Andrea Scacciati

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Andrea Scacciati, Kupferstichporträt von Pietro Antonio Pazzi und Carlo Lasinio (1792–98)

Andrea Scacciati (* um 1642 in Florenz; † 6. (?) Juni 1710 ebenda)[1] war ein italienischer Stilllebenmaler des Barock. Um ihn von dem gleichnamigen Kupferstecher Andrea Scacciati (1725–1771) zu unterscheiden, wird er manchmal Andrea Scacciati I oder „der Ältere“ genannt.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er war ein Schüler von Mario Balassi und später von Lorenzo Lippi, welcher ihn Blumen nach der Natur malen ließ.[1] Das machte Scacciati so gut, dass er bald beim Adel von Florenz für seine Blumenbilder gefragt war und auch ausländische Kunden gehabt haben soll.[1]

Einige Jahre soll er in Livorno gelebt haben, wo er unter anderem für viele Engländer arbeitete, die ihn nach England holen wollten; aus unbekannten Gründen wurde daraus jedoch nichts.[1]

Zurück in Florenz wurde Scacciati ein Lieblingsmaler der Vittoria della Rovere, die ihm bis zu ihrem Tode reichlich Aufträge gab und in deren Inventar von 1691 eine ganze Reihe seiner Werke aufgelistet waren, darunter auch Blumenstillleben mit Tieren wie Papageien oder Kaninchen.[1]

Blumenvase, signiert „ASc 1699“, Öl auf Leinwand, 72 × 58 cm, Nationalmuseum Stockholm

1670 wirkte er an Freskendekorationen im Palazzo Medici Riccardi mit, genauer in der Loggia terrena und in den Fensternischen der Galerie; dafür bemalte er außerdem 16 Sitzbänke und 17 Schemel.[1]

Sein frühestes bekanntes signiertes und datiertes Ölgemälde ist eine Blumenvase mit Papagei von 1672 in einer florentinischen Privatsammlung. Ein weiteres Bild ist mit „lo Scacciato 1674“ signiert und datiert und zeigt ein Blumenbouquet mit Tulpen, Anemonen und Jasmin auf einem Teppich (einst in Auktion bei Semenzato). Zwei weitere Stillleben Scacciatis befinden sich in der Sammlung Nystadt in Den Haag, von diesen ist eines mit 1678 datiert und signiert.[1]

1683 erhielt er von Vittoria della Rovere den Auftrag für sechs Blumenstillleben in blau verzierten Fayenceschalen im Querformat für die Villa Medici in Poggio Imperiale; vier dieser Bilder befinden sich heute als Leihgabe im Palazzo Montecitorio in Rom,[2][1][3] ein anderes tauchte zu Beginn des 21. Jahrhunderts im Auktionshaus Sotheby’s auf.[4]

Laut Baldinucci malte Scacciati zusammen mit Onorio Marinari zwei Girlandenbilder mit weiblichen Heiligen, wobei Scacciati die Blumen malte und Marinari die Figuren.[1]

In seinem Spätwerk, wie zwei signierten Blumenvasen aus dem Jahr 1700 für die Galerie des Palazzo Alberti in Prato, zeigt er einen graphisch artikulierteren Stil.[1]

Für Cosimo III. de’ Medici wirkte Scacciati zusammen mit seinem Sohn Pietro Neri Scacciati[5] und Bartolomeo Bimbi an der aus Blumen-, Früchte- und Tierbildern bestehenden „wissenschaftlichen“ Dekoration der Villa dell’Ambrogiana mit.[1][6]

Scacciati soll ein witziger Mensch gewesen sein, der auch aus dem Stegreif Lieder singen und komponieren konnte. Er war befreundet mit seinem Malerkollegen Pietro Dandini, bei dessen Künstlertreffen er ein gern gesehener Gast war.[1]

Über sein Ableben und Begräbnis gibt es in verschiedenen Quellen leicht widersprüchliche Angaben, demnach sei er entweder am 6. Juni 1710 in der florentinischen Kirche San Benedetto Bianco bestattet worden, oder er verstarb am Abend des 6. Juni und wurde am folgenden Tag in Santa Maria Novella aufgebahrt.[1]

Würdigung und Stil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blumenvase, Öl auf Leinwand, 70 × 57 cm, Museu Nacional de Belas Artes, Rio de Janeiro

Scacciati gilt als wichtigster Stilllebenmaler der toskanischen Schule seiner Zeit, neben dem etwas jüngeren Bartolomeo Bimbi. Scacciati malte Blumen, Früchte und Tiere – jedoch mit einem Schwerpunkt auf der Blumenmalerei. Er verband die dekorative Auffassung der hochbarocken italienischen Schule, wie sie vor allem von Mario de’ Fiori aufgebracht wurde, mit einem auf genauer Naturbeobachtung beruhenden botanischen Sinn, der bis zu einem gewissen Grade von nordischen Vorbildern wie Jan Davidsz. de Heem und Willem van Aelst inspiriert war, deren Werke er in den Sammlungen der Medici sehen konnte. Von den letzteren scheint seine feine Pinselführung und die durchsichtige Art, Blütenblätter zu malen, beeinflusst.[1] Sein Disegno ist nach toskanischer Art sehr klar. Im Vergleich zu Bimbi fällt unter anderem ein leuchtenderes Kolorit auf, auch übertrifft Scacciati jenen in der Blumenmalerei.[1] Typisch für Scacciati sind weit geöffnete Blüten, manchmal (aber nicht grundsätzlich) kurz vor dem Verblühen, vor allem bei Tulpen oder Rosen.[1] In frühen datierten und gesicherten Werken von Blumenvasen sind die Kompositionen bei aller Blütenfülle von großer Eleganz, durchaus luftig; anmutig gebogene Blütenstengel werden zu dekorativer Wirkung genutzt.[7] Daneben schuf er auch große Kompositionen von üppiger Fülle,[8] vor allem in späteren Werken stehen die Blumen dicht in den Vasen oder Schalen.[9] Seine Vasen sind häufig vergoldet oder aus Messing und mit skulptierten Reliefs verziert.

Mit seinem Spätwerk übte Scacciati einen Einfluss auf Gaspare Lopez napoletano aus, mit dem es auch bereits Zuschreibungsprobleme gab.[1]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sandro Bellesi: Andrea Scacciati : pittore di fiori, frutta e animali a Firenze in età tardobarocca, Polistampa, Florenz, 2012
  • Scacciati, Andrea, l’Ancien, in: Emmanuel Bénézit: Dictionnaire critique et documentaire des peintres, sculpteurs, dessinateurs et graveurs de tous les temps et de tous les pays [Bénézit, 1999], Bd. 12, Gründ, Paris, 1999, S. 346–347
  • Ilaria Miarelli Mariani: Le „Allegorie delle Quattro Stagioni“ di Andrea Scacciati e Pier Dandini, in: Paragone. Arte, Bd. 31, 2000, S. 57–63
  • Andrea Scacciati, in: Luigi Salerno: La natura morta italiana 1560–1805 = still life painting in Italy 1560–1805 , Bozzi, Rom, 1984, S. 297 (ISBN 88-7003-015-6)
  • Andrea Scacciati, in: Federico Zeri: La natura morta in Italia, vol. 2, Electa, Mailand, 1989, S. 588–591
  • Scacciati, Andrea. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 29: Rosa–Scheffauer. E. A. Seemann, Leipzig 1935, S. 518 (biblos.pk.edu.pl).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Andrea Scacciati – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q Andrea Scacciati, in: Federico Zeri: La natura morta in Italia, vol. 2, Electa, Mailand, 1989, S. 588–589
  2. Zu sehen auf: Andrea Scacciati: Vaso con fiori, online in: Camera dei Deputati – Portale storico, Website des Parlamento italiano (italienisch; Abruf am 9. September 2022)
  3. Lilien, Hyazinthen, Anemonen, Tulpen und Levkojen in einer blau-weißen Porzellanschale, in Auktion im Dorotheum, Wien, April 2013, Lot Nr. 629 (Abruf am 8. September 2022)
  4. Blumenstillleben in blau-weißer Porzellanschale ca. 1683, aus der Serie von sechs Bildern für die Villa Medici in Poggio Imperiale, in Auktion bei Sotheby’s, L 13030, Lot 101 (englisch; Abruf am 9. September 2022)
  5. Andrea Scacciati. Biografische Daten und Werke im Niederländischen Institut für Kunstgeschichte (niederländisch)
  6. Andrea Scacciati, in: Luigi Salerno: La natura morta italiana 1560-1805 = still life painting in Italy 1560-1805 , Bozzi, Rom, 1984, S. 297
  7. Siehe Abbildungen 697, 698 und 699 und die dazugehörenden Textstellen in: Andrea Scacciati, in: Federico Zeri: La natura morta in Italia, vol. 2, Electa, Mailand, 1989, S. 588–590
  8. Große Blumenschale in einem Park neben Gartenblumen und einem Piedestal mit kostbaren Vasen, signiert und datiert „A. Scacciatj 1679“, in Auktion bei Pandolfini, 14. November 2017, Asta 0224 (italienisch; Abruf am 9. September 2022)
  9. Blumenvase, signiert und datiert ASc 1699, im Nationalmuseum Stockholm (Abruf am 9. September 2022)