Bahnstrecke Wolnzach–Geisenfeld

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Wolnzach Bahnhof–Geisenfeld
Strecke der Bahnstrecke Wolnzach–Geisenfeld
Streckennummer:5384
Kursbuchstrecke:413h (1944)
Streckenlänge:9,34 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Streckenklasse:A
Maximale Neigung: 15 
Minimaler Radius:200 m
Höchstgeschwindigkeit:50 km/h
von München
0,00 Rohrbach (Ilm) (bis 2000: Wolnzach Bahnhof) 420 m
nach Treuchtlingen
nach Mainburg
2,50 Burgstall (bis 1923)
3,20 Königsfeld (b Wolnzach) (Hst)
5,75 Niederlauterbach (Oberbay)
8,03 Zell (b Geisenfeld)
9,34 Geisenfeld 374 m

Quellen: [1][2][3]

Die Bahnstrecke Wolnzach Bahnhof–Geisenfeld war eine Nebenbahn in der Hopfenregion Hallertau im nördlichen Oberbayern. Im Volksmund war die Strecke als Geisenfelder Bockerl bekannt. Gelegentlich wird sie wegen der geografischen und geschichtlichen Nähe als dritter Streckenast zum Netz der Hallertauer Lokalbahn gezählt, war betrieblich aber weitgehend eigenständig.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem der Markt Geisenfeld bereits seit 1861 bei verschiedenen überregionalen Eisenbahn-Bauprojekten sets das Nachsehen hatte, wollte man dem Beispiel Mainburgs folgen, das bis Ende 1895 den Anschluss durch eine Lokalbahn nach Wolnzach Bahnhof (im Jahr 2000 in Rohrbach (Ilm) umbenannt) an der Bahnstrecke München–Treuchtlingen erreichen konnte. Die Planungen dazu begannen ein Jahr später. Nach erneuten Verzögerungen genehmigte das bayerische Lokalbahngesetz vom 10. August 1904 den Bau einer Lokalbahn von Wolnzach Bahnhof bis Geisenfeld. Im April 1906 begannen die Bauarbeiten für die kurze Strecke. Sie verlief ab Wolnzach Bahnhof etwa einen Kilometer parallel zur Mainburger Strecke und folgte anschließend dem flachen Tal der Ilm, bis sie nach insgesamt neun Kilometern den Endbahnhof Geisenfeld erreichte.[4]

Am 15. Dezember 1906 nahmen die Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen die Strecke nach kurzer Bauzeit feierlich in Betrieb. In der Anfangszeit waren auf der Strecke die speziell für einfache Betriebsverhältnisse entwickelten Lokalbahn-Lokomotiven der Gattungen ML 2/2 und PtL 2/2 (Baureihe 983) eingesetzt.[5] Da in Wolnzach Bahnhof beiden Lokalbahnen nur ein Bahnsteig zur Verfügung stand, wurde der Zug nach Geisenfeld in der Regel hinter dem Mainburger Zug auf dem gleichen Gleis bereitgestellt und fuhr etwa fünf Minuten zeitversetzt.[6] Über viele Jahre verkehrten in der Regel drei bis vier Zugpaare pro Tag. Sie führten nur die dritte, zwischen 1918 und 1928 nur die in Bayern vorübergehend eingeführte vierte Wagenklasse.[7]

Ende 1923 schloss die Deutsche Reichsbahn die Haltepunkte Zell und Burgstall als Folge wirtschaftlicher Probleme durch die Hyperinflation vorübergehend, letzteren dauerhaft. Bereits in den 1930er Jahren war die Strecke erstmals von der Stilllegung bedroht, da nach der Einrichtung einer auf direktem Weg verkehrenden privaten Omnibuslinie Ingolstadt–Geisenfeld–Mainburg viele Fahrgäste abwanderten. 1944/45 war der Zugverkehr vorübergehend durch einen Bus ersetzt. Die Strecke war im Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschädigt geblieben, wurde jedoch zum Abstellen von teils stark beschädigten Lokomotiven und Wagen aus Ingolstadt verwendet.[8]

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine Lokomotive der früheren Gattung Pt 2/3 (Baureihe 700) eingesetzt[9] und der Fahrplan Anfang der 1950er Jahre auf acht Zugpaare täglich erweitert.[10] Die Umstellung auf moderne Schienenbusse fand dennoch nicht mehr statt. Am 1. Dezember 1953 wurde der Reisezugverkehr zwischen Wolnzach Bahnhof und Geisenfeld als erste auf einer bayerischen Eisenbahnstrecke aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt, sieht man von Strecken ab, die durch die Deutsche Teilung unterbrochen wurden. Stattdessen setzte die junge Deutsche Bundesbahn nun dauerhaft einen Bahnbus auf der fast parallel verlaufenden Staatsstraße ein, dessen Fahrten noch jahrelang im Kursbuch als Schienenstrecke verzeichnet waren.[4][11]

Im Güterverkehr wurde die Strecke weiterhin bedient, dafür kam aufgrund der flachen Trasse die in Wolnzach Bahnhof stationierte Köf zum Einsatz, nach deren Abzug ab etwa 1982 eine Diesellokomotive der Baureihe 211 des Bw Augsburg. Wegen des mittlerweile schlechten Oberbaus konnten die schweren Maschinen der Baureihe 290, die die Strecke nach Mainburg bedienten, nicht eingesetzt werden. Da sich der Zustand der Strecke in den 1980er Jahren immer weiter verschlechterte, wurde der Güterverkehr am 31. Dezember 1987 eingestellt und die Strecke zum 31. März 1988 formal stillgelegt und noch im selben Jahr abgebaut.[12] Das frühere Bahnhofsgelände und die Gleistrasse im Stadtgebiet Geisenfeld ist heute weitgehend überbaut.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eisenbahnatlas Deutschland. 11. Auflage. Schweers + Wall, Köln 2020, ISBN 978-3-89494-149-9.
  2. Streckenkarte der Eisenbahndirektion München, Stand März 1952. In: Karl Bürger: München – Mühldorf – Simbach. Glanz, Niedergang und Renaissance einer königlich bayerischen Eisenbahn. Bewegte Verkehrsgeschichte mit umwälzender Zukunft. Selbstverlag, Walpertskirchen 2017, ISBN 978-3-00-056474-1.
  3. Deutsche Reichsbahn (Hrsg.): Amtliches Bahnhofsverzeichnis 1944 der Deutschen Reichsbahn, der Böhmisch-Mährischen Bahnen, der Privatbahnen sowie der Kleinbahnen mit Güterverkehr und der Ostbahn. Gültig vom 1. Juni 1944. (wiki-de.genealogy.net).
  4. a b Wolfram Alteneder, Clemens Schüssler: Die Nebenbahnen der BD München. Verlag C. Kersting, Bonn 1987, ISBN 3-925250-03-4, S. 38.
  5. Steffen Lüdecke: Die Baureihe 98. Band 1. EK-Verlag, Freiburg 1999, ISBN 3-88255-135-6, S. 92, 105.
  6. Steffen Lüdecke (Hrsg.): Erzählte Eisenbahn. EK-Verlag, Freiburg 2006, ISBN 3-88255-801-6, S. 205.
  7. Die Bahnstrecke Rohrbach (Ilm) - Wolnzach. Hallertauer Lokalbahnverein e.V., abgerufen am 26. Mai 2020.
  8. Armin Franzke: Wolnzach Bahnhof - Geisenfeld. In: Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland einst und jetzt. GeraMond, München 2004.
  9. Andreas Knipping: Die Baureihe 70. EK-Verlag, Freiburg 1998, ISBN 3-88255-170-4, S. 175, 182.
  10. Deutsche Bundesbahn (Hrsg.): Kursbücher, Taschenfahrpläne. (diverse Jahrgänge).
  11. Bahnbus statt Lokalbahn. Hallertauer Lokalbahnverein e.V., abgerufen am 26. Mai 2020.
  12. Alois Graßl: Zahlen und Daten auf bockerl.de, abgerufen am 13. Mai 2018.