf 100 Marines. Auf Druck der Familien der in der Schlacht Getöteten oder Verletzten beförderte der US-Senat Gurganus nicht zum Generalleutnant.[4] Am 30. September 2013 gab USMC-Kommandant James F. Amos bekannt, dass er Gurganus und Generalmajor Gregg A. Sturdevant für das Versagen der Verteidigung während des Überfalls verantwortlich macht. Sturdevant war für die USMC-Luftfahrtanlagen in dieser Region verantwortlich. Beide wurden angewiesen, sofort das USMC zu verlassen.[13]

Beide Männer gingen ehrenhaft und mit vollen Bezügen in den Ruhestand. Laut NBC News bemängelte ein hochrangiger US-Verteidigungsbeamter, dass Gurganus vor einen Kriegsgericht gestellt worden wäre, wenn er nicht den Rang eines Generals innehätte. "Marines sind tot und sechs Flugzeuge wurden zerstört. Ein Lance Corporal würde für viel weniger braten", zitierte NBC.[14]

Reaktion der Briten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verteidigungsausschuss des britischen Unterhauses untersuchte den Vorfall und veröffentlichte seinen Bericht am 28. März 2014. Sie kamen zu dem Schluss, dass "die Vorkehrungen für die Besetzung der Wachtürme rund um das Lager Bastion durch den Angriff als unzureichend entlarvt wurden. ",[15] und dass "britische Kommandeure ein gewisses Maß an Verantwortung für dieses Systemversagen und damit verbundenen Reputationsschaden tragen müssen ".[3]

Reaktion der Tongaer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einem Artikel vom GQ vom September 2013 wurde festgestellt, dass Soldaten des tonganischen Kontingents in Afghanistan für den Abschnitt des Angriffs verantwortlich waren. Es wurde berichtet, dass US-Marines manchmal Mitglieder der Wachmannschaft der Tongaer schlafend auffanden.[4] Der amtierende Befehlshaber der tonganischen Streitkräfte erklärte, dass die tonganische Truppe im Lager Bastion nicht verpflichtet gewesen sei, den Abschnitt durch den die Angreifer kamen, vollständig zu besetzen.[16] Der britische Hochkommissar in Tonga erklärte auch, dass es britisches und nicht tonganisches Personal sei, welches für den betroffenen Abschnitt verantwortlich war. Außerdem behauptete er, dass die Vorwürfe aus einer Untersuchung des US-Militärs, wonach tonganische Soldaten im Wachdienst beim Schlafen erwischt worden seien, nicht korrekt sind.[17]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Alissa J. Rubin: Audacious Raid on NATO Base Shows Taliban’s Reach. Web Archive (früher: The New York Times), 16. September 2012, archiviert vom Original am 25. September 2012; abgerufen am 20. Januar 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nytimes.com
  2. Taliban take credit for British base attack. Aljazeera, 15. September 2012, abgerufen am 20. Januar 2021 (englisch).
  3. a b c Richard Norton-Taylor: Camp Bastion attack revealed 'high-level complacency'. The Guardian, 16. April 2014, abgerufen am 21. Januar 2021 (englisch).
  4. a b c d e Matthieu Aikins: Enemy Inside the Wire: The Untold Story of the Battle of Bastion. GQ, 3. September 2013, abgerufen am 21. Januar 2021 (englisch).
  5. a b c d Christina Lamb: Bastion raid signals birth of Taliban SAS in Afghanistan. The Australien, 23. September 2012, abgerufen am 20. Januar 2021 (englisch).
  6. Ed Timperlake: Tribute To Camp Bastion Fallen; Taliban Targeted Harriers, Their 'Biggest Threat'. Web Archive (früher: Aol Defense), 21. September 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Oktober 2012; abgerufen am 20. Januar 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/defense.aol.com
  7. RAF Force Protection Wing defends Camp Bastion during Taliban attack. Ministry of Defense, 19. September 2012, abgerufen am 20. Januar 2021 (englisch).
  8. a b c Gretel C. Kovach: Marines recall ‘surreal’ attack at Afghan camp. The San Diego Tribune, 6. Oktober 2012, abgerufen am 20. Januar 2021 (englisch).
  9. ISAF provides additional details on Camp Bastion attack. Web Archive (früher: NATO), 16. September 2012, archiviert vom Original am 19. September 2012; abgerufen am 20. Januar 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.isaf.nato.int
  10. John D. Gresham: Attack on Camp Bastion: The Destruction of VMA-211. Defense Media Network, 20. September 2012, abgerufen am 20. Januar 2021 (englisch).
  11. Dave Majumdar: Marines surged Harriers to Afghanistan within 36 hours of attack. Web Archive (früher: Flight Global), 10. Oktober 2012, archiviert vom Original am 5. November 2013; abgerufen am 20. Januar 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.flightglobal.com
  12. Quentin Sommerville: Camp Bastion assault: Details emerge of Taliban attack. BBC News, 24. September 2012, abgerufen am 20. Januar 2021 (englisch).
  13. Chris Carroll: Two Marine generals fired in wake of brazen Taliban attack on Camp Bastion. Stars and Stripes, 30. September 2013, abgerufen am 22. Januar 2021 (englisch).
  14. Two senior Marine generals forced to retire over deadly Afghan attack. Web Archive (früher: NBC), archiviert vom Original am 30. September 2013; abgerufen am 22. Januar 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/worldnews.nbcnews.com
  15. Defence Committee - Thirteenth Report. www.parliament.uk, 28. März 2014, abgerufen am 22. Januar 2021 (englisch).
  16. Criticism of Tongan soldiers unfair, says Captain. Matangi Tonga, 7. Oktober 2013, abgerufen am 22. Januar 2021 (englisch).
  17. Claims of soldiers sleeping on duty not true says envoy. Web Archive (früher: Tonga Daily News), archiviert vom Original am 22. November 2015; abgerufen am 22. Januar 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tongadailynews.to

Koordinaten: 31° 52′ 3″ N, 64° 11′ 57″ O