Arbeitsgemeinschaft für produktive Flüchtlingshilfe

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Die Arbeitsgemeinschaft für produktive Flüchtlingshilfe e. V. war ein Verein, der von 1949 (als e. V.: 1950) bis 1952 bestand und für die Beantragung der Finanzierungsmittel, Planung, Organisation und Abrechnung des ersten und größten Wohnungsbauprojektes in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, dem „ERP-Programm 10.000 Flüchtlingswohnungen“ gegründet wurde.

Das ERP-Sonderprogramm wurde in Schleswig-Holstein realisiert und auf der Basis der Typenplanungen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. und mit weiterer Unterstützung durch Landesmittel im Rahmen der Sozialen Wohnraumförderung Schleswig-Holstein erfolgreich umgesetzt.

Nach der Durchführung des Sonderprogramms und der Abrechnung aller 84 Einzelbauvorhaben im Mai 1952 wurde die Arbeitsgemeinschaft wieder aufgelöst.

Mitglieder und Gründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Arbeitsgemeinschaft für produktive Flüchtlingshilfe wurde am 29. September 1949 in Köln gegründet.

Auf Einladung des Deutschen Gewerkschaftsbundes traten in Köln zusammen:

Am 26. Februar 1950 beschloss die Mitgliederversammlung in Kiel die Umwandlung der Arbeitsgemeinschaft in einen rechtsfähigen Verein; die Eintragung in das Vereinsregister Kiel erfolgte am 4. April 1950 unter der Nummer 818. Die Auflösung der Arbeitsgemeinschaft erfolgte am 1. Mai 1952.[1]

Die Arbeitsgemeinschaft stellt sich als ein Versuch dar, durch eine neue wirtschaftspolitische Konstruktion der großen Notstandsaufgaben unserer Gegenwart Herr zu werden. Der Versuch mußte gewagt werden, weil diese Aufgaben weder auf liberale Weise noch rein bürokratisch, d.h. auf dem Verwaltungswege, zu lösen sind.

Reinhold Nimptsch[2]

Satzungsaufgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auszug aus der Satzung der Arbeitsgemeinschaft für produktive Flüchtlingshilfe e. V., Kiel-Wik, den 13. Mai 1950: (…)

§ 2 Zweck der Arbeitsgemeinschaft

(1) Zweck der Arbeitsgemeinschaft ist die Aufstellung und organisatorische Vorbereitung eines zusätzlichen Wohnungsbauprogramms für Flüchtlinge in Schleswig-Holstein. Zu ihren Aufgaben gehört ferner die Überwachung der Durchführung dieses Programms durch die als Bauherren von ihr bestimmten gemeinnützigen Wohnungsunternehmen und der sonst an der Durchführung Beteiligten, mit dem Ziel, dass die Zusagen, die im Antrag an die ECA auf Bereitstellung von ERP-Mitteln gemacht wurden, eingehalten werden. (2) Die Arbeitsgemeinschaft verfolgt ihre Ziele auf ausschließlich und unmittelbar gemeinnütziger Grundlage. Ihr Zweck ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet. Eine Betätigung als Bauherr ist ausgeschlossen. (…)[3]

Vorstand und Arbeit der Arbeitsgemeinschaft für produktive Flüchtlingshilfe e. V.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Sozialministerium Schleswig-Holstein übernahm die Klärung aller politischen und sozialen Fragen und schirmte das Projekt nach außen. Die Arbeitsgemeinschaft für produktive Flüchtlingshilfe beschaffte die zusätzlichen Finanzierungsmittel (ECA-Mittel) (…)[4] und entschied über die zu bauenden Haustypen(…)[5] der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V., sie klärte die Mietrichtsätze und gab die Richtlinien für die Besetzung der Wohnungen. Zu diesem Zweck hat sie acht Arbeitstagungen in Kiel abgehalten. Im Übrigen wurden die Geschäfte durch den Vorstand geführt, der aus je einem Vertreter des DBG-Bundesvorstandes (Dr. Reinhold Nimptsch) und des Sozialministeriums (Walter Damm) bestand. Der Vorstand führte die Aufsicht über die zentrale Geschäftsstelle und bearbeitete die Angelegenheiten von Presse und Öffentlichkeitsarbeit. Die vom Bundesministerium beauftragte Evaluation und Projekt-begleitende Bauforschung fand durch die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. statt.

Die zentrale Geschäftsstelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die zentrale Geschäftsstelle wurde im Dezember 1949 gebildet, um die Pläne der Arbeitsgemeinschaft praktisch durchzuführen. Man übertrug ihr folgende Aufgaben:

  • die zentrale Leitung des Bauprogramms: die Geschäftsstelle bearbeitete die „Leitsätze“ und Richtlinien und gab so die „Durchführungsverordnungen“ zu den Grundgedanken des Programms, sie wirkte bei der Auswahl der Gemeinnützigen Wohnungsunternehmen und der von diesen vorgeschlagenen Architekten mit
  • die zentrale Planung: die Geschäftsstelle war bei der Auswahl der Standorte und der Festlegung der einzelnen Bauvorhaben beteiligt; sie schrieb die zentrale Lieferung der Fenster und Türen aus und vergab gemeinsam mit der GEG Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Konsumgenossenschaften (diese als Treuhänderin der Arbeitsgemeinschaft) die zentralen Aufträge für Fenster, Türen und Bauteile (Öfen, Herde, Wannen, Becken, Beschläge etc.)
  • die zentrale Regelung der Finanzierungsfragen
  • die Überwachung der Bauten
  • Mitwirkung bei der Wohnungsvergabe
  • Allgemeine Beratung und Erfahrungsaustausch in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V.

Mit (im Durchschnitt 16) eigenen Angestellten begann die Geschäftsstelle im Februar 1950. Die vorherigen Leistungen wurden durch Mitarbeiter des Sozialministeriums, der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. und freischaffenden Architekten aus der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. erbracht, die auch bei der Bauüberwachung und Auswertung der bauwirtschaftlichen Ergebnisse weiter mitwirkten. Im Juni 1952 fand die Abrechnung der Einzelbauvorhaben, die Prüfung der Abrechnungen durch die Geschäftsstelle und die Nachfinanzierung der Verteuerungen mit der Landestreuhandstelle ihren Abschluss.

Quellen und Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Reinhold Nimptsch: „Produktive Flüchtlingshilfe der Gewerkschaften: Neue Organisationsmethoden für den Bau von 10.000 Wohnungen“; Köln 1950
  • Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. (Hrsg.): Johannes Scharre/Ulrich Haake: „Der Bau von 10.000 Flüchtlingswohnungen in Schleswig-Holstein (ERP-Sonderprogramm 1950) – Ergebnis, Methode, Erfahrungen und Folgerungen“, / Arbeitsgemeinschaft für produktive Flüchtlingshilfe e. V.; (Forschungsbericht im Auftrag des Bundesministeriums für den Wohnungsbau Nr. 148 (2404/05)); Bauforschungsbericht der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. Nr. 2, Kiel 1952
  • Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. (Hrsg.): Haake, Ulrich: „Baukostensenkung durch Normung und Typisierung – ERP-Erfahrungen“; Mitteilungsblatt Nr. 40, Kiel 1953
  • Ulrich Haake: „10 Jahre Wohnungsbau in Schleswig-Holstein 1946 – 1956“; Kiel 1956

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Reiner Weinert: "Ziele, Organisation und Konflikte des gemeinwirtschaftlichen Wohnungsbaus der Gewerkschaften nach 1945 im Kontext des öffentlichen Wohnungsbaus, in: „Wohnungsbau im internationalen Vergleich!“ (COMPARATIV – Leipziger Beiträge zur Universalgeschichte und vergleichenden Gesellschaftsforschung; herausgegeben von Hannes Siegrist und Bo Stråth im Auftrag der Karl-Lamprecht-Gesellschaft Leipzig e.V., Heft 3, 6. Jahrgang 1996); Leipzig 1996; S. 100–126
  2. Reinhold Nimptsch: „Produktive Flüchtlingshilfe der Gewerkschaften: Neue Organisationsmethoden für den Bau von 10.000 Wohnungen“; Köln 1950; S. 14.
  3. Satzung der Arbeitsgemeinschaft für produktive Flüchtlingshilfe e. V., Kiel-Wik, Mecklenburger Straße 24, den 13. Mai 1950
  4. Arbeitsgemeinschaft für produktive Flüchtlingshilfe e. V., Betrifft: Antrag auf Bewilligung eines Kredits aus ERP-Counterpart Funds zwecks Einschaltung von Flüchtlingen in den regelmäßigen Arbeitsprozeß im Lande Schleswig-Holstein; Köln-Braunsfeld, den 3. Oktober 1949 und Anlage zum Kreditantrag: „Produktive Flüchtlingshilfe für Schleswig-Holstein“; betrifft Finanzierung des Bauprogramms von 10000 Flüchtlingswohnungen und die Miete je Wohnungseinheit, Kiel 3. Oktober 1949
  5. Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. (Hrsg.): „Mustergrundrisse für den Wohnungsbau“; Mitteilungsblatt Nr. 10; Kiel, März 1949