Abraham Poincheval

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Abraham Poincheval (* 1972 in Alençon) ist ein französischer Performancekünstler.[1][2] Er wuchs in Mayenne auf und studierte an den Kunsthochschulen in Le Mans und Nantes. Er lebt heute in Marseille. Abraham Poincheval erweitert bei seinen ungewöhnlichen Performances seine körperlichen und mentalen Grenzen. Die Erfahrung von Eingeschlossensein, Bewegungslosigkeit oder Sinneseinschränkung ist für ihn ein Mittel, die Welt und die menschliche Natur zu erforschen.[3]

Aktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Poincheval verbrachte 2014 dreizehn Tage im Pariser Jagd- und Naturmuseum, eingenäht im Inneren eines ausgestopften Bären, um so die Verbindung zu den Vorfahren und der Tierwelt zu erforschen.[4][5] Die Versorgung war an den Ernährungsgewohnheiten eines Bären orientiert. Pilze, Körner, Insekten und Fisch wurden getrocknet und in Plastiktüten verpackt dem Künstler beigegeben.[6][7]

Bei einer anderen Aktion trieb er Ende Juli 2015 als Flaschenpost die Rhône hinunter.[4] Die Route begann in der Schweiz und endete in Lyon. Im Inneren der 6 Meter langen und 2 Meter breiten Glasflasche herrschten teilweise Temperaturen bis zu 50 Grad.[5][8] Während der mehrmonatigen Reise legte der Künstler immer wieder Stops ein, um der Bevölkerung sein Projekt zu zeigen und Kontakt aufzunehmen. In Villeurbanne wurde im IAC centre d’art contemporain ein Basislager errichtet, von wo aus Gespräche über Skype möglich waren.[9][10] Sowohl der Bär als auch die Glasflasche können im Museum besichtigt werden.[5]

Am 22. Februar 2017 ließ Poincheval sich im Museum Palais de Tokyo, Paris, für die Dauer von acht Tagen im Inneren eines zwölf Tonnen schweren Felsblocks aus Kalkstein in Sitzhaltung einschließen.[4][11][3] Das Experiment endete planmäßig am 1. März 2017.[12] Als Motiv für die Aktion benennt Poincheval den Wunsch, die mineralische Welt zu erforschen und zu erfahren, wie weit man sein Selbst verändern kann.[5]

Ab dem 29. März 2017 brütete Poincheval für 21 bis 26 Tage im Palais de Tokyo in Paris etwa ein Dutzend Hühnereier aus. Hierbei saß er in eine Decke gehüllt, in einem Plexiglaskasten auf einer Art Brutstuhl. Über dem Stuhl war eine Lampe angebracht. Zur Zerstreuung dienten einige Bücher. Die Aktion war beendet, als alle Küken ausgeschlüpft waren. Nach dem Schlüpfen wurden die Küken auf einen Bauernhof in die Normandie gebracht. Die besondere Schwierigkeit der Aktion sieht der Künstler darin, dass er während dieser Performance zum ersten Mal unmittelbar für das Publikum beobachtbar ist.[13]

Am 2. Juni 2018 ließ sich Poincheval im Museums von Aurignac für eine Woche in eine 3,20 m hohe Statue aus Lärchenholz einschließen, die einer berühmten altsteinzeitlichen Statue nachgebildet ist. Es handelt sich um die erste bekannte anthropomorphe Statue, die als Mensch-Löwe gestaltet ist. Sie ist 32 cm klein und aus einem Mammutstoßzahn hergestellt.[14]

Ausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Abraham Poincheval, Ausstellung im Palais de Tokyo, Paris (3. Februar – 8. Mai 2017)[3]

Performances[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Poincheval führte insbesondere folgende Performances durch:[15]

2001

  • Total Symbiose, zusammen mit Laurent Tixador, deutsch „Vollständige Symbiose“ (Îles du Frioul, Marseille)

2002

  • Total Symbiose, zusammen mit Laurent Tixador (Galerie 40m3, Rennes)
  • L’Inconnu des grands horizons, zusammen mit Laurent Tixador (FRAC Basse-Normandie, Caen)
  • L’Inconnu des grands horizons, zusammen mit Laurent Tixador (Galerie de l’école des Beaux Arts de Metz, Metz)

2006

  • Horizon moins vingt, zusammen mit Laurent Tixador (Galerie In Situ – Fabienne Leclerc, Paris)

2008

  • La grande symbiose 2, zusammen mit Laurent Tixador (La station, Nizza)
  • Arène, zusammen mit Laurent Tixador (Paris)
  • Horizon moins vingt, zusammen mit Laurent Tixador (Murcia, Spanien)

2011/2012

  • 2011–2012: Gyrovague, le voyge invisible (Dignes-les-Bains – Caraglio, Italien)
  • 2012: 604800s (Labo HO galerie librairie, Marseille)

2014

2015

  • La Vigie (La Rhétorique des Marées vol. 1, Esquibien)
  • La Bouteille, dt. „Die Flasche“ (Plage Napoléon, Port-Saint-Louis-du-Rhône, Frankreich)

2016

  • La vigie urbaine (Nuit Blanche 2016, Paris)
  • La vigie urbaine (La Rhétorique des Marées vol. 2, La Criée, Rennes)
  • La Bouteille (Villeurbanne, Arles, Villeneuve-lès-Avignon, Île de Miribel-Jonage, Andancette, Lausanne/Schweiz)

2017

  • Pierre, dt. „Stein“ (Palais de Tokyo, Paris), 22. Februar – 1. März 2017[3]
  • Œuf, dt. „Ei“ (Palais de Tokyo, Paris), geplant ab dem 29. März 2017 für 21 bis 26 Tage[3]

2018

  • Le Chevalier errant, l’homme sans ici, Lieux Mouvants, Centre-Bretagne[16][17]

2019

  • Walk on Clouds, Gabon[18]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Laurent Tixador: L’inconnu des grands horizons : journal de bord de Laurent Tixador. M. Baverey, Paris 2003. (Collection Antipodes.)
  • mit Laurent Tixador: Horizon moins vingt. Isthme éd., Paris 2006.
  • mit Dove Allouche, Simon Boudvin, Tacita Dean, Mathieu Kleyebe Abonnenc, Joachim Koester, Daniel Roth, Hans Schabus, Laurent Tixador: Expéditions. Galerie, Ville de Noisy-le-Sec, Noisy-le-Sec [2007].
  • mit der Galerie Ho (Marseille): Collection Sec au toucher. Éditions P, [2012].
  • L’épaisseur de la montagne. Éd. P, Marseille 2013, ISBN 978-2-917768-33-4, 151 S.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hortense Soichet: Photographie & mobilité : pratiques artistiques contemporaines en déplacement. L’Harmattan, Paris 2013. (Eidos, Paris, Fotografie-Serie.)
  • Abraham Poincheval : Palais de Tokyo, 3. Februar – 8. Mai 2017. Monografie zur Ausstellung im Palais de Tokyo. Éditions Palais de Tokyo / Les presses du réel, Dijon 2017, 96 S., ISBN 978-2-84066-943-2.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Performances
  2. Acht Tage im Felsblock, Der Spiegel, 22. Februar 2017.
  3. a b c d e Palais de Tokyo: Abraham Poincheval, abgerufen am 20. März 2017.
  4. a b c Französischer Künstler will für acht Tage in Felsbrocken leben, Mitteldeutsche Zeitung 22. Februar 2017, abgerufen am 28. Juni 2021.
  5. a b c d Abraham Poincheval sucht Grenzerfahrung - Überleben im Felsen (Memento des Originals vom 21. März 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.art-magazin.de in Art-Magazin, aufgerufen am 20. März 2017
  6. Efeu – Die Kulturrundschau bei Perlentaucher.de
  7. Abraham Poincheval lives inside bear in Designboom Art vom 4. September 2014, aufgerufen am 14. April 2017
  8. Archivierte Kopie (Memento vom 21. März 2017 im Internet Archive)
  9. L’autre vision du monde d’Abraham Poincheval dans sa bouteille en verre bei Culturebox vom 25. Juni 2016, abgerufen am 14. April 2017
  10. Il a vécu dans la peau d’un ours, il habite désormais une bouteille bei telerama.fr vom 30. Juli 2015, aufgerufen am 14. April 2017
  11. Yves Jaegle: En images. Palais de Tokyo : Abraham Poincheval sort de sa pierre vom 1. März 2017 bei leparisien.fr.
  12. French artist Abraham Poincheval emerges after spending week inside a rock auf cbcnews vom 1. März 2017, abgerufen am 15. März 2017.
  13. Französischer Künstler Poincheval brütet Eier aus in Tagesspiegel vom 6. April 2017, aufgerufen am 13. April 2017
  14. Künstler lässt sich in Holzstatue einschließen orf.at, 4. Juni 2018, abgerufen 4. Juni 2018.
  15. Ausstellungen und Performances von Abraham Poincheval bei semiose.fr
  16. Anne-Catherine Simon: Dieser Extremkünstler geht in Ritterrüstung durch die Bretagne. In: diepresse.com. 12. Juli 2018, abgerufen am 9. Februar 2024.
  17. Darüber gibt es eine Filmdokumentation
  18. Wandern auf Wolken – Grenzerfahrungen des Performancekünstlers Abraham Poincheval | Euronews. In: de.euronews.com. 21. November 2019, abgerufen am 18. Februar 2024.