Andrea I. Ëngjëll

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Andrea I. Ëngjëll (ital. Angelo, lat. Angelus; * wahrscheinlich in Drisht; † 1451 in Drisht) war ein albanischer Condottiere im Dienst Venedigs.

Herkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Herkunft der Ëngjëlli (Pl. von Ëngjëll) ist unklar. Die Familie gehörte wohl dem Patriziat von Drisht[Anm. 1] an, was aus einem venezianischen Dokument aus dem Jahr 1455 hervorgeht. In diesem Dokument wird Andrea I. Ëngjëll als „miser“[Anm. 2] bezeichnet.[1] Allerdings gibt es kein im Archiv von Venedig aufbewahrtes Dokument über Drisht, das bestätigt, dass sie wie andere albanische Familien einen eigenen Staat besessen hätten, was die Nachkommen später allerdings behaupteten.[2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hamza Kastrioti
Hamza Kastrioti

Das erstgenannte Mitglied dieser Familie, das in venezianischen Dokumenten erscheint, ist Andrea I. Ëngjëll. Dieser stand 1448 im Dienst der Republik Venedig als Drisht (venezianisch von 1396 bis 1419 und von 1421 bis 1478) von Hamza[Anm. 3] (auch Hamsa oder Amesa) Kastrioti (Kommandant und Neffe Skanderbegs) eigenmächtig angegriffen wurde. Dieser Angriff wurde von Andrea I. Ëngjëll niedergeschlagen.[3]

Als der venezianische Podestà (Zivilgouverneur einer Stadt) von Drisht 1451 einen von den Herren des Hinterlandes (Božidar Dushman und Lekë Dukagjini) organisierten Anschlag aufdeckte,[4] wurden die Verdächtigen festgenommen und gefoltert. Darunter befand sich auch Andrea I. Ëngjëll, der trotz der erlittenen Folter nichts zugab und während der Folter starb; sein Vermögen wurde beschlagnahmt. Die anschließende Untersuchung und das Urteil im Januar 1455 entlastete Andrea I. als möglichen Feind der Venezianer. Die Familie wurde allerdings weiterhin verdächtigt, Venedig feindlich gesinnt zu sein.[5]

Nachkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pal I. Ëngjëll
Pal I. Ëngjëll

Andrea I. Ëngjëll war mit Dona Thia (Dorothea) verheiratet. Die Nachkommen behaupteten im 16. Jahrhundert, dass sie die Tochter von Comneno Arianiti und einer Tochter von Niccolò Saccati[Anm. 4], also eine Schwester von Gjergj Arianiti gewesen wäre, was der Historiker Franz Babinger in Frage stellt.[Anm. 5]

Andrea I. Ëngjëll und Dona Thia hatten mindestens zwei Söhne: Pal I. (dt. Paul), der spätere Erzbischof von Durrës und Pjetër I. (dt. Peter), ein Söldner im Dienst Venedigs.

  • Andrea I. († 1451) ⚭ Dona Thia (Dorothea)
    • Pal I.
    • Pjetër I. (* 1435; † 1511) ⚭ Lucia Span[Anm. 6], der Feudalherren von Drisht[6]
      • Alessio († vor 1545 im Krieg gegen die Osmanen)
      • Paolo II. († 1573), Pfarrer von Briana, Fraktion von Noale
      • Giovanni Demetrio († 1571) ⚭ Francesca Magna
        • Pietro II. (1592) Bevulla ⚭ Lucrezia Bevulla (lat. Bevulca)
        • Giovanni Andrea (*20 mar 1569; † 1592)
        • Giacomo Antonio († nach 1610)
      • Andrea II. († 1581)
      • Girolamo I. (Geronimo; † 1591) ⚭ Orsola (Ursula) Bini (oder Baruzzi)
        • Michele Leone Salvatore (* 25. Februar 1557; † 14. Juli 1623) ⚭ Lucietta Micheli († 1614)
        • Leone † (1591)
        • Pietro III.
        • Andrea III. (* 29. Juni 1578; † 1644) ⚭ ?[Anm. 7]
          • Girolamo II. ⚭ ?
            • Laura († 1756)
          • Pietro IV. (starb jung)
          • Giovanni Andrea († 8. April 1703) ⚭ ? Mandicardi

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karl Andree: Globus: Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde. Hrsg.: Richard Kiepert. Band 37. Braunschweig 1880, S. 362 (google.it).
  • Franz Babinger: Das Ende der Arianiten. Hrsg.: C. H. Beck. Nördlingen 1960 (zobodat.at [PDF]).
  • Charles du Fresne: Historia byzantina duplici commentario illustrata... Ludovicum Billaine, Paris 1680, S. 211–213 (archive.org).
  • Carl Hermann Friedrich Johann Hopf, Giovanni Musachi: Chroniques gréco-romanes inédites ou peu connues. Historia della casa Musachia. Hrsg.: Weidmann. Berlin 1873, S. 271–340 (archive.org).
  • Paolo Petta: Despoti d'Epiro e principi di Macedonia. Esuli albanesi nell’Italia del Rinascimento. Argo, Lecce 2000, ISBN 88-8234-028-7.
  • Guy Stair Sainty: The Constantinian Order of Saint George. Hrsg.: Boletín Oficial del Estado. Madrid 2019, ISBN 978-84-340-2506-6 (boe.es).
  • Oliver Jens Schmitt: Thesaurismata. Paul Angelus, Erzbischof von Durazzo und seine Bedeutung. Hrsg.: Istituto Ellenico. Band 30. Venedig 2000.
  • Mihai Dimitrie Sturdza: Grandes familles de Grèce: d’Albanie et de Constantinople. Paris 1999 (archive.org [PDF]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ëngjëlli (Familie) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Drisht gehörte zu Dioklitien (622–1217), zu Serbien (1217–1346), dann den Balšić (1356–1392), den Osmanen (1392–1395), den Balšić (1395–1396), den Venezianern (1396-1419), den Balšić (1419-1421), den Serben (1421-1440), den Osmanen (1440-1442), den Venezianern (1442-1478) und ab 1478 den Osmanen. Heute gehört di Stadt zu Albanien. (Oliver Jens Schmitt: Thesaurismata. Paul Angelus, Erzbischof von Durazzo und seine Bedeutung, S. 123 f.)
  2. von "messère" (mio signore) (messère. Treccani.it, abgerufen am 22. Februar 2023.)
  3. Hamza war der Sohn von Reposh Kastrioti († 1431 in Hilandar) und einer Osmanin. (Jean-Jacques Boissard, Theodor de Bry, Leben vnd Contrafeiten der Türckischen vn[d] Persischen Sultanen, .... S. 86 ff.)
  4. Laut Giovanni Musachi war Niccolò Saccati Baron von Sendia. (Giovanni Musachi: Historia della casa Musachia, S. 296)
    Karl Hopf hat offensichtlich einen Fehler begangen, wenn er "Niccolò Sevati" schreibt. (Carl Hermann Friedrich Johann Hopf, Chroniques gréco-romanes inédites ou peu connues, p. 535.)
  5. "Da aber [Karl] Hopf [auf. S. 535] leider niemals seine Quellen bezeichnet, weiß wenigstens ich mit diesem Namen Sevati, der italienisch klingen könnte, nichts anzufangen. Albanisch ist er sicherlich nicht. (Franz Babinger, Das Ende der Arianiten, S. 12)
    Im Historisches genealogisches Wörterbuch vom rumänischen Historiker Mihai Dimitrie Sturdza, wird diese angebliche Tochter von Comneno Arianiti nicht zitiert (Mihai Dimitrie Sturdza, Grandes familles de Grèce: d’Albanie et de Constantinople, S. 218)
  6. „Petro uxor fuit Lucia, Alexii Spani, nobilis Albani, filia ex Isabella seu Milizia Georgii Brankovitzii Serviæ Despotæ filia.“ (Carlos du Fresne: Historia byzantina duplici commentario illustrata..., 1860, S. 212.)
    Laut Charles du Fresne war Lucia die Tochter von Alessio Span, dessen Frau Isabella-Militza (auch Elisabeth, Elisabetta, Lizabeta oder Milica; serbisiert Jelisaveta-Militza) Branković war; Isabellas Eltern waren Djorde II Stefanović Branković (* ca. 1462; † 18. Januar 1516) und Isabella del Balzo ( † 1498), die wiederum die Tochter von Angilberto († 1491) und Antonia Sanseverino war. (Enciclopedia genealogica del Mediterraneo: Del Balzo (De Baux), abgerufen am 4. Juni 2023).
    Somit war Lucia die Enkelin von Djorde (II) Stefanović Branković, Urenkelin von Stefan Branković (1417–1476) und Angelina (–1495), sowie Urenkelin von Đurađ I. Branković (1375–1456) und Eìrene Kantakuzene.(Foundation for Medieval Genealogy: BRANKOVIĆI 1427-1457, abgerufen am 4. Juni 2023)
  7. Andrea III. war fünfmal verheiratet und hatte zwei Kinder mit seiner ersten und seiner fünften Frau.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Oliver Jens Schmitt, Paul Angelus. Erzbischof von Durazzo und seine Bedeutung, Note 34, S. 139
  2. Paolo Petta, Despoti d'Epiro e principi di Macedonia. Esuli albanesi nell'Italia del Rinascimento, S. 208.
  3. Karl Andree, Globus: Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde |Ort=Braunschweig, Band 37, 1880, S. 362.
  4. Oliver Jens Schmitt, Paul Angelus. Erzbischof von Durazzo und seine Bedeutung, S. 138
  5. Oliver Jens Schmitt, Paul Angelus. Erzbischof von Durazzo und seine Bedeutung, Note 34, S. 139
  6. Giovanni Musachi: Chroniques gréco-romanes inédites ou peu connues. Historia della casa Musachia, S. XLVIII