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Lebensrechtsbewegung ist die Selbstbezeichnung von Gruppen und Einzelpersonen sogenannten Lebensschützern, die sich vor allem gegen die Legalität von Schwangerschaftsabbrüchen wenden. Der Begriff wurde in den frühen 1960er Jahren in den USA geprägt, die amerikanische Bezeichnung lautet Pro-Life. Nicht nur deutsche und amerikanische Gruppen besitzen vielfältige Beziehungen untereinander. Große Lebensschutzbewegungen gibt es auch in den katholisch dominierten Ländern wie beispielsweise Irland und Polen.

Lebensschutz und Sexualpolitik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der dominante Teil der Lebensrechtsbewegung besitzt einen christlich oft christlich fundamentalistischen Hintergrund. Einige der Organisationen verstehen sich überkonfessionell, andere als explizit katholisch. Innerhalb des Katholizismus ist Lebensschutz die auch vom derzeitigen Papst vertretene Auffassung. Daneben finden sich aber auch konservative Teile evangelischer Landeskirchen oder ohnehin sehr konservative freievangelischen Gemeinden. Eine in der Bundesrepublik zu Wahlen antretende Partei aus diesem Spektrum ist etwa die Partei bibeltreuer Christen (PBC), Teile der Bewegung finden sich auch in der CDU.

Auch in den USA dominieren christliche Gruppen unterschiedlicher Konfession, auch hier mit einer stark konservativen Ausrichtung die Pro-Life Bewegung.Entsprechend werden im Bereich Sexualität zumindest von Teilen der Bewegung Normen vertreten, die weit über den Bereich der Gegnerschaft von Schwangerschaftsabbrüchen hinaus reichen. Lebensschutz ist in diesem Sinn nur ein Teil einer Sexualpolitik. Sexualität hat demzufolge in erster Linie der Fortpflanzung zu dienen und darf nur in der Ehe mit einem heterosexueller Partner gelebt werden. Zumindest bei einer Minderheit kommt das Verbot von einigen sexuellen Praktiken wie Analverkehr und Oralverkehr hinzu, selbst wenn diese ehelich ausgeübt werden. Um diese (sexual)politische Zielsetzung konfigurieren weiter Motive: die Ablehnung von Verhütungsmitteln auch wenn sie keinen Eingriff in werdendes Leben darstellen, die Gegnerschaft von Sexualkundeunterricht an Schulen, der Kampf gegen die öffentliche Darstellung von Nacktheit und Sexualität (meist unter dem Stichwort Pornografie) sowie Homophobie.

Eckdaten zur historische Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab mitte der 1960er Jahre begann nicht nur in der Bundesrepublik ein historischer Wandel: Die ersten Pillen zur Empfängnisverhütung kamen auf den Markt, die Sexuelle Revolution begann, in den Medien war von einer Sexwelle die Rede. Parallel formierte sich die neue Frauenbewegung. Die Reform des §218 in Deutschland stand bevor. Hierauf reagiert 1964 eine von 400 Ärzten unterschriebene "Ulmer Denkschrift" die von dem Arzt, CDU Stadtrat und aktiven evangelischen Christen Siegfried Ernst initiiert wurde. Aus dieser Denkschrift geht die Europäische Ärzteaktion als ältester Teil der deutschen Lebensrechtsbewegung hervor. In der Denkschrift heißt es:

"Heute will man unter Zuhilfenahme des öffentlichen Druckes der Massenpresse und des Fernsehens den Arzt zum Funktionär des wachsenden sexuellen Materialismus degradieren durch die Forderung, daß die sog. "Antibabypillen" auch ohne ärztliche Indikation an unverheiratete Frauen und an Mädchen ausgegeben werden sollen. Aus dem Diener des Lebens würde so der Bedienstete des Sich-auslebens, dessen Aufgabe es ist, durch ein Privatrezept jedermann unverbindliche und folgenfreie sexuelle Beziehungen zu ermöglichen und dabei vor allem die von der Schöpfungsordnung her damit verbundene Möglichkeit der Entstehung neuen menschlichen Lebens zu verhindern. Eine derartige Verdienstquelle würde dem Arzttum mit Recht die Achtung der Öffentlichkeit nehmen und den hippokratischen Eid der Lächerlichkeit preisgeben ..."

Konkret ging es darum die Werbung für die Pille und die Verschreibung der Pille an unverheiratete Frauen zu unterbinden. Daneben sollte die "ungehemmten öffentliche und private Sexualisierung" sowie die "Zersetzung der sittlichen und moralischen Substanz unseres Volkes" entgegen gewirkt werden.

In der Begründung, die die Dringlichkeit des Anliegens deutlich machen sollte heißt es:

"Braucht es wirklich einen Skandal nach dem anderen in der westlichen Welt, einen Verrat nach dem anderen durch Menschen, deren Charakter und Persönlichkeit durch sexuelle Sucht und geschlechtliche Pervertiertheit zerstört wurde, um klar zu machen, daß diese Fragen keineswegs ein isoliertes medizinisch-psychologisches Privatproblem darstellen, sondern daß in der modernen Weltauseinandersetzung eine einzige Dirne und der dazugehörige Minister oder ein einziger Homosexueller an führender Stelle die Existenz unserer Völker gefährden kann."

Die 70er und 80er Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mitte der 1980er Jahre nehmen mehrere der auch heute noch bekannten Lebensrechsorganisationen ihren Ausgangspunkt. Die 1984 gründete sich die Juristen-Vereinigung Lebensrecht e.V. (JVL), mit ihrer Zeitschrift für Lebensrecht (ZfL). 1986 in Rüsselsheim beginnt unter der Leitung der "Aktion Lebensrecht für Alle" ein informelles Treffen verschiedener Lebensrechtgruppen, das als erstes gemeinsames Projekt während des Evangelischen Kirchentages 1987 ein sogenanntes "Lebenszentrum" gestalteten.

In den 80er Jahren versuchte man vor allem die Reform des § zu bekämpfen, klagte gegen die Fristenlösung oder die Kostenübernahme durch Krankenkassen etc.

Das Dogma vom "menschlichen Leben von Anfang an"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Menschliches Leben wird von Lebensschützern ab der Befruchtung der menschlichen Eizelle als individuell und vollwertig erachtet, menschliche Individualität bzw. Personalität wird mit genetischer Einzigartigkeit gleichgesetzt. Dieses Dogma ist der zentrale Punkt in der Argumentation von Lebensschützern. Ein Abbruch der Schwangerschaft sei zu keinem Zeitpunkt ihres Verlaufs etwas anderes als Mord und daher eine Abwegung mit anderen Grundrechten wie etwa dem Recht der Frau auf Selbstbestimmung nicht möglich. Eine Fristenlösung des Schwangerschaftsabbruches kommt daher für Lebensschützer nicht in Frage.

Gegen bestimmte zugelassene Verhütungsmittel die auch eine nidationshemmende Wirkung haben können, wie der Spirale und in Ausnahmen der Pille polemisieren Lebensschützer aus dem gleichen Grund, sie besäßen eine frühabtreibende Wirkung. Dies gilt auch für die Pille danach.

Im Rahmen dieses Dogmas versuchen Lebensschützer jegliches Argument, dass nach der Befruchtung der Eizelle zahlreiche Stadien folgen, die noch nicht vollständig menschlich seinen zu widerlegen. Besonders prominent ist hier der Anatom Erich Blechschmidt. Nach Blechschmidt sind anerkannte Deutungen der Embryologie falsch (die Kiemenbögen nennt er Beugefalten), ja sogar Fälschungen, er leugnet jegliches Stadium der Keimesentwicklung, das an Tiere oder tierische Vorformen des Menschen erinnert. An dieser Position wird die Verbindung von Lebensschützern mit Kreationisten auch inhaltlich deutlich, wobei Kreationismus ohnehin zum Themenkanon fundamentalistischer Christen gehört. Ein weiterer Vertreter des Kreationismus unter den deutschen Lebensschützern ist etwa Hermann Schneider von "Pro Conscientia".

Aus der dogmatischen Setzung: menschliches Leben von Anfang an ergibt sich für Lebensschützer auch die Gegnerschaft zu Präimplantationsdiagnostik (PID) oder Klonen beim Menschen. Auch die Ablehnung von Sterbehilfe am Ende des menschlichen Lebens gehört so zur Programmatik der Lebensschützer. Die Ablehnung von Sterbehilfe spielt allerdings quantitativ eine untergeordnete Rolle.

Zwei Punkte die mit dem Schutz des menschlichen Lebens dienen spielen in der Publizistik und bei Aktionen der Lebenschutzbewegung erstaunlicherweise keine Rolle: weder wird offensiv ein Pazifismus vertreten, noch die Todesstrafe kritisiert.

Politische Morde, Verleumdungen und Relativierung des Holocaust durch Lebensschützer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verbale Radikalität und historischer Revisionismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Vergleich von Schwangerschaftsabbrüchen mit dem Völkermord an Juden im Dritten Reich oder anderen Praktiken der Nationalsozialisten gehört bei vielen Vertretern der Lebensrechtsbewegung zum den oft genutzten Argumentationsfiguren. Typisch sind Formulierung wie "neuer Holocaust" bzw. "Damals Holocaust - heute: Babycaust" (Klaus Günter Annen, Initiative Nie Wieder! e.V.). Auch der Vorwurf an Befürworter eines liberalen Schwangerschaftsabbruchrechtes sie würden "präbundesrepublikanischen Agittprop" d.h. faschistische Propaganda oder die Fortsetzung des der Politik der NS-Organisation Lebensborn betreiben sind selbst aus moderaten Teilen der Bewegung zu hören. Belege dafür finden sich auch in der Diskussion über diesen Artikel.

Kritiker halten das für eine Verharmlosung des Nationalsozialismus und Holocaust.

Morde und Terror gegen medizinisches Personal von Kliniken die Schwangerschaftsabrüche durchführen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Besonders in den USA ist ein Teil der Lebensrechtsbewegung militant und schreckt auch vor Morden nicht zurück.

1986 belagerten der Katholik Joseph Scheidler ("Pro-Life Action League") und andere Pro-Life-Aktivisten in den USA die Zugänge zu einer Klinik die Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Die Aktivisten wurden nach Jahrelangem Rechtsstreit wegen der Behinderung der Ausübung von Eigentumsrechten (an der Klinik) verurteilt.

Ähnliche Aktionen soll es in der Schweiz und der Bundesrepublik gegeben haben.

'Der Spiegel' berichtete im November 1998 von Morden in den USA. Lebensschützer hatten Ärzte erschossen die legale Schwangerschaftsabbrüche durchführten. 1999 verurteilte ein amerikanisches Gericht einen Lebensschützer, der eine Internetseite betrieb auf der als "Nürnberg Akten" (in Anlehnung an die Kriegsverbrecherprozesse gegen die Nazis) "Fahndungsplakate" mit Adressen, Telefon und Autonummern von Ärzten die legal Schwangerschaftsabbrüche durchführten als "Baby-Schlächter" gelistet waren zur Schadensersatz-Zahlung von 107 Mill. $. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass es sich um einen konkreten Aufruf zur Gewalt handeln würde und den Klägern eine Entschädigung für seelischen Druck und nötigen Sicherheitseinrichtungen in den Kliniken und Privathaushalten zustünde. Wenige Stunden nach einem Mord an einem Arzt hatte Neal Horsley, einer der Betreiber der Seite dessen "Fahndungsfoto" mit einem schwarzen Kreuz versehen und das Bild eines verletzten Mediziners grau unterlegt.

Parteien (Bundesrepublik, Österreich, Schweiz) mit programmatischen Bezügen zum Lebensschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lebensschutz ist in unterschiedlichen Abstufungen ein Element der meisten konservativen und rechtsextremen Parteien in Deutschland, Österreich? und der Schweiz. Beispielhaft sei dies am Programm der Katholische Volkspartei (Schweiz) demonstriert:

Die bundesdeutschen Republikaner fordern:

  • effektiven Schutz des ungeborenen Lebens in vivo, d.h. ersatzlose Streichung der sozialen Indikation bei der Abtreibung
  • Verhinderung jeglicher Form von Euthanasie.

Dabei betonen andere rechtslastige Parteien häufig die besondere Bedeutung des Lebensschutzes für den Fortbestand des "eigenen Volkes". Entsprechend stand schon im Heidelberger Manifest unter dem Schlagwort "Überfremdung": "Allein im Jahre 1980 hat die Zahl der gemeldeten Ausländer trotz Anwerbestopp um 309 000 zugenommen, davon 194 000 Türken. Gegenüber der zur Erhaltung unseres Volkes notwendigen Zahl von Kindern werden jetzt jährlich kaum mehr als die Hälfte geboren.

Neofaschistischer Lebensschutz in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch unter den offen als Neonazis auftretenden politischen Organisationen gibt es Vertreter des Lebensschutzes. Beispiele hierfür sind Ingrid Weckert die Vertreterin der "Aktion Lebensschutz" der "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" oder dem Neonazi Manfred Roeder. Erstaunlicherweise existiert zumindest punktuell eine Zusammenarbeit mit nicht rechtsextremen Lebenschützerkreisen. Eine Scharnierfunktion scheint hier der Kampf gegen Pornographie zu haben. Anfang der 70er Jahre bestanden so etwa Kontakte zwischen dem Neonazi Manfred Roeder, der "Aktion Pornostopp" und der Europäischen Ärzteaktion. 1972 nahm Siegfried Ernst zusammen mit dem Münchner CSU-Stadtrat Dr. Dietrich Geißler über eine "Christliche Wählerinitiative Menschenwürde" offizielle Verhandlungen mit dem NPD-Bundesvorstand zum Thema Schwangerschaftsabbruch und Pornographie auf.

In die Reihe der prominenten neofaschistischen Lebensschützer gehört auch der Altnazi und Anthroposoph Werner Georg Haverbeck mit seinem Collegium Humanum.

Der Begriff Lebensschutz hat bei den neofaschistischen Lebensrechtlern gegenüber konservativen Christen einen Bedeutungswandel durchgemacht. Sie knüpfen an nationalsozialistische Umdeutungen der Fachwissenschaft Biologie zur ideologisierten Lebenskunde an. Rassistische Aspekte wie die Einengung des Lebensschutzes auf 'deutschen Embryonen' sind oft gekoppelt mit der Forderung nach dem Erhalt des Lebensraumes für das deutsche Volk.

Weblinks (Organisationen der Lebensrechtsbewegung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks, sonstige[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]