Antoine la Grave

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Kupferstich eines unbekannten Künstlers vom Großen Galantho (ca. 1720).

Antoine la Grave, vulgo "Der Große Galantho" (* vermutlich ca. 1685 in Südhessen; † 2. Juni 1733 in Darmstadt), war ein deutscher Räuberhauptmann zu Beginn des 18. Jahrhunderts. La Grave war von 1718 bis 1726 Oberhaupt einer Räuberbande (die Galantho-Bande), welche zunächst aus ca. 50 Personen bestand, aber in ihrer Blütezeit bis zu 150 Personen umfasste. Die Bande verübte Überfälle und andere Verbrechen in Oberhessen und anliegenden Landstrichen[1].

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Sohn eines französischen Zigeuners geboren, verdiente la Grave als junger Mann zunächst seinen Sold als Musketier in der Hessen-Kasselschen Armee. 1718 schloss er sich einigen umherziehenden Vagabunden und Räubern an, die er bei Wirtshausbesuchen im Vogelsberg kennenlernte. Durch seine militärische Erfahrung, sein galantes Auftreten (welches Grund für seinen Rufnamen werden sollte), sowie seiner Kraft und Körpergröße wurde er schnell zum Anführer des zunächst noch losen Gaunerverbundes, den er mit der Zeit nach militärischem Vorbild und eiserner Disziplin umbaute. Die Räuberjahre seiner Bande dauerten von 1718 bis 1726.

Die Galantho-Bande[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Antoine la Grave und seine Bande begingen immer wieder kleinere und größere Raubzüge in Vogelsberg, der Wetterau und im Gießener Raum. Zunächst bestand die von ihm angeführte Gruppe aus seiner eigenen Familie und umherziehenden Vagabunden. Die engen Familienbande waren ein Grund für den starken Zusammenhalt der Gruppe, die im Laufe der Jahre durch straffe Organisation und Disziplin, immer weiter anwuchs. Es gelang la Grave seine Bande so zu organisieren, dass er bald das Oberkommando über eine Vielzahl mehr oder minder autonomer kleinerer Räubergruppen hatte, die ihrerseits eigene Anführer hatten. Zum Beispiel wurde Johannes la Fortun (genannt "Hemperla"), der selbst eine Gruppe von ca. 40 Personen anführte, auf diese Weise zur rechten Hand und Partner von Antoine la Grave. Die Zugehörigkeiten der verschiedenen Gruppen war dabei allerdings nicht verbindlich festgelegt, sondern Personen wechselten (je nach Bedarf und Aufgabe) zwischen verschiedenen Untergruppen hin und her. Die Involviertheit der Räuber war dabei ebenfalls nicht in jedem Falle gleich, sondern schwankte von gelegentlichen Straftaten einzelner in Not geratener auf der einen und sehr aktiven Berufsverbrechern auf der anderen Seite. In der Galantho-Bande waren beispielsweise Handwerker, Bauern oder auch Studenten aktiv, welche nur an ausgewählten Raubzügen oder Einbrüchen in der Nähe ihres jeweiligen Heimatorts beteiligt waren.[1]

Beinahe-Festnahme im September 1722[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfang September 1722 wurden mehrere Mitglieder der Galantho-Bande und auch Galantho selbst in den Wäldern bei Bobenhausen im Vogelsberg gesichtet, was die örtliche Justiz dazu veranlasste eine 20-köpfige Militärstreife zur Ergreifung der Verbrecher auszusenden. Die Bande leistete allerdings erbitterten Widerstand, so dass sie sich nach einem mehrstündigen Schusswechsel am 2. September 1722 in den Bobenhäuser Wäldern einer Festnahme entziehen konnten.[1]

Die Ermordung des Landleutnants Emeraner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ermordung des Landleutnants Emeraner auf der Glashütte in Hirzenhain durch die Bande des Galantho

Am 16. Oktober 1725 war der in Lißberg stationierte Landleutnant Emeraner zusammen mit zwei Soldaten auf Patrouille in Glashütten bei Hirzenhain. Dort trafen die Soldaten auf einige Mitglieder der Galantho-Bande, die dort mit ihren Frauen Brandwein tranken. Da Emeraner einige von ihnen erkannte, begann er damit die Gruppe festzunehmen und zu fesseln. Allerdings gelang einem Teil der Räuber die Flucht in einen nahegelegenen Wald, wo der Rest der Bande ein Lager hatte. Als Galantho von der Festnahme seiner Männer erfuhr, brach er sofort mit allen Männern nach Glashütten auf, um seine Kameraden zu befreien.

Im Moment als Landleutnant Emeraner die herannahenden Räuber bemerkte ergriff er die Flucht und versteckte sich in einem Wirtshaus in nächsten Ort. Seine beiden Soldaten überließ er ihrem Schicksal, wobei einer von ihnen Flüchten konnte, während der andere durch Schlag- und Stichverletzungen verkrüppelt wurde.

Die Räuber machten sich alsdann auf die Suche nach dem Landleutnant und kamen bald zum Wirtshaus, in welchem er Unterschlupf fand. Zwar beteuerte der hiesige Wirt, dass sich niemand verstecken würde, allerdings fand die Räuberbande den Leutnant nachdem alle Türen aufgebrochen wurden auf dem Dachboden der Wirtschaft. Die Räuber erschossen Emeraner, raubten ihn aus und warfen ihn die Treppe hinunter. Danach zog die Bande mit Jubelgeschrei ab, voran der Große Galantho auf dem Pferd des ermordeten Landleutnants.[2]

Das Ende der Galantho-Bande[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Hinrichtung der Galantho-Bande in Gießen im November 1726.

In Winter 1725/1726 gab es extreme Schneefälle, welche einen großen Teil der Bande aus ihren Unterschlüpfen in den Wäldern trieb. Als dies ein Landleutnant erfuhr, informierte dieser sofort den Obersten von Schenk, den damaligen Militärgouverneur des darmstädtischen Oberhessens in Gießen. Von Schenk sandte umgehend 100 Soldaten aus, die die Mitglieder der Bande in der Nähe von Butzbach festnehmen konnten. Der Unteranführer Hemperla versteckte sich im Ofen eines Backhauses, wurde aber an den Füßen herausgezogen.

Im Zuge dieser Festnahme wurden 24 Räuber verurteilt. Nachdem sie ca. neun Monate in Gießen im Gewahrsam saßen wurden fünf von Ihnen zum Tode durch das Rad, acht zum Tod durch den Strick und elf zur Enthauptung verurteilt. Die Hinrichtungen fanden am 14. und 15. November 1726 in Gießen statt, bei welcher mehrere tausend Bürger zugeschaut haben sollen.[1]

Mitglieder der Galantho-Bande[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mitglieder der Räuberbande waren unter anderem:

  • Franz Lampert
  • Anton Alexander (genannt der kleine Galant)
  • Johannes la Fortun (genannte Hemperla)
  • Lorenz Lampert
  • Johannes Lorries
  • Heinrich Stötzinger
  • Hans Heinrich Foura
  • Christian la Fortun
  • Johann la Fortun
  • Maria Elisabeth (Tochter des Galantho und genannt "die Cron")
  • Student Velten
  • Katharina Stützinger (Frau von Student Velten)
  • Marina Rosina (Mutter von Hemperla)
  • Anne Maria (Frau von Hemperla)

Dieser kurze Ausschnitt zeigt bereits die verstrickten Familienbande innerhalb der Glantho-Bande.

Der Tod des Großen Galantho[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Große Galantho als Landleutnant in Mainz

Im Zuge der Festnahmen 1725/1726 konnten mehrere Mitglieder der Galantho-Bande entkommen, unter anderem Antoine la Grave selbst. Dieser schaffte es ironischerweise, in kurmainzischen Diensten als Landleutnant angestellt zu werden und dieser Tätigkeit noch knappe 9 Jahre nachzugehen, ehe er 1733 in Gelnhausen erkannt und gefasst wurde. Antoine la Grave wurde am 2. Juni 1733 in Darmstadt gehängt, danach geköpft, der Körper wurde auf ein Rad geflochten und der Kopf auf einen Pfahl gespießt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Zuverläßige und Acten-mäßige Nachricht von dem famosen Ziegeuner Antoine la Grave vulgo Grossen Galantho, worinnen dessen Diebereyen, Mordthaten, Straßen-Räuberey, Lands-Friedbrüchige Facta und Huren-Händel erzählet... Gießen, 1733 Zugang zur Ausgabe online

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Roland Neeb: Räuber, Gauner und Vagabunden - Kriminalität im alten Oberhessen. 1. Auflage. Brühlscher Verlag Gießen, Gießen 1987, ISBN 3-922300-33-2, S. 27–39.
  2. Hermann Bettenhäuser: Räuber- und Gaunerbanden in Hessen, Ein Beitrag zum Versuch einer historischen Kriminologie Hessens. Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde. Bärenreiter Verlag, Kassel 1964.