Arbeitsgemeinschaft Gruppenpsychotherapie und Gruppenanalyse

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Die Arbeitsgemeinschaft Gruppenpsychotherapie und Gruppenanalyse (AGG) ist ein Zusammenschluss von Gruppenanalytikern, die in unterschiedlichen Berufsfeldern ambulant und stationär therapeutisch und an Universitäten in Lehre und Forschung tätig sind. Ihnen dient als gemeinsamer Bezugspunkt die wissenschaftliche Ausrichtung und Erfahrung mit dem integrativen Modell des Arbeitens mit Gruppen, wie es mit dem Göttinger Modell für die Gruppenpsychotherapie in den frühen 1970er Jahren von Franz Heigl und Annelise Heigl-Evers entwickelt wurde.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis 2016 trug die AGG den Namen Arbeitsgemeinschaft für die Anwendung der Psychoanalyse in Gruppen.[2] Entstanden ist sie am Krankenhaus Tiefenbrunn bei Göttingen, in dem für unterschiedliche Gruppen von Patienten unterschiedliche Formen des Arbeitens in Gruppen entwickelt worden waren. Eine enge Verbindung bestand zur Universität Göttingen, zunächst über die Forschungsstelle für Gruppenpsychotherapie unter der Leitung von Annelise Heigl-Evers, später über die Abteilung für klinische Gruppenpsychotherapie unter der Leitung von Karl König. Heigl-Evers und ihr Ehemann verbanden zunächst sozialpsychologische und gruppendynamische Konzepte mit den Ideen der Philosophin und Soziologin Hannah Arendt und Konzepten der Gruppenpsychotherapeuten Walter Schindler, Raoul Schindler sowie Ruth Cohn, der Begründerin der Themenzentrierten Interaktion.[2] Damit wurde der Grundstein für das Göttinger Modell gelegt und eine überregionale Ausbildung in der Leitung von Gruppen mit Selbsterfahrung, der Beobachtung von Patientengruppen und Theorieseminaren begonnen. Im Juli 1972 fand im Krankenhaus Tiefenbrunn das erste Fortbildungsseminar statt. Dabei wurde differenziert in „therapeutisches Arbeiten mit psychoanalytischer Gruppenpsychotherapie“, „psychoanalytisch orientierte (tiefenpsychologisch fundierte) Gruppenpsychotherapie“ und „psychoanalytisch-interaktionelle Gruppentherapie“.[2]

Viele von der AGG ausgebildete Psychotherapeuten übernahmen in den 1970er Jahren vor allem im Bereich der stationären Psychotherapie neue Positionen und trugen das Konzept und die Ideen des Göttinger Modells in unterschiedlicher Form weiter. Es folgten Differenzierungen für verschiedene Krankheitsbilder und Arbeitsbedingungen, insbesondere für Schmerz- und somatoforme Störungen, Suchterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen und diverse Formen struktureller Störungen im stationären, teilstationären und ambulanten Bereich.[2]

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft nehmen an den wissenschaftlichen Aktivitäten der einschlägigen Fachgesellschaften teil und gestalten sie mit. Es war dies bis zu seiner Auflösung der Deutsche Arbeitskreis für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik (DAGG) und ist seitdem unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Gruppenanalyse und Gruppenpsychotherapie (D3G).

Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit den zweimal im Jahr angebotenen, sogenannten Göttinger Gruppenpsychotherapiewochen wendet sich die Arbeitsgemeinschaft mit einem Fortbildungsangebot an ausgebildete Gruppenpsychotherapeuten, die vertiefende Fertigkeiten erwerben wollen, aber auch an andere Berufsgruppen, die in der psycho-sozialen Versorgung tätig sind.[3]

„Die Göttinger Gruppenpsychotherapiewochen richten sich an Menschen, die ihr Wissen und ihre Kompetenzen im Arbeiten mit Gruppen von Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern erweitern möchten – in stationärer, teilstationärer und ambulanter Psychotherapie, in sozialer Arbeit und Pädagogik, Beratung, Supervision und in der Aus- und Fortbildung.“

Arbeitsgemeinschaft Gruppenpsychotherapie und Gruppenanalyse[3]

Die AGG vermittelt neben ihrem Angebot von Fort- und Weiterbildungen Selbsterfahrung und Supervision in Gruppen, Theorien und Techniken der Gruppenpsychotherapie und Gruppenanalyse und für unterschiedliche Gruppen und Gruppensettings differenzierte Methoden zur Leitung von Gruppen.[1] Darüber hinaus stellt sie eine umfangreiche Liste weiterführender Literatur zur Verfügung.[4]

Vergleichbare Ausbildungen werden vom Institut für Gruppenanalyse in Heidelberg, dem Gruppenanalyse-Seminar in Gießen und durch die Internationale Arbeitsgemeinschaft für Gruppenanalyse (IAG) in Altaussee angeboten.

Geschäftsstelle und Vorstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft befindet sich in Göttingen und wird geleitet von Andreas Dally und Ole Falck.[5]

Weiterentwicklungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Göttinger Modell wird durch die AGG stetig mit neuen Entwicklungen der Psychotherapieforschung und ihren Bezugswissenschaften weiterentwickelt. Ziel ist es, die Kompetenz von Gruppenleitern im Sinne einer „Variabilität mit Konzept“ zu optimieren.[2] Die AGG beschreibt sich als forschungsorientiert, integrativ und offen für Anregungen anderer Modelle und Therapieschulen.

„In den letzten Jahren sind insbesondere Erkenntnisse und Erfahrungen aus der psychoanalytischen Entwicklungspsychologie (z. B. D. Stern und die Erfahrungen der Boston Change Process Study Group), der Beschäftigung mit dem symbolischen Interaktionismus und der damit verbundenen qualitativen Forschung aufgegriffen worden.“

Arbeitsgemeinschaft Gruppenpsychotherapie und Gruppenanalyse[2]

Das Konzept wird in Akut- und Reha-Kliniken zur Behandlung psychosomatischer und Abhängigkeitserkrankungen eingesetzt und bewährt sich ebenfalls als entwicklungsförderndes Vorgehen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Es gibt eine enge Kooperation mit dem Gesamtverband für Suchthilfe (GVS) zur Weiterbildung zum Sozialtherapeuten (Sucht).[2]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Annelise Heigl-Evers, Franz Heigl: Das Göttinger Modell der Anwendung der Psychoanalyse in Gruppen unter besonderer Berücksichtigung der psychoanalytisch-interaktionellen Methode. In: Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik. Band 30, 1994, S. 1–29.
  • Annelise Heigl-Evers, Franz Heigl: Das interaktionelle Prinzip in der Einzel- und Gruppenpsychotherapie. In: Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Band 29, 1983, ISSN 1438-3608, S. 1–14.
  • Annelise Heigl-Evers, Franz Heigl: Gruppentherapie: interaktionell – tiefenpsychologisch fundiert (analytisch orientiert) – psychoanalytisch. In: Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik. Band 7, Nr. 2, 1973, ISSN 0017-4947, S. 132–157.
  • Karl König, Wulf-Volker Lindner: Psychoanalytische Gruppentherapie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1993, ISBN 978-3-525-45732-0.
  • Hermann Staats, Andreas Dally, Thomas Bolm (Hrsg.): Gruppenpsychotherapie und Gruppenanalyse. Ein Lehr und Lernbuch. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014, ISBN 978-3-647-40230-7.
  • Ulrich Streeck, Falk Leichsenring: Handbuch psychoanalytisch-interaktionelle Therapie. Behandlung von Patienten mit strukturellen Störungen und schweren Persönlichkeitsstörungen. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, ISBN 978-3-525-40246-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Der Verein. Abgerufen am 12. Januar 2018.
  2. a b c d e f g Geschichte der Arbeitsgemeinschaft Gruppenpsychotherapie und Gruppenanalyse AGG. Abgerufen am 12. Januar 2018.
  3. a b Die Göttinger Gruppenpsychotherapiewochen. Abgerufen am 12. Januar 2018.
  4. Veröffentlichungen im Zusammenhang mit dem „Göttinger Modell der Gruppenpsychotherapie“ und seinen Anwendungen. Abgerufen am 12. Januar 2018.
  5. Vorstand. Abgerufen am 12. Januar 2018.