Amitraz

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Strukturformel
Allgemeines
Freiname Amitraz
Andere Namen

1,5-Di-(2,4-dimethylphenyl)-3-methyl-1,3,5-triazapenta-1,4-dion-bis-N,N-(dimethyl-2,4-phenyliminomethyl)-N-methylamin

Summenformel C19H23N3
Kurzbeschreibung

weiße bis blassgelbe, kristalline Substanz[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 33089-61-1
EG-Nummer 251-375-4
ECHA-InfoCard 100.046.691
PubChem 36324
ChemSpider 33405
DrugBank DB11373
Wikidata Q417878
Arzneistoffangaben
ATC-Code

QP53AD01

Wirkstoffklasse

Insektizid

Wirkmechanismus

Oktopamin-Rezeptor-Antagonist

Eigenschaften
Molare Masse 293,41 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

86–87 °C[1]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser (< 1 mg·l−1 bei 25 °C)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[2]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​317​‐​373​‐​410
P: 273​‐​280​‐​301+312​‐​330​‐​333+313​‐​391​‐​501[2]
Toxikologische Daten

800 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Amitraz ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Amidine und wird in der Tiermedizin als Mittel gegen Ektoparasiten wie Milben und Insekten eingesetzt. Die Substanz wird auch als insektizider Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt.

Synthese[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Synthese von Amitraz stehen zwei Routen zur Verfügung.

Pfad 1: 2,4-Xylidin + Orthoameisensäuretriethylester + Methylamin

Amitraz-Synthese 1

Der erste Schritt auf diesem Reaktionspfad ist die Reaktion des Anilinderivats 2,4-Xylidin mit Orthoameisensäuretriethylester. Im nächsten Schritt wird Methylamin addiert, wobei Ethanol frei wird. Zum Schluss reagieren zwei Moleküle N-2,4-Dimethyl-N-methylformamidin miteinander unter Abspaltung von Methylamin zu Amitraz.[4]

Pfad 2: N-Methylformamid + 2,4-Xylidin:

Amitraz-Synthese 2

Der erste Schritt ist die Umsetzung von N-Methylformamid mit 2,4-Dimethylanilin. Die Reaktion wird durch Carbonsäurehalogenide oder p-Toluolsulfonsäurechlorid katalysiert. Im zweiten Schritt kondensieren zwei Moleküle des gleichen Zwischenprodukts wie bei 1 unter Abspaltung von Methylamin zu Amitraz.[5]

Analytik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die zuverlässige qualitative und quantitative Bestimmung von Amitraz kommen Kopplungsverfahren der Gaschromatographie und HPLC mit der Massenspektrometrie zum Einsatz. Einige Untersuchungsgüter, wie z. B. Urin,[6] Früchte[7] oder Honig[8] machen spezielle Methoden der Probenvorbereitung erforderlich.

Wirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Amitraz ist ein Antagonist der Rezeptoren für Octopamin im Gehirn der Parasiten. Der Wirkstoff ruft eine Übererregbarkeit und damit schließlich eine Lähmung und den Tod der Parasiten hervor.

Bei Säugetieren wird es nur zu einem geringen Teil (10 %) über die Haut resorbiert. Intravenös appliziertes Amitraz wird in der Leber schnell abgebaut und über die Niere ausgeschieden.

Anwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tiermedizin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Amitraz kann bei vielen Haus- und Heimtieren in Form einer Bade- oder Waschlösung gegen Milben, Zecken oder Tierläuse eingesetzt werden. Gegen Flöhe ist die Wirksamkeit nur mittelmäßig. Pferde, Katzen und Nagetiere sind gegenüber Amitraz besonders empfindlich, so dass eine Anwendung bei diesen Tieren nicht empfohlen wird.[9]

Momentan ist in Deutschland jedoch Amitraz nur noch für Haushunde sowie zur Behandlung der Varroose bei Honigbienen (Apis mellifera) zugelassen. Bei der Demodikose war es viele Jahre das Mittel der Wahl. Chihuahuas, trächtige oder säugende Hündinnen sowie Welpen dürfen jedoch nicht mit Amitraz behandelt werden.[9]

Bei äußerlicher Anwendung ist Amitraz gut verträglich. Die Nebenwirkungen resultieren aus einer agonistischen Wirkung am α2-Adrenozeptor und reichen von Inappetenz, Erbrechen, Blutdruckabfall und verlangsamter Herzfrequenz bis zu Depression. Als Antidot können Atipamezol oder Yohimbin eingesetzt werden.[9]

Pflanzenschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Schweiz waren Pflanzenschutzmittel erhältlich, die Amitraz als akariziden Wirkstoff enthielten. Sie konnten gegen Birnenblattsauger und Spinnmilben bei Kernobst eingesetzt werden. Im Erwerbsgartenbau durften sie gegen Spinnmilben und Rote Spinnen an Schnittblumen, Stauden und Topfpflanzen verwendet werden. Amitraz ist bienengefährlich und durfte daher nicht bei blühenden Pflanzen angewendet werden. Heute sind in den EU-Staaten einschließlich Deutschland und Österreich sowie in der Schweiz keine Pflanzenschutzmittel mit Amitraz mehr zugelassen.[10]

Handelsnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Tiermedizin ist Amitraz in Deutschland als Monopräparat zur Behandlung von Bienenstöcken (Handelsname Apivar, bzw. Apitraz) gegen Varroamilben zugelassen. Das Präparat zur Waschbehandlung von Hunden (Ectodex) ist zwar verkehrsfähig, aber nicht mehr im Handel. Bis 31. August 2010 war auch ein Ungezieferhalsband auf der Basis des Wirkstoffs zugelassen. Darüber hinaus existiert ein Kombinationspräparat mit Fipronil und Methopren (Certifect). Die Kombination mit Metaflumizon (ProMeris Duo) ist zwar verkehrsfähig, aber nicht mehr im Handel (Stand 11. Dezember 2017).[11]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eintrag zu Amitraz bei Vetpharm, abgerufen am 6. Juni 2021.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Eintrag zu Amitraz. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 14. Juni 2014.
  2. a b Eintrag zu Amitraz in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 23. Juli 2016. (JavaScript erforderlich)
  3. Eintrag zu Amitraz im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. P. M. Brown: Toxicological problems associated with the manufacture of triazapentadienes. In: Proceedings of the Royal Society of Medicine. Band 70, Nr. 1, 1977, S. 41–43, PMC 1542871 (freier Volltext).
  5. Thomas A. Unger: Pesticide Synthesis Handbook. William Andrew, 1996, ISBN 0-8155-1853-6, S. 836 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. X. Gao, Y. Tan, H. Guo: Simultaneous determination of amitraz, chlordimeform, formetanate and their main metabolites in human urine by high performance liquid chromatography-tandem mass spectrometry. In: J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci., 1052, 1. Mai 2017, S. 27–33. PMID 28346886.
  7. N. Tokman, C. Soler, M. Farré, Y. Picó, D. Barceló: Determination of amitraz and its transformation products in pears by ethyl acetate extraction and liquid chromatography-tandem mass spectrometry. In: J Chromatogr A., 1216(15), 10. April 2009, S. 3138–3146. PMID 19232624.
  8. M. Caldow, R. J. Fussell, F. Smith, M. Sharman: Development and validation of an analytical method for total amitraz in fruit and honey with quantification by gas chromatography-mass spectrometry. In: Food Addit Contam., 24(3), März 2007, S. 280–284. PMID 17364930.
  9. a b c Eintrag zu Amitraz bei Vetpharm, abgerufen am 6. Juni 2021.
  10. Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Amitraz in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands, abgerufen am 11. März 2016.
  11. vetidata (nur für Fachkreise zugängig).