A media luz

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Edgardo Donato und sein Orquesta típica

A media luz lautet der Titel eines Tangos aus dem Jahre 1925, der neben La Cumparsita und El Choclo zu den „bekanntesten und meistgespielten“[1] seines Genres gehört.[2]

„Es gibt drei Tangos, die so berühmt sind, dass zumindest ihre Melodie auf der ganzen Welt bekannt ist und das sogar solchen Menschen, die normalerweise keine besondere Beziehung zum Tango haben. Diese drei Tangos heißen: La Cumparsita, A media luz und El Choclo.“

Göttinger Tango-Info, 29/2009[3]

A media luz, dieses kleine musikalische Meisterwerk, ist das Ergebnis rioplatensischer Zusammenarbeit: den Liedtext dichtete der uruguayische Dramatiker und Tangolyriker Carlos César Lenzi,[4] die Musik komponierte der argentinische Violinist und Orchesterleiter Edgardo Donato.

Entstehungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Musiker Edgardo Donato und der Literat Carlos César Lenzi waren beide zufällig geladene Gäste einer Party, die in einer Villa in Montevideo stattfand. Bevor das Quartett Edgardo Donato zum Tango aufspielte, habe Donato das Licht abgedunkelt und dabei mit lauter Stimme in den Saal gerufen:

«¡Ahora … a media luz!»

„Und jetzt bei Dämmerlicht!“

Francisco García Jiménez: Así nacieron los tangos, S. 168.

Dieser Ausruf Donatos soll den Poeten Lenzi so beeindruckt haben, dass er noch frühmorgens mit dem Dichten der ersten Verse begann. Lenzi traf sich dann am Abend mit Donato, übergab ihm den Liedtext und bat ihn, dazu eine Tangomelodie zu komponieren.

1925 wurde der Tango im Rahmen der Revue Su Majesta la revista im Teatro Catalunya (Montevideo) uraufgeführt. Sängerin soll Lucy Clory gewesen sein. Carlos Gardel nahm A media luz 1926 auf Schallplatte auf und trug zur weltweiten Verbreitung bei.

Der erotische Liedtext (Carlos César Lenzi)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vers 01: Corrientes 3–4–8
Gedenktafel (seit 1978[5]) im farbigen Fileteado-Malstil über dem Eingang des Gebäudes, das an der mythischen Adresse des ersten Verses des Tangos A media luz liegt: Anschrift einer erdichteten Garçonnière in Buenos Aires, der Hauptstadt Argentiniens.
Vers 08: Una victrola que llora. „Ein Grammophon, das plärrt“.
:Verse 10/11: Y un gato de porcelan a pa' que non maulle al amor. Und ein Kater aus Porzellan, damit er nicht nach Liebe kreischt. – Diskretion geht über alles!
Diskretion geht über alles!

„Dieser Text ist ein Beispiel dafür, dass nicht jeder Tango ein ‘trauriger Gedanke ist, den man tanzen kann’, wie es Enrique Santos Discépolo ausgedrückt hat … Der Sänger Horacio Lagos[6] vermittelt die Vorzüge des im Lied beschriebenen Etablissements mit einer geradezu feinschmeckerischen Süffisanz.“

Ulrike und Eckart Haerter: Göttinger Tango-Info, 29/2009.[7]

Die Verse 1-20, einprägsame Achtsilber, beschreiben – unter Verwendung des Stilmittels der Enumeratio – die Einrichtung und abgedunkelte erotisierte Atmosphäre einer kleinen Wohnung, einer Garçonnière, in Buenos Aires, Avenida Corrientes 348, die zu unverbindlichen sexuellen Vergnügungen gemietet werden kann. Man braucht nur rechtzeitig anzurufen – Diskretion wird verlangt und wiederum garantiert.

Die Verse 20-30 berichten von einem weiteren einschlägigen Liebesnest, gelegen in der Straße Juncal 12-24. Dort gibt es jeden Tag geselliges, erotisches Programm – mit Kokain (Vers 28) – und abends Tango mit Gesang. Nur montags ist Ruhetag, also keine Vergnügungen mehr – welch’ Trostlosigkeit! (Vers25):

A media luz

V01 Corrientes 3-4-8
V02 Segundo piso, ascensor.
V03 No hay porteros ni vecinos
V04 Adentro, cocktail y amor
V05 Pisito que puso Maple,
V06 Piano, estera y velador,
V07Un telefón que contesta,
V08 Una victrola que llora
V09 Viejos tangos de mi flor
V10 Y un gato de porcelana
V11 Pa´que no maulle al amor.


V12 Y todo a media luz,
V13 Que es un brujo el amor
V14 A media luz los besos
V15 A media luz los dos
V16 Y todo a media luz
V17 Crepúsculo interior
V18¡Que suave terciopelo
V19 La media luz de amor!

V20 Juncal 12-24
V21 Telefoneá sin temor.
V22 De tarde, té con masitas
V23 De noche, tango y cantar.
V24 Los domingos, tés danzantes,
V25 Los lunes, desolación
V26 Hay de todo en la casita
V27 Almohadones y divanes
V28 Como en botica, cocó[8]
V29 Alfombras que no hacen ruido
V30 Y mesa puesta al amor.[9]

Bei Dämmerlicht

Corrientes 3-4-8 (Straßenname + Telefonnummer in Buenos Aires)
Zweiter Stock, Aufzug.
Es gibt weder Pförtner noch Nachbarn
Drinnen Cocktail und Liebe
Eine kleine Wohnung, die (das britische Möbelhaus) Maple ausgestattet hatte,
Klavier, Teppichboden, rundes Tischlein,
Ein Anrufbeantworter,
Ein Grammophon, das
Alte Tangos meiner Jugend plärren
Und ein Kater aus Porzellan,
Damit er nicht nach Liebe kreischt.


Und alles bei Dämmerlicht
Weil die Liebe ein Hexer ist.
Bei Dämmerlicht
Bei Dämmerlicht wir zwei
Und alles bei Dämmerlicht
Innen Abenddämmerung
Was für ein weicher Samt,
Dieses Dämmerlicht der Liebe!

Juncal 12-24 (Straßenname + Telefonnummer in Buenos Aires)
Rufen Sie ohne Furcht an
Nachmittags Tee mit Gebäck
Abends Tango und Gesang
Sonntags, Tanztee
Montags Trostlosigkeit.
Es gibt alles in dem Häuschen
Kissen und Sofas
Koks (Kokain) wie in der Apotheke
Teppiche, die Geräusche dämpfen
Und der Tisch ist gedeckt für die Liebe.[10]

Fremdsprachige Liedtexte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Englische Fassung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der amerikanische Szenarist und Liedtexter Dorcas Cochran schuf eine englische Version von A media luz: When I look into your eyes, 1952 von Champ Butler gesungen.[11] Das musikalische Arrangement besorgte Percy Faith.

Dieser englische Songtext hat nichts mit der spanischen Version gemein. Er ist von minderer Qualität:

„Was die Texte des Tango von angloamerikanisch beeinflusster Popularmusik unterscheidet, ist ihre literarische Qualität. Denn hier greifen keine juvenilen Sänger oder gewiefte Hit-Produzenten zur Feder, sondern Literaten, Journalisten, Bühnenautoren oder Lyriker. Die Texte stehen damit dem französischen Chanson oder dem portugiesischen Fado näher.“

Jürgen Bieler: Tango – Was ist das überhaupt? Ein Beitrag zur Phänomenologie des Tango. In: Tangodanza. Zeitschrift für Tango argentino 4/2008, S. 71.

Italienische Version[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Milva singt einen italienischen Text zu A media luz[12]

Im Rhythmus des Boleros[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ohrwurm A media luz wurde musikalisch arrangiert und von Gesangsgruppen auch im Bolero-Rhythmus gesungen, zum Beispiel von den argentinischen Los 5 Latinos[13] und dem mexikanischen Trío Los Panchos.[14]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf Deutsch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Egon Ludwig: Tango Lexikon. Der Tango ríoplatense[15] − Fakten und Figuren des berühmten lateinamerikanischen Tanzes. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag Berlin 2002, ISBN 978-3-89602-294-3.
  • Ulrike Haerter, Eckart Haerter: Göttinger Tango-Info/Sonderausgabe/Tango Bilder und Texte. epubli 2016, ISBN 978-3-7418-7412-3.

Auf Spanisch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Héctor Ángel Benedetti: Las mejores letras de tango. Antología de doscientas cincuenta letras de tango, cada una con su historia. Verlag Planeta, Madrid 2012, ISBN 978-987-580-514-9. Historisch kommentierte Sammlung von 250 Tangotexten.
  • Mauro Federico und Ignacio Ramírez: Historia de la droga en la Argentina. Verlag Aguilar Madrid 2015, ISBN 978-987-735-120-0, Ausschnitt.
  • Francisco García Jiménez: Así nacieron los tangos. – Comentarios de Pedro Ochoa. Verlag Corregidor, Buenos Aires 2018, ISBN 978-950-05-3160-3.
  • Oscar del Priore, Irene Amuchástegui: Cien tangos fundamentales. 2. Auflage. Verlag Aguilar, Buenos Aires 2008, ISBN 978-987-04-1123-9, S. 112/113, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Partituren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Instrumentalversionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vokalversionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filmszenen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schallplatten-Label[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tanzbeispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Egon Ludwig: Tango Lexikon. Der Tango rioplatense − Fakten und Figuren des berühmten lateinamerikanischen Tanzes, S. 7
  2. Leslie Bethell: The Cambridge history of Latin America. Cambridge university Press 1995, ISBN 978-0-521-49594-3, S. 361 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche-USA)
  3. Göttinger Tango-Info 29/2009
  4. José Gobello: Biografie
  5. Francisco García Jimenez: Así nacieron los tangos. – Comentarios de Pedro Ochoa. Verlag Corregidor, Buenos Aires 2018, ISBN 978-950-05-3160-3, S. 170.
  6. Horacio Lagos singt A media luz, 1941 auf YouTube – begleitet vom Orquesta típica Edgardo Donato
  7. A media luz – Im SchummerlichtGöttinger Tango-Info 29/2009 von Ulrike und Eckart Haerter
  8. coco ist ein Lunfardo-Wort und bedeutet Kokain, das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in argentinischen Apotheken legal gekauft werden konnte. (Quelle: Mauro Federico und Ignacio Ramírez: Historia de la droga en la Argentina, Verlag Aguilar Madrid 2015, ISBN 978-987-735-120-0, Ausschnitt (Spanisch)).
  9. spanischer Liedtext
  10. Übersetzung ins Deutsche durch den Autor dieses Artikels
  11. Percy Faith: When I look into your eyes (A media luz, 1952) auf YouTube
  12. Milva: A media luz Video auf YouTube.
  13. Losn 5 Latinos: A media luz, 1957 Video auf YouTube
  14. Los Panchos: A media luz, 1962 auf YouTube
  15. „rioplatense“ schreibt sich ohne Akzent auf dem „i“ – laut dem maßgeblichen Wörterbuch der spanischen Sprache, dem Diccionario de la lengua española der Real Academia Española schreibt sich das Adjektiv rioplatense ohne Akzent