Benutzer:Andreas Siemoneit/fussabdruck

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Unter dem Ökologischen Fußabdruck (Englisch ecological footprint)[1][2] wird die Fläche auf der Erde verstanden, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard eines Menschen (unter Fortführung heutiger Produktionsbedingungen) dauerhaft zu ermöglichen. Das schließt Flächen ein, die zur Produktion seiner Kleidung und Nahrung oder zur Bereitstellung von Energie, aber z. B. auch (zumindest theoretisch) zur Entsorgung des von ihm erzeugten Mülls oder zum Binden des durch seine Aktivitäten freigesetzten Kohlendioxids benötigt werden. Die Werte werden in Globalen Hektar pro Person und Jahr angegeben.

Das Konzept wurde 1994 von Mathis Wackernagel und William Rees entwickelt. 2003 wurde von Wackernagel das Global Footprint Network gegründet, das u. a. von der Nobelpreisträgerin Wangari Maathai, dem Gründer des Worldwatch Institute Lester R. Brown und Ernst Ulrich von Weizsäcker unterstützt wird.

Der ökologische Fußabdruck wird häufig verwendet, um im Zusammenhang mit dem Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung auf gesellschaftliche und individuelle Nachhaltigkeitsdefizite hinzuweisen.

Daten von Kontinenten und Staaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ökologischer Fußabdruck
(Daten von 2007, veröffentlicht am 13. Oktober 2010)[3]
  •  5,4 - 10,7
  •  4,7 - 5,4
  •  4,0 - 4,7
  •  3,2 - 4,0
  •  2,5 - 3,2
  •  1,8 - 2,5
  •  1,1 - 1,8
  •  0,4 - 1,1
  •  keine Daten
  • Biokapazität
    (Daten von 2007, veröffentlicht am 13. Oktober 2010)[3]
  •  5,5 - 29,2
  •  4,7 - 5,5
  •  3,9 - 4,7
  •  3,0 - 3,9
  •  2,2 - 3,0
  •  1,4 - 2,2
  •  0,6 - 1,4
  •  0 - 0,6
  •  keine Daten
  • Ökologisches Defizit (kleiner als 0) oder Reserve (größer als 0)
    (Daten von 2007, veröffentlicht am 13. Oktober 2010)[3]
  •  2 bis 27,9
  •  1 bis 2
  •  0 bis 1
  •  -1 bis 0
  •  -2 bis -1
  •  -3 bis -2
  •  -4 bis -3
  •  -9,8 bis -4
  •  keine Daten
  • Ökologischer Fußabdruck und Biokapazität (2012)[4]
    Region Bevölkerung* Ökologischer
    Fußabdruck**
    Biokapazität** Ökologisches Defizit
    oder Reserve**
    Welt 6.739,6 2,7 1,8 0,7
    Afrika 938,4 1,4 1,5 1,1
    Mittlerer Osten
    und Zentralasien
    382,6 2,5 0,9 0,4
    Asien-Pazifik 3.725,2 1,6 0,9 0,6
    Südamerika 390,1 2,7 7,4 2,7
    Zentralamerika
    und Karibik
    66,8 1,7 1,0 0,6
    Nordamerika 448,9 6,2 4,1 0,7
    EU 495,1 4,7 2,2 0,5
    Europa (ohne EU) 238,1 4,0 4,9 1,2
    Land Bevölkerung* Ökologischer
    Fußabdruck**
    Biokapazität** Ökologisches Defizit
    oder Reserve**
    Amerika
    Brasilien 191,5 2,9 9,6 6,7
    Kanada 33,3 6,4 14,9 8,5
    USA 305,0 7,2 3,9 3,3
    Asien
    VR China 1.358,8 2,1 0,9 1,3
    Indien 1.190,9 0,9 0,5 0,4
    Israel 7,1 4,0 0,3 3,7
    Japan 126,5 4,2 0,6 3,6
    Katar 1,4 11,7 2,1 9,6
    Europa
    Belgien 10,6 7,1 1,3 5,8
    Dänemark 5,5 8,3 4,8 3,4
    Deutschland 82,5 4,6 2,0 2,6
    Finnland 5,3 6,2 12,2 6,0
    Frankreich 62,1 4,9 3,0 1,9
    Norwegen 4,8 4,8 5,4 0,6
    Schweden 9,2 5,7 9,5 3,8
    Schweiz 7,6 5,0 1,2 3,8
    UK 61,5 4,7 1,3 3,4

    * Millionen

    ** ha/Person

    Die weltweite Inanspruchnahme zur Erfüllung menschlicher Bedürfnisse überschreitet nach Daten des Global Footprint Network und der European Environment Agency derzeit also die Kapazität der verfügbaren Flächen um insgesamt 50 %. Danach werden gegenwärtig pro Person 2,7 ha (Hektar) verbraucht, es stehen allerdings lediglich 1,8 ha zur Verfügung. Dabei verteilt sich die Inanspruchnahme der Fläche sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Regionen: Europa (EU25) beispielsweise benötigt 4,7 ha pro Person, kann aber nur 2,2 ha selber zur Verfügung stellen. Dies bedeutet eine Überbeanspruchung der europäischen Biokapazität um über 100 %. Frankreich beansprucht dabei annähernd das Doppelte, Deutschland knapp das Zweieinhalbfache und Großbritannien mehr als das Dreifache seiner jeweils vorhandenen Biokapazität. Ähnliche Ungleichgewichte finden sich auch zwischen Stadt und Land.

    Methodik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Das Global Footprint Network legt großen Wert auf die Transparenz seiner Methodik, die in einer Vielzahl von Veröffentlichungen dargelegt und wissenschaftlich abgesichert wird.[5]

    Die Fragestellung, die dem Instrument des Ökologischen Fußabdrucks zugrunde liegt, lautet: „Wieviel biologische Kapazität des Planeten wird von einer gegebenen menschlichen Aktivität oder Bevölkerungsgruppe in Anspruch genommen?“[6] Die Methodik setzt zwei Flächenmaße zueinander in Beziehung: Den für einen Menschen durchschnittlich verfügbaren Land- und Wasserflächen (sogenannte Biokapazität) werden diejenigen Land- und Wasserflächen gegenübergestellt, die in Anspruch genommen werden, um den Bedarf dieses Menschen zu produzieren und den dabei erzeugten Abfall aufzunehmen (der Ökologische Fußabdruck) – sozusagen Kannwert versus Istwert. Allerdings beschränkt sich der Ökologische Fußabdruck systematisch auf biologisch produktive Land- und Wasserflächen, die in die Kategorien Ackerland, Weideland, für Fischerei genutzte Meeresflächen und Binnenwasserflächen sowie Wald eingeteilt werden. Nicht biologisch nutzbare Flächen (bebaute Flächen, aber auch Wüsten und Hochgebirge) gelten als neutral, da sie nicht mehr oder weniger Land nutzen als sie bedecken.

    Der methodische Erfolg des Ökologischen Fußabdrucks beruht darauf, mit Hilfe von sogenannten Produktivitätsfaktoren diese Flächen umzurechnen in Globale Hektar, sich also auf einen durchschnittlich produktiven „Standard-Hektar“ als gemeinsame Messeinheit zu beziehen, um weltweit sehr unterschiedliche Flächen miteinander vergleichen zu können. Zudem konnten auf dieser Basis Zahlen bis 1960 zurückgerechnet werden, obwohl der Ökologische Fußabdruck erst 1994 „erfunden“ wurde. Die Methodik wurde seitdem noch verfeinert, ohne das bewährte Grundkonzept zu verändern.

    Allerdings macht der Ökologische Fußabdruck von vornherein eine Reihe von methodischen Einschränkungen, die Einfluss auf seine Aussagekraft haben:

    1. Kohlendioxid als wichtigstes Treibhausgas: Es entsteht menschenverursacht (anthropogen) hauptsächlich bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Der Ökologische Fußabdruck setzt für diese Emissionen einen Flächenverbrauch in Form von Wald an, der nötig wäre, um das erzeugte CO2 biologisch zu binden. Dabei wird vorhandener Wald unterstellt, der einen jährlichen Zuwachs an Biomasse hat (als lebende Pflanze oder verrottender Humus), die nicht entnommen wird. Dieser Flächenanteil ist mit Abstand für den hohen Ökologischen Fußabdruck der meisten Industrieländer verantwortlich. Allerdings wird derjenige Anteil CO2 abgezogen, der von den Ozeanen absorbiert wird, welche als natürliches Depot für CO2 angesehen werden. Hierbei wird nicht berücksichtigt, dass die Versauerung der Weltmeere durch CO2 eine der Planetarischen Grenzen darstellt.
    2. Abfälle werden in drei Kategorien eingeteilt: (1) Biologisch abbaubare Abfälle, die als „neutral“ nicht in die Rechnung eingehen (bzw. im Fußabdruck der entsprechenden produzierenden Fläche enthalten sind). (2) Deponierbare „normale“ Abfälle, die eigentlich mit dem Flächenraum eingehen müssten, der für die langfristige Deponierung notwendig ist. Derzeit wird allerdings nur anthropogenes CO2 einbezogen.[7] (3) Materialien, die nicht durch biologische Prozesse hergestellt oder nicht durch biologische Systeme absorbiert werden (insbesondere Kunststoffe, aber auch toxische und radioaktive Stoffe). Sie haben keinen definierten Ökologischen Fußabdruck, für solche Abfälle benötigt man andere Indikatoren. Damit werden letztlich keinerlei Abfälle im umgangssprachlichen Sinne durch den Ökologischen Fußabdruck erfasst. Recycling wird nicht explizit erfasst, da es den Fußabdruck „automatisch“ reduziert.
    3. Nichterneuerbare Ressourcen wie Kupfer, Zinn, Kohle, Erdöl kommen von außerhalb der Biosphäre und haben insofern keinen Ökologischen Fußabdruck im Sinne der Methodik. Die „Nebenverbräuche“ der Produktion wie Energieaufwand und anderer Materialverbrauch können sehr wohl berücksichtigt werden. Fossile Energieträger sind ein Sonderfall nichterneuerbarer Ressourcen, da sie zumindest innerhalb des biologischen Kreislaufs stehen, auch wenn sie aus einem anderen Zeitalter stammen. Für sie wird die Fläche angesetzt, die nötig ist, um das freigewordene CO2 biologisch zu binden (s. o.). Wollte man eine Fläche definieren, die nötig wäre, um fossile Energieträger zu regenerieren, käme man auf Fußabdrücke, die viele hundertmal größer wären als die heute berechneten.[8]
    4. Frischwasserverbrauch wird nicht betrachtet, da Wasser nur eine biologisch neutrale „Umlaufgröße“ ist und per Saldo weder verbraucht noch erzeugt wird. Ebensowenig gehen Verluste an Biodiversität ein. Beide Größen gehören jedoch zu den Planetarischen Grenzen.

    Bewertung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Das Konzept des Ökologischen Fußabdrucks hat eine Reihe von Stärken und Schwächen, die von den Autoren mit der gleichen Offenheit wie die Methodik erörtert werden.[9][10][11][12]

    Zu den Stärken gehören: Das Konzept ist leicht zu visualisieren und zu kommunizieren, ein Globaler Hektar ist sehr anschaulich. Sein starker Reduktionismus (nur eine Kenngröße) ist hilfreich, im Bereich der Umweltbildung hat sich der Ökologische Fußabdruck große Verdienste erworben. Seine Basis ist in recht neutraler Weise der Status quo, weder gibt es Spekulationen über zukünftige Technologien noch Annahmen über „sinnvollen“ Konsum oder „notwendigen“ Lebensstandard. Der Begriff der Tragfähigkeit wird bewusst vermieden. Seine Methodik ist 1994 entwickelt worden und seitdem grundsätzlich unverändert geblieben – das Konzept war von Anfang an recht gut. Alte Zahlen sind mit neuen vergleichbar, Zahlen für vergangene Zeiträume errechenbar.

    Dem stehen folgende Schwächen gegenüber: Sein starker Reduktionismus auf eine Kenngröße ist natürlich auch eine elementare Schwäche. Die Autoren geben zu, dass dieses unvollständige Bild durch komplementäre Indikatoren ergänzt werden muss, die „andere wichtige Aspekte von Nachhaltigkeit“ berücksichtigen. Daneben ist der Hektar-Ansatz noch nicht einmal für alle biologischen Faktoren anwendbar (Wasserverbrauch, Biodiversität). Nichtbiologische Faktoren wie Abfälle, nichterneuerbare Ressourcen oder toxische und andere gefährliche Substanzen finden gar keinen Platz in der Methodik. Die Produktion von CO2 trägt in den meisten Industrieländern mehr als die Hälfte des Fußabdrucks bei. Diese Dominanz eines einzigen Faktors, der ein Stück weit aus der Methodik der biologisch produktiven Flächen herausfällt, ist methodisch problematisch. Der Produktivitätsfaktor ist ebenfalls nicht unproblematisch – intensive und monokulturelle Landwirtschaft hat danach einen kleineren Flächenverbrauch als ökologischer Landbau und schneidet paradoxerweise im Fußabdruck besser ab.

    Als Fazit kann man festhalten: Der Ökologische Fußabdruck liefert einen guten Überblick über die Lage und interessante Einsichten für einzelne Regionen. Ein ausgewogener Ökologischer Fußabdruck ist jedoch nur eine notwendige Mindestbedingung für Nachhaltigkeit und nicht hinreichend. Es besteht die Gefahr der Instrumentalisierung durch Länder oder Organisationen, die nach diesem Kriterium relativ gut abschneiden.

    Ecological Debt Day[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Anhand des ökologischen Fußabdrucks lässt sich der „Ecological Debt Day“ bzw. „Earth Overshoot Day“ berechnen, der im Deutschen auch als „Ökoschuldentag“ oder „Welterschöpfungstag“ bezeichnet wird. Dieser gibt den Kalendertag jeden Jahres an, ab welchem die von der Menschheit konsumierten Ressourcen die Kapazität der Erde übersteigen, diese zu generieren. Berechnet wird der Ecological Debt Day durch Division der weltweiten Biokapazität, also der während eines Jahres von der Erde produzierten natürlichen Ressourcen, durch den ökologischen Fußabdruck der Menschheit multipliziert mit der Zahl 365, der Anzahl von Tagen im Gregorianischen Kalender. Im Jahr 2012 lag er am 22. August. Der jährliche Trend zeigt eine Vorverlegung zu einem früheren Datum, wobei es jedoch aufgrund der Methodik sowie neuer Erkenntnisse zu einer gewissen Schwankungsbreite kommt.[13][14]

    Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Sonstiges

    Unterrichtsmaterial[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    • Nick Watts, Michael Dörfler: So viel lebst du, Summen menschlichen Lebens, Untertitel: Ein Deutscher lebt im Durchschnitt 2.495.840.256 Sekunden, trinkt während dieser Zeit 6.920,5 Liter Milch, verbraucht 3.651 Rollen Toilettenpapier und gibt bis..., Dokumentation, Deutschland, 75 Min., 2008, 3sat.de: So viel lebst du.

    Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    1. Wackernagel, Mathis; Beyers, Bert (2010): Der Ecological Footprint. Die Welt neu vermessen. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg, ISBN 978-3-931705-32-9
    2. Global Footprint Network, Einführung
    3. a b c Footprintnetwork Excel-Datei
    4. Bericht des Footprintnetworks in aktualisierter Fassung vom 7. Mai 2012 als Excel-Datei
    5. Für die Methodik siehe insbesondere: Borucke, Michael et al.: Accounting for demand and supply of the biosphere’s regenerative capacity: The National Footprint Accounts’ underlying methodology and framework In: Ecological Indicators 24 (2013), S. 518-533.
    6. Global Footprint Network, FAQ
    7. Borucke et al. (2013), aaO. S. 519 (Introduction)
    8. Global Footprint Network, Technische FAQ
    9. Global Footprint Network, FAQ
    10. Global Footprint Network, Technische FAQ
    11. Borucke et al. (2013), aaO. S. 529ff. (Limitations)
    12. Galli, Alessandro et al.: Integrating Ecological, Carbon and Water Footprint: Defining the „Footprint Family“ and its Application in Tracking Human Pressure on the Planet Hg. von OPEN:EU One Planet Economy Network
    13. „Welterschöpfungstag“ fällt heuer auf den 22. August. In: Der Standard, 21. August 2012. Abgerufen am 25. August 2012.
    14. Earth Overshoot Day. Ab heute geht es an die Substanz. In: TAZ, 23. August 2012. Abgerufen am 25. August 2012.